Patel, Kiran Klaus, Projekt Europa. Eine kritische Geschichte. Beck, München 2018. 463 S., 12 Abb., 6 Tab., 3 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.
In der Geschichte des Universums haben sich seit dem Urknall die verschiedensten Gegebenheiten entwickelt, zu denen auch die Galaxien mit dem Sonnenplaneten Erde gehören, dessen Bewohner bisher ohne wesentlichen Erfolgen nach ähnlichem Leben geforscht haben. Auf der damit bisher aus menschlicher Sicht einzigartigen Erde haben Wasser und Land eine bisher von dem Menschen im Grunde noch nicht veränderte, aber doch auf Grund unterirdischer Plattenverschiebungen geschichtlich erheblich unterschiedliche Abgrenzung erfahren. Dabei ist in dem Westen des großen Kontinents Eurasien eine Halbinsel entstanden, die trotz unklarer Grenze gegenüber dem Hauptteil Asien einen zusammenfassenden Namen Europa erhalten hat.
Mit diesem Europa als einem aktuellen politischen Projekt beschäftigt sich das vorliegende Werk des in Villingen 1971 in einer deutsch-britischen Familie geborenen, in Freiburg im Breisgau und Berlin seit 1992 in Geschichte ausgebildeten, in Berlin 2001 bei Heinrich August Winkler über Soldaten der Arbeit – Arbeitsdienste in Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zwischen 1933 und 1945 promovierten, 2002 zu einem Juniorprofessor an der Humboldt-Universität in Berlin ernannten und nach Tätigkeiten an der Harvard University und in Florenz seit 2011 als Professor für europäische und globale Geschichte in Maastricht wirkenden Verfassers. Es gliedert sich nach einem Prolog in acht Abschnitte. Sie betreffen Europa und europäische Integration, Frieden und Sicherheit, Wirtschaftswachstum und Wohlstand, Partizipation und Technokratie, Werte und Normen bürokratisches Monster oder nationales Instrument, Desintegration und Dysfunktionalität sowie die Gemeinschaft und ihre Welt.
Dabei folgt der Verfasser keinem rein chronologischen Ansatz, sondern verbindet Ungleichzeitigkeiten und Veränderungen mit Kontinuitäten auf breiter zeitgeschichtlicher Grundlage, um zu klären, wie und warum sich im Prozess europäischer Einigung die Dinge änderten und welche Wirkungen dies für größere Fragen zeitigte. Einleuchtend geht er von der Überzeugung aus, dass Geschichte immer zukunftsoffen und damit das Lernen aus der Vergangenheit überaus schwierig ist. Dessenungeachtet hat eine kritische Geschichte der relativen Einigung der Nationalstaaten in Europa seit dem Ende des zweiten Weltkriegs, die Archivalien aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, dem Vereinigten Königreich sowie den Vereinigten Staaten von Amerika einbindet und in der Maastricht von durchaus gewichtiger Bedeutung ist, für die jeweilige Gegenwart in jedem Fall einen erheblichen Wert.
Innsbruck Gerhard Köbler