Quellen und
Dokumente zur Geschichte von „Mein Kampf“ 1924-1945“, hg. v. Plöckinger,
Othmar. Steiner, Stuttgart 2016. 695 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Adolf Hitler verfasste
in Landsberg am Lech 1924 gewollt einen Bestseller, der nach Ablauf der
urheberrechtlichen Schutzfrist in wissenschaftlicher Umhegung zumindest
unerwartet nochmals zu einem Bestseller geworden zu sein scheint. Unmittelbar
nach seinem Erscheinen hat er erwartungsgemäß das Interesse eines sachkundigen
Rezensenten erweckt. Solange ihm kein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt
werden kann, muss es an dieser Stelle bei einfachen Hinweisen des Herausgebers
bleiben.
Da die
unmittelbare Diskussion mit dem damaligen Verfasser nach seinem Tode nicht mehr
möglich ist, muss seine Gedankenwelt hilfsweise mittelbar bestmöglich
erschlossen werden. Dies versucht nach der zu Jahresbeginn erschienenen
wissenschaftlichen Neuausgabe des Münchener Instituts für Zeitgeschichte der
vorliegende Sammelband. Sein 1965 geborener, als Gymnasiallehrer für Deutsch,
Geschichte und Mathematik in Salzburg tätiger verdienstvoller Herausgeber
veröffentlichte bereits im Jahre 2006 (2. Auflage 2011) als Geschichte eines
Buches Adolf Hitlers Mein Kampf und unterstützte zeitweise auch das
Editionsprojekt.
Insgesamt bietet
sein neues Werk 171 kommentierte Dokumente wie Briefe und Konzepte zur
Entstehung der 1924 und 1926 geschaffenen beiden Bände, Rezensionen,
Interpretationen und Analysen der Jahre
zwischen 1925 und 1932 sowie weitere Dokumente bis 1945. Dabei finden sich kritische
Stellungnahmen ebenso wie „warmherzige“ Befürwortungen. 1937 wird etwa auch
darauf hingewiesen, dass rund vier Fünftel aller Zitate von Führerworten aus Leichtfertigkeit, Oberflächlichkeit und
Verantwortungslosigkeit falsch seien, so dass die interessante Sammlung in
einer weiteren Auflage durchaus noch Erweiterungen erfahren könnte.
Gegliedert ist
die Dokumentation nach einem Geleitwort, einem Vorwort, einer Einleitung und
Editionsgrundsätzen in fünf Abschnitte. Davon betrifft der Abschnitt A
Dokumente zur Entstehungsgeschichte und beginnt mit einem Denkschrift-Fragment
vom März 1924, einem Brief Walter Stangs vom 19. April 1924 sowie einem Artikel
Adolf Hitlers Warum musste ein 8. November kommen vom April 1924. Es folgen
etwa Manuskriptblätter vom Mai 1924, das Werbeflugblatt von Anfang Juni 1924,
Artikel aus dem Völkischen Echo, Konzeptblätter vom Juni 1924, die Erklärung
Adolf Hitlers vom 29. Juli 1924, Briefe, Schreiben und Artikel bis zu
Erinnerungen des Gefängnisbeamten Franz Hemmrich (1976) (Nr. 132).
Abschnitt B gibt
unter der Nummer 40 auf rund 25 Seiten das Honorarbuch des Eher-Verlags zwischen
1925 und 1933 wieder. Abschnitt C vereint unter den Nummern 41 bis 93 mehr als
50 Rezensionen, beginnend mit dem Fränkischen Kurier vom 12. Juli 1925 und
endend in der Nr. 93 mit der Christlichen Welt vom 16. Juli 1932. Dem folgen in
Abschnitt D (Nr. 94-129) Analysen und Interpretationen zwischen 1925 und 1932
sowie in Abschnitt E rund 40 Dokumente und Publikationen (z. B. offener Brief
von Karl-Heinz Becker an Paul von Hindenburg vom 5. Februar 1933, Brief Ernst
von Weizsäckers an seine Mutter vom 30. März 1933, Paul Fechter Geschichte der
deutschen Literatur oder Aktenvermerk des SS-Standartenführers Dr. Rudolf
Brandt vom 2. Juli 1944).
Grundsätzlich
sind alle Dokumente mit weiterführenden Erläuterungen versehen. Ein
detailliertes Inhalts- und Personenverzeichnis schließt die Sammlung
benutzerfreundlich auf, so dass das Buch
die Quellengrundlage für Hitlers Werk vortrefflich erweitert. Wer immer sich
mit ihm befasst, wird die zum Preis von 99 Euro publizierte Dokumentation nicht
außer Acht lassen können, auch wenn sie selbst keine Entstehungsgeschichte der
Kampfschrift ersetzen will und kann.
Innsbruck Gerhard
Köbler