Bews, James, Bewirtschaftungsrecht. Die rechtliche Bewältigung von Krisensituationen am Beispiel der Elektrizitätsversorgung (= Beiträge zum Verwaltungsrecht 2). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XXV, 399 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Bewirtschaftung ist nach dem in seiner Grundlegung von dem Verfasser zitierten Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl. 2002 das wirtschaftliche Leiten eines Betriebs, das Bestellen landwirtschaftlicher Flächen und die staatliche Kontrolle, Lenkung Einschränkung und Rationierung von Verbrauch, Zuteilung, Verkauf oder Vergabe von Gegenständen. Davon reicht das Bestellen landwirtschaftlicher Flächen wohl weit vor die Zeitenwende der vorherrschenden Zeitrechnung zurück. Dementsprechend engt der 1985 geborene, in Berlin und an dem King’s College London ausgebildete, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht in Heidelberg und nach der Promotion als Rechtsanwalt in Berlin tätige Verfasser bereits in seinem Titel die Bewirtschaftung auf die rechtliche Bewältigung von Krisensituationen ein.
Sein vorliegendes, von Kai von Lewinski angeregtes und betreutes, in dem Wintersemester 2015/2016 von der juristischen Fakultät der Universität Passau als Dissertation angenommenes, von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gefördertes Werk ist das Ergebnis der von dem Betreuer gewährleisteten Mischung aus größter wissenschaftlicher Freiheit einerseits und umsichtiger „doktoraler Aufsicht“ andererseits. Es gliedert sich in insgesamt sechs Kapitel. Sie betreffen eine Grundlegung in Begriff, Rechtsgrundlagen, Abgrenzung zu verwandten Rechtsgebieten sowie einen Exkurs in die Europäische Union, die Geschichte des (Elektrizitäts-)Bewirtschaftungsrechts von dem ersten Weltkrieg bis zu der Besatzungszeit, den Inhalt des (Elektrizitäts-)Bewirtschaftungsrechts, die Strukturen und Grenzen des (Elektrizitäts-)Bewirtschaftungsrechts, das Elektrizitätsbewirtschaftungsrecht vor neuen technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen (Speichertechnologie, erneuerbare Energie, Liberalisierung, neue Handelsprodukte) und als Ausblick die Elektrizitätsbewirtschaftung in dem (zukünftigen) System des Bewirtschaftungsrechts.
In seinem Ergebnis versteht der Verfasser das Bewirtschaftungsrecht in einem weiten Sinne als die auf die rationale Verwendung begrenzt verfügbarer Mittel bezogenen Vorschriften und damit im Kern um Mangelverwaltungsrecht, das er bis zu den Forstordnungen des 19. Jahrhunderts zurückverfolgt. Der Staat setzt sich nach ihm in Marktkrisen über das Leitbild des Gewährleistungsstaats mit der typischen Leistungserbringung durch private Marktteilnehmer hinweg und handelt bei Versagen der Marktmechanismen in Wahrnehmung seiner Auffangverantwortung. Auf Grund der seiner sorgfältigen Untersuchung spricht der Verfasser daraufhin sich zwar an Hand seiner Erkenntnisse in dem Elektrizitätsbewirtschaftungsrecht grundsätzlich für eine anzustrebende bewirtschaftungsrechtliche Kodifikation aus, hält diese aber derzeit für unwahrscheinlich, weil die dogmatische Durchdringung des Rechtsgebiets sich trotz seiner Bemühungen erst in einem frühen Stadium befindet und nach einem Zitat seines Betreuers Kodifikationen nur in dem Herbst eines Rechtsgebiets gelingen.
Innsbruck Gerhard Köbler