Zollmann, Jakob, Naulila 1914. World War I in Angola and International Law. A Study in (Post-)Colonial Border Regimes and Interstate Arbitration (= Studien zur Geschichte des Völkerrechts 35). Nomos, Baden-Baden 2016. 516 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Naulila ist eine Ortschaft in dem Südwesten Angolas in 1122 Metern Höhe. 1914 gehörte der Ort zu Portugals Kolonie Portugiesisch-Westafrika, an das die Kolonie Deutsch-Südwestafrika des Deutschen Reiches grenzte. Um nach Beginn des ersten Weltkriegs nicht außer von Süden aus von der Union Defence Force der Südafrikanischen Union auch von Norden her durch Portugal gefährdet zu werden, brach im Oktober 1914 der Bezirkshauptmann Dr. Hans-Schultze-Jena mit vier Offizieren der Schutztruppe des Deutschen Reiches zu dem portugiesischen Fort in Naulila auf, um dort Verhandlungen über einen Nichtangriffspakt zu führen und den Verbleib verschwundener Lebensmittel zu klären, wurde aber nach einer ungeklärten Art des Grenzübertritts mit zweien seiner Offiziere in einem kurzen Feuergefecht getötet, während bei beiden überlebenden Offiziere in Fort Naulila am 19. Oktober 1914 von Garnisonsangehörigen ermordet wurden.
Mit diesen Vorgängen beschäftigt sich das vorliegende Werk des seit 1997 in Geschichte, Rechtswissenschaft, Philosophie und Politikwissenschaft an der Humboldt Universität zu Berlin und der Université de Paris 1 ausgebildete, 2005 zu einem Magister Legum an der UC Hasting Law School in San Francisco graduierte, 2008 in Berlin zum Dr. phil. promovierte, seit 2011 an dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, Rule of Law Center bzw. Center for Global Constitutionalism sowie von 2014 bis 2016 als Post-Doc Stipendiat des Deutschen Akademischen Auslandsdiensts an dem Deutschen Historischen Institut in Paris tätige Verfasser. Das deutsch gedachte und englisch gehaltene Buch gliedert sich nach einer Einleitung in drei Teile. Sie betreffen den ersten Weltkrieg in Angola in seinem geschichtlichen Umfeld, die portugiesisch-deutschen Vergleichsverhandlungen einschließlich der Awards von 1928 und 1930 sowie rechtliche und geschichtswissenschaftliche Perspektiven des Weltkriegs in Angola zwischen 1918 und 2014.
Im Ergebnis stellt sich für den überzeugenden Verfasser nach eindringlicher Prüfung der Interessen und Erinnerungen der beteiligten Mächte auf einer breiten Literaturgrundlage die Frage, welcher Macht Auslegung vergessen werden und welcher Macht Auslegung für die geschichtliche Betrachtung bestehen bleiben wird. In diesem Zusammenhang kann er feststellen, dass Naulilaa für das Völkerrecht bedeutsam ist, aber die Geschichte des portugiesisch-deutschen Grenzkriegs in Überblicksdarstellungen des ersten Weltkriegs kaum Eingang gefunden hat. Insofern bleibt nach seinen abschließenden Worten insgesamt abzuwarten, welche Darstellung die Geschichte des Krieges der einheimischen Völker gegen die Kolonialmächte insgesamt noch finden wird.
Innsbruck Gerhard Köbler