Kreutz, Peter, Das Objekt und seine Zuordnung – Dogmatisch-historische Studien zum passiven Element des Rechtsverhältnisses (= Neue Schriften zum Zivilrecht 6). Nomos, Baden-Baden 2017. 544 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Seit der in nicht genau bekannter Weise und aus unbekanntem Grunde erfolgten Entstehung des Lebens finden sich auf der in ein Universum eingebundenen Erde unbelebte und belebte Gegebenheiten nebeneinander. Unter ihnen haben die Menschen zwecks Ordnung ihres möglichst erfolgreichen Zusammenwirkens zu unbekannter Zeit allmählich immer mehr Rechtssätze entwickelt. In deren Rahmen hat Gaius für die Römer zwischen personae und res sowie actiones zu unterscheiden versucht.

 

Mit dem darauf beruhenden Bild des Eigentums als „rechtlicher Vollherrschaft“ einer Person an einer „Sache“, wie es bis heute in der rechtswissenschaftlichen Literatur beschrieben wird, beschäftigt sich die vorliegende Habilitationsschrift des in Kempten in dem bayerischen Allgäu 1976 geborenen, dort und in Dinkelsbühl aufgewachsenen, in Augsburg mit der von Christoph Becker betreuten Dissertation über Romidee und Rechtsbild in der Spätantike – Untersuchungen zur Ideengeschichte und Mentalitätsgeschichte 2008 promovierten, seit 2006 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 2010 als akademischer Rat auf Zeit und seit 2016 als akademischer Oberrat auf Zeit tätigen, 2010 in dem LIT Verlag ein Studienbuch über Recht im Mittelalter – Grundzüge der Älteren (!) europäischen Rechtsgeschichte vorlegenden, 2016 durch die juristische Fakultät der Universität Augsburg für bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht, römisches Recht und europäische Rechtsgeschichte habilitierten Verfassers. Sie gliedert sich insgesamt in vier Kapitel. Sie betreffen Prolegomena zu dem geltenden Objektrecht, Fragen der Methodik und der Methodologie, meum est als Zeichen der historischen Grundlagen des deutschen Objektrechts und Objektrecht in der heutigen Zivilrechtsdogmatik mit mehreren Teilen sowie insgesamt zwanzig Paragraphen.

 

In seinem Ergebnis gelangt der Verfasser auf der Grundlage umfangreicher Verwertung der vorliegenden Literatur und eigener weiterführender methodischer Überlegungen in Hinblick auf ein künftiges europäisches Recht zu der Erkenntnis, dass die Engführung grundlegender  Definitionsnormen des Objektrechts, nach denen Sache ein körperlicher Gegenstand ist, ein durch die Fernwirkung der Pandektenwissenschaft vornehmlich historisch zu begründender Ansatz ist, der seiner systematischen Funktion als begrifflicher  Schlüssel zu weiten Bereichen des objektbezogenen positiv niedergelegten Verkehrsrechts nur bedingt gerecht zu werden vermag, indem der Eindruck eines kohärenten Objektsystems in dem Bürgerlichen Gesetzbuch trügt, weil dieses keinen einheitlichen Sachbegriff enthält, schon gar keinen engen. Seine Festlegungen zu dem Sachbegriff und erst Recht (!) zu dem des Gegenstands beruhen auf einer Art von latent koordinierten Zufälligkeiten und nachträglicher, letztlich unzutreffender Interpretation, weswegen sich der Verfasser nachdrücklich statt des engen Sachbegriffs für die aktuellen Konzeptionen insoweit ein innovativeres normkonzipierendes Vorgehen gewünscht hätte. Möge es dem Verfasser über den damit gebotenen partiellen Beitrag hinaus gelingen, in der Anwendung einer historisch-kritisch-rationalistischen Methode unter Berücksichtigung von Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie ein vollständiges überzeugendes europäisches Objektrecht in aller erforderlichen Differenzierung vorzulegen, welches das deutsche Sachenrecht eines Tages ablösen könnte.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler