„Säuberungen“ an österreichischen Hochschulen 1934-1945 – Voraussetzungen, Prozesse, Folgen, hg. v. Koll, Johannes. Böhlau, Wien 2017. 540 S. 50 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der Mensch ist des anderen Menschen ärgster Feind. Deswegen stellt er den anderen immer wieder vor die Frage, sein Bruder sein zu wollen oder den Schädel eingeschlagen zu bekommen. Das ist vermutlich ein von Anfang an bestehender, bisher nicht erfolgreich abgeänderter menschlicher Wesenszug.

 

Nach der sachkundigen Einleitung des vorliegenden, aus einem Forschungsprojekt Peter Bergers und des als Senior Scientist an dem Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Wirtschaftsuniversität Wien tätigen Herausgebers mit einem Workshop an dem 20. März 2014 hervorgegangenen Sammelbandes fragt er nach Unterschieden, Gemeinsamkeiten und Kontinuitäten zwischen den drei Regimewechseln, die in Österreich in den 1930er und 1940er Jahren mit den Zäsurjahren 1934, 1938 und 1945 stattgefunden haben. Dazu versammelt er sechzehn einzelne Beiträge. Sie gliedern sich in geschichtliche Rahmenbedingungen und methodische Ansätze sowie Hochschulen in Österreich (Fallbeispiele und Vergleiche) und einen biographischen Blickwinkel (auf Josef Hupka, Robert Eder).

 

Im Eingang behandelt Mitchell G. Ash die österreichischen Hochschulen in den politischen Umbrüchen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Danach werden Verzeichnisse über illegale studentische politische Aktivitäten im Austrofaschismus, Vertreibung und Emigrationserfahrungen, die Vertreibungspolitik an der Universität Wien, die Wiener Hochschule für Welthandel (da mosaisch zu den Rigorosen nicht zugelassen), die Technische Hochschule in Wien, die Hochschule für Bodenkultur, die Universität für Musik, die Akademie der bildenden Künste in Wien, die Grazer Hochschulen, die politische Lage an der Universität Innsbruck, die Entnazifizierung und Rehabilitierung der Professorenschaft an der Universität Wien und die Entnazifizierung der Studierenden untersucht. Ein Verzeichnis der Institutionen und der (vielleicht 800 einbezogenen) Personen (von Abel bis Zwitter) schließt die vielfältigen Einzelerkenntnisse über die zahlreichen, von der Menschlichkeit ihrer Mitmenschen betroffenen Wissenschaftler Österreichs benutzerfreundlich auf.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler