Patt, Sarah, Studien zu den Formulae imperiales. Urkundenkonzeption und Formulargebrauch in der Kanzlei Ludwigs des Frommen (814-840) (= Monumenta Germaniae Historica, Studien und Texte 59). Harrassowsky, Wiesbaden 2016. XXXIV, 348 S., 1 Abb., 3 Diagr., 7 Tab. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Das Leben des Menschen verläuft zwischen Kontinuität und Wandel und ist durch seine Mitmenschen sowohl gesichert wie auch bedroht. In diesen Spannungsverhältnissen haben die Menschen seit der Erfindung der Schrift begonnen, Gedanken überindividuell zu sichern und damit und dabei Gefahren durch Mitmenschen auszuweichen. Deshalb sind schon früh einmal geschaffene Muster naheliegenderweise auch für spätere ähnliche Geschehnisse in der Form von Sammlungen aufbewahrt worden.

 

Mit einem besonderen Fall der bereits in dem Altertum bekannten, für das quellenarme Frühmittelalter sehr bedeutsamen Sammlung allgemeiner Formulare für Urkunden beschäftigt sich die vorliegende, von Theo Kölzer in Zusammenhang mit der Edition der Urkunden Kaiser Ludwigs des Frommen entstandene, von dem Doktorvater angeregt, im Sommersemester 2014 von der philosophischen Fakultät der Universität Bonn  angenommene Dissertation der viele Jahre an dem Lehrstuhl ihres Betreuers tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in fünf Sachkapitel. Diese betreffen Formeln und Formelsammlungen im Allgemeinen samt Einordnung der besonderen Formulae imperiales, die 418 Texte (Urkunden, davon 95 in dem Original überliefert und von mindestens 62 verschiedenen ziemlich gelichmäßig qualifizierten  Schreibern geschrieben) Ludwigs des Frommen für etwa 200 Empfänger,  die in der Handschrift Paris, BnF, Ms. lat. 2718 (ein Glücksfall und eine harte Nuss zugleich) überlieferten Formulae imperiales und ihr Verhältnis zu den Urkunden.

 

Im Ergebnis kann die Verfasserin nach gründlicher Bearbeitung feststellen, dass nichts darauf hindeutet, dass die Sammlung über den engeren Kanzleikontext Ludwigs des Frommen hinaus Bekanntheit erlangte. Bei der Handschrift, die unter Verwendung von Pergamentresten hergestellt wurde und eine weitgehend ungeordnete Kompilation aus theologischen Texten, Kapitularien und (55) Formulae bietet, kann es sich kaum um ein offizielles Referenzwerk gehandelt haben. Insgesamt ist der Text nach ansprechender Ansicht der Verfasserin eine Art Gelegenheitssammlung, die ein ausgewiesener Kenner – möglicherweise Hirminmaris? -  der Urkunden Ludwigs des Fommen für seine persönlichen Zwecke anfertigte und die möglicherweise in 17 Urkunden verwendet wurde.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler