Kirchheimer, Otto, Gesammelte Schriften. Band 3 Kriminologische Schriften, hg. v. Buchstein, Hubertus/Klingsporn, Lisa, unter Mitarbeit von Hochstein, Henning/Langfeldt, Moritz/Petz, Merete/Schmieder, Eike Christian. Nomos, Baden-Baden 2019. 472 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Otto Kirchheimer wurde in Heilbronn an dem Neckar an dem 11. November 1905 in einer jüdischen Familie geboren und studierte nach Schulbesuchen in seiner Heimatstadt, in Heidelberg und Ettenheim Rechtswissenschaft und Soziologie an den Universitäten München, Köln, Berlin und Bonn. 1928 promovierte er an der Universität Bonn bei Carl Schmitt mit einer Dissertation zur Staatslehre des Sozialismus und Bolschewismus mit magna cum laude und galt bald als ein Lieblingsschüler Schmitts. 1930 wurde er Mitarbeiter der sozialdemokratischen Zeitschrift die Gesellschaft, wurde früh inhaftiert und floh nach der Haftentlassung von dem 22. Mai 1933 als Wanderer getarnt nahe Trier in dem Juni 1933 über die grüne Grenze zuerst nach Luxemburg und von dort nach Paris, wo er unter großen Schwierigkeiten zumindest vorläufig unterkam.

 

Bald danach brach er mit Carl Schmitt und emigrierte an seinem 32. Geburtstag 1937 in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er langen schweren Jahren 1960 Professor für Political Science an der Columbia University wurde, aber wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag nach einem Herzanfall in Washington starb. Sein reiches wissenschaftliches Erbe fassen nunmehr die Herausgeber in einer auf sechs Bände angelegten Edition zusammen. Dem 2017 erschienenen ersten Band über Recht und Politik in der Weimarer Republik und dem 2018 erschienenen zweiten Band über Faschismus, Demokratie und Kapitalismus folgt nach erfreulich kurzer Zeit der dritte Band mit den kriminologischen Arbeiten.

 

Hubertus Buchstein beschreibt in der Einleitung des mit einem Lichtbild aus den 1940er Jahren ausgestatteten Bandes diese Zeit bewegend und detailgetreu in sechs Gliederungspunkten über Arbeiten über Strafrecht und Strafvollzug in der Weimarer Republik, erste Studien zu dem Strafrecht und zu der Kriminologie in dem Pariser Exil, über die Zusammenarbeit mit Georg Rusche, zu der Rezeption von Sozialstruktur und Strafvollzug sowie über weitere Beiträge zu der Kriminologie und der Entwicklung des Strafrechts. Aufgenommen sind danach insgesamt 12 Untersuchungen aus den Jahren 1936 bis 1942, darunter sechs Rezensionen. Verzeichnisse der Abkürzungen, der Personen und der Sachen runden den wertvollen, beispielsweise über das Strafrecht im nationalsozialistischen Deutschland aus der Sicht des Jahres 1940 berichtenden Band benutzerfreundlich ab.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler