Das Tier in der Rechtsgeschichte, hg. v. Deutsch, Andreas/König, Peter (= Schriftenreihe des deutschen Rechtswörterbuchs 27). Winter, Heidelberg 2017. 673 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Zu den bekanntesten Gegebenheiten der Erde gehören die Tiere, aus denen ziemlich an dem Ende der vielleicht unvorhersehbaren Entwicklung auch der Mensch hervorgegangen ist. Ihre Zahl in Geschichte und Gegenwart ist zwar unbekannt, aber insgesamt wohl auch unfassbar groß. Anfangs für den Menschen eher eine Gefahr, sind sie allmählich zu einem vielfach nützlichen Umstand für ihn geworden.
Dementsprechend waren sie von dem Anfang des Menschen an für ihn von sehr großer Bedeutung. Deshalb haben sie vielfach Eingang in sein Denken und Handeln gewonnen, das sich seit mehreren tausend Jahren in Schrift niederschlagen kann. Folglich kann es nicht überraschen, dass das Vorwort des vorliegenden gewichtigen Werkes mit dem Satz beginnt, ob Affe, Pferd oder (das im Tierverzeichnis nicht aufgenommene) Spanferkel – wohl hunderte Tiere haben einen Artikel im Deutschen Rechtswörterbuch erhalten, auch wenn ein vollständiger Überblick an dieser Stelle nicht geboten werden kann.
Überzeugend erschließen die Herausgeber hieraus die hohe Bedeutung der Tiere im vergangenen Recht. Ihr vorliegender Band will einen Überblick bieten über die Rolle der Tiere vor allem in der deutschen Rechtsgeschichte. Um ihn zu gewinnen, fand eine internationale Fachtagung der Forschungsstelle Deutsches Rechtswörterbuch der Akademie der Wissenschaften in Heidelberg statt, deren Referate den Kern des interessanten Sammelbands bilden.
Vorweg führt Andreas Deutsch weit ausholend in einer Gesamtschau in die Thematik im Hinblick auf die deutsche Rechtsentwicklung ein. Dabei behandelt er das Verhältnis von Mensch und Tier, das Tier als Feind, sehr ausführlich das Tier als Nutzobjekt, die Vermenschlichung des Tieres, die Tierverwandlungen und Werwölfe, das Tier als Metapher und Symbol sowie das Tier als Freund in dem Rahmen von Tierschutz und Tierquälerei. Damit lassen sich die insgesamt 24 Beiträge einleuchtend in einen übergeordneten Gesamtzusammenhang einordnen.
In ihm sind fünf Themenblöcke gebildet. Sie betreffen eine interdisziplinäre Annäherung an dem Umgang mit Tieren, die Rolle der Tiere in ausgewählten Rechtsquellen, zivilrechtliche und öffentlichrechtliche Aspekte im Umgang mit Tieren in Land und Stadt, Täter, Opfer und Objekt im Strafrecht sowie Tiere und Recht in Sprache und Kultur. Dabei beschließt Ulrich Kronauer das Werk mit einer Erörterung über die Grausamkeit gegen Tiere in der französischen und deutschen Aufklärung.
Die im Einzelnen untersuchten Themen sind sehr vielfältig. Sie beginnen mit dem Verhältnis Tier-Mensch-Gott, betreffen die Medizingeschichte, die frühneuzeitliche Ethik, die Tierquälerei, die Bezeichnungen in den Leges, die Darstellungen in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels, den Schwabenspiegel, Offnungstexte, den Vogel Strauß, Jagdrecht, Wilderei und gute Policey, das Almrecht, das Zinshuhn, den Abdecker, Tierprozess und Tierstrafe, Eselritt und Rabenstein, das Hängen mit Wölfen und Hunden, die Bestialität, die Hexerei, die Heraldik, Franz von Assisi, Tiermetaphern und enden vor der Grausamkeit mit Tieren mit Reineke Fuchs. Das wertvolle Tierverzeichnis der im Band genannten Tiere weist mit Aal, Aasgeier, Adler, Affe, Ameise Antilope, Äsche, Auerhahn, Bandwurm, Bär, Basilisk, Biber, Biene, Bock, Brachse, Bremse, Dackel, Delphin, Dinosaurier, Dogge, Dohle, Drache, Drossel, Eber, Echse, Eichhörnchen, Eidechse, Einhorn, Elefant, Engerling, Ente, Esel, Eule, Falke, Fasan, Feldhuhn, Ferkel, Fink, Fisch, Fischotter, Fledermaus, Fliege, Fohlen, Forelle, Frosch, Fuchs, Gans, Geier, Giraffe, Gorilla, Greif, Habicht, Hahn, Hai, Hamster, Hase, Hasel, Hecht, Heuschrecke, Hindin, Hirsch, Huhn, (am häufigsten) Hund, Igel, Insekt, Käfer, Kalb, Kamel, Kaninchen, Karpfen, Kater, Katze, Kobra, Krähe, Kranich, Kröte, Kuh, Lamm, Leopard, Lerche, Libelle, Lindwurm, Löwe, Luchs, Lutmaus, Maikäfer, Marder, Maulesel, Maultier, Maulwurf, Maus, Meise, Milbe, Mistkäfer, Mücke, Nachtigall, Natter, Ochse, Orang-Utan, Panther, Papagei, Pfau, Pferd, Pute, Rabe, Ratte, Raupe, Rebhuhn, Reh, Reiher, Rind, Rotwild, Sau, Schaf, Schaidfisch (Waller), Schimpanse, Schlange, Schmetterling, Schnake, Schnecke, Schwan, Schwarzwild, Schwein, Skorpion, Spatz bzw. Sperling, Sperber, Spinne, Sprosse, Star, Stier, Stör, Storch, Strauß, Taube, Trappe, Truthahn, Uhu, (Ungeziefer, Untier,) Ur, (Vieh,) (Vogel,) Wal, Wels, (Widder,) (Werwolf,), Wiesel, (Wild,), Wildgans, Wildschwein, Wisent, Wolf, (Wolpertinger,) Wurm,, Zicklein, Ziege und Geiß fast 150 Tiere aus, so dass das verdienstvolle Werk auch von daher der bisher umfassendste Sammelband über das Tier in der Rechtsgeschichte ist.
Innsbruck Gerhard Köbler