Köbler, Gerhard, Lateinisches Abkunfts- und Wirkungswörterbuch, 2. Auflage, 2009

 

Vielleicht im zweiten Jahrtausend vor Christi Geburt lösen sich aus den wissenschaftlich erschlossenen Indogermanen die Italiker und dringen wahrscheinlich zu Beginn des ersten vorchristlichen Jahrtausends nach Süden auf die später nach ihnen benannte Halbinsel des Mittelmeers vor, wo sich ein Teil in der Latium genannten Landschaft niederlässt. Ihre lingua Latina sprechen auch die Gründer der am Tiber angeblich 753 v. Chr. errichteten kleinen Stadt Rom, aus der in einigen Jahrhunderten die Hauptstadt eines das Mittelmeer umspannenden Imperiums wird. Des Schreibens kundig zeichnen seine Angehörigen zwischen 451/450 v. Chr. (mit griechischer Erfahrung geschaffenes Zwölftafelgesetz) und 527/534 n. Chr. (Kompilation des oströmischen Kaisers Justinian) auch ihr vorbildliches Recht auf und vermitteln es dadurch im Kern der gesamten Menschheit.

 

In diesen rund 1000 Jahren sichtbarer Überlieferung entwickelt sich die lateinische Sprache vom Frühlateinischen oder Altlateinischen des 6. oder 5. vorchristlichen Jahrhunderts über das klassische Latein etwa Ciceros und Caesars zum Spätlateinischen der Spätantike. Ungeachtet des Untergangs Westroms (476 n. Chr.) bleibt dieses Latein über die Kirche vermittelte Schreibsprache des Mittelalters (Mittellatein) und wird Ausgangspunkt der romanischen Sprachen (Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Französisch, Rätoromanisch, Ladinisch, Rumänisch usw.). Deshalb ist auch heute noch ein einfaches Wörterbuch interessant, welches das Latein in Abkunft und Wirkung in einfachster Weise wiedergibt und damit seine Einzelgeschichte knapp und klar zur Darstellung bringt.

 

Bei einem geschätzten Gesamtwortschatz des Lateins der Antike (500 v. Chr.-500 n. Chr.) von etwa 100000 Wörtern, von denen das ausführliche Handlexikon Georges’ mehr als 62000 Hauptstichwörter mit 200000 Bedeutungsvarianten und rund 300000 Belegstellen nachweist, dürfte mit rund 30000 Wörtern der wichtigste Kernwortschatz erfasst sein. Er wird in alphabetischer Ordnung in völlig einheitlicher Art und Weise (Stichwort, Sprachangabe, grammatikalische Angaben, neuhochdeutsche Bedeutungen, eventuelle Verweise und Hinweise, Quelle, Interferenz, Etymologie, Redewendung, Weiterleben, Sonstiges, Literaturangaben) möglichst kurz erfasst. Siglen und zugehörige Jahreszahlen zeigen das erste Erscheinen in der Überlieferung an.

 

Die zweite Auflage des Wörterbuchs erweitert den Wortschatz der ersten Auflage auf (bzw. um) alle bisher bei Georges und im Thesaurus Linguae Latinae veröffentlichten Ansätze (ausgenommen etwa 22350 unwichtigere Namen der ersten, von A-Du reichenden Lieferungen des Thesaurus). Dadurch erhöht sich die Zahl der Stichwörter und Verweise von bisher 33795 auf 81164 und die Zahl der Stichwörter von bisher 31789 auf 71507 (einschließlich wichtigerer Namen). Mit vollständigem Erscheinen des Thesaurus Linguae Latinae ist mit weiteren 12000 Stichwörtern (einschließlich wichtigerer Namen, also insgesamt mit etwa 83500 oder rund 85000 Wörtern und wichtigeren Namen) sowie vielleicht 65000 unwichtigeren Namen zu rechnen, so dass auf der Grundlage von insgesamt rund 150000 Ansätzen zur Erfassung der Veränderungen des Lateinischen im Mittelalter (Mittellatein, mittelalterliches Latein) fortgeschritten werden kann.

 

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