Hauser, Sigrid, Staufische Lehnspolitik
am Ende des 12. Jahrhunderts. 1180-1197 (= Europäische Hochschulschriften III,
770). Lang, Frankfurt am Main 1998. 571 S.
Rödel, Volker, Reichslehnswesen, Ministerialität,
Burgmannschaft und Niederadel.
Studien zur Rechts- und Sozialgeschichte des Adels in den Mittel-
und Oberrheinlanden während
des 13. und 14. Jahrhunderts (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 38). Selbstverlag der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen, Darmstadt 1979.
686 S.
Das Lehnswesen
wurde lange Zeit hindurch als uninteressant für die Wissenschaft angesehen bis
Heinrich Mitteis seinen funktional öffentlichrechtlichen Charakter aufdeckte,
womit es für die mittelalterliche Verfassungsgeschichte Bedeutung hätte
gewinnen können. Gleichwohl vernachlässigte man dieses Thema weiter, weil man
sich lieber Phänomenen zuwandte, die für die Entstehung moderner Staatlichkeit wichtig
erschienen, während man das Lehnswesen, dem der Geruch des Zukunftsträchtigen nicht
anhaftete, weiter vernachlässigen zu können glaubte. Erst von den sechziger und
siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts an erschienen regelmäßig Arbeiten zum
Lehnswesen sowohl des Reichs als auch von Territorien, und wurden auch die
Lehnsbücher verschiedener Lehnshöfe ediert.
Die beiden
anzuzeigenden Arbeiten widmen sich übereinstimmend dem Reichslehnswesen aber
von unterschiedlichen Ansätzen her. Rödel, ein
Schüler der Mainzer Landeshistoriker Ludwig Petry und Alois Gerlich, arbeitet
nicht nur zeitlich breiter, indem er das Reichslehnswesen des 13. und 14.
Jahrhunderts analysiert, sondern auch regional focussiert auf die Kleinvasallen
in den königsnahen Regionen am Rhein. Seine Quellen sind die königlichen
Lehnsurkunden, auch wenn er sich bewusst ist, wie fragmentarisch die bekannte
Überlieferung bisher nur greifbar ist (S. 26). Hauser dagegen verfolgt
in ihrer von Gerhard Baaken betreuten Tübinger Dissertation, nur für knapp zwei
Jahrzehnte am Ende des 12. Jahrhunderts die Frage, ob und wie die beiden
Stauferkaiser Friedrich I. und sein Sohn Heinrich VI. das Lehmecht als Mittel
ihrer Politik genutzt haben. Da in diesem kurzen Zeitraum zu wenige
Lehnsurkunden vorliegen, greift sie auch zu erzählenden Quellen. Nicht ohne
Grund habe ich die Hochschullehrer genannt, die die beiden Dissertationen
betreut haben, denn in den geschilderten methodischen Ansätzen spiegeln sich
deutlich die beiden von ihnen repräsentierten historischen Schulen wieder.
Beide Arbeiten sind vorzügliche Belege dafür, welche - komplementären -
Erkenntnisgewinne die klassische mediävistische Reichsverfassungsgeschichte und
die landeshistorisch untermauerte chronologische Analyse auf demselben Gebiet,
nämlich dem des Lehnswesens, liefern können. Dazu noch einige speziellere
Hinweise.
Seiner landesgeschichtlichen
Sichtweise entsprechend weist Rödel überzeugend
darauf hin (S. 11), dass der Begriff des Reichslehnswesens dazu verleiten
könnte, das Alte Reich nur als Fürstenverein zu begreifen, obwohl der vom König
belehnte Niederadel die Zahl der Fürsten und Grafen weit übertraf und damit
allein durch seine Zahl eine viel stärkere Bindung der Landschaft an den König
zu erkennen gibt. Das wird noch deutlicher, wenn man die Sonderform der
Burgmannschaft (S. 12) und die der Reichsministerialität (S. 13f.) mit
einbezieht. Rödel will also der staufischen
Staatsplanung und Reichslandpolitik auf die Spur kommen (S. 30). Mit Recht
weist der Verfasser auf einen Widerspruch hin, der sich aus dem Vorhandensein
so zahlreicher königsunmittelbarer Niederadliger zu der bekannten Lehnspyramide
ergibt, in der der König zwar die Spitze der Lehnspyramide bildet, aber
zwischen König und Niederadel gerade keine unmittelbaren Lehnsbeziehungen
bestehen (S. 29). Diesen Hinweis sollten gerade wir Rechtshistoriker ernst
nehmen, die wir gelegentlich dazu neigen, die bildhafte Darstellung des
Lehnswesens in der Lehnspyramide als Spiegelung der Realität anzunehmen.
Entsprechend seinem Ansatz analysiert Rödel seine
Quellen nach klassischen Mustern, indem er ihre Angaben über Aussteller (S. 29ff.),
Empfänger (S. 45ff.) und Lehnsobjekte (S. 47ff.)
untersucht. Dabei gelingen ihm wichtige Beobachtungen, die allgemeinere
Beachtung verdienen wie etwa diejenige, dass der später zentrale Bedeutung
gewinnende Dualismus von König und Reich sich schon in den königlichen
Lehnsurkunden für Niederadlige seit der Mitte des 13. Jahrhunderts abzuzeichnen
beginnt (S. 29ff., 33f.). Zu der von Heinrich Mitteis angestoßenen Diskussion
darüber, ob das Amt unmittelbar als Lehn ausgegeben wurde oder nur mittelbar
über die Ausstattung des Amtes mit Lehnsgütern verlehnt wurde, kann der
Verfasser reichhaltiges Material beisteuern (S. 47ff.,
63f.) Am Ende seiner Analyse der Lehnsobjekte (S. 71ff.) kommt der Verfasser zu
Ergebnissen sowohl bezüglich der Lehnspolitik der Herrscher als auch nicht
zuletzt zu Urteilen über unterschiedliche Strukturen des Reichsguts und der
Reichseinkünfte in den verschiedenen Regionen (S. 75ff.), was wiederum Schlüsse
zulässt auf die Intensität der Beziehungen zum König. Die intensive
Urkundenanalyse wird fortgesetzt unter dem Titel Rechtspraxis (S. 81ff.), die
weitere wichtige Einzelergebnisse liefert. Der Wechsel vom Lateinischen zum
Deutschen als Sprache der Lehnsurkunden um 1325 bis 1330 (S. 132ff.)entspricht
dem, was schon allgemein festgestellt wurde, wäre also nicht der Erwähnung
wert, gesellte sich ihr nicht die spezielle Beobachtung zu, dass die jeweils
unübliche Sprache in der Regel besonderen Urkunden vorbehalten blieb (S. 136),
also das Deutsch vor 1325 für die moderne Form des Rentenlehns und das
Lateinische später für Sonderfälle, die der sprachlichen Schärfe dieser Sprache
bedurften. Besonders bemerkenswert ist zudem, dass es sich auch in normalen
Lehnsurkunden gerade in der rheinischen und elsäßischen
Region zu behaupten vermochte. Spielt für diese längere Beibehaltung der
Gelehrtensprache auch im Lehnswesen das besondere Bildungsniveau in diesen
Landschaften eine Rolle, eine Frage, die weit über den Bereich des
Reichslehnswesens hinausgreift. Besondere Beachtung verdienen die
Feststellungen persönlicher Beziehungen des niederadligen Vasallen zum König,
wie sie sich im persönlichen Erscheinen am Hof zur Belehnung offenbart (S. 96f.)
oder wenn als Ausstellungsorte das Feldlager oder die Belagerung einer Stadt
oder Burg angegeben werden (S. 142), womit zugleich die Inanspruchnahme der
militärischen Dienste des Vasallen belegt werden können. Im Kapitel Formen der
Bindung handelt Rödel zunächst das
Ministerialendienstverhältnis ab (S. 324ff.), wobei er eingehend die viel
erörterten Probleme anhand seiner Quellen diskutiert, wie und wann die
Reichsministerialen dieser Regionen lehnsfähig wurden. Im Kapitel
Lehnsbindungen (S. 348ff. )kommt der Verfasser zur Aussage, dass die
entscheidende Zeit für den Einsatz des Lehens als Mittel der Territorialpolitik
zwischen 1273 und 1347 gelegen habe (S. 352). Diese Zeitstellung dürfte jedoch
nicht überall zutreffen, wie überhaupt der Charakter der untersuchten
Landschaften als königsnahe Regionen vor Verallgemeinerungen der Ergebnisse
warnen sollte. Ein wichtiges Kriterium für die Beantwortung der Frage, ob die
Könige auch nach dem Interregnum noch Lehnspolitik betreiben konnten, bilden
neue Belehnungen (S. 352ff.). Es gab sie. Allerdings wurden sie kaum zur
Begründung neuer Lehnsbindungen benutzt, sondern vorwiegend nur zur Stärkung
alter Beziehungen. Das alte Problem von Heimfall und Leihezwang geht der
Verfasser methodisch umsichtig und pragmatisch an (S. 360ff.). Gliedert man die
Empfänger heimgefallener und dann wieder ausgegebener Lehen nach ihrer
Standeszugehörigkeit, so sind dreiviertel der Empfänger heimgefallener Lehen
Fürsten, Grafen, Herren und zur Herrschaft gelangte Ministerialen, während sich
die frei gewordenen Lehen vorher in der Hand von Ministerialen und kleinen
Freien befunden hatten (S. 363). Der Verfasser warnt überzeugend davor, in
diesem Zusammenhang von Leihezwang zu sprechen (S. 365f.). Ebenso interessiert
seine differenzierte Beurteilung des Phänomens der Preisgabe von
Reichslehnssubstanz (S. 367ff.). Verkaufsgeschäfte und Schenkungen an Klöster
und Stifte mit und ohne Zustimmung des Königs geschahen noch im 14. Jahrhundert
in der Regel gegen Ersatzaufragungen, was dafür spricht, dass man darauf
bedacht war, die Lehnsbeziehung zur Krone nicht aufzugeben. Das steht nur
scheinbar in Widerspruch zu einigen Fällen, bei denen die Lehnsbindung an den
König endgültig gelöst wurde (S. 373ff.). Der Schluss des Verfassers, dass aus
alledem eine beträchtliche Gleichgültigkeit der Herrscher und ihrer Kanzleien
gegenüber funktionsfähigen Lehnsbeziehungen zu den Ministerialen, Rittern und
kleinen Herren spreche (S. 377), wäre in Relation zu setzen zu anderen
Indizien, die auf das Gegenteil hinweisen. Sonst wenig bekannt ist die
Abtretung der Lehnshoheit des Reiches an territoriale Lehnshöfe (S. 378ff.),
die zuerst Karl IV. zugunsten des Trierer Erzstifts vornahm. Der Verfasser
deutet diese Erscheinung als ein wirksames Mittel der Territorialpolitik in der
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (S. 387). Sie kontrastiert allerdings zu
dem späteren Befund, dass es im Erzstift Trier den Adel als Landstand nicht
gab, weil die im Erzstift ansässigen Adligen reichsunmittelbar waren. Wurden die
Abtretungen an Trier später rückgängig gemacht und dabei der übrige landsässige
Adel mitgenommen? Dies müssten weitere Analysen klären. Das zusammenfassende
Urteil des Verfassers über die Möglichkeiten der Lehnspolitik (S. 388ff., 389) resumiert bezüglich
der Änderungen von Lehnsbeziehungen, dass es sich um eine Konzentrationstendenz
handelte, die auf eine Besitzvermehrung von Mächtigeren und Ranghöheren
hinauslief unter Inkaufnahme eines Vasallenschwunds. Dass die Krone der
Innehabung von Reichslehen in der Hand von kleineren Vasallen Bedeutung beigemessen
habe, bestreitet der Verfasser (S. 390) ebenso wie die Möglichkeit, dass die
Vasallendienste Niederadliger nach dem Interregnum noch erfolgreich hätten zur
Geltung gebracht werden können (S. 391). Einen Sonderfall bilden die
Burglehnsverhältnisse (S. 393ff.), die deshalb besonders wichtig waren, weil
Burgen herrschaftliche Kraftzentren waren, von denen aus man eine Landschaft
beherrschen konnte. Dazu bieten die Ausführungen über das Wesen der Burgmannschaft
(S. 397ff.) sowie zu Burglehen und Reichsgutorganisation (S. 410ff.)
reichhaltiges Anschauungsmaterial. Hervorhebenswert erscheint, dass Burglehen
nicht für Gipfelburgen wie etwa den Trifels bekannt sind sondern nur für
Reichsburgen im Zusammenhang mit Städten wie Hagenau, Lautern, Gelnhausen,
Kalsmunt bei Wetzlar und Friedberg. In diesen Fällen ist die Bildung von
korporativen Reichsburgmannschaften zu beobachten, die in einem
spannungsreichen Verhältnis zur autonomen Bürgergemeinde der Reichsstädte
standen. Ebenso erscheint bemerkenswert, dass auch in Städten wie Boppard,
Sinzig, Ehnheim und Kaisersberg, die über keine eigenständigen Reichsburganlagen
verfügten, Burglehen verliehen wurden, die somit der Verteidigung der
Reichsstadt als Burg dienen sollten (S. 416f.). Die Ergebnisse der durchaus
systematisch zu nennenden Burgenpolitik Rudolfs von Habsburg zerfielen im Laufe
des 14. Jahrhunderts (S. 423ff.). In einem gewichtigen letzten Kapitel
untersucht der Verfasser die Beziehung des Lehnswesens zum ständischen Wandel
(S. 432ff), worin er die sozialgeschichtlichen Resultate seiner Analysen
vorlegt. Dabei klärt er umsichtig den Standesbegriff (S. 432ff.), wofür sich
sein Material besonders gut eignet, da zwei Drittel aller untersuchten
Lehnsurkunden Standesbezeichnungen angeben, während ein knappes Drittel über
Beruf oder Funktion Auskunft geben (S. 434). Überzeugend unterscheidet er
zwischen Geburtsstand (S. 437ff.) und Funktionsstand (S. 463ff.). Die nobiles hoben
sich von den ingenui nicht durch die
freie Geburt sondern durch die Ausübung autogener Herrschaftsrechte ab (S. 437).
In einer luciden Analyse weist er einen ständischen Wandlungsprozess zwischen
1275 und 1350 nach (S. 444), bei dem dem Rittertum als Voraussetzung für einen
erblich werdenden, ursprünglich auf Leistung gegründeten Stand als Katalysator
erhebliche Bedeutung zukam. Dieser Wandlungsprozess vollzog sich in den
untersuchten Regionen unterschiedlich (S. 444ff.). Beim Funktionsstand
unterscheidet Rödel zwischen miles/Ritter und armiger/Edelknecht auf der einen Seite (S.
463ff.) und den besonderen Funktionsträgern wie Schultheissen, Burggrafen und
Landvögten auf der anderen (S. 472ff.), die im allgemeinen
unzutreffend als Amtsträger oder gar als Beamte bezeichnet würden. Wenn die
Landvögte der Wetterau belehnt wurden, dann waren dies keine Dienstlehen
sondern dienten lediglich einer Machtverbreiterung der jeweiligen
Dynastenfamilie (S. 475). Der Thematik der Formierung des Niederadels (S. 494ff.)
fügt der Verfasser einige spezifische neue Aspekte bei, die insbesondere der
Ministerialität gelten. Lehnsrechtlich und formal wurden alle
geburtsständischen Gruppen vom König gleich behandelt (S. 508). Bis zur Mitte
des 14. Jahrhunderts hatten die Könige im Rheinland durch Lehnsvergaben an
einige der Krone traditionell verbundene Dynasten- und
Ministerialengeschlechter ihre Politik zumindest mitgestalten können (S. 521).
Ein sorgfältiges Verzeichnis der der Untersuchung zugrunde liegenden Urkunden
(S. 537-590) sowie über die Formen der Überlieferung (S. 591-593), eine
Aufstellung der Frequenz der Urkundstätigkeit einzelner Herrscher in Prozenten
(S. 594), eine Übersicht über den Stand der Empfänger und die Höhe der
Burglehen (S. 595-599) und zuletzt eine Liste der Lehnsobjekte (S. 600-619)
machen die Beweisführung des Verfassers transparent. Die Arbeit ist ein
stringenter Beweis für die Fruchtbarkeit des landesgeschichtlichen Ansatzes
auch für Untersuchungen des Reichslehnswesens.
Während Rödels
Interesse den kleinen Königsvasallen in kleinräumigen Verhältnissen über zwei
Jahrhunderte hin galt, richtet Hauser ihren Blick auf die Entwicklung nicht nur
in den drei den Staufern gehörenden regna
Deutschland, Reichsitalien und Burgund, sondern darüber hinaus auch auf
Lehnsbeziehungen zu Vasallen außerhalb des Imperiums in Ost- und Westeuropa
sowie dem östlichen Mittelmeer (Auskunft gibt eine nach diesen Regionen
geordnete chronologische Belehnungstabelle S. 491-514) - allerdings nur für die
knapp zwei Jahrzehnte von 1180 bis 1197, also die entscheidenden Regierungsjahre
der beiden großen Stauferkaiser Friedrich I. und Heinrich VI.. Das urkundliche
Material dafür fließt in Deutschland nur spärlich im Gegensatz zu Burgund und
Italien, wo die Schriftlichkeit gegen Ende des 12. Jahrhunderts schon weiter
fortgeschritten war, so dass Ergänzung um die Nachrichten der Annalen und
Chroniken zwingend geboten erschien. Hauser kann also nicht wie Rödel die Urkunden und ihr Formular als
Gliederungskriterium nutzen, sonder muss - was bei Rödel
nur indirekt geschieht - Sachfragen zum Ausgangspunkt nehmen wie im ersten größeren
Kapitel „Der kaiserliche Lehnsherr und die Reichsvasallen“ (S. 41ff.). In
diesem gewichtigen Abschnitt analysiert sie die gegen Ende des 12. Jahrhunderts
anstehenden Probleme wie die Auflösung der traditionellen Herzogtümer (S. 57ff.),
Neuerhebungen in den Reichsfürstenstand (S. 79ff.), nichtfürstliche
Reichsvasallen und ihr Verhältnis zum Kaiser (S. 157ff.), der Kaiser als
Lehnsherr von Königen (S. 209ff.), denen sich Kapitel über die staufischen
Pläne zur Kontrollierung Westeuropas (S. 228ff.) wie der nur zu selten
behandelte Aspekt der Übernahme der Lehnshoheit im östlichen Mittelmeerraum (S.
246ff.) anschließen. Sie kann damit nachweisen, wie die beiden Staufer
weitreichende politische Pläne mit dem Mittel des Lehnrechts zu realisieren
suchten, wie aber letztlich der Wille - oder die Mittel? - fehlten, die
geknüpften Beziehungen durchzusetzen und damit wirklich dauerhaft aktiv zu
nutzen. Das große Kapitel über „Staufische Erbpolitik“ (S. 275ff.) bringt die
für den Rechtshistoriker wohl wichtigsten Ergebnisse, weil in ihm bis ins
Einzelne nachgewiesen wird, wie das dem Lehnswesen angemessene ursprüngliche
Prinzip der nicht einmal zwingenden Lehnsfolge männlicher Deszendenz gerade in
dieser Zeit aus jeweils konkreten politischen Gründen aufgeweicht wurde
zugunsten weiblicher, agnatischer und seitenverwandter Erben. Da dies nicht
abstrakt geschieht, sondern anhand der in dem untersuchten Zeitraum
stattfindenden konkreten Fälle, führt die Verfasserin die Aufweichung des
strengen Lehnsfolgerechts zugunsten eines sich gewohnheitsmäßig durchsetzenden
Lehnserbrechts eindringlich vor. Das Schlusskapitel (S. 395 ff.) gibt der
Verfasserin Gelegenheit, die großen, durch Einzelanalysen belegten
Forschungsprobleme noch einmal zusammenfassend zu präzisieren vom Ausbau des
Reiches zu einem Lehnstaat (S. 395ff.), der Abgrenzung eines
Reichsfürstenstandes und der Ausbildung der Herrschildordnung als Rangordnung
der Lehnsbindung (S. 409ff.), dem Problem des sog. Leihezwangs (S. 420ff.) bis hin
zur staufischen Territorial- und Reichslandpolitik (S. 453ff.) und der
,Weltreichsidee’ bei den Staufern (S. 458ff.). Die Staufer
betrieben grundsätzlich eine Politik der Neugewinnung oder Reaktivierung von
Lehnshoheit über bisher rechtlich allodiale oder faktisch als eigenständig
verstandene Besitzungen und Rechte, in Deutschland allerdings nicht mit letzter
Konsequenz (S. 483ff.). Hausers sorgfältige Analyse bietet nicht nur eine Fülle
von Einzelinformationen, sondern auch wichtige neue Aspekte für die Beurteilung
der Reichsverfassungsgeschichte in staufischer Zeit. Sie ist ihrerseits ein
brillantes Beispiel für die Notwendigkeit intensiver Studien der Quellen
kürzerer Zeiträume, die die Focussierung auf große Aspekte ermöglicht.
Kronberg/Taunus Bernhard
Diestelkamp