Vorwort
Das Germanische ist die
Vorstufe des Deutschen und damit für dieses das Bindeglied einerseits zu den
anderen germanistischen Sprachen (z. B. Friesisch, Englisch, Skandinavisch) und
andererseits zum Indogermanischen und dessen Einzelsprachen. Sein im
Wesentlichen mangels unmittelbarer Überlieferung nur rekonstruierbarer
Wortschatz ist nach meiner Einschätzung von der philologischen Forschung bisher
nur unzulänglich zusammengefasst worden. Daher hat sich für mich der Versuch
der Zusammenstellung möglichst vieler Elemente des Germanischen als notwendig
erwiesen (Köbler, G., Germanisches Wörterbuch, 1980). Die dabei noch nötige
Aufnahme der Überlieferung des frühen einzelsprachlichen Materials kann in einem
zweiten Schritt aufgegeben werden, womit sich zugleich eine engere zeitliche
Eingrenzung auf die Zeit bis zur Völkerwanderung ermöglichen ließ. In diesem
Rahmen ist der germanische Wortschatz erneut zusammengestellt worden. Dem ist
in Parallele zu einem neuhochdeutsch-indogermanischen Wörterbuch ein
neuhochdeutsch-germanisches Wörterbuch zur Seite gestellt worden, Außerdem ist
eine kurze Einführung in die germanische Sprachwissenschaft beigegeben worden,
Erschlossene Wörter
sind dabei durch * gekennzeichnet.
Der technische
Fortschritt hat inzwischen den globalen Zugriff auf alles Wissen ermöglicht.
Deswegen ist auch der germanische Wortschatz maschinenlesbar aufgenommen
worden.
Für die freundliche
Unterstützung bei dieser Art der Veröffentlichung bin ich Veronika Schönegger
und Bonnie Yen sehr zu Dank verpflichtet.
Gießen, den
2003
Gerhard Köbler
Literatur
Andersen, H., On
bifurcations and the Germanic consonant shifts, in: Language in time and space,
A Festschrift for Werner Winter on the occasion of his 80th birthday, hg. v. B.
Bauer/G.-J. Pinault, 2003, 19ff.
Baesecke, G., Die
deutschen Worte der germanischen Gesetze, PBB 59 (1935), 1
Behaghel, O., Deutsche
Syntax, 1923ff.
Boutkan,
D., On Gothic magaþ - Old Frisian megith and the form of some Norh European
substratum words in Germanic, in Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik
58, 2003, 11ff.
Coetsem, F. v., Zur
Entwicklung der germanischen Grundsprache, in: Kurzer Grundriss der germanischen
Philologie bis 1500, hg. v. Schmitt, L., Bd. 1 1970, 1ff.
Drei Studien zum
Germanischen in alter und neuer Zeit, hg. v. Askedal, J./Bjorvand, H., 1995, 69
Fick, A.,
Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprache, 4. A. 3. Teil:
Wortschatz der germanischen Spracheinheit, unter Mitwirkung von Falk H.,
gänzlich unter Mitarbeit von Torp, A., 1909
Fiebiger, O.,
Inschriftensammlung zur Geschichte der Ostgermanen, 1917, 1939, 1944
Frings, T., Germania
Romana, 1932
Frings, T./Müller, G.,
Germania Romana II, 1968
Frings, T., Grundlegung
einer Geschichte der deutschen Sprache, 3. A. 1957
Frisk, J., Griechisches
etymologisches Wörterbuch, Bd. 1ff. 1960ff.
Die Germanen. Ein
Handbuch in 2 Bänden, ausgearbeitet von einem Autorenkollektiv unter Leitung
von Krüger, B., Bd. 1 1976
Gamillscheg, E.,
Germanische Wörter im Vulgärlatein, Roman. Forsch. 61 (1948), 42
Gamillscheg, E.,
Romania Germanica, Bd. 1 2. A. 1970, Bd. 1ff. 1. A. 1935f.
Heidermanns, F.,
Etymologisches Wörterbuch der germanischen Primäradjektive, 1993
Georges, K.,
Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Bd. 1f. 11. unv. A. 1962
(Neudruck)
Hirt, H., Handbuch des
Urgermanischen, 1931ff.
Kaufmann, H.,
Ergänzungsband zu Förstemann, E. Personennamen, 1968
Kluge, F.,
Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23. A. 1995
Kluge, F., Nominale
Stammbildungslehre der altgermanischen Dialekte, 3. A. 1926
Kluge, F.,
Urgermanisch, 3. A, 1913
Köbler, G.,
Indogermanisch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-indogermanisches Wörterbuch,
1980, 2. A. 1982, 3. A. 2003
Köbler, G.,
Gotisch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-gotisches Wörterbuch 1981
Köbler, G.,
Germanisch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-germanisches Wörterbuch, 1981
Köbler, G.,
Altniederdeutsch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-altniederdeutsches
Wörterbuch, 2. A. 1982
Köbler, G.,
Altfriesisch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-altfriesisches Wörterbuch,
1983
Köbler, G.,
Altenglisch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-altenglisches Wörterbuch, 1985
Köbler, G.,
Altnordisch-neuhochdeutsches und neuhochdeutsch-altnordisches Wörterbuch, 1986
Köbler, G.,
Althochdeutsch-neuhochdeutsch-lateinisches und lateinisch-althochdeutsches
Wörterbuch zum Notkerglossator, 1986
Köbler, G.,
Althochdeutsch-lateinisches Wörterbuch, 2. A. 1983
Krahe, H., Germanische
Sprachwissenschaft, Bd. 1ff. 7. A. 1969ff.
Krause, W., Die
Runeninschriften im älteren Futhark, Bd. 1 1966
Krause, W., Die Sprache
der urnordischen Runeninschriften, 1971
Kylistra, A.,
Geschichte der germanisch-finnischen Lehnwortforschung, Diss. phil. Utrecht,
1961
Lloyd, A./Springer, O.,
Etymologisches Wörterbuch des Althochdeutschen, Bd. 1 1988
Maier, B., Die Religion
der Germanen, 2003
Much, R., Die Germania
des Tacitus, 2. A. 1967
Pfister, M., Die
sprachlichen Berührungen zwischen Franken und Galloromanen, Zs. f. rom. Phil.
88 (1972), 175
Pimenova, N., Zum
Konzept der diachron-vergleichenden semantischen Analyse von
Wortbildungsmodellen. Schwache an-Maskulina mit abstrakter Semantig in
altgeramnischen Sprachen, PBB 125, 203, 391ff.
Pokorny, J.,
Indogermanisches etymologisches Wörterbuch, Bd. 1 1959, Bd. 2 1969
Rasch, G., Die bei den
antiken Autoren überlieferten geographischen Namen, Diss. phil. Heidelberg,
1950
Reallexikon der
germanischen Altertumskunde hg. v. Beck, H./Jankuhn H. u. a. Bd. 1ff., 1973
Reichert, Hermann,
Lexikon der altgermanischen Namen, 1. Teil: Text, 1987, 2. Teil: Register, 1990
Schönfeld, W.,
Wörterbuch der altgermanischen Personen- und Völkernamen, 2. A, 1965
Schwarz, E.,
Germanische Stammeskunde, 1956
Seebold, E.,
Vergleichendes und etymologisches Wörterbuch der germanischen starken Verben,
1970
Sonderegger, S.,
Grundzüge deutscher Sprachgeschichte, Bd. 1 1979
Streitberg, W.,
Urgermanische Grammatik, 1896, Neudruck 1943
Stroh, F., Handbuch der
germanischen Philologie, 1952
Torp, A./Falk, H.,
Wortschatz der germansichen Spracheinheit, 1909
Walde, A./Hofmann, J.,
Lateinisches etymologisches Wörterbuch, 3. A. Bd. 1f. 1938ff.
Zimmer, S.,
Urgermanisch *þeg-na-z »Gefolgsmann«, American Journal of Germanic linguistics
and literatures 12 (2000), S. 291ff.
Kurze Einführung in die
germanische Sprachwissenschaft
A. Begriff
Das Germanische ist
eine indogermanische Sprache, die zur Gruppe der sogenannten Kentum‑Sprachen
gehört, aber mit keiner zweiten indogermanischen Sprache enger verwandt ist. Am
nächsten stehen ihm das Keltische, das Italische, das Venetische, das
Illyrische, das Baltische und das Slawische. Jedenfalls vom Keltischen ist es
in früher Zeit auch beeinflusst worden. Das Germanische ist im Zeitpunkt seiner
ersten schriftlichen Überlieferung, wie sie nach wenigen älteren Einzelwörtern
und Einzelnamen seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert allmählich einsetzt,
keine einheitliche Sprache (mehr), sondern gliedert sich in verschiedene
Sprachgruppen. Hierbei werden insbesondere Westgermanisch (Vorläufer des
Altenglischen, Altfriesischen, Altniederdeutschen [Altniederfränkischen, Altsächsischen],
Althochdeutschen einschließlich des Thüringischen und Langobardischen),
Nordgermanisch (Urnordisch bis etwa 800 n. Ch.) und Ostgermanisch (Gotisch,
Gepidisch, Vandalisch, Burgundisch, Rugisch, Skirisch) unterschieden, von denen
das Nordgermanische und das Ostgermanische gegenüber dem Westgermanischen eine
Reihe von gemeinsamen Unterscheidungsmerkmalen aufweisen (u. a. Fehlen der
Verben tun, gehen, stehen, Umbildung von uu zu ggw im Nordgermanischen und
Ostgermanischen gegenüber uw im Westgermanischen), Wie weit dem eine völlig
einheitliche germanische Sprache vorausgeht, ist umstritten, Sie lässt sich
jedenfalls durch tatsächliche Überlieferung nicht fassen. Immerhin lässt sich
mit den gleichen guten Gründen wie für das Indogermanische ein im wesentlichen
einheitlicher Grundbestand des Germanischen vermuten, der allerdings nur im
Wege der hypothetischen Rekonstruktion aus den überlieferten jüngeren
Einzelsprachen zu gewinnen ist (Beispiel : urnord. gastiR, got. gasts, ae.
giest, as. gast, ahd. gast führen auf germ. *gastiz Gast, anord. fiskr, got.
fisks, ae. fisk, afries. fisk, as. fisk, ahd. fisk führen auf germ. *fiskaz
Fisch).
B. Akzent
Das Germanische verlegt
- zeitlich nach dem sog. grammatischen Wechsel - den freien Wortakzent des
Indogermanischen auf die jeweils erste Silbe eines Wortes. Dies geschieht in
einem Zeitpunkt, in dem Nominalkomposita bereits eine feste Verbindung
eingegangen waren, sodass die Vorsilbe den Akzent erhalten konnte (vgl. ahd.
*úrloub), während Verbalkomposita noch nicht als einheitliche Gebilde anerkannt
worden waren (ahd. irloúban). Die Folge der Akzentuierung der ersten Silbe ist
vor allem die Abschleifung der auslautenden Silben (Endungen).
C. Vokale
I. Kurze Vokale
a
germ.
*akraz
Acker
(idg. *agros Acker)
a
germ.
*ahtau
acht
(idg. *oktæu acht)
a
germ.
*fader
Vater
(idg. *pýter
Vater)
e
germ.
*etan essen
(idg.
*ed- essen)
i
germ.
*fiskaz
Fisch
(idg. *piskos Fisch)
u
germ.
*sunuz
Sohn
(idg. *sunus Sohn)
II. Lange Vokale
Ð/Ú
germ.
*sÐan
säen (idg.
*sÐ-
säen)
Ð2
germ. *hÐr
hier
(idg. *¨eir
hier)
Æ
germ. *swÆnaz
Schwein (idg.
*suÆno Schwein-)
æ
germ. *mæder
Mutter
(idg. *mõter Mutter)
æ
germ. *blæjan
blühen
(idg. *bhlæ
blühen)
ð
germ.
*mðs
Maus
(idg.
*mðs Maus)
III. Diphthonge (kurze
Diphthonge)
ai
germ. *gaitiz
Geiß
(idg. *ghaidis
Geiß)
ai
germ.
*ainaz
ein
(idg. *oinos ein)
au
germ. *aukan
mehren
(idg. *aug-
wachsen)
au
germ. *raudaz
rot
(idg. *roudhos rot)
ei
germ. *steigan
steigen
(idg. *steigh-
schreiten)
eu
germ. *þeudæ
Volk
(idg. *teutõ
Volk)
Den langen Diphthongen
kommt keine besondere Bedeutung zu.
IV. Silbische Liquide
und Nasale des Indogermanischen erscheinen im Germanischen als ur-, ul-, um-
und un-.
ur
germ. *murþaz
Tötung (idg.
*m¥tis Tod)
ul
germ. *wulfaz
Wolf
(idg. *ø¢kÝos Wolf)
um
germ. *kwumdiz
Kommen (idg.
*gݣtis Kommen)
un
germ. *mundiz
Gedenken (idg.
*m¤tis Denken)
V. Neben dieser
allgemeinen Entwicklung der Vokale vom Indogermanischen zum Germanischen treten
gewisse Veränderungen innerhalb des Germanischen unter gewissen Bedingungen ein
(sogenannter kombinatorischer Lautwandel). Dazu gehören folgende Erscheinungen:
E wird zu i vor i, j
(oder u) der folgenden Silbe sowie vor Nasal und Konsonant.
germ.
*siduz Sitte
(idg. *sedhus
Sitte)
I und u gehen vor a der
Folgesilbe (z. T. erst einzelsprachlich) in e und o über (Brechung).
i
germ.
*weraz
Mann (idg.
*øiros Mann)
u
germ. *jukam
Joch
(idg. *Øugom Joch)
Durch i oder j der
folgenden Silbe werden später a, æ, u, ð, und u- Diphthonge umgelautet.
Ebenso werden in
einzelnen Sprachen Vokale durch ein u und w in der Folgesilbe umgelautet, wie
überhaupt die Einzelsprachen durch weitere Veränderungen im Vokalismus
gekennzeichnet sind.
Allgemein wird im
Germanischen ein kurzer Vokal gedehnt, wenn n vor h schwindet.
germ.
*þinhan got. teihan
gedeihen idg. *tenk‑
gedeihen
Außerdem wird ein
langer Vokal vor Liquida oder Nasal und Konsonant gekürzt.
germ.
*windaz
Wind
idg. *øÐntos Wind
In Nebentonsilben
(nichtakzentuierten Silben) treten zum Teil weitere Veränderungen ein.
VI. Die große Mehrzahl
der Vokale steht seit der Zeit der indogermanischen Grundsprache in einem
festen Beziehungsverhältnis zueinander und kann miteinander nach festen
Gesetzen wechseln (Ablaut). Dabei kann sich die Qualität des Vokals (i - a,
sogenannte Abtönung) ändern oder die Qualität (Länge - Kürze, sogenannte
Abstufung) wechseln. Entfällt ein Vokal ganz, spricht man - im Gegensatz zur
Normalstufe - von Schwundstufe, wird aus einem kurzen Vokal ein langer von
Dehnstufe. Das Germanische baut den aus der indogermanischen Grundsprache
ererbten Ablaut aus. Es benutzt ihn vor allem dazu, verschiedene Bedeutungen
besser zum Ausdruck zu bringen. Dabei werden insbesondere sechs (sieben)
Ablautreihen unterschieden, die zur Unterscheidung der verschiedenen Formen des
sogenannten starken Verbs dienen, aber auch sonst erscheinen.
D. Konsonanten
Das Germanische
unterscheidet sich vom Indogermanischen vor allem durch die Veränderung der
Verschlusslaute (p, b, bh, t, d, dh, ¨, , h,
k, g, gh, kø, gø, und gøh)
(sogenannte erste oder germanische Lautverschiebung).
I. Die indogermanischen
stimmlosen Verschlusslaute (Tenues) erscheinen im Germanischen als stimmlose
Reibelaute, sofern nicht dem stimmlosen Verschlusslaut ein Reibelaut alter oder
neuer Art vorangeht (z. B. sp‑, st‑, sk‑, ft, ht).
f
germ. *fader
Vater (idg.
*pýter Vater)
þ
germ. *þreijiz, *þreiz drei
(idg.
*treØes drei)
h(χ)
germ.
*hundaz Hund
(idg. *¨uon- Hund)
h(χ)
germ.
*hafjan
heben (idg.
*kap- nehmen)
hw (χÝ)
germ.
*hwe
wer (idg. *køo
wer)
Liegt der
indogermanische Wortakzent nicht auf der unmittelbar vorhergehenden Silbe, so
wird der inlautende oder auslautende indogermanische stimmlose Verschlusslaut
über den stimmlosen Reibelaut in stimmhafter Umgebung zum stimmhaften Reibelaut
(sogenannter grammatischer Wechsel, Vernersches Gesetz). Dabei wird
f zu b (as. b, ae. f, afries. v) (*fémf(e): *sebún)
th zu d- (*bróþar: *haidúz)
h(χ) zu g (*téhun: *angà)
hw(χ Ý) zu g
(g oder w) (*léihwan-: *sag(w)én)
Das gilt auch für s,
das zu z wird (z. B. germ. *snuzæ Schwiegertochter: idg. *snusõ
Schwiegertochter).
Da bei diesem Vorgang
der indogermanische Wortakzent von wesentlicher Bedeutung ist, kann sich auch
innerhalb zusammengehöriger Wortkategorien dieser Wechsel von stimmlosen zu
stimmhaften Reibelauten finden (z. B. germ. *werþæ [ich werde], *warþ(a)
[ich wurde], *wurdum(i) [wir wurden], *wurdan(a)z [geworden]; oder germ.
*liþan gehen, *laidjan gehen machen).
II. Die
indogermanischen stimmhaften behauchten Verschlusslaute (Mediae aspiratae)
werden im Germanischen zu stimmhaften Reibelauten.
b
germ.
*beran
tragen (idg. *bher-
tragen)
d
germ.
*duram Türe
(idg. *dhurõ
Tür)
g
germ.
*seguz
Sieg (idg. *sehos
Sieg)
g
germ.
*gastiz
Gast (idg. *ghostis
Fremder)
g,
gw? germ.
*sengwan
singen (idg. *sengÝh-
tönen)
III. Die
indogermanischen stimmhaften Verschlusslaute (Mediae) werden im Germanischen zu
stimmlosen (harten) Verschlusslauten.
g,
gw? germ.
*sengwan
singen (idg. *sengÝh-
tönen)
p
germ.
*reipan
ernten (idg.
*reib-? reißen)
t
germ.
*terwæn
Baum (idg. *d(e)reu- Baum)
k
germ.
*keusan
kosten (idg. *eus‑
kosten)
k
germ.
*aukan
mehren (idg. *aug-
mehren)
kw, k germ.
*kweman
kommen (idg. *gÝem-
kommen)
Insgesamt kennt also
das Germanische gegenüber den 15 Verschlusslauten des Indogermanischen nur noch
vier (p, t, k, kw), weist aber gegenüber dem Indogermanischen eine große Zahl
von Reibelauten (f, þ, h, (χ), b, d, g, (s, z)) auf.
IV. Der stimmlose
indogermanische Reibelaut s ist im Germanischen stimmlos erhalten, soweit nicht
das Vernersche Gesetz wirkt. Der seltene stimmhafte Reibelaut z bleibt im
Germanischen vor stimmhaften Konsonanten stimmhaft, wird aber vor stimmlos
gewordenen Konsonanten stimmlos.
germ.
*sebun
sieben (idg. *sept£
sieben)
germ.
*astaz
Ast (idg. *ozdos
Ast)
V. Die Sonorlaute
(Nasale und Liquide) des Indogermanischen sind im Germanischen ebenfalls
vorhanden.
m
germ.
*mæder
Mutter (idg. *mõter
Mutter)
n
germ.
*neujaz
neu (idg.
*neøos neu)
r
germ. *raudaz
rot (idg. *roudhos
rot)
l
germ.
*lahsaz
Lachs (idg.
*laksos Lachs)
VI. Die Halbvokale Ø
und ø können im Germanischen als j und w erhalten sein, ‑ jedenfalls
später ‑ fehlen oder zu ØØ und øø verschärft sein.
j
germ.
*jeram
Jahr (idg.
*Øero Jahr)
w
germ.
*waldan
walten (idg. *øaldh-
stark sein)
VII Als
kombinatorischer Lautwandel treten außer den schon für das Indogermanische
wahrscheinlichen Erscheinungen im Germanischen weitere Veränderungen ein. So
wird aus dl, sl, ln jeweils ein ll.
*stadlaz
*stallaz
Standort (idg. *stýdhlo
Standort)
Aus nø, sn wird
vielfach nn.
germ. *kinnuz
Kinn (idg.
*enÝ Kinn)
Aus sm, ms, mn, nm und
vielleicht auch bm wird oft mm.
Fraglich ist, ob
Doppeltenues pp, tt, kk aus der Verbindung indogermanischer Verschlusslaute mit
einem folgenden n entstanden ist.
N verschwindet vor h
unter gleichzeitiger Ersatzdehnung eines vorangehenden kurzen Vokals.
Ebenso schwindet ein
indogermanischer dentaler Verschlusslaut zwischen n und i, n und n sowie vor s
und Konsonant.
germ.
*sunjaz
seiend (idg.
s¤tØos wirklich)
Indogermanisch ø
schwindet zwischen Konsonant und i.
Auch darüber hinaus
können Konsonanten an andere Konsonanten angeglichen werden (Assimilation) oder
mehrere gleiche Konsonanten ungleich gemacht werden (Dissimilation) oder Laute
in ihrer Reihenfolge umgestellt werden (Metathese) oder Konsonanten außerhalb
der Lautgesetze verdoppelt werden.
VIII. Für den Auslaut
der Wörter gelten zusätzliche, vor allen durch den Akzent bestimmte Regeln, die
zum Verlust von Konsonanten und Vokalen oder zur Abstufung (Qualitätsminderung)
geführt haben. Zeitlich gehen dabei die Auswirkungen auf die Konsonanten den
Auswirkungen auf die Vokale voraus, Dabei wird m allmählich zu n.
germ.
*hurnam
Horn
*hurnan Horn
N schwindet vielfach
allmählich, insbesondere in den Flexionsendungen. Ebenso schwinden die dentalen
Verschlusslaute allmählich. Auslautendes s wird vielfach an auslautendes z
angeglichen, das dann in den germani(sti)schen Einzelsprachen schwindet.
Bei den Vokalen werden
Längen zu Kürzen und schwinden Kürzen.
germ.
*ahtau
acht (idg.
*oktæu acht)
germ.
*femf(e)
fünf (idg. *penqÝe
fünf)
E. Substantiv
Das Substantiv besteht
im Germanischen regelmäßig aus einer Wurzelsilbe, einem Stammbildungselement
(Wortbildungselement) und einem Flexionselement. Nach dem Wortbildungselement
unterscheidet man folgende Deklinationsklassen, die grundsätzlich nur noch
Einzahl und Mehrzahl, Nominativ (einschließlich Vokativ), Genitiv
(einschließlich von Teilen des idg. Ablativs), Dativ (idg. Dativ, Instrumental,
Lokativ und teilweise Ablativ) und Akkusativ (sowie vereinzelt noch Vokativ und
Instrumental) kennen.
I. a- Stämme (idg. o‑ Stämme) (männlich,
sächlich) z. B. *dagaz Tag, *hurnam Horn, zu denen auch mit
gewissen Besonderheiten die germ. ja-Stämme (idg. Øo‑Stämme) (z. B. germ. *harjaz Heer) und die wa-Stämme (idg. øo‑Stämme) gehören (z.
B. germ. *knewam Knie). Sie kennen folgende Formen:
Sg.Nom. (meist)
-az
*dagaz (idg. -os)
Sg.Gen.
-ezo, -es(a),
-as(a)
*dagez(o) (idg. -eso, -oso)
Sg.Dat.
-ai,
-ei
*dagai (idg. -oi)
Sg.Akk.
-am,
-an
*dagam (idg. -om)
Sg.Vok. meist
wie Nominativ
*dagi (idg.
-e Å, endungslos])
Sg.Instr.
nur z. T. erhalten,
-u
(idg. -æ)
Pl.Nom.
(meist) ‑oz, ‑os
*dagoz (idg. -æs)
Pl.Gen. z,
T, -em,
-on
*dagen, *dagon (idg. -æm)
Pl.Dat.
-miz,
-imiz
*dagamiz (idg. -omis)
Pl.Akk.
(meist) -ans,
-anz
*daganz (idg. -ons)
II, æ‑Stämme
(idg. õ‑Stämme) (weiblich) (z. B. germ. *gebæ Gabe), zu denen auch
mit gewissen Besonderheiten die jæ‑Stämme (idg. Øõ) (z. B. germ. *sibjæ
Sippe) und wæ‑Stämme (idg. øõ) gehören,
Sg.Nom.
*gebæ
(idg. ‑õ)
Sg.Gen.
*geboz
(idg. ‑õs)
Sg.Dat.
*gebai, *gebæ,
*geboi
(idg. ‑õi)
Sg.Akk.
*gebæm,
*gebæn
(idg. ‑õm)
Pl.Nom.
*gebæz
(idg. ‑õs)
Pl.Gen.
*gebæ(no),
*gebæn
(idg. -æm?, ‑õm?)
Pl.Dat,
*gebæmiz
(idg. ‑æmis)
Pl.Akk.
*gebæz
(idg. ‑õns)
III. i‑Stämme
(männlich, weiblich, selten sächlich) (z. B. germ. *gastiz Gast, *anstiz
Gunst).
Sg.Nom. ‑iz
*gastiz (idg. ‑is)
Sg.Gen. z.
T, (‑esa, ‑asa),‑iso
*gastiso (idg. ‑eis, ‑ois)
Sg.Dat.
z. T. (‑ai), ‑iji‑
*gastai (idg. ‑i)
Sg.Akk. ‑im,
‑in
*gastin (idg. ‑im)
Sg.Vok.
*gasti (idg.)
Pl.Nom. ‑ijiz
*gastijiz (idg. ‑eies)
Pl.Gen. ‑em?
*gastion (idg. ‑i(i)æm)
Pl.Dat.
‑ims, ‑miz
*gastimiz (idg. ‑imis)
Pl.Akk. ‑ins,
‑inz
*gastinz (idg. ‑ins)
IV. u‑Stämme
(männlich, weiblich, sächlich) (z. B. germ. *sunuz Sohn)
Sg.Nom. ‑uz
*sunuz (idg. ‑us)
Sg.Gen. ‑aus,
‑auz
*sunauz (idg. ‑eðs, ‑oðs)
Sg.Dat.
‑au, ‑eu, ‑awi
*sunawi (idg. ‑Ðu, ‑æu)
Sg.Akk. ‑um,
‑un
*sunun (idg. ‑um)
Pl.Nom. ‑iøiz
*suniw(e)z (idg. ‑eøes)
Pl.Gen. ‑iwo,
‑em?
*suniwe‑ (idg. ‑eøæm)
Pl.Dat.
‑umiz
*sunumiz (idg. ‑umis)
Pl.Akk. ‑uns,
‑unz
*sununz (idg. ‑uns)
V. s‑Stämme (idg.
‑s) (sächlich), nur in Resten erhalten
Sg.Nom. germ.
*rekwez Finsternis, *lambiz Lamm
VI. r‑Stämme
(idg. ‑er)
Sg.Nom.
*broþar Bruder, *broþriz, *broþri, *broþarun
VII. nd‑Stämme
(idg. ‑nt)
Sg.Nom.
*frijonds Freund, Gen.?, *frijondi, *frijondun
VIII. n‑Stämme
Sie werden im
Germanischen zur sogenannten. schwachen Deklination ausgebaut (‑an, ‑jan,
‑æn, ‑jæn, ‑Æn‑Stämme) (z. B. männlich *hanæn
Hahn, weiblich *tungwæn Zunge, sächlich *augæn Auge).
Sg.Nom
*hanan
(idg. ‑Ðn, ‑æn, ‑æ)
Sg.Gen.
*hananiz
(idg. ‑enes, ‑enos)
Sg.Dat.
*hanani
(idg. ‑eni)
Sg.Akk.
*hananum, ‑un
(idg. ‑on£ )
Pl.Nom.
*hananiz
(idg. ‑ones)
Pl.Gen.
*hananan,
*hananem?
(idg. ‑onom)
Pl.Dat.
*hanonmiz
(idg. ‑omis)
Pl.Akk.
*hananuns, ‑unz
(idg. on¤s)
IX. Wurzelnomina
Sie sind nur noch in
Resten erhalten, am besten noch die weiblichen Wurzelnomina (zu. B. germ.
*burg Burg).
Sg.Nom.
*burg(s)
Sg.Gen.
*burgiz, ‑az, ‑is, ‑as
Sg.Dat.
*burgi
Sg.Akk.
*burgum, ‑un
Pl.Nom. ‑iz
Pl.Gen.
(wie i‑ und a‑Stämme)
Pl.Dat.
(wie i‑Stämme)
Pl.Akk. ‑iz
X. Indogermanische r‑
und n‑Stämme werden zu eindeutigen r‑ oder n‑Stämmen.
F. Pronomen
I Personalpronomen
1.P.Sg.Nom.
germ. *ek, *ik
ich
(idg. *eg‑, *eg(h)om)
1.P.Sg.Gen.
1.P.Sg.Dat.
germ. *mez*
*miz
(idg. *me‑)
1.P.Sg.Akk.
germ.
*mek
(idg. *me‑)
Dual
Nom. germ.
*wit wir
beide (idg. *øed‑)
Dual Gen.
Dual
Dat.
germ. *unk uns
beide (idg. *¤‑)
Dual
Akk.
germ. *unk uns
beide (idg. *¤‑)
1.P.Pl.Nom.
germ. *wiz
wir
(idg. *øeØes)
1.P.Pl.Gen.
1.P.Pl.Dat.
germ.
*uns
uns (idg. *¤s)
1.P.Pl.Akk.
germ. *uns
uns
(idg. *¤s)
1.P.Sg.Nom.
germ. *þu
du
(idg. *tð)
1.P.Sg.Gen.
1.P.Sg.Dat.
germ. *þez
dir
(idg. *te‑)
1.P.Sg.Akk.
germ. *þek
dich
(idg. *te‑)
Dual
Nom. germ.
*jut ihr
beide (idg. *Øud)
Dual Gen.
Dual
Dat.
germ. *ink euch beiden
Dual Akk.
germ. *ink euch beide
2.P.Pl.Nom.
germ. *iuz, *iiz
ihr
(idg. *iðs)
2.P.Pl.Gen.
2.P.Pl.Dat.
germ.
*izwiz euch (idg.
*øes)
2.P.Pl.Akk.
germ. *izwiz, *uizuiz
euch (idg. *øes)
3.P.Sg.Nom.Mask.
germ. *iz, *ez
er
(idg. *ei‑, *is)
3.P.Sg.Nom.Fem.
germ. *si‑
sie
3.P.Sg.Nom.Neutr.
germ. *ita es
II. Reflexivpronomen
Gen.
Dat.
germ. *sez
sich
(idg. *se‑)
Akk.
germ. *sek
sich
(idg. *se‑)
III. Possessivpronomen
Sg.
germ. *minaz
mein (idg.
*meino‑)
germ. *þinaz
dein
(idg. *teino-)
germ. *sinaz sein
(idg. *seino‑)
Dual
germ. *unkera unser beider
germ. *inkera euer beider
Pl.
germ. *unsera‑
unser (idg.
*¤sero‑)
germ. *izwera‑ euer
IV.
Demonstrativpronomen: der, die, das
Sg.Mask.Nom.
germ. *sa
der
(idg. *so)
Sg.Mask.Gen.
germ. *þez(a)
des
(idg. *teso)
Sg.Mask.Dat.
germ. *þazm‑
dem
(idg. *tosmÐ)
Sg.Mask.Akk.
germ. *þan
den
(idg. *tom)
Sg.Fem.Nom.
germ. *sa, *siæ
die
(idg. *sa, *siõ)
Sg.Neutr.Nom.
germ. *þat
das
(idg. *tod)
Pl.Mask.Nom.
germ. *þai
die
(idg. *toi)
Pl.Fem.Nom.
germ. *þæz
die
(idg. *tõs)
Pl.Neutr.Nom.
germ. *þæ
die
(idg. *tõ)
Diese, diese, dieses:
ist von der, die, das
abgeleitet.
Jener:
germ. *jaina, *jena,
*jana (idg. *Øe-, *Øo-)
Vgl. auch *hi(z),
*he(z): dieser
V. Ein einheitliches
Relativpronomen findet sich nicht.
VI.
Interrogativpronomen
Mask.
germ. *hwaz
wer
(idg. *kÝos)
Fem.
germ. *hwo
wer
(idg. *kÝa)
Neutr.
germ. *hwat
was
(idg. *kÝod)
VII. Als
Indefinitpronomen »irgendeiner« werden germ. *hwaz, *sumaz und *ainaz
gebraucht. Wörter für »niemand« und »keiner« werden mit Hilfe von Verneinungen
und Partikeln gebildet, Der Begriff »jeder« wird ebenfalls mit Hilfe von Partikeln
oder durch Präfixe ausgedrückt.
G. Adjektiv
Das Adjektiv hat im
Germanischen drei Geschlechter und kann stark oder schwach flektiert werden,
wobei die starke Flexion ursprünglich mit den vokalischen
Substantivdeklinationen der a‑, æ-, ja‑, jæ‑, wa‑, wæ‑,
i‑, u‑ (und nd‑) Stämme (idg. ‑o, ‑õ, jo‑,
jõ‑, i‑, u‑, nt‑Stämme), die zusätzliche, im
Indogermanischen noch sehr seltene schwache Flexion mit der n‑Stammdeklination
übereinstimmt, Die schwachen Adjektivformen haben ursprünglich individualisierende
(bestimmte) Bedeutung und werden daher mit dem bestimmten Artikel verbunden.
Die Steigerung wird
regelmäßig mit Hilfe des Suffixes ‑is bzw. ‑iz ‑gebildet, an
das im Komparativ ein n‑haltiges Suffix, im Superlativ das idg. Suffix ‑to
tritt. Daneben finden sich auch die Suffixe (gotisch) ‑æza, ‑æsts.
Unregelmäßig gesteigert werden germ. *godaz gut, *ubilaz schlecht,
*mekilaz groß und *litilaz klein.
H. Adverb
Adverbien werden
vielfach auf ‑æ gebildet, doch wird auch der Nom. Akk. Sg. Neutr. des Adjektivs
als Adverb verwandt.
I. Numerale
I. Grund zahl en
germ.
*ainaz
ein
(idg. *oinos)
germ.
*twa(i)
zwei - deklinabel (idg. *d[u]øo[u])
germ.
*þre(ji)z, *þreiz
drei
(idg. *treØes)
germ.
*fedwor(e)z
vier
(idg. *kÝetøer)
germ.
*femf(e), *femfi
fünf
(idg. *penkÝe)
germ.
*sehs,
*seks
sechs
(idg. *s[ø]eks)
germ.
*sebun
sieben
(idg. *sept£)
germ.
*ahtau,
*ahtæu
acht
(idg *oktæ[u])
germ.
*newun(þ)
neun
(idg. *neøn)
germ.
*tehun(þ), *tehan
zehn
(idg. *dek£)
germ.
*ainalibi
elf
germ.
*twalibi
zwölf
Die Zahlen von 13 bis
19 werden durch Zusammensetzung mit *tehun, *tehan, die Zahlen 20 bis 60 mit *‑tehu‑
‑zig, die Zahlen von 70 bis 90 (120) uneinheitlich gebildet,
Hundert heißt *hunda‑,
*hundarada, tausend *þus(h)und‑.
II Ordnungszahlen
germ.
*fruma, *furista, *airista erste
germ.
*anþaraz
zweite
germ.
*þridjan
dritte
(idg. *tritØo)
Die Ordnungszahlen von
4 bis 12 werden mit dem idg. Suffix ‑to‑, germ. ‑þan
gebildet, die weiteren ursprünglich durch Nebeneinanderstellung der
Ordnungszahlen der Einer und Zehner, später auch teilweise der Grundzahlen der
Einer und der Ordnungszahlen der Zehner.
K. Verb
Das Verb kennt die
beiden Verbalgeschlechter (Genera) des Aktiv als Bezeichnung der vom Subjekt
nach außen hin ausstrahlenden (aktiven) Tätigkeit und das Mediopassiv als
Bezeichnung einer die Sphäre des Subjekts berührenden oder interessierenden
Tätigkeit, aus dem sich das Passiv entwickelt. Aussageweisen sind Indikativ für
die Aussage über die (subjektiv empfundene) Wirklichkeit, Optativ für das
Wünschen (und das Wollen) und Imperativ für das Befehlen. Handlungsarten
(Zeiten, Tempora) sind Präsens und Präteritum, dass beim starken Verb formal
dem indogermanischen Perfekt entspricht, bedeutungsmäßig aber alle anderen Vergangenheitsfunktionen
mit übernahm und für das schwache Verb neu gebildet wird. Von den drei Numeri
Einzahl, Mehrzahl, Dual ist der Dual bis auf geringe Reste verschwunden.
Dagegen ist die Dreiheit der Personen pro Numerus grundsätzlich erhalten.
Außerdem gehören zum Verb der Infinitiv Präsens als Verbalsubstantiv und die
Partizipien Präsens und Präteritum als Verbalobjektive. Innerhalb der Verben
ist zwischen starker und schwacher Konjugation zu unterscheiden. Die starken
Verben bilden das Präteritum durch Ablaut, die schwachen Verba durch ein
dentales Element. Die meisten Präsentia flektieren thematisch d. h. mit Thema‑
oder Bindevokal zwischen Wurzel und Personalendung, das starke Praeteritum und
die sogenannten Wurzelverba dagegen athematisch.
I. Starkes Verb (z. B.
germ. *beran tragen)
Akt.Ind.Präs.Sg.1.P.
*bero
(idg. *bhero)
Akt.Ind.Präs.Sg.2.P.
*beris(i),
*beriz(i)
(idg. *bheresi)
Akt.Ind.Präs.Sg.3.P.
*beriþ(i),
*beridi
(idg. *bhereti)
Akt.Ind.Präs.Du.1.P.
*beraþ(i)z
(idg. *bheroøes)
Akt.Ind.Präs.Du.2.P.
*beriþ(i)z,
*beraþ(i)z
(idg. *bheret[h]es)
Akt.Ind.Präs.Du,3,P,
‑
(idg. *bheretes)
Akt.Ind.Präs.Pl.1.P.
*beram(i)z
(idg. *bheromes)
Akt.Ind.Präs.Pl.2.P.
*beriþ(i),
*beridi
(idg. *bherete)
Akt.Ind.Präs.Pl.3.P.
*beranþ(i),
*berand(i)
(idg. *bheronti)
Das starke Präteritum
wird durch den Ablaut gekennzeichnet, vereinzelt auch durch Reduplikation.
Akt.Opt.Präs.Sg.1.P.
‑aØu(n)
(idg. -oim)
Akt.Opt.Präs.Sg.2.P.
‑ais,
-aiz
(idg. -ois)
Akt.Opt.Präs.Sg.3.P.
‑aiþ,
-aid
(idg. -oit)
Akt.Opt.Präs.Sg.Du.
‑aiwa
(idg. -oiøe)
Akt.Opt.Präs.Pl.1.P.
‑aima
(idg. -oimÐ)
Akt.Opt.Präs.Pl.2.P.
‑aiþ, ‑aid
(idg. -oite)
Akt.Opt.Präs.Pl.3.P.
‑ain
(idg. -oint)
Imperativ
Präs.Sg.2.P.
*ber
(idg. *bhere)
Imperativ
Präs.Pl.2.P.
*beriþ(i)
(idg. *bherete)
Das Medium (Medio‑Passivum)
ist noch in spärlichen Resten (Teile des Indikativs und Optativs des Präsens)
erhalten.
Der Infintiv Präsens
ist bildungsmäßig der erstarrte Akkusativ Singular eines neutralen
Verbalabstraktums.
germ.
*beran
(idg. *bheronom)
Die Partizipien sind
Verbaladjektive.
Partizip Präsens
germ.
*berandi
(idg. *bheronti)
Partizip Präteritum
germ.
*buranaz,
*burinaz
(idg. *bh¥onos,
*bhrenos)
II. Schwaches Verb
Die schwachen Verben
werden nach der Art der Stammbildung in vier Klassen eingeteilt.
1. ‑i‑, ‑j‑
+ Bindevokal: germ. *nazjan
retten (idg. éØæ-)
Hierzu gehören vor
allem Kausative zu starken Verben (germ. *satjan sitzen machen, setzen zu
*setan sitzen) und Faktitiva zu Adjektiven (germ. *hailjan heil
machen zu germ. *hailaz heil).
2. ‑æ‑:
germ. *salbæn salben
(idg. ‑õ‑)
Hierzu gehören
(athematisch flektierende) Deverbativa mit vorwiegend intensiver Bedeutung (z.
B. germ. *sprangæn sprudeln zu *sprengan springen) und (thematisch
flektierende) Denominativa (germ. *fiskæn fischen zu *fiskaz
Fisch).
3. ‑ai‑, ‑a‑,
‑Ðn:
germ. *haban, *habÐn haben (idg. ‑ÐØ. ‑Ð‑)
Hierzu gehören
Deverbativa mit vorwiegend durativer oder inkohativer Bedeutung (germ. *wezan,
*wezÐn währen) und Denominativa mit inkohativer Bedeutung (germ. *fulan,
*fulÐn faulen).
(5. -næ-,
-nõ-:
germ. *fullnan voll werden [idg. -nõ, -ný-])
Hierzu gehören Verben
mit intransitiv‑inkohativer Bedeutung, die sich vor allem im Gotischen
finden).
Akt.Ind.Präs.Sg.1.P.1.Kl.
germ. *nazijæ ich
rette (idg. *noséØæ)
germ. *sokijæ ich suche
(idg. *sõgiØo)
Akt.Ind.Präs.Sg.2.P.1.Kl.
germ. *nazijiz(i) du rettest (idg.
*noséØesi)
germ. *sokijiz du suchst
(idg. *sagiØesi)
Akt.Ind.Präs.Sg.1.P.2.Kl.
germ. *salbojo ich
salbe (idg. ‑aio)
Akt.Ind.Präs.Sg.2.P.2.Kl.
germ. *salbojis du salbst
Akt.Ind.Präs.Sg.1.P.3.Kl.
germ. *habØæ ich habe
Akt.Ind.Präs.Sg.2.P.3.Kl.
germ. *habejis(i) du hast
Das Präteritum wird aus
dem Verbalstamm und Präteritalformen des Verbums germ. *don tun gebildet.
Akt.Ind.Prät.Sg.1.P.1.Kl.
germ. *nazidæ(m) ich rettete
Akt.Ind.Prät.Sg.2.P.1.Kl.
germ. *nazidÐs du rettetest
Akt.Ind.Prät.Sg.3.P.1.Kl.
germ. *nazidÐ(d) er rettete
Der Optativ und der
Imperativ sowie Mediopassivum, Infinitiv und Partizipien werden teilweise wie
beim starken Verb gebildet. Das Partizip Präteritum wird mit dem Suffix ‑da‑
(idg. ‑tó‑) geformt.
III. Besonderheiten
gelten für einzelne kleinere Verbalklassen und einzelne Verben. So verwenden
die Präterito‑Präsentia (Perfektstämme, die nach dem Verlust der
ursprünglichen resultativen Zustandsbedeutung präsentische Bedeutung angenommen
haben z. B. ich habe gesehen = ich weiß) als »Präsens« ablautende
Präteritalformen nach Art der starken Verben und neue Präterita nach Art der
schwachen Verben. Hierher gebören:
*wait‑
*witan
wissen
*aih‑
*aigan
haben
*daug‑
*dugan
taugen
*kann‑
*kunnan
verstehen
*þarf‑
*þurfan
bedürfen
*gadars‑
*gadursan wagen
*ann‑
*unnan
gönnen
*skal‑
*skulan
sollen
*man‑
*munan
meinen
*mag‑
*mugan
können
*ganah‑
*ganahan genügen
*gamot‑
*gamotan können
Athematische
Wurzelverben (Verben, welche die Personalendung unmittelbar an die Verbalwurzel
anfügen):
sein (idg. Wurzeln *es‑
(Schwundstufe s-) und *bhu-): *es-
Präs.Akt.Ind.Sg.1.P.
germ. *im ich
bin (idg. *esmi)
Präs.Akt.Ind.Sg.2.P.
germ.
*is du
bist (idg. *es(s)i)
Präs.Akt.Ind.Sg.3.P.
germ. *ist er
ist (idg. *esti)
Präs.Akt.Ind.Pl.1.P.
germ. *ezum wir
sind (idg. *[e]smes)
Präs.Akt.Ind.Pl.2.P.
germ. *ezuþ ihr
seid (idg. *[e]sté)
Präs.Akt.Ind.Pl.3.P.
germ. *sind sie
sind (idg. *senti)
Andere Formen werden
von dem starken Verb germ. *wesan sein gebildet
tun (idg. Wurzel *dhe‑,
*dho‑ tun): *don
Präs.Akt.Ind.Sg.1.P.
germ. *dom ich
tue (idg. *dhome)
Präs.Akt.Ind.Sg.2.P.
germ. *dos du
tust (idg. *dhosi)
Präs.Akt.Ind.Sg.3.P.
germ. *dod er
tut (idg. *dhoti)
Präs.Akt.Ind.Pl.1.P.
germ. *domes wir
tun (idg. *dhomes)
Präs.Akt.Ind.Pl.2.P.
germ. *dod ihr
tut (idg. *dhote)
Präs.Akt.Ind.Pl.3.P.
germ. *dond sie
tun (idg. *dhonti)
Prät.Akt.Ind.Sg.1.P.
germ. *dido ich
tat (idg. *dhedhom)
Prät.Akt.Ind.Sg.2.P.
germ. *dedes du
tatest (idg. *dhedhes)
Prät.Akt.Ind.Sg.3.P.
germ. *dedo er
tat (idg. *dhedhet)
Prät.Akt.Ind.Pl.1.P.
germ. *dedum wir tatem
(idg. *dhedhomes)
Prät.Akt.Ind.Pl.2.P.
germ. *deduth ihr
tatet (idg. *dhedhote)
Prät.Akt.Ind.Pl.3.P.
germ. *dedun sie
taten (idg. *dhedhonti)
gehen
germ. *gen, gan
gehen (idg. *ghe‑)
stehen
germ. *sten, *stan‑ stehen
(idg. *sta‑)
wollen
germ. *weljan
wollen (idg. *øel‑)
Die
Präsensformen des Verbums »wollen« sind ihrer Herkunft nach Optative.
L. Wortbildung
Wörter als
Zeichen für Vorstellungen nehmen an Sprachentwicklungen außer bezüglich der äußeren
Form auch bezüglich der inneren Bedeutung teil. Sie können im Laufe der Zeit
sich aber nicht nur ändern, sondern sogar gänzlich untergehen. Andererseits
werden neue Wörter ständig entweder von außen übernommen oder innerhalb der
Sprache neu geschaffen. Diese Schaffung neuer Wörter kann ohne Verwendung von
bereits vorhandenem Wortgut spontan erfolgen (»Urschöpfung«) oder ‑
jedenfalls in entwickelteren Sprachen ‑ häufiger aus bereits vorhandenem
Wortgut durch Zusammensetzung (Komposition) oder Ableitung durch formantische
Elemente (Suffixe) geschehen.
I. Zusammensetzung
Bei der Zusammensetzung
ist zwischen nominaler und verbaler Komposition zu unterscheiden. Außerdem
trennt man zwischen der (älteren) echten Komposition, die als Vorderglied einen
‑ in den meisten Fällen unveränderten ‑ reinen Nominalstamm
verwendet (z. B. germ. *brudigumæn Bräutigam, *nahtagalæn
Nachtigall, zahlreiche Personennamen), und der im Germanischen erst in
späteinzelsprachlicher Zeit produktiven unechten Komposition, die eine aus
mehreren Wörtern bestehende syntaktische Verbindung in ihrer bestehenden ‑
flektierten ‑ Form zusammenrückt (zeitlich früheste Beispiele got.
baurgewaddjus Stadtmauer, vorahd. *sunnuntag Sonntag). Die
Nominalkomposita lassen sich nach dem logischen Verhältnis ihrer Bestandteile
gliedern in Kopulativkomposita, bei denen zwei verschiedene, aber
gleichgeordnete Begriffe zusammengeschlossen werden (z. B. germ.
*þreiztehun dreizehn), Determinativkomposita, bei denen das Hinterglied
durch das Vorderglied, das auch ein Partikel wie un‑ oder ga‑ sein
kann, näher bestimmt wird (z. B. *brudigumæn Bräutigam, *nahtagalæn
»Nachtsängerin«), sowie sogenannte exozentrische Komposita (meist sogenannte.
Bahu‑vrihis), deren Glieder einen außerhalb des Kompositums liegenden
Begriff charakterisieren oder bezeichnen (z. B. *managfald ‑ viele Falten
habend, unterschiedlich). Die verbale Komposition ist ganz überwiegend
Präfixkomposition und grundsätzlich unechte Komposition. Die wichtigsten
Präfixe sind ab‑, (af‑). ana‑, and‑, at‑, *bi‑,
fer‑, for‑, fra‑, ga‑ (kollektivierend,
perfektivierend), in‑, to‑, uber‑, uf‑, umbi‑, uz‑.
Vielfach bleibt die freie Trennbarkeit von Präfix und Verb erhalten (anders
Präfix und Nomen). Die verbalen Präfixe sind im Gegensatz zu den nominalen
grundsätzlich unbetont. Alle Verbalkomposita sind Determinativkomposita.
II. Ableitung
Die Wortbildung durch
Ableitung (im Gegensatz zur Zusammensetzung) kann als nominale Stammbildung
oder als verbale Stammbildung erfolgen. Dabei werden in einem analogischen
Vorgang formantische Elemente, die vielfach keine selbständige Eigenbedeutung
mehr erkennen lassen, an Wortstämme angehängt (Suffixe), mit denen zusammen
sie, solange sie produktiv sind, neue Wörter von bestimmten formalen und
semantischen Eigenschaften zu bilden vermögen. Ableitungen, denen ein Nomen
zugrundeliegt, heißen denominal, solche, denen ein Verb zugrunde liegt,
deverbativ. Dem Suffix, das an die Wurzel oder den Stamm tritt, folgt meist
dann noch ein flexivisches Element (Flexionsendung), doch gibt es außer bloßen
Wurzelwörtern wie z. B. germ. *mðs Maus, auch Wörter, die nur aus Stamm
und Suffix bestehen (z. B. germ. *fadar, *fader Vater). Wie weit Suffixe
zur Wurzel gerechnet werden, ist im übrigen im einzelnen unterschiedlich (sogenannte
Wurzelerweiterungen durch Suffixe, deren Funktion nicht mehr nachweisbar ist).
Die meisten Suffixe des Germanischen sind aus dem Indogermanischen ererbt,
wobei neue Suffixe meist durch Kombination oder Erweiterungen bestehender
Suffixe entstanden sind.
Im Indogermanischen
konnten für die - neben suffixlosen Wurzelnomina stehenden Ableitungen
grundsätzlich alle Vokale und Konsonanten sowohl allein wie auch in
verschiedenen Verbindungen vereint werden. Davon verlieren allerdings die rein
vokalischen Suffixe (-o-, -a-, -i-, -u-) im Germanischen wegen des
Vokalschwundes in Endsilben rasch ihre Produktivität. Wichtiger sind
demgegenüber daher die Suffixe, die mindestens einen gegenüber den
Lautveränderungen widerstandsfähigen Konsonanten in sich tragen.
1. Nominale
Stammbildung
a) Von den
Indogermanischen anfangs sehr wichtigen Wurzelnomina sind im germanischen noch
einige Dutzend bezeugt (z. B. germ. *fotuz Fuß, *lðs Laus,
*mðs Maus), die meist elementare Begriffe des menschlichen Lebens und
seiner Umwelt bezeichnen.
b) Vokalsuffix
Das Suffix -a- (idg.
-o-) bildet seit indogermanischer Zeit Nomina agentis und Nomina actionis, von
denen insbesondere die Nomina actionis auch im Germanischen sehr häufig sind
(z. B. germ. *snaigwaz Schnee, *drankaz Trank, *hræpiz Ruf).
Das Suffix -o- (idg.
-a-) wird seit indogermanischer Zeit vor allem für Nomina actionis verwandt und
bleibt im Germanischen für die Bildung solcher Verbalabstrakte produktiv (z. B.
germ. *gebæ Gabe, *kwalæ Qual).
Das Suffis -i- (idg.
-ei-, -i-) bildet im Germanischen hauptsächlich Nomina actionis (z. B. germ.
*bitiz Biss, *muniz Gedanke, *wÐniz Hoffnung).
Das Suffix -i- (idg.
-i-) wird im Indogermanischen meist für Femina zu maskulinen Stämmen auf -o-
verwandt, die im Germanischen nur noch in Spuren greifbar ist.
Das Suffix ‑u‑,
das im Indogermanischen vor allem primäre Adjektive und Substantive aus
Verbalwurzeln bildet, ist schon seit vorgermanischer Zeit nicht mehr produktiv
(z. B. germ. *harduz hart, *fehuz Vieh).
Das Suffix ‑u‑
wird im Indogermanischen für persönliche Femina und Abstrakta verwandt, ist
aber einzelsprachlich nicht mehr produktiv,
Das Suffix ‑ja‑,
‑jæ‑ (idg. ‑Øo‑, ‑Øõ‑) wird zur Bildung
primärer Adjektive, Nomina agentis und Verbalabstrakta sowie zur Bildung
sekundärer Ableitungen gebraucht (z. B. germ. *kunjam Geschlecht,
*wadjam Pfand).
‑Æ‑, ‑jæ‑
(idg. Æ): im Germanischen selten
‑ju‑ (idg.
Øu‑): im Germanischen selten
‑wa‑, ‑wæ‑
(idg. ‑øo‑, øõ‑): im Indogermanischen ein typisches
Adjektivsuffix, das auch im Germanischen anfangs noch produktiv ist (z. B.
germ. *kwikwaz lebendig, *grÐwaz grau, *lasiwaz schwach).
‑wja‑, ‑wjæ‑
(idg. ‑(u)øØo-, ‑(u)øØõ‑): (z. B. germ. *fadurwjaz
Vaterbruder)
c) Liquidasuffixe
‑r‑
(idg. ‑(e)r‑ : im Indogermanischen in Verwandtschaftsnamen und
Heteroklita, im Germanischen nur in Resten erhalten (z. B. germ.
*taikuraz Mannesbruder)
‑ra‑, ‑ræ
(idg. ‑ro‑, ‑rõ‑): im Indogermanischen vor allem
Adjektive, aber auch Substantive (z. B. germ. *wakraz wacker,
*akraz Acker)
‑ru‑ (idg. ‑ru‑)
: im Indogermanischen selten, im Germanischen nur in wenigen Substantiven (z.
B. germ. *hungruz Hunger)
‑ri‑ (idg. ‑ri‑):
im Germanischen nur vereinzelt nachweisbar (z. B. germ. *deuriz teuer)
‑ero‑ (idg.
‑ero‑): im Indogermanischen und Germanischen Adjektive zu
Lokaladverbien und Pronomina (z. B. germ. *unsaraz unser)
‑arja‑: im
Germanischen Nomina der Tätigkeit, aus lat. ‑arius oder ‑arium,
teilweise noch voreinzelsprachlich
‑la‑, ‑læ‑
(idg. ‑lo‑, ‑lõ‑), ‑ila‑, ‑ala‑,
‑ula‑: im Indogermanischen wie im Germanischen für Adjektive wie
vor allem deminutivische Substantive produktiv (z. B. germ. *fulaz faul,
*lapilaz Löffel, *þrahilaz Läufer?)
‑li‑ (idg. ‑li‑):
selten
‑lu‑ (idg. ‑lu‑):
selten
‑sla‑, ‑slæ‑(idg.
‑slo‑, ‑slõ‑), ‑isla, ‑islija‑, ‑islan‑:
im Indogermanischen wie im Germanischen produktiv für Abstraktbezeichnungen und
Konkretbezeichnungen (z. B. germ. *þehsalæn Axt)
d) Nasalsuffixe
‑an‑, ‑æn‑
(idg. ‑en‑): vor allem Erweiterung ursprünglicher a‑ und æ‑
Stämme (idg. o‑ und õ‑ Stämme). Die Funktion ist grundsätzlich
individualisierend (z. B. germ. *hanæn [Sänger,] Hahn).
‑jan‑, ‑jæn‑
(idg. ‑Øen‑): vor allem Erweiterung ursprünglicher ja‑ und jæ‑
Stämme (z. B. germ. *gudjæn [Rufer,] Priester)
‑in‑:
bildet feminine Eigenschaftsabstrakta (z. B. germ. *managin Menge) sowie
persönliche und Konkretbezeichnungen
‑na‑, ‑næ‑
(idg. ‑no‑, ‑nõ‑), ‑ana‑, ‑ina‑,
‑una: bildet partizipale Adjektive und Nomina actionis (z. B. germ.
*mainaz falsch, *aiganaz eigen, *swebnaz Schlaf,
*raganaz Rat), ‑ana‑ den Infinitiv (neutrales
Verbalsubstantiv) der starken Verben (z. B. germ. *beranaz zu tragen)
‑Æna‑ (idg.
Æno, ‑eino‑): vor allem für Adjektive, die Beschaffenheit, Art und
Abstammung zum Ausdruck bringen (z. B. germ. *gaitinaz Geiß‑,
*gulþinaz golden).
‑sna‑, ‑snæ‑
(idg. ‑sno‑, ‑snõ‑), ‑asna‑, ‑isna‑
(idg. ‑esno‑, osno‑): meist feminine Konkretbezeichnungen (z.
B. germ. *segasnæn Sense)
‑erna‑, ‑arna‑,‑urna‑
(idg. ‑rno‑): (z. B. germ. *ahurna Ahorn)
‑ni‑ (idg. ‑ni‑
), ‑ani‑ , ‑ini‑, ‑aini‑, ‑æni‑:
verbale Adjektive und Substantive aus der Wurzel, im Germanischen schon selten
(z. B. germ. *segwniz sichtbar, *taikniz Zeichen)
‑sni‑ (idg.
‑sni‑): einige alte Abstraktbildungen (z. B. germ. *busniz
Gebot)
‑nu‑ (idg. ‑nu‑):
selten (z. B. germ. *sunuz Sohn, *druknuz trocken)
‑nÆ‑,
‑njæ‑ (idg. ‑ni‑, ‑niõ‑), injæ-, ‑unjæ‑:
spät produktiv für Feminina, Abstrakta und Konkretbezeichnungen
‑nja‑ (idg.
‑nØo‑): selten
‑ænja‑.
Adjektive der Himmelsrichtung (z. B. germ. *austronjaz östlich)
-ma‑, ‑mæ‑
(idg. ‑mo‑, ‑mõ‑) verbale Adjektive und Substantive, im
Germanischen kaum noch produktiv (z. B. germ. *warmaz warm, *armaz
Arm).
‑uma‑ (idg.
‑£mo‑) superlativische Raumadjektive (z. B. germ. *fruma-
erste)
‑mi‑ (idg. ‑mi‑):
selten (z. B. germ. *wurmiz Wurrn)
-man- (idg. -men-: im
Indogermanischen häufig, im Germanischen seltener, Nomina actionis und deren
Ergebnis (z. B. germ. *namæn Namen)
‑sman‑
(idg. smen‑): (z. B. germ. besmæn Besen)
‑munja‑, ‑umnja‑:
e) s‑ Suffixe
‑iz‑, ‑az‑,
‑uz‑ (idg. ‑es‑, ‑os‑, ‑is‑, ‑us‑):
Nomina actionis (z. B. germ. *hatiz Hass)
‑isjæ‑, ‑usjæ(n)‑:
Abstrakt‑ und Konkretbezeichnungen (z. B. germ. *akuzjæ Axt)
‑sa‑, ‑sæ‑
(idg. ‑so‑, ‑sõ‑), ‑isa‑, ‑asa‑,
‑san‑, ‑sæn: Abstrakt- und Konkretbezeichnungen (z. B. germ.
*gaizaz Speer, *sahsam Messer)
‑is‑ (idg. ‑Øes‑),
‑izan‑, ‑ista‑, ‑æzan‑, ‑osta‑:
Komparativsuffix
f) Labialsuffix:
‑ba‑, ‑bæ‑
(idg. ‑bho‑. ‑bhõ‑): im
Indogermanischen in Farbadjektiven, Tiernamen, adjektivischen Ableitungen von
Substantiven, Abstraktbildungen zu Adjektiven und Substantiven u. a., im
Germanischen selten (gotische Adverbien auf ‑ ba)
g) Dentalsuffixe:
‑þ‑ (idg. ‑t‑),
‑aþ‑, ‑iþ‑, ‑uþ‑: im Indogermanischen
erweiterndes Determinativ, im Germanischen meist nur mit Bindevokal (z. B.
germ. *haluþ Mann, Held)
*þa‑, ‑þæ‑
(idg. ‑to‑, ‑tõ‑), ‑iþa‑, ‑iþo‑:
im Indogermanischen meist Verbaladjektive, denominale Adjektive, verbale und
denominale Abstraktbezeichnungen, Superlativsuffix, im Germanischen vielfach
noch erhalten (z. B. germ. *dauþaz tot, *murþaz Tötung,
*kindam Kind, *rakudaz Haus, *haubiþæ Höhle)
‑þan‑ (idg.
‑to‑), ‑aþan‑, ‑iþan‑: im Nord‑ und
Westgermanischen maskuline Abstraktbegriffe (z. B. germ. *andæn Hauch,
Atem, *jukkiþæn Jucken)
‑þja‑ (idg.
‑tØo‑), ‑iþja‑, westgerm. ‑odja‑: im Germanischen
Verbaladjektive, adjektivische Ableitungen von Raumadverbien und Substantiven,
Kollektivbegriffe und Deminutivbegriffe (z. B. germ. *mæþaz müde,
*auþjaz öde, *hamiþjam Hemd).
‑þjæ-, ‑þjæn
(idg. ‑t‑, ‑to‑): im Germanischen nicht mehr Produktiv
(z. B. germ. *wastjæ Kleid)
‑þi‑ (idg. ‑ti‑):
im Indogermanischen Verbalabstrakta, wobei die Handlung als objektiver Vollzug
bezeichnet wird, im Germanischen häufig als Nomina actionis (z. B. germ.
*naudiz Not), Nomina agentis (z. B. germ. *gastiz Gast) zu starken,
meist zusammengesetzten Verben
‑þu‑ (idg. ‑tu‑),
‑oþu‑ (idg. ‑õtu‑): im Indogermanischen
Verbalabstrakta, wobei die Handlung als subhektive Disposition oder in ihrem
Vollzug am Subjekt bezeichnet wird, im Germanischen teilweise nicht mehr deutlich
erkennbar, aber auch beim schwachen Verb produktiv (z. B. germ. *friþuz
Friede, *þurstuz Durst)
‑assu- (idg. ‑tu‑
Rildung zu Verben mit ‑atja‑ Suffix), ‑issu‑, ‑-ussu‑
: Im Gotischen vor allem maskuline Verbalabstrakta zu Verben auf ‑æn (got.
*fraujinassus Herrschaft), im Westgermanischen stark variiert
‑dðþi‑
(idg. ‑tðti‑): nur im Gotischen belegt (got. *managduþs
Menge)
-þwa‑, ‑þwæ‑
(idg. ‑tøo‑, ‑tøõ‑): im Indogermanischen primäre
Verbaladjektive und deren Abstraktbegriffe sowie denominale Abstraktbegriffe,
im Germanischen einige, meist der sozialen Sphäre zugebörige Abstraktbegriffe
(z. B. germ. *frijaþwæ Liebe).
‑st‑ (idg. ‑sto‑,
‑stõ‑, ‑sti‑, ‑stu‑): im Indogermanischen
verstärkte ‑t‑ Suffixe, im Germanischen kaum noch produktiv (z. B.
germ. *traustaz Zuversicht, Vertrag, *rustaz Rost, *fu(h)stiz
Faust)
‑nd‑, ‑und‑,
‑Æ(n)‑ (idg. ‑nt‑, ‑¤t‑): im
Indogermanischen Verbaladjektive (Präsenspartizipien), im Germanischen noch
produktiv, wobei das Femininum auf Æ(n) gebildet wird (z. B. germ.
*frijænd Freund, *fijand Feind)
‑munda‑
(idg. m¤to‑): im Germanischen nur in Resten erhalten (z. B. germ.
*hleumundaz Leumund)
‑t‑ (idg. ‑d‑),
‑ta‑: im Indogermanischen und Germanischen Tierbezeichnungen,
Konkretbezeichnungen, Adjektive und Adverbien, Nomina actionis, denominative
Abstraktbezeichnungen (z. B. germ. *hrunkita Runzel)
‑atja‑, ‑itja‑
(idg. ‑itØa‑?): im Germanischen einzelsprachlich teils für Nomina
actionis und andere Abstraktbezeichnungen sowie teils als Kollektivsuffix.
‑d‑ (idg. ‑dh‑):
im Germanischen nicht eindeutig feststellbar (z. B. germ. *huzdam Hort,
*seduz Sitte)
‑der‑ (idg.
‑ter‑): im Indogermanischen in Verwandtschaftsnamen und Nomina
agentis, im Germanischen vor allem in Verwandtschaftsnamen (z. B. germ.
mæder Mutter)
‑dar‑, ‑þar
(idg. ‑tero‑, ‑toro‑, ‑tro‑): im
Indogermanischen Komparationssuffix, im Germanischen vor allem zum Ausdruck
eines räumlichen Gegensatzes gebraucht (z. B. germ *hweþar welcher von
zweien, *niþra nieder)
‑dil‑ (idg.
‑tel‑): im Indogermanischen für Nomina agentis (z. B. germ.
*friodilaz Geliebter)
‑þra‑, ‑þræ‑,
‑dra‑, ‑dræ‑ (idg. ‑tro‑, ‑trõ-): im
Indogermanischen für Nomina actionis und Instrumentalbezeichnungen (z. B. germ.
*wundram Wunder, *murþram Tötung, *smerþram Fettigkeit,
*apaldraz Apfelbaum)
‑stra‑:
germ. *lahstraz Schmähung
‑istrijæ‑,
-astrijæ‑, -ustrijo‑: im Germanischen einzelsprachlich Feminina
‑aldra‑, ‑uldra‑,
‑aldræ‑, ‑uldræ‑: im Germanischen in Baumnamen und
Konkretbezeichnungen
‑þri‑ (idg.
‑tri‑?): selten
‑þla‑, ‑dla‑,
‑þlæ‑ (idg. ‑tlo‑, ‑tlõ‑): im
Indogermanischen Abstrakt‑ und Instrumentalauffix (z. B. germ.
*buþlaz Haus)
h) Gutturalsuffixe:
‑ha‑, ‑ga‑
(idg. ‑ko‑, ¨o‑), ‑aha‑, ‑aga‑, ‑iga‑,
‑uga‑: im Indogermanischen vor allem denominale Ableitung und
Weiterbildung, im Germanischen adjektivische Ableitungen von substantivischen
Grundwörtern sowie identifizierende Erweiterungen (z. B. germ. *skelgaz,
*skelhaz scheel, schief, *stainagaz steinig, *handugaz
geschickt)
‑ahta‑,
uhta‑, ‑ihta‑: im Germanischen Erweiterung zu ‑ha‑,
‑ga-
‑ahja‑:
einzelsprachliches Kollektivsuffix
‑ska‑, ‑skæ‑
(idg. ‑sko‑, ‑skõ‑): im Indogermanischen vielfach
Verbalnomina, im Germanischen vor allem Adjektivsuffix (z. B. germ.
*hurskaz rasch)
‑iska‑
(idg. ‑iskæ‑): im Westindogermanischen zur Bezeichnung der Art
verwandt, im Germanischen zur Bezeichnung der Herkunft oder Zugehörigkeit (z.
B. germ. *manniskaz menschlich)
‑agjæn‑, ‑igjæn‑:
im Germanischen einzelsprachlich feminine Nomina agentis
‑inga‑, ‑unga‑
(idg. ‑enko, ‑¤ko‑): im Germanischen zur Bildung
individueller Personal‑ und Sachbezeichnungen nach charakteristischen
Merkmalen, sehr produktiv in späterer Zeit (z. B. germ. *kuningaz König,
*skillingaz Schilling)
‑linga‑: s.
-inga-, im Germanischen in einzelsprachlicher Zeit produktiv (z. B. germ.
*gadilingaz Verwandter)
‑ingæ‑, ‑ungæ‑:
s. -inga‑, im Germanischen in späterer Zeit feminine Abstraktbegriffe zu
Nomina und schwachen Verben
‑k‑ (idg. ‑g‑,
‑k‑?), ‑ka‑, ‑kæ‑, ‑aka‑, ‑ika‑,
‑uka‑: im Germanischen in Einzelsprachen verschieden produktiv (z.
B. germ. *habukaz Habicht)
‑ikÆna‑: im
Germanischen späte einzelsprachliche Erweiterung des ‑k‑ Suffixes
zur Bezeichnung von Deminutiva
‑inklina‑ :
im Germanischen spätes einzelsprachliches Deminutivsuffix
‑kla‑ : im
Germanischen selten
i) Kompositionesuffixe ‑
d. h. aus ursprünglich selbständigen Wörtern über häufige Zusammensetzungen
entstandene Suffixe ‑ sind im Germanischen nicht selten, meist aber
relativ spät und einzelsprachlich gebildet. Sie können aus Adjektiven oder
Substantiven entstanden sein:
‑dæma‑: im
Germanischen ursprünglich ein persönlicher Zustand oder eine soziale Stellung
‑haidu‑: im
Germanischen ursprünglich Art, Stand, Würde, Rang
‑skapi‑,
skafti‑: im Germanischen ursprünglich Beschaffenheit, Form (z. B. germ.
*fijandskapiz Feindschaft)
‑laika‑: im
Germanischen Spiel
‑stabi‑: im
Germanischen Stab
‑daga‑, ‑dagan‑:
im Germanischen Tag
‑warja‑: im
Germanischen Bewohner (z. B. lat.‑germ. Angrivarii), fällt aber bald mit ‑arja‑
zusammen
‑apa‑: im
Germanischen Wasser
‑lika‑: im
Germanischen Leib, Körper (z. B. germ. *hwelÆkaz, *hwilÆkaz welcher)
‑sama‑: im
Germanischen derselbe (z. B. germ. *lustusamaz erfreulich)
‑kunda‑: im
Germanischen kommend, stammend
‑hafta‑: im
Germanischen behaftet
‑fasta‑: im
Germanischen fest
‑wandja‑:
im Germanischen gewendet
2. Verbale Stammbildung
Die verbale
Stammbildung erfolgt ‑ außer bei Wurzelverben ‑ durch Suffixe (und
ein der Wurzel eingefügtes ‑n‑). Sie kann durch Ableitung von
Verbalstämmen und Verbalwurzeln (deverbal) geschehen oder durch Ableitung von
Nominalstämmen (denominal). Sie kann die Tempus‑ und Modusbildung
betreffen oder die Aktionsarten (durativ, punktuell, bzw. iterativ, intensiv,
desiderativ, deminutiv, inkohativ, kausativ, faktitiv). Am produktivsten ist
die Verbalbildung im Bereich der (zweiten Klasse der) schwachen Verben.
Verben ohne
stammbildendes Suffix (athematische Wurzelverben): im Indogermanischen häufiger
und sehr alt, im Germanischen nur sein, tun, gehen und stehen.
Verben mit
Präsensreduplikation: im Germanischen nur in wenigen Resten vorhanden
Verben mit thematischem
Vokal (germ. ‑i‑/‑a‑, idg. ‑e‑/‑o‑):
im Indogermanischen häufig, im Germanischen grundsätzlich das Präsens der
starken Verben
Verben mit
stammbildendem ‑o‑ (idg. ‑a‑): im Westgermanischen sehr
produktiv (zweite schwache Verbalklasse z. B. germ. *fiskæn fischen,
*hwarbæn wandeln)
Verben mit ‑j‑
Suffix (idg. ‑eØe‑, ‑eØo‑): teils starke Verben, teils
schwache Verben (z. B. germ. *sitjan sitzen, *swarjan schwören.
*drankjan tränken, *dauþjan töten, *habÐn haben, *libÐn
leben)
Verben mit Nasalinfix
oder Nasalsuffix: z. B. germ. *standan stehen, ‑nan im Gotischen
Verben mit ‑s‑
Suffix: z. B. germ. *þensan ziehen
Verben mit sk‑
Suffix: im Germanischen nur in Resten vorhanden: z. B. germ. *waskan
waschen
Verben mit ‑t‑
Erweiterung (idg. ‑te‑/‑to‑): z. B. germ. *fehtan
fechten
Verben mit ‑st‑
Erweiterung: z. B. germ *brestan bersten
Verben mit ‑d‑
Erweiterung (idg. ‑dh‑): z. B. germ. *waldan
walten
Verben mit ‑t‑
Erweiterung (idg. ‑d‑): relativ häufig, z. B. germ. *meltan
schmelzen
Verben mit ‑atja‑,
‑itja‑ Suffix (idg. d‑Øo‑?): z. B. germ.
*laugatjan lohen
Verben mit -k‑
Suffix (idg. g, z. T. k): z. B. germ. *walkan walken
Verben mit ‑l‑
Suffix: fehlt im Gotischen noch
Verben mit ‑r‑
Suffix: einzelsprachlich
Verben mit ‑(i)næn‑
Suffix: einzelsprachlich verschieden
Übersicht über die
indogermanisch-germanischen Lautentsprechungen
Indogermanisch = |
Germanisch |
Germanisch = |
Indogermanisch |
a, õ |
a, æ |
a |
a, o, ý |
b |
p |
b |
bh |
bh |
b |
|
|
d |
t |
d |
dh |
dh |
d |
|
|
e, Ð, ý |
e, i, a, Ð |
e, Ð |
e, Ð |
|
|
f |
p |
g, |
k, k |
g |
gh, h, ghÝ, ghø, gÝh |
gh, h |
g, g |
|
|
ghÝ, ghø, gÝh |
gw, g, w |
|
|
|
|
h (c) |
K, ¨, (q) |
|
|
hw, cø |
kÝ, (qÝ) |
i, Æ |
i, Æ |
i, Æ |
i, Æ |
Ø |
j |
j |
Ø |
k, ¨, (q) |
h (c) |
k, k |
g, |
kÝ, (qÝ) |
kw, (cø) |
kw |
gÝ, (gø, ø) |
l, (¢) |
l, (ul) |
l, (ul) |
l, (¢) |
m, (£) |
m, (um) |
m, (um) |
m, (£) |
n, (¤) |
n, (un) |
n, (un) |
n, (¤) |
o, æ |
a, æ |
o, æ |
o, a, æ, õ |
p |
f |
p |
b |
|
|
(q, s. a. k.) |
gÝ, (gø, ø) |
r, (¥)( |
r, (ur) |
r, (ur) |
r, (¥) |
s |
s, z |
s |
s, z |
t |
þ |
t |
d |
|
|
þ |
t |
u, ð |
u, ð |
u, ð |
u, ð |
ø |
w |
w |
ø, ghÝ, ghø, gÝh |
z |
z, s |
z |
s, z |
M. Fremdsprachliche Einflüsse auf den Wortschatz
Mit
den verschiedenen Möglichkeiten fremdsprachlichen Einflussses auf den Wortschatz
hat sich vor allem Werner Betz am Beispiel des Althochdeutschen befasst. Er ist
dabei zu folgender Systematik gelangt.
Fremdsprachlicher
Einfluss
|
bezüglich der
Form
bezüglich des Inhaltes
(Fremdwort
oder
(Lehnprägung)
Lehnwort)
|
|
||
Lehnbildung
|
Lehnformung
Fremd-
Lehn- Lehnüber-
Lehnüber- Lehnschöpf- Lehnbe-
wort
wort setzung z. B. tragung z.
B. ung z. B. deutung
z.
B. i. e. S.
lat. con-scien- lat. paenin- frz. cognac
z. B. lat.
blue
z. B. tia dt. Ge- sula
dt. dt.
Wein- deus dt.
jeans
Bischof wiss-en
Halbinsel
brand Gott
Dabei
sind Fremdwörter und Lehnwörter Übernahmen des Wortmaterials (d. h. der
Lautgestalten oder Ausdrucksseiten) fremder Sprachen. Fremdwort ist das aus
einer fremden Sprache unter völliger oder weitgehender Bewahrung seiner
Lautgestalt übernommene Wort (z. B. nhd. blue jeans), Lehnwort das aus einer
fremden Sprache unter eindeutiger erkennbarer Abänderung der Lautgestalt
übernommene Wort (z. B. lat. episcopus, nhd. Bischof), wobei die Grenze
zwischen Bewahrung und Abänderung der Lautgestalt (, also zwischen Fremdwort und
Lehnwort,) nicht in jedem Fall eindeutig gezogen werden kann.
Lehnprägungen
sind Wiedergaben fremdsprachlicher Wörter oder Bedeutungen mit
eigensprachlichen Mitteln. Lehnbildung ist die formal-äußerliche Nachbildung
des fremden Wortes mit eigensprachlichem Material. Dabei formt die
Lehnübersetzung das - mehrgliedrige - fremde Wort Glied für Glied nach (z. B.
lat. conscientia, nhd. Gewissen). Die Lehnübertragung folgt teilweise dem -
mehrgliedrigen - Vorbild und teilweise nicht (z. B. lat. paeninsula, nhd.
Halbinsel). Die Lehnschöpfung verdankt dem Vorbild nur den gedanklichen Anstoß
(z. B. frz. cognac, nhd. Weinbrand), geht aber als neues formales Wortgebilde
auf dieses zurück. Die Lehnbedeutung schließlich ist die bloße inhaltliche
Erweiterung bzw. Veränderung der Bedeutung eines ererbten eigensprachlichen
Wortes unter dem Einfluss eines fremdsprachlichen Wortes (z. B. Veränderung der
Bedeutung von Gott, Geist, Seele nach lateinisch-christlichem Vorbild).
Innerhalb
dieser verschiedenen Möglichkeiten des fremdsprachlichen Einflusses sind
Fremdwort und Lehnwort relativ einfach zu erkennen, Lehnprägungen dagegen oft
nur mühsam und unsicher zu ermitteln. Im einzelnen können hierbei folgende
Merkmale auf fremdsprachlichen Einfluss deuten: Bauentsprechung zwischen
fremdsprachlichem Wort und eigensprachlichem Wort, späte Produktivitätszeit
eines Wortbildungselementes, fremdsprachliche Regelmäßigkeit einer
Wortbildung, Komplexität einer Wortbildung, geringe Belegzahl (insbesondere
hapax legomenon), spätes Auftreten, Fehlen in anderen germanistischen Sprachen
oder anderen eigensprachlichen Sprachstufen, miteinander konkurrierende
Interpretamente für ein einziges Lemma, Textcharakter (z. B.
Interlinearversion, Glosse) oder kulturelle Beeinflussung. Je mehr dieser
Merkmale in einem Fall gegeben sind, desto sicherer kann der fremdsprachliche
Einfluss vermutet werden. Darum bemüht sich im Wörterbuch die Rubrik
Interferenz (I.), die vorsichtige Hinweise auf vermutete fremdsprachliche
Vorlagen bieten will.
Abkürzungsverzeichnis
A.
= Akkusativ
Adj.
= Adjektiv
Adv.
= Adverb
ae.
= altenglisch
afries.
= altfriesisch
ahd.
= althochdeutsch
ai.
= altindisch
air.
= altirisch
Akk.
= Akkusativ
Akt.
= Aktiv
an.
= altnordisch
and.
= altniederdeutsch
anfrk.
= altniederfränkisch
anom.
= anomal
as.
= altsächsich
brit.
= britisch
D.
= Dativ, Dual
Dat.
= Dativ
Du.
= Dual
E.
= Etymologie
EWAhd.
= Etymologisches Wörter-
buch des Althoch-
deutschen
F.
= Femininum
Fem.
= Femininum
G.
= Genitiv
gall.
= gallisch
Gen.
= Genitiv
germ.
= germanisch
got.
= gotisch
gr.
= griechisch
hebr.
= hebräisch
Hw.
= Hinweis
I.
= Interferenz, Instrumental
idg.
= indogermanisch
Ind.
= Indikativ
Interj.
= Interjektion
kelt.
= keltisch
Kl.
= Klasse
Konj.
= Konjunktion
kymr.
= kymrisch
L.
= Literatur
lang.
= langobardisch
lat.
= lateinisch
Lbd.
= Lehnbedeutung
Lbi.
= Lehnbildung
Lsch.
= Lehnschöpfung
Lüs.
= Lehnübersetzung
Lüt.
= Lehnübertragung
Lw.
= Lehnwort
M.
= Maskulinum
Mask.
= Maskulinum
mlat.
= mittellateinisch
N.
= Neutrum
ne.
= neuenglisch
Neutr.
= Neutrum
nhd.
= neuhochdeutsch
Nom.
= Nominativ
Num.
Kard. = Grundzahl
Num.
Ord. = Ordnungszahl
Opt.
= Optativ
P.
= Person
Pk.
= Pokorny, Indogermani-
sches Etymologisches
Wörterbuch
Pl.
= Plural
Poss.-Pron.
= Possessivpronomen
Präf.
= Präfix
Präp.
= Präposition
Präs.
= Präsens
Prät.-Präs.
= Präteritopräsentium
Pron.
= Pronomen
red.
V. = reduplizierendes Verb
rom.
= romanisch
s.
= siehe
Sb.
= Substantiv
subst.
= substantiviert
Sg.
= Singular
Suff.
= Suffix
st.
= stark
sw.
= schwach
V.
= Verb
vgl.
= vergleiche
Vw.
= Verweis
westgerm.
= westgermanisch
z.
B. = zum Beispiel
z.
T. = zum Teil