Handbuch der europäischen Verfassungsgeschichte im 20. Jahrhundert – Institutionen und Rechtspraxis im gesellschaftlichen Wandel, Band 5 seit 1989, hg. v. Benz, Arthur/Bröchler, Stephan/Lauth, Hans-Joachim. J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn 2019. 1749 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Seit der von George Mason entworfenen und an dem 12. Juni 1776 von dem Konvent der nach Unabhängigkeit strebenden englischen Kolonie Virginia verabschiedeten Virginia Bill of Rights hat die Verfassung auf nahezu der gesamten Welt eine formelle Gestalt angenommen. Deswegen konnte wenig später auch bereits 1825 das Wort Verfassungsgeschichte geprägt werden. Seitdem sind Verfassung und Verfassungsgeschichte zu wichtigen Bestandteilen des Rechtes und der geschichtlichen Beschäftigung mit dem Recht und dem Staat in den meisten Gebieten der Erde geworden.

 

Gut 200 Jahre danach ist ein Handbuch der europäischen Verfassungsgeschichte im 19. Jahrhundert – Institutionen und Rechtspraxis im gesellschaftlichen Wandel, hg. v. Brandt, Peter/Kirsch, Martin/Schlegelmilch, Arthur unter redaktioneller Mitarbeit von Daum, Werner, Band 1ff. in dem Dietz Verlag Bonn 2006 erschienen, das inzwischen abgeschlossen werden konnte. Nunmehr legen die Herausgeber den gewichtigen Band fünf des Handbuchs der europäischen Verfassungsgeschichte im 20. Jahrhundert vor, herausgegeben in dem Auftrag des Archivs der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Instituts für europäische Verfassungswissenschaften der FernUniversität Hagen. Er ist nach der editorischen Vorbemerkung der letzte der Reihe Handbuch der europäischen Verfassungsgeschichte im 20. Jahrhundert, die sich an die entsprechenden Bände zur Verfassungsgeschichte des 19. Jahrhunderts anschließt.

 

Ihm liegt ein aus der Geschichtswissenschaft stammender Begriff zugrunde, der sich neben dem formalen Aspekt eines höherrangigen Rechtes auch mit den materiellen Aspekten von Verfassung befasst, also die grundlegenden Ordnungsprinzipien und Formen einer Herrschaftsordnung einschließlich deren tatsächlicher Ausprägung aufgreift. In diesem Sinne behandeln die insgesamt 48 bzw. 49 Beiträge nach einer allgemeinen Einleitung nacheinander die europäische Menschenrechtskonvention, die Europäische Union, Großbritannien und Nordirland, Irland, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Spanien, Portugal, Griechenland, Zypern, Italien, die Schweiz, Deutschland, Österreich, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Polen,  Dänemark, Island, Norwegen, Schweden, Finnland, Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Mazedonien bzw. Nordmazedonien, Albanien, Russland, Litauen, Estland, Lettland, Ukraine, Belarus, Moldau, Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Türkei, Kleinstaaten (Andorra, Liechtenstein, Malta, Monaco, San Marino, Vatikan) und zentralasiatische Nachfolgestaaten der Sowjetunion (Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan). Abgerundet wird der umfassende und sehr informative Band durch einen Abbildungsnachweis, ein Tabellenverzeichnis, eine Auswahlbibliographie, ein in sich gegliedertes Register von Adel bis Verfassung Usbekistans und ein Verzeichnis der insgesamt 58 Autoren und Autorinnen, so dass er für künftige Forschungen einen vorzüglichen vergleichenden Zugang zu der Verfassungsentwicklung eines großen „europäischen“ Gebiets seit 1989 bietet.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler