Tabak und Gesellschaft. Vom braunen Gold zum sozialen Stigma, hg. v. Jacob, Frank/Dworok, Gerrit (= Wissen über Waren – Historische Studien zu Nahrungs- und Genussmitteln Band 1). Nomos, Baden-Baden 2016 406 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die irdische Natur enthält zahlreiche Bausteine, die in unterschiedlicher Weise auf einander einwirken können. Wie andere Lebewesen kann auch der Mensch durch die verschiedensten Gegebenheiten in vielfältiger Weise beeinflusst werden. Dementsprechend versuchen einzelne Gesellschaftsmitglieder seit langer Zeit mit Hilfe von tatkräftigen Unternehmern ihre Lebensgefühle durch den Gebrauch von Tabak in Richtung auf vorübergehenden Mehrgenuss oder auch Hochgenuss zu verbessern.

 

In diesem Rahmen entstand nach dem kurzen Vorwort der an der City University of New York Weltgeschichte und Globalgeschichte lehrenden bzw. in dem Fachbereich neueste Geschichte der Universität Würzburg kürzlich promovierten Herausgeber in dem Frühjahr 2014 die Idee zu dem vorliegenden Band. Obgleich die Verwirklichung nicht unbedingt einfach zu sein schien, ergab sich von so vielen Seiten Unterstützung, dass bereits ein knappes Jahr später ein fertiges Manuskript vorlag, das mit großzügiger Unterstützung Heinrich Villigers als Grandseigneurs der Zigarrenbranche und Inhabers der Villiger-Gruppe in der Schweiz und in Deutschland sowie in Indonesien das Ergebnis der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden konnte. Es umfasst nach einer globalhistorischen Einführung der ihr im Ergebnis zwar ein Autorenverzeichnis ohne Kennzeichnung nach Rauchern und Nichtrauchern, jedoch kein Sachregister einschließendes Projekt an dem Lehrstuhl Wolfgang Altgelds in Würzburg verwirklichenden Herausgeber 16 vielfältige Studien, die mit dem Tabak als Medium des Sozialen einsetzen.

 

Danach werden etwa die Entwicklung der Tabakregulierung in Deutschland, die Entstehung des Snuff in Zusammenhang mit dem Geist des Protestantismus oder der Einfluss des Tabaks auf die Stadtentwicklung in Griechenland untersucht. Andere Beiträge befassen sich mit Frauen auf den Tabakfeldern in Agrinio, dem Einfluss der Tabakfabrik Fürstenfeld, der Lage der Arbeiter und Trafikanten in Zisleithanien zwischen 1850 und 1918 oder der Vermarktung orientalischer Fremdheit in der Zigarettenindustrie Dresdens zwischen 1860 und 1960. Alle Untersuchungen zeigen eindringlich, wie der Tabak seit dem 16. Jahrhundert von vornehmen Kreisen Europas aufgesogen wurde und trotz seiner längst erkannten gesundheitsgefährdenden Wirkungen nach wie vor geschickten Herstellern zur vordergründigen Bedürfnisbefriedigung und nachhaltigen Bedrohung von Abnehmern vermarktet wird, woran der Staat in der Form unterschiedlicher Steuereinnahmen nachhaltig und umfangreich Teil hat.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler