Beevor, Antony, Arnheim. Der Kampf um die Brücken über den Rhein 1944, übersetzt aus dem Englischen von Ettinger, Helmut. Bertelsmann, München 2019. 543 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Als Adolf Hitler den zweiten Weltkrieg zwecks Revanche in Selbstüberschätzung seiner persönlichen Fähigkeiten und Verkennung der Ressourcen des Deutschen Reiches in dem Verhältnis zu denen seiner Gegner begann, glaubte er an die Möglichkeit eines Sieges. Seit seine Truppen sich in den Weiten Russlands verfingen und nicht mehr ausreichend versorgt werden konnten, musste er Niederlage um Niederlage hinnehmen und immer weiter an allen Fronten zurückweichen. In diesem Rahmen fand zwischen dem 17. und dem 27. September 1944 in den Niederlanden die Luftlandeoperation Market Garden der Alliierten statt, die den Westwall umgehen und britischen und amerikanischen Truppen ein schnelles Vordringen in das feindliche Land ermöglichen sollte, nachdem drei Monate vorher bereits die Normandie besetzt hatte werden können.

 

Mit dem bis dahin umfangreichsten Luftlandeunternehmen der Weltgeschichte beschäftigt sich das gewichtige, mit 51 Abbildungen veranschaulichte Werk des 1946 geborenen, in dem Winchester College und der Royal Military Academy Sandhurst ausgebildeten, als Berufsoffizier der Armee Großbritanniens wirkenden, 2002 die Lees Knowles Lecture an der University of Cambridge erhaltenden, 2017 geadelten Verfassers, der bereits die Schlacht um Stalingrad, die Luftlandeschlacht um Kreta, die Landung in der Normandie, die Schlacht um Berlin und den Bürgerkrieg in Spanien umsichtig betrachtet hatte. Sein vorliegendes Werk ist in insgesamt 28 Abschnitte gegliedert. Sie beginnen damit, dass die Jagd eröffnet ist und enden in chronologischer Reihenfolge mit dem Hungerwinter von November 1944 bis Mai 1945.

 

Am Sonntag, dem 27. August 1944, herrschte in der Normandie perfektes Sommerwetter und zwei Jahre nach dem Kriegsende besuchte die Witwe eines bei der nächtlichen Überquerung des Rheines ertrinkenden britischen Soldaten die Familie des ihn führenden Niederländers und heiratete ihn wenig später. Zwischen diesen beiden beglückenden Ereignissen zeichnet der Verfasser in packender Sprache ein blutiges Bild von der dramatischen Operation, in der die Alliierten wider Erwarten auf starken Widerstand der deutschen Truppen stießen und zwar das Ergebnis zu 50 Prozent oder gar zu 90 Prozent als Erfolg ausgaben, tatsächlich aber die Brücke von Arnheim nicht einnehmen und die deutschen Verteidigungslinien nicht umgehen konnten, so dass sie sich unter hohen Verlusten zurückziehen mussten. Wer immer die dabei begangenen militärischen Fehler der alliierten Führungskräfte aus sachkundiger Feder erfahren und das Grauen des kriegerischen Kampfes von Mensch gegen Mensch wörtlich dargestellt sehen will, findet in Beevors plastischen Einzelschilderungen kaum noch zu übertreffendes Anschauungsmaterial.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler