Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, Karl/Stolleis, Michael. Bd. 7 Orte der Schweizer Eidgenossenschaft – Bern und Zürich,2 Halbbände, hg. v. Schott-Volm, Claudia (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 204). Klostermann, Frankfurt am Main 2006. XVIII, 1164 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das von Michael Stolleis wohl in Zusammenhang mit seiner vorzüglichen Geschichte des öffentlichen Rechts ins Leben gerufene Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit ist nach einigen Anfangsschwierigkeiten einiger Rezensenten in dieser Zeitschrift zeitnah mit seinem Erscheinen besprochen worden (ZRG GA 122 [2005], 123 [2006]). Nach dem Deutschen Reich und den geistlichen Kurfürstentümern Kurmainz, Kurköln und Kurtrier, Brandenburg/Preußen und seinen Nebenterritorien Kleve-Mark, Magdeburg und Halberstadt, den wittelsbachischen Territorien Kurpfalz, Bayern, Pfalz-Neuburg, Pfalz-Sulzbach, Jülich-Berg und Pfalz-Zweibrücken, Baden und Württemberg sowie den Reichsstädten Frankfurt am Main und Köln ist ein neuer siebenter Band erschienen, der erstmals über den engeren Raum des Heiligen römischen Reichs ausgreift. In ihm eerschließt Claudia Schott-Volm die zwischen 1528 bzw. 1417 einerseits und 1798 erlassenen Policeygesetze der eidgenössischen Orte Bern und Zürich, wobei sie für Zürich Vollständigkeit erstrebte und sich für Bern auf die Mandatenbücher beschränken musste.

 

Im Vorwort weist die Verfasserin darauf hin, dass entgegen der schweizerischen Verfassungstradition Bern an erster und Zürich an zweiter Stelle stehe und macht dafür ohne rechte Überzeugungskraft geltend, dass auf diese Weise jedem der beiden Kantone ein eigener Band zugeteilt hätte werden können und die Benutzbarkeit erleichtert worden sei. Eine andere Lösung hätte das Ungleichgewicht aber wirklichkeitsnäher abgebildet. Zu Recht betont sie wohl dass in Bern wie Zürich eine sehr eigenständige obrigkeitliche Lenkung erkennbar werde, die vermuten lasse, dass mit diesen beiden politischen Schwergewichten reformierten Bekenntnisses die Vielgestaltigkeit des alten dreizehnörtigen Bündnissystems mit seinen Zugewandten und seinen gemeinen Herrschaften nur sehr beschränkt zur Geltung komme.

 

Im ersten, Bern betreffenden Band führt sie kurz und klar in Territorium, Bevölkerung und Wirtschaft der 1191 auf der Aarehalbinsel von Herzog Berthold V. von Zähringen gegründeten, in der frühen Neuzeit von knapp 5000 auf etwa 12000 Einwohner anwachsenden Stadt, die sich bis zum 16. Jahrhundert zum größten Stadtstaat nördlich der Alpen entwickelte, ein. Danach schildert sie die Verfassungsentwicklung, die Verwaltung und die Gerichtsbarkeit. Die obrigkeitlichen, meist Ordnung oder Mandate genannten Erlasse des großen oder kleinen Rats beginnen am Ende des 13. Jahrhunderts, doch sind unter Berücksichtigung der bisherigen Editionstätigkeit hier nur 34 Bände Mandatenbücher verwertet, während 20 Bände Polizeibücher nicht einbezogen wurden, obwohl dies für eine einigermaßen vollständige Erfassung wünschenswert gewesen wäre, so dass die sich für Bern zwischen 1528 und 1798 ergebende Zahl von 4932 Policeyordnungen nur bedingt aussagekräftig ist.

 

Auch für das in der Einwohnerzahl Bern etwa gleiche Zürich geht die Bearbeiterin von Territorium, Bevölkerung und Wirtschaft aus und schließt daran die Verfassung an, schaltet dann aber vor Verwaltung und Gerichtsbarkeit das Verhältnis zum Reich und zur Eidgenossenschaft ein. Die ersten Erlasse mit Polizeycharakter, Ordnung, Gebot, Mandat, christliche Ansehung, christliche Vermahnung, Satzung, Erkanntnus, Bußmandat, Policeymandat, Sittenmandat, Aufwandmandat, Sabbatmandat usw. benannt, verbindet sie mit dem Einsetzen der städtischen Gesetzgebung im Spätmittelalter. Ihre große Masse befindet sich in eigenen Beständen des Staatsarchivs Zürich, für welche sich trotz einer Gesamtzahl von 1986 Verordnungen Lückenlosigkeit nicht erreichen ließ.

 

Auf mehr als hundert Seiten bietet die Bearbeiterin für beide Orte gemeinsam ein systematisches und ein alphabetisches Sachregister der Materien und Regelungsgegenstände. Als besondere Schwerpunkte erscheinen dabei zwischen Abbrennen und Zwischenhandel Religion, Sittlichkeit und Wirtschaft. Damit ist ein weiterer solider Grundstein für Forschungen über das frühneuzeitliche Polizeirecht Mitteleuropas gelegt.

 

Innsbruck                                                                                                                  Gerhard Köbler