Oberkofler, Gerhard, Friedensbewegung und Befreiungstheologie. Marxistische Fragmente zum Gedenken an den Friedenskämpfer Daniel Berrigan SJ (1921-2016) (= Hochschulschriften 42). trafo, Berlin 2016. 131 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Mensch ist seit seinen ersten Anfängen auf Grund des angeborenen, das Überleben sichernden Egoismus in vielfältigen Interessengegensätzen mit seinen Mitmenschen gefangen. So wie schon Kain Abel erschlagen hat, so ringen seit lamgem Menschen mit anderen um Macht und Herrschaft. Gelegentlich versuchen Einzelne eine Befriedung, ohne dass sie ihnen immer gelingt.
Dem Gedenken an den in Virginia in Minnesota an dem 9. Mai 1921 geborenen und in New York City an dem 30. April 2016 gestorbenen Jesuiten, Schriftsteller und Friedenskämpfer Daniiel Berrigan widmet sich der vorliegende schlanke Band Gerhard Oberkoflers. Er gliedert sich in insgesamt acht Abschnitte. Sie betreffen die Voraussetzungen für ein Gespräch aus der verschiedenen Sicht von Christen und Marxisten in der Friedensbewegung, das radikale Christentum, die Verbrennung von Personlakten statt Kindern, das Theaterstück über den Prozess gegen die an dem 17. Mai 1968 Einberufungsbefehle zu dem Vietnamkrieg öffentlich verbrennenden Neun von Catonsville, die immer wieder einmal gefasste Hoffunung, das Nachdenken über das Verhältnis von christlichem Glauben zu Gewalt und zu den revolutiionären Volksbewegungen, den mit den Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika abgestiimmten Angriff des Vatikans auf die Theologie der Befreiung wegen ihrer marxistischen Analysen und die Anfänge der Pflugscharbewegung.
Überzeugend weist der Verfasser darauf hin, dass die Kirchenhierarchie, die er als von dem herrschenden System korrumpiert ansieht, mit ihren Anhängern die Friedensbewegung und die Befreiungstheologie wegen ihrer Berührungen mit dem Marxismus ablehnen. Demgegenüber sieht er vor allem in dem Leben und in den Werken Daniel Berrigans eine fruchbare Verbindung von Christentum und Marxismus verkörpert, die sich gegen Völkermord, Krieg, Unterdrückung und Verelendung zahlloser Mitmenschen wendet. Daraus schöpft er die Hoffnung, dass in unseren finsteren Zeiten sowohl für Marxisten wie auch für Christen möglichst viele Inseln geschaffen werden, in denen Pflugscharen die Schwerter in Schach halten können, weil es nach einem Zitat Jon Sobrinos in einer brutalen Welt, wie derjenigen, in der wir leben, keine Alternative zu der Parteilichkeit (für den Frieden) gibt.
Innsbruck Gerhard Köbler