Kikuchi, Shigeto, Herrschaft, Delegation und Kommunikation in der Karolingerzeit – Untersuchungen zu den Missi dominici (751-888) (= Monumenta Germaniae Historica, Hilfsmittel 31). Harrassowitz, Wiesbaden 2021. Teil 1 LXXX, 278, Teil 2 279-1074 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Zu der Linderung politischer Schwierigkeiten versuchten bereits die karolingischen Herrscher des fränkischen Reiches Abhilfe, zu denen nach allgemeiner Ansicht auch die missi dominici (Königsboten) zählen, die ursprünglich als jeweils ein geistlicher und ein weltlicher Beauftragter für Einzelaufgaben eingesetzt wurden, später aber wohl als Amtsträger jeweils in den Monaten Januar, April, Juli und Oktober ausgesandt wurden. Sie sollten entsprechend besonderen capitula missorum Verbindungen des Königs zu den Großen herstellen und halten, königliche Anordnungen bekanntmachen, Güter kontrollieren, für den König Recht sprechen und den Treueeid abnehmen. Nach dem Tode Karls des Großen verloren sie an Bedeutung, wobei sie um die Mitte des 9. Jahrhunderts in der allgemeineren Banngewalt des Adels aufgingen.
Mit ihnen beschäftigt sich monographisch die vorliegende, durch mehrere Professoren in Japan vorbereitete, von Rudolf Schieffer bis zu seinem Tode an dem 14. September 2018 geduldig und warmherzig betreute, im Wintersemester 2012/2013 von der Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der Universität München als Dissertation angenommene Untersuchung des ab April 1995 in Tokyo ausgebildeten, alle sprachlichen und historischen Schwierigkeiten meisternden japanischen Verfassers. Sie gliedert sich in zwei Teile, von denen der erste Teil nach einer Einleitung den missus dominicus als Person, die missi zwischen dem Zentrum und den Regionen des Reiches und die missi dominici unter den (mehr als zehn) einzelnen karolingischen Herrschern von Pippin dem Jüngeren bis zu Karl dem Kahlen und seinen Söhnen betrifft. Der zweite Teil bietet eine auf neuestem Stand ergänzte Prosopographie der einschließlich auch der namentlich nicht bekannten missi dominici zwischen 751 und 887/888 mehr als 500 Amtsträger von Aaron bis Wulfericus.
Nach den neuen selbständigen Erkenntnissen des umsichtig und geschickt vorgehenden, inzwischen als Associate Professor an der University of Tokyo an der Graduate School of Humanities and Sociology wirkenden Verfassers beruhte das karolingische Missatswesen wesentlich auf den einzelnen Herrschern und den missatischen Beauftragten, wobei jeder Herrscher sein eigenes Konzept hatte, wie und wann seine Bevollmächtigten eingesetzt werden sollten. Dementsprechend versteht der Verfasser das karolingische Missatswesen überzeugend als ein von den jeweiligen Personen abhängiges Herrschaftsmittel. Jede weitere Befassung mit den missi dominici wird von dieser neuen Grundlegung ausgehen können und müssen.
Innsbruck Gerhard Köbler