Ruppenthal, Jens, Raubbau und Meerestechnik – Die Rede von der Unerschöpflichkeit der Meere (= Historische Mitteilungen Beiheft 100). Steiner, Stuttgart 2018. 293 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Lange nach dem Urknall und lange vor dem Werden des Menschen entstanden nach der Sonne und der Erde auch das Wasser und das Festland. Seit langem bedeckt das Salzwasser den weitaus größeren Teil der Oberfläche des menschenfreundlichsten Planeten des Sonnensystems und wohl auch seit langer Zeit leben dort viele Fische. Spätestens seit seiner Sesshaftwerdung hat sich der Mensch aber allmählich zu einem egoistischen Herren über die Erdkugel aufgeschwungen und beutet weitgehend nach Belieben seine bisherige Lebensgrundlage ohne große Rücksichtnahme und Voraussicht aus.

 

Das vorliegende, nach dem kurzen Vorwort von dem Meer handelnde und größtenteils tief in dem Land entstandene Werk ist die gekürzte Fassung der geschichtswissenschaftlichen, von Jürgen Elvert kundig und wohlwollend begleiteten und stets mit freundschaftlichem Rat und nötigem Meeresbewusstsein bestärkte, in dem Wintersemester 2015/2016 von der philosophischen Fakultät der Universität Köln unter dem Titel Meeresnutzung contra Raubbau. Marine Ressourcen in deutschen und internationalen Debatten 1950-2000 angenommene Habilitationsschrift des seit 1997 in Geschichte und Philosophie im Kiel und Aberdeen ausgebildeten, 2006 in Kiel mit einer Dissertation über Kolonialismus als „Wissenschaft und Technik“ – Das hamburgische Kolonialinstitut 1908 bis 1919 promovierten, von 2003 bis 2015 in Köln und seit 2016 in Bremen sowie zuletzt an dem Deutschen Schifffahrts-Museum tätigen Verfassers. Sie gliedert sich nach einer von dem Zitat Gotthilf Hempels, „ob der Mensch das Meer ruinieren kann?“ ausgehenden Einleitung in vier Sachabschnitte. Sie betreffen Meere in der Geschichtswissenschaft, Meeresnutzung und internationales Seerecht (S. 62-73), Fischerei und Meeresbergbau.

 

Auf der Grundlage zahlreicher bisher kaum genutzter Quellen kann der Verfasser überzeugend einen allmählichen, dem Wirklichkeitswandel mit Verspätung folgenden Bewusstseinswandel der Öffentlichkeit nachzeichnen. Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts stand die Vorstellung in dem Vordergrund, dass die in den Meeren der Erde enthaltenen Ressourcen unerschütterlich seien, während in der Gegenwart die Überzeugung herrscht, dass das in den Meeren von dem Menschen eingebrachte kaum oder nur schwer vergängliche Plastik bereits die Masse der dortigen Fische überwiegt. Mit der Meeresfischerei und dem geplanten Meeresbergbau hat der Mensch in seiner gnadenlosen Gier nach Genuss und Vermögen das Meer bereits in größte Not gebracht, der es zu entwinden ihm entweder überhaupt nicht mehr oder nur unter größten Anstrengungen gelingen kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler