Hegels Erben? Strafrechtliche Hegelianer vom 19. bis zum 21. Jahrhundert, hg. v. Kubiciel, Michael/Pawlik, Michael/Seelmann, Kurt. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XII, 323 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der in Stuttgart 1770 geborene und nach dem Studium von Philosophie und Theologie in Tübingen und der Habilitation in Jena (1801) als Gymnasiallehrer und Professor in Bamberg, Nürnberg, Heidelberg und Berlin wirkende, 1831 verstorbene Georg Friedrich Wilhelm Hegel erklärte die Welt dialektisch so eindrucksvoll, dass er über seinen Tod hinaus sehr lange schulbildend wurde. Nach dem Vorwort des vorliegenden Sammelbands wuchs seit etwa 1980 auch die Zahl strafrechtswissenschaftlicher Arbeiten, die sich teils kritisch, teils affirmativ mit seiner Rechtsphilosophie befassen. Deswegen hielten die Herausgeber die Zeit für reif, das strafrechtliche Erbe Hegels umfassend zu betrachten.
Dies geschah in einer interdisziplinären, von der Fritz Thyssen-Stiftung großzügig geförderten Tagung in Köln von dem 25. bis zu dem 28. März 2015. Die dort gehaltenen 15 Referate stellt der Band der Allgemeinheit zur Verfügung. Gegliedert sind sie in vier Einheiten über die Rechtsphilosophie Hegels und ihr ideengeschichtliches Umfeld, strafrechtliche Hegelianer des 19. Jahrhunderts, Kritik und Rezeption Hegels im 19. und 20. Jahrhundert sowie die Gegenwart mit der Frage nach der Rückkehr Hegels.
Dabei beginnt nach einer kurzen und klaren Einführung der Herausgeber über die Strafrechtstheorien Hegels und seiner Schüle, Kritik und Rezeption Hegels im Strafrecht, Hegel-Renaissance und das Ziel des Buches Ludwig Siep mit dem philosophischen Rahmen von Hegels Strafrechtslehre. Danach werden etwa Grenzen des Strafens, Hegels Zurechnungslehre, Hegel im Kontext von Kant, Fichte und Feuerbach, der ornamentale Hegelianismus bei Eduard Gans und Karl Ludwig Michelet, die Strafrechtsphilosophie Albert Friedrich Berners, die Strafrechtstheorie Christian Reinhold Köstlins, Heinrich Luden, Hugo Hälschner, der Einfluss der Hegelianer auf die Strafrechtswissenschaft ihrer Zeit, die Kritik des hegelianischen Strafrechtsdenkens, strafrechtliche Hegelianer im 20. Jahrhundert (Larenz, Dulckeit, Welzel), die Frage der Rückkehr zu Hegel in der neueren Verbrechenslehre, Hegels Straftheorie im Lichte gegenwärtiger expressiver Straftheorien sowie die Legitimationseinheit von materiellem Strafrecht und Strafverfahren bei Hegel untersucht. Ein weit mehr als 100 Personen von Abegg bis Zaczyk enthaltendes Personenregister schließt den interessanten vielfältigen Band zumindest von den Personen her benutzerfreundlich auf.
Innsbruck Gerhard Köbler