Hagemann, Albrecht, Hermann Rauschning – Ein deutsches Leben zwischen NS-Ruhm und Exil. Böhlau, Wien 2018. 645 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Hermann Adolf Reinhold Rauschning wurde in Thorn an dem 7. August 1887 als Sohn eines das Familiengut Willgaiten bei Königsberg bewirtschaftenden Offiziers geboren und wurde nach dem Studium von Geschichte, Germanistik und Musikwissenschaft in Berlin 1911 mit einer Dissertation über die Musikgeschichte Danzigs promoviert. Danach wirkte er als Landwirt und blieb 1918 nach der Wiederbelebung Polens in Posen, wo er an die Spitze der Kulturarbeit der Deutschen trat und 1924 in die Freimaurerloge zum Tempel der Eintracht aufgenommen wurde. 1926 wechselte er nach Danzig, trat 1932 in die NSDAP ein, stieg zu dem Vorsitzenden des Danziger Landbundes und an dem 20. Juni 1933 zu dem Senatspräsidenten auf und erlangte damit den Wirkungskreis eines tatsächlichen Staatsoberhaupts.
Mit seinem Leben beschäftigt sich in dem vorliegenden stattlichen Werk auf Grund neu berücksichtigter Quellen der in Detmold 1954 geborene, in München und Bielefeld in neuerer Geschichte, osteuropäischer Geschichte und Slawistik ausgebildete, mit einer von Hans-Ulrich Wehler betreuten Dissertation über Südafrika und das „Dritte Reich“ – Rassenpolitische Affinität und machtpolitische Rivalität – promovierte, danach etwa mit Arbeiten über Fidel Castro, Mahatma Gandhi, Nelson Mandela und Südafrika hervorgetretene, seit 1985 als Gymnasiallehrer und freier Schriftsteller in Detmold lebende Verfasser. Gegliedert ist die Darstellung nach einer Grundlegung durch Prägungen in fünf Abschnitte. Sie betreffen dem Eintritt in die Politik, das Wirken als nationalsozialistischer Senatspräsident von Danzig nach den Volkstagswahlen von dem 28. Mai 1933, die einer Flucht über die Schweiz, Frankreich, und England in die Vereinigten Staaten von Amerika folgende Tätigkeit als Kassandra in der Fremde nach dem Bruch mit Adolf Hitler, den Versuch einer Rückkehr und das zweite Exil in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Rauschnings Bücher über die Revolution des Nihilismus und über Gespräche mit Hitler (1939) wurden zu beachtlichen Erfolgen. Allerdings haben die von ihm behaupteten Gespräche mit Adolf Hitler in dieser Form in der Wirklichkeit niemals stattgefunden. Dementsprechend sieht der Verfasser Hermann Rauschning in seinem Ergebnis ansprechend als einen Menschen an, der als Politiker und als Schriftsteller eher problematisch war, aber immerhin letztlich den von ihm zunächst ebenfalls unterstützten Nationalsozialismus Adolf Hitlers in dem engeren Rahmen der ihm möglichen Mittel ohne durchschlagenden Erfolg zu bekämpfen versuchte.
Innsbruck Gerhard Köbler