Löhdefink, Jan, Zeiten des Teufels – Teufelsvorstellungen und Geschichtszeit in frühreformatorischen Flugschriften (1520-1526) (= Beiträge zur historischen Theologie 182). Mohr Siebeck, Tübingen 2016. XI, 412 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Mensch hat die Religion zwecks Welterklärung und Selbstvergewisserung erfunden. In ihr helfen Kundige den Unkundigen bei der Daseinsbewältigung und üben auf Grund ihres behaupteten Wissens auch Macht über Anhänger aus. Das Christentum und der Islam verwenden in diesem Zusammenhang den Teufel als die Verkörperung des Bösen, vor dem der Gläubige zu wahren ist, auch wenn er ihm immer wieder zum Opfer fällt.
Das vorliegende Werk ist die leicht abgeänderte Fassung der von Barbara Stollberg-Rilinger und Albrecht Beutel betreuten, in dem Sommersemester 2015 von der philosophischen Fakultät der Universität Münster angenommen Dissertation des 1974 geborenen, von 1994 bis 2002 in evangelischer Theologie und Geschichte ausgebildeten, seit 2010 als Studienrat in Hamburg sowie seit 2015 in Emden tätigen Verfassers. Sie gliedert sich nach einer Einleitung in vier Sachkapitel. Sie betreffen die Flugschriftenpublizistik, die Vergangenheitsdeutung (an Hand der Fallbeispiele Judas Nazarei, Andreas Osiander d. Ä., Pamphilus Gengenbach, Heinrich von Kettenbach und Eberlin von Günzburg), das Gegenwartsverständnis (an Hand der Fallbeispiele Michael Stifel und Thomas Müntzer) und die Zukunftsperspektive (an Hand der Fallbeispiele Martin Luther, Johannes Copp und Heinrich Pastoris).
Untersuchungsgegenstand ist die Veränderung der Teufelsvorstellungen in den Flugschriften zwischen 1520 und 1526. Dabei geht der Verfasser davon aus, dass die Teufelsvorstellungen im Allgemeinen den rückwärtsgewandten Gehalten der Reformation Martin Luthers zugeschrieben werden. Demgegenüber versteht er selbst den Teufel in den frühreformatorischen Flugschriften als wesentlich für eine in die Moderne führende Zeitwahrnehmung, weswegen er, so unmodern der Teufel der Neuzeit auch erscheinen mag, dem Teufel im Ergebnis für die Entstehung der Neuzeit eine Schlüsselstellung zuspricht.
Innsbruck Gerhard Köbler