Daniel, Ute, Beziehungsgeschichten. Politik und Medien im 20. Jahrhundert. Hamburger Edition, Hamburg 2018. 464 S., 1 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Seit es Politik gibt, wollen Politiker auf alle Mitmenschen zwecks Durchsetzung ihrer Vorstellungen einwirken, wofür sie über sich selbst hinauswirkende Vermittler als hilfreich erfahren haben. Diese Vermittler ihrerseits haben erlebt, dass sie umso mehr Mitmenschen ansprechen können, je gewichtiger die Inhalte für das Leben der Adressaten sind oder erscheinen. Zwischen der Politik als der Gesamtheit aller in einem Wettbewerb stehenden Politiker und ihrer Botschaften und der Gesamtheit der Medien als Vermittlungseinrichtungen bestehen also von der Interessenlage her vorgegebene Beziehungen mit dem Ziel der Beeinflussung möglichst vieler möglicher Kunden und Wähler.
Mit einem Teilaspekt dies Fragenbereichs beschäftigt sich das vorliegende Werk der in Freiburg in dem Breisgau 1953 geborenen, in Marburg und Bielefeld in Geschichte, Germanistik und Linguistik ausgebildeten, bei Jürgen Kocka 1986 mit einer Dissertation über Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft – Beruf, Familie und Politik im ersten Weltkrieg promovierten, 1994 in Siegen mit einer Schrift über Hoftheater – zur Geschichte des Theaters und der Höfe im 18. und 19. Jahrhundert habilitierten und seit dem Wintersemester 1996/1997 in der Fakultät für Geisteswissenschaften und Erziehungswissenschaften in Braunschweig für die Geschichte des 19./20. Jahrhunderts und der frühen Neuzeit wirkenden Verfasserin. Dabei geht sie von der Ansicht aus, dass es die Politik und die Medien nicht als solche gibt, sondern nur die besonderen Umstände und die besonderen Handelnden mit ihren jeweiligen Eigenheiten und Interessen. In diesem Rahmen vergleicht sie meist Deutschland und England von der Lenkung der Presse während des ersten Weltkriegs bis zu der Privatisierung des Fernsehens.
Dabei gelingen der Verfasserin vielfältige interessante Einsichten. Sie zeigen Übereinstimmungen ebenso wie Unterschiede. Demnach sind Politiker und Journalisten zwar einerseits durchaus voneinander abhängig, doch überwiegt andererseits wohl insgesamt die über verfassungsrechtliche Zuständigkeiten für die Setzung von Recht und die Gewinnung und Verteilung von Geld verfügenden Politik die Macht der insofern machtlosen, von Anzeigen und Abonnenten abhängigen Presse, welche nur in besonderen Einzelfällen einen wesentlichen Konflikt für sich entscheiden und eine Korrektur der Politik bewirken kann.
Innsbruck Gerhard Köbler