Lowe, Chun-yip, Zum ewigen Frieden. Die Theorie des Völkerrechts bei Kant und Rawls (= Treffpunkt Philosophie 13). Lang, Frankfurt am Main 2015. 186 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Welt ist vielfältig und in ihr mit vielen anderen Lebewesen auch der Mensch grundsätzlich egoistisch und der Gesellschaft bedürftig. Auf dieser Grundlage sind Interessenverschiedenheiten, Auseinandersetzungen, Streitigkeiten und auch Kriege durchaus naheliegend und wahrscheinlich bis kaum vermeidbar. Wie der Mensch aber in eigenem Interesse die Gesundheit der Krankheit vorzieht, so schätzt er in Nutzung seines Verstandes insgesamt auch den Frieden als vorteilhafter ein als den Krieg, weshalb sich rechtliche Überlegungen zu Krieg und Frieden unter den Völkern bereits in dem Altertum zu Ansätzen eines Völkerrechts entwickelten.

 

Mit einem Teilaspekt dieser Problematik in der jüngeren Vergangenheit beschäftigt sich die von Wilhelm Schmidt-Biggemann betreute, in dem Wintersemester 2013/2014 in dem Institut für Philosophie an der Freien Universität Berlin angenommene Dissertation des in Geschichte ausgebildeten, in der Chinesischen Universität von Hongkong zu der Philosophie Kants geführten Verfassers, dem der Deutsche Akademische Auslandsdienst die Promotion in Deutschland ermöglichte. Seine Untersuchung gliedert sich nach einer Einführung in die Theorie des Völkerrechts bei Kant und Rawls im Sinne einer kontinuierlichen Annäherung an eine unausführbare Idee in zwei Teile mit fünf Kapiteln. Zunächst legt der Verfasser die Grundbedingungen des Völkerrechts dar (Gesellschaftsvertrag, Schutz der Grundfreiheit und der Grundgleichheit, Öffentlichkeit, Wahrhaftigkeit und Vermögensumverteilung) und dann wendet er sich den drei öffentlichen Rechten zum ewigen Frieden zu (Völkerrecht, Staatsbürgerrecht und Weltbürgerrecht).

 

Im Ergebnis seines interessanten Vergleichs der Theorie des Völkerrechts bei Kant und dem als kantischen Philosophen eingeordneten Rawls versteht er die Idee des ewigen Friedens als in der empirischen Welt nicht ausreichende etablierbare Idee, die aber als regulative Idee die Richtung in eine bessere Zukunft weisen kann. Auf dieser Grundlage gelangt er zu der überzeugenden Ansicht, dass ein vernünftig Handelnder den Forderungen von Öffentlichkeit und Recht genügen kann. Dementsprechend ordnet er Kants Philosophie als eine mögliche Ausgangsbasis für die friedliche Lösung internationaler Fragen auch in der Gegenwart ein.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler