Hexenkinder – Kinderbanden – Straßenkinder, hg. v. Behringer, Wolfgang/Opitz-Belakhal, Claudia (= Hexenforschung 15). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2016. 468 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Wie Hexen zu Hexen werden, war auch in der Zeit, die an Hexen glaubte, keineswegs völlig gewiss. Deswegen sind, obgleich das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm das Hexenkind noch nicht kennt, nach Ausweis des Vorworts der beiden Herausgeber zur Überraschung der meisten Historiker Hexenkinder inzwischen zu einem aktuellen, aus ihrer Sicht sogar brennenden Problem geworden. Während Historiker lange Kinderhexenprozesse als Hexenprozesse gegen Kinder ansahen, zeigte sich inzwischen, dass für die Zeitgenossen Kinderhexenprozesse Strafprozesse gegen Kinderhexen waren.
Mit der auf dieser Grundlage aufgegriffenen Gesamtproblematik der Hexenkinder und Straßenkinder ergab sich die Idee eines Vergleichs zwischen historischer und gegenwärtiger Wirklichkeit, die auf einer Tagung von Historikern, Anthropologen, Pädagogen, Religionswissenschaftlern, Psychologen und Juristen in Weingarten erörtert werden konnte. Der vorliegende Sammelband stellt der Allgemeinheit 21 dabei erwachsene Beiträge leicht greifbar zur Verfügung. Gegliedert sind sie in die Sektionen Kindheit und Hexenglaube, Straßenkinder und Kinderbanden in der Vergangenheit, Kinder als Opfer oder Täter in Hexenprozessen, Kinderdevianz im Licht von Jurisprudenz und Pädagogik sowie Straßenkinder und Kinderbanden in der Gegenwart.
Dabei beginnt Eva Labouvie mit einer Betrachtung über Hexenangst und zauberische Praktiken um Schwangerschaft, Geburt und neugeborene Kinder und untersucht Markus Meumann Kinderbettel und Hexenglauben um 1700. Wolfgang Schild behandelt die Zurechnungsfähigkeit der Kinder(hexen) und Alexander Rödlach widmet sich den Child-Witches in Today’s Africa with a Special Focus in HIV/AIDs. Dadurch werden insgesamt vielfältige Einsichten über mögliche Zusammenhänge zwischen Hexenprozessen gegen Kinder in vergangenen Zeiten und der Verfolgung von Straßenkindern als Hexen in der Welt der Gegenwart eröffnet, deren Aufschlüsselung durch unterschiedliche Register ihre Zugänglichkeit noch verbessert hätte,
Innsbruck Gerhard Köbler