Weischedel, Wilhelm, Die philosophische Hintertreppe. Die großen Philosophen in Alltag und Denken. Lambert Schneider, Darmstadt 2017. 363 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Philosophie ist die gedankliche Beschäftigung des Menschen mit seinem Sein als solchem. Als rationale Bemühung um Orientierung durch Theorie wird sie zuerst im griechischen Altertum (Thales, Anaximander, Anaximenes, Pythagoras, Heraklit, Parmenides, Melissos, Zenon, Empedokles, Anaxagoras, Sokrates, Plato, Aristoteles) sichtbar. Seit der Neuzeit verselbständigen sich aus der Philosophie zusätzlich besondere Fachwissenschaften, doch bleibt die Philosophie als Seinserklärung von allgemeiner Bedeutung, ohne dabei jedermann jederzeit und überall vollkommen zu erreichen und zu verändern.
Der in Frankfurt am Main 1905 in einer pietistischen Pfarrersfamilie geborene und in Berlin 1975 verstorbene Verfasser wurde nach dem Studium der evangelischen Theologie, Philosophie und Geschichte in Marburg (Paul Tillich, Rudolf Bultmann) 1932 in Freiburg in Breisgau bei Martin Heidegger mit einer Dissertation („Versuch“) über das Wesen der Verantwortung promoviert. Zwar wurde er 1936 in Tübingen mit einer Schrift über Fichte (Der Aufbruch der Freiheit zur Gemeinschaft) habilitiert, doch musste er wegen seiner Distanz zu dem Nationalsozialismus fachfremd arbeiten. 1946 wurde er außerordentlicher Professor in Tübingen und 1953 ordentlicher Professor an der Freien Universität Berlin, wo er 1970 emeritiert wurde,
Das vorliegende, 1966 erstmals veröffentlichte Werk gliedert sich in insgesamt 34 Abschnitte. In ihnen werden nach einem Prolog über die zwei Aufgänge zur Philosophie in chronologischer Folge Thales, Parmenides, Heraklit, Sokrates, Platon, Aristoteles, Epikur, Zenon, Plotin, Augustinus, Thomas von Aquin, Eckhart, Nikolaus, Descartes, Pascal, Spinoza, Leibniz, Voltaire, Rousseau, Hume, Kant, Fichte, Schelling, Hegel, Schopenhauer, Kierkegaard, Feuerbach, Marx, Nietzsche, Jaspers, Russell und Wittgenstein unter jeweils charakteristischem Blickwinkel betrachtet. Insgesamt will der Verfasser mit seinen unterhaltsamen und verständlichen Ausführungen zum selben Ziel, nämlich zu den (klugen, das Leben verstehenden) Leuten, die oben wohnen, kommen wie über die wissenschaftliche Philosophie, was ihm mit mehr als 40 Auflagen bei einem beachtlichen Kreis von Lesern selbst ohne ein Register auch in beeindruckender Weise gelingt.
Innsbruck Gerhard Köbler