Würtz, Christian, Johann Niklas Friedrich Brauer (1754-1813). Badischer Reformer in napoleonischer Zeit (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 159). Kohlhammer, Stuttgart 2005. XXXIV, 422 S.

 

Johann Niklas Friedrich Brauer gilt als bedeutendster praktischer Jurist der kleinen, zwischen 1803 und 1815 zum souveränen Mittelstaat (Großherzogtum) aufsteigenden Markgrafschaft Baden. Dennoch fehlte bisher neben einer kurzen gründlichen Skizze Karls Schenkels (1875) eine umfassende Biographie dieses Reformers, Organisators und Gesetzgeber. Diese Lücke schließt die von Klaus-Peter Schroeder betreute Heidelberger Dissertation zum 250. Geburtstag Brauers in gelungener Weise.

 

Gestützt auf zahlreiche Quellen, Werke Brauers und die einschlägige Literatur verfolgt der Verfasser Brauers Leben in sieben Kapiteln weitgehend chronologisch. Bei den Vorfahren gelangt er dabei bis auf den Einbecker Ratsherrn (1607-1620) Barthold Brauer zurück. Der Großvater war Apotheker in Diepholz, der Vater Christoph Friedrich Brauer nach juristischen Studien in Jena und Göttingen Hofmeister in Isenburg-Wächtersbach und Erbach-Schönberg, danach Rat in Büdingen und später in Offenbach.

 

Der am 14. Februar 1754 in Büdingen geborene Friedrich Brauer immatrikulierte sich am 18. Oktober 1769 in Gießen und am 16. Oktober 1772 in Göttingen. Ohne förmlichen Abschluss erlangte er 1774 eine zunächst unbesoldete Anstellung mit beratender Stimme bei Hof- und Kirchenrat sowie Hofgericht der gerade 3600 Quadratkilometer großen und rund 250000 Einwohner zählenden Markgrafschaft Baden. Bereits im Jahr danach wurde er besoldeter Assessor.

 

In das Zentrum der Macht stieg er 1790 auf. Im Kurfürstentum Baden (1803-1806) wirkte er vor allem durch Organisationsedikte, in den ersten Jahren des Großherzogtums Baden (1806-1808) hauptsächlich durch Konstitutionsedikte. Zwischen 1808 und 1810 geriet er infolge französischer Initiativen vorübergehend ins – ihm aber auch den nötigen Freiraum und die erforderliche Zeit für gesetzgeberische Tätigkeit verschaffende - Abseits, trat dann aber nochmals für die restliche Zeit der napoleonischen Vorherrschaft an die Spitze.

 

Überzeugend charakterisiert der Verfasser Brauer als sehr fleißig und kenntnisreich, redlich und geradlinig, aber doch bieder. Sein Werk ist umfangreich, aber nur teilweise wertvoll. Seine bedeutendste Leistung ist das auf Grund von Vorarbeiten seit dem Anfang des Jahres 1806 zwecks einfacher, rascher Rechtsvereinheitlichung aus dem Code civil hervorgegangene, am 1. Januar 1810 in Kraft getretene badische Landrecht (Code Napoleon mit Zusätzen und Handelsgesetzen als Land-Recht für das Großherzogthum Baden), in dem Brauer den insgesamt 2281 Sätzen rund 500 weitere hinzugefügt und einige wenige weggelassen und dadurch das französische Recht an die badischen Verhältnisse angepasst hat.

 

Dieses Werk blieb auch nach dem Sturz Napoleons in Kraft. Je länger es galt, desto beliebter wurde es im Land. Ein wichtiger Grund hierfür waren dabei die sechsbändigen Erläuterungen über den Code Napoleon und die großherzogliche badische bürgerliche Gesetzgebung, die Brauer zwischen 1809 und 1812 verfasst hatte.

 

Ein kurzes Personenregister erschließt das mit einem 8. Kapitel Privates abgeschlossene Werk. Vier Beigaben versuchen eine bescheidene Veranschaulichung. Wer immer sich mit Baden und dem badischen Landrecht der napoleonischen Zeit befassen wird, wird gut daran tun, die schöne Studie des Verfassers über einen wichtigen Badener zu Rate zu ziehen.

 

Innsbruck                                                                                                       Gerhard Köbler