Lindinger, Michaela, Die Hauptstadt des Sex – Geschichte und Geschichten aus Wien. Amalthea, Wien 2016. 221 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Sexualität ist ein Teil des Menschen wie Hunger und Durst, Leben und Tod. Ohne sie hätte der Mensch vermutlich keine natürliche Geschichte. Sie bewirkt Freude und Glück ebenso wie Leid und Verzweiflung.
Sie begleitet den Menschen von seinen ersten Anfängen und hat in zahllosen Veröffentlichungen auch die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen wie der unterhaltenden Literatur gefunden. Nach der in Wien in Publizistik, Kommunikationswissenschaft, Politikwissenschaft, Urgeschichte und Frühgeschichte sowie Ägyptologie ausgebildeten und seit 1986 in Museen und Ausstellungen bzw. seit 2003 als Kuratorin im Wien tätigen Verfasserin hat sie in der modernisierten Gestalt des Sex eine Hauptstadt in Wien. Die dortige Geschichte und Geschichten stellt die Autorin umgeben von anziehender Unterwäsche und Zigarettengenuss dem Interessenten zur Verfügung.
Gegliedert in sieben Abschnitte sammelt die Verfasserin das Alltagsleben des einfachen Bürgers hinter sich lassende Begebenheiten. In ihnen geht es im losen Gang durch die Geschichte seit dem Mittelalter um bärtige Ikonen, Teufelsbräute und Wanderhuren, Rokoko-kokotten, Amoretten, nackte Tatsachen Schmutz oder Schund und die abschließende Frage, ob Sex in Österreich am Ende ist. Einige Abbildungen illustrieren die Aufmerksamkeit erheischenden Berichte über Hedwig Eva Maria Kieslers Ekstase (Hedy Lamarr), Lisl Goldarbeiters Miss Universum, Josefine Mutzenbachers Parade-Dirne, Richard Krafft-Ebings Heilanstalt, Homosexualität, Kastrationsangst, Masochismus, Eheberatungsstellen, „liebe“volle Tanzsäle und eine Domkirche mit Fruchtbarkeitssymbolen sowie vieles andere, das im wechselvollen Spagat zwischen Wissenschaft und Voyeurismus sicher sein Publikum finden wird.
Innsbruck Gerhard Köbler