KöblerTextkünstebuchrevolutionum150020170321 Nr. 16367 ZIER 7 (2017) 30. IT
Textkünste – Buchrevolution um 1500, hg. v. Schneider, Ulrich Johannes. Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Zabern, Darmstadt 2016. 224 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nach den Erfindungen der Sprache, des Bildes und der Schrift seitens des Menschen ist auch das Buch zu einer Erfolgsgeschichte geworden, die durch den Druck mit beweglichen Lettern eine kaum vorhergesehene Entwicklung erlebt hat und mit der Digitalisierung der Kommunikation in nochmals früher kaum vorstellbare Dimensionen vorstößt. Auf diesem Wege wurde 2010 mit Studierenden der Kulturwissenschaft an der Universität Leipzig ein Ausstellungsexperiment „Druck macht Sinn“ durchgeführt. Danach hat sich nach dem Vorwort des vorliegenden Werkes ab 2013 in der Zusammenarbeit der Universitätsbibliothek Leipzig mit der Bibliothèque municipale in Lyon auf der Grundlage von insgesamt 5000 Inkunabeln beider bedeutender Bibliotheken ein gemeinsamer Plan über Textkünste ergeben, dessen Ertrag nunmehr der Öffentlichkeit in der Form der Begleitpublikationen zweier Ausstellungen in der Universitätsbibliothek Leipzig (7. 10. 2016- 29. 1. 2017) und Lyon (30. 9. 2016-21. 1. 2017) zur Verfügung gestellt ist.
Dieses beeindruckende Ergebnis beginnt mit einem kurzen Vorwort der beiden Bibliotheksdirektoren, welche die „alte“ Textformatierung der Inkunabelzeit vorführen, um die „neuen“ Formen einer nicht mehr unumgänglich an die Buchseite angelehnten Lesetechnik bewusst zu machen. Er gliedert seine vielfältigen Beiträge insgesamt in drei Teile. Diese betreffen die Erfindung der Druckseite an der Wende des Mittelalters zur Neuzeit, Satzspiegelungen, Druckversuche und einen Anhang aus Verzeichnissen, Abbildungsnachweisen, Glossar, Autorenverzeichnis und Danksagungen.
Die Druckseite um 1500 wird dabei unter den Gesichtspunkten ihrer Entwicklung zu dem gegenwärtigen Stand, des Vorrangs des Buchstabenverbunds und Zeilenverbunds, der Modifikation durch die Absatzbildung, der Strukturierung der Druckseite durch weißen Raum, Bilder und Identifikation, der Handschrift auf der Druckseite und der Dynamik und Architektur beleuchtet. Die Satzspiegelungen betreffen Zeilenverbund, Absätze, Überschriften, Bildersteuerung und Mehrstimmigkeit, während unter den Druckversuchen Textzeugen, Lesbarkeiten und Künste behandelt werden. Insgesamt ist damit eine vorzügliche Erinnerung der Gegenwart an ihre Buchfrühgeschichte um 1500 gelungen, die nach den Ausstellungsbesuchern auch vielen weiteren Interessenten bleibende mehrfarbige Anschaulichkeit vermitteln kann.
Innsbruck Gerhard Köbler