Süß, Thorsten, Partikularer Zivilprozess und territoriale Gerichtsverfassung. Das weltliche Hofgericht in Paderborn und seine Ordnungen 1587-1720 (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 69). Böhlau, Wien 2017. 570 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Rechtsgang der älteren Zeiten hat sich wie das gesamte damalige Recht vermutlich in erster Linie allmählich über Gewohnheiten entwickelt, die in dem gesamten späteren deutschsprachigen Raum kaum einheitlich sein konnten, wovon bereits die frühmittelalterlichen Volksrechte deutliche Zeugnisse ablegen. Mit der spätestens hochmittelalterlichen Territorialisierung wurde diese Partikularisierung des Rechtes noch vertieft und auch durch die nur teilweise Rezeption des gelehrten Rechtes nicht wirklich aufgehoben. Von daher verdienen der partikulare Zivilprozess und die territoriale Gerichtsverfassung der frühen Neuzeit eingehende Behandlung.
Dementsprechend erweckte das vorliegende gewichtige, von Peter Oestmann betreute, in dem Sommersemester 2015 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster als Dissertation angenommene Werk des 1984 geborenen, zeitweise an dem Institut seines Betreuers tätigen Verfassers unmittelbar nach seinem Bekanntwerden das Interesse eines sehr sachkundigen Rezensenten. Deswegen genügt an dieser Stelle vorweg ein allgemeiner Hinweis. Er kann sich auf die Grundstruktur beschränken und die Einzelbewertung der Rezension des Sachkenners überlassen.
Gegliedert ist das nach seiner Einleitung von dem Reichskammergerichtsfall Alexius Bachmann ausgehende, Forschungsstand, Quellenlage und methodische Probleme darlegende Werk in seinem Hauptteil in fünf Abschnitte. Sie betreffen die Hofgerichte allgemein, die Anfänge des Hofgerichts in Paderborn seit dem 16. Jahrhundert, die Hofgerichtsordnung von 1619, die Probleme und Reformen unter besonderer Berücksichtigung des fürstenbergischen Ordnungsentwurfs von 1666 und die Probleme des Instanzenzugs und die Ordnung Clemens Augusts an der Schwelle zu dem 18. Jahrhundert. Dabei gelingt dem Verfasser mittels gründlicher exegetischer Bearbeitung der einigermaßen unbekannten Gerichtsordnungen eine grundlegende und weiterführende Darstellung der frühneuzeitlichen Paderborner Gerichtsverfassung und des zugehörigen Zivilprozessrechts, die vergleichbare Studien zu anderen partikularen Einheiten anregen könnte und sollte.
Innsbruck Gerhard Köbler