Heine, Ernst Wilhelm, Toppler. Ein Mordfall im Mittelalter. Pustet, Regensburg 2018. 200 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der Verfasser des vorliegenden schlanken Werkes geht von einer Grabplatte in der Kirche Sankt Jakob in Rothenburg an der Tauber aus, die an einen Mann erinnert, der zwischen etwa 1340 und 1408 viel riskierte, hoch gewann und am Ende doch alles verlor. Da er Heinrich Toppler hieß, bietet sich das an das Würfelspiel anknüpfende Wortspiel an, doch hieß bereits der Vater (Konrad) Toppler, hatte 1352, 1354 und 1358 dem inneren Rat der Stadt angehört und war Eigentümer des Hauses zum goldenen Greifen in der oberen Schmiedgasse unweit des Rathauses in bester Lage der Stadt und vermutlich hießen auch bereits vorangehende Generationen Toppler. Der Verfasser fragt auf der Suche nach der Wahrheit aber dessenungeachtet danach, wer dieser sagenhafte Würfelspieler war, dessen Wappenschild zwei Würfel mit insgesamt elf Augen zeigt.

 

Der in Berlin 1940 geborene Autor ist von seiner Ausbildung her Architekt, hat sich auf dieser Grundlage aber zu einem Schriftsteller entwickelt, dessen historische Romane und Geschichten viele Leser gefunden haben. Ihn hat das Leben des als Gastwirtssohn zum Bürgermeister aufsteigenden „Königs von Rothenburg“ seit langem interessiert.  Deswegen versucht er auf der Grundlage von Archivrecherchen in Rothenburg, Nürnberg und Prag eine neue Bewertung des Geschehens.

 

Gegliedert ist sie in dreiunddreißig Kapitel, die „wie alle kriminalistischen Untersuchungen“ mit dem Opfer beginnen. Sie behandeln das Elternhaus, die ritterlichen Idole, die Raubritter, Heuschrecken, Pest, Judenverfolgung, die Schulzeit in der städtischen Klosterschule, den Aufstieg, die „neuartige Wunderwaffe“ Geld, die Juden als treueste Verbündete, die Stellung mittelalterlicher Bürgermeister, die Entwicklung des Umlandgebiets, die Stiftungen, die Bauern mit ihrer Abhängigkeit von „Lehnsherren“, die Stadtmauer, Kaiser Karl IV., die Freundschaft mit König Wenzel, den Städtebund, die Feinde (Burggraf von Nürnberg, Bischof von Würzburg), den Konflikt zwischen Städten und Fürsten mit dem Sieg bei Sempach und der Niederlage bei Döffingen, die Klöster der Stadt als Eiterbeulen im eigenen Fleisch, die Gerichtsbarkeit, das Ränkespiel des Kurfürsten Ruprecht, Topplers Testament, die verhängnisvollen Gerichtsstreitigkeiten zwischen Toppler und dem Burggrafen von Nürnberg, die Verteidigung der Stadt, die Belagerung und Eroberung der Vorposten, Topplers ständig wachsenden Reichtum, Topplers Neider, Intrige, Verrat und Umsturz mit der Frage, was Topplers engste Vertraute bewogen haben mag, ihren mächtigsten Freund und Verwandten zu stürzen und schließlich Topplers Kerkerhaft mit den rätselhaften Schwankungen in der Verpflegungsliste der Gefangenen und dem Desinteresse an Topplers Schuld oder Unschuld. Am Schluss der spannend geschriebenen Darstellung versöhnt Topplers nicht völlig geklärter Tod die Reichsstadt mit dem Burggrafen von Nürnberg, wobei der Rat alle Akten und Aufzeichnungen in Zusammenhang mit dem Falle Toppler vernichten lässt und Rothenburg nach seinem Aufstieg unter Toppler wieder in provinzielle Bedeutungslosigkeit versinkt.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler