Stodolkowitz, Stefan Andreas, Vom Handel mit Ellen, Stahl- und Eisenwaren. Eine Zunftstreitigkeit vor dem Oberappellationsgericht Celle (= Schriftenreihe der Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Heft 44). Gesellschaft für Reichskammergerichtsforschung, Wetzlar 2015. 56 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

An dem Übergang des Mittelalters zu der Neuzeit änderte sich die Gerichtsverfassung in den Ländern des Heiligen römischen Reiches deutlich. Bekanntestes Beispiel hierfür ist das 1495 als Gericht der Reichsstände im Zuge der Reform des Heiligen römischen Reiches an Stelle des königlichen Kammergerichts geschaffene, bis zu dem Untergang des Reiches bestehende Reichskammergericht, aus dessen Tätigkeit bei jährlich durchschnittlich etwa 250 Eingängen rund 75000 Streitsachen bekannt. sind. In seinem losen Gefolge wurde nach Erhebung des Fürstentums Calenberg-Grubenhagen zu einem Kurfürstentum 1711 zum Ausgleich für den Verlust als Residenz eines Teilherzogtums Braunschweig-Lüneburg das Oberappellationsgericht in Celle eröffnet.

 

Mit einem vor diesem Gericht gegen Ende des 18. Jahrhunderts geführten Rechtsstreit beschäftigt sich der Verfasser in einer ergänzten und erweiterten Fassung eines geplanten, aber leider ausgefallenen Vortrags vom 15. Oktober 2014 in der Aula in Wetzlar. Dabei geht es um einen Handel von Schneidern mit Stahlwaren und Eisenwaren, durch den sich eine Gilde der Höker und Krämer beeinträchtigt sah. Über die kurhannoversche Regierung in Hannover und die lauenburgische Regierung in Ratzeburg gelangte das Verfahren in letzter Instanz 1778 an das Oberappellationsgericht in Celle.

 

Gegliedert ist die interessante, mit Abbildungen bereicherte Darstellung des Streites außer in Einleitung und Schluss in vier Sachabschnitte. Sie betreffen das Oberappellationsgericht Celle als oberstes Gericht des Herzogtums Lauenburg im 18. Jahrhundert, den Handel mit Ellen, Stahl und Eisenwaren vor Gericht, die Rechtsgeltung und Policeygewalt sowie einen Vergleich mit ähnlichen Rechtsfällen. Dabei kann der Verfasser ansprechend die Zunahme des landesherrlichen Einflusses zeigen. Darüberhinaus lässt sein Fall eindrucksvoll erkennen, wie sich mangels Beschwerden an die Reichsgerichte in den Territorien die Einordnung von Justizsachen und Policeysachen zwischen Reich und Territorien auseinanderentwickelte, weil sich jenseits eines verbleibenden theoretischen Einflusses der Reichsgerichte die Territorialjustiz praktisch zunehmend gegenüber der Reichsgerichtsbarkeit verselbständigte.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler