Nerlich, Viktor, „A Baltico ad Euxinum“ – Reinhart Maurach und die Frühzeit der deutschen Ostrechtsforschung (= Abhandlungen zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 96). Erich Schmidt, Berlin 2015. XVIII, 552 S.
Der in Simferopol auf der Krim 1902 geborene Reinhart Maurach stammte aus einer deutsch-baltischen Familie und kam 1920 in das Deutsche Reich. Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und Staatswissenschaft in Würzburg und Breslau wurde er nach der Promotion Rechtsreferent am Osteuropa-Institut in Breslau. Einer großen studentischen Öffentlichkeit wurde er vor allem durch sein nach der Habilitation bei Johannes Nagler 1954 erstmals aufgelegtes Lehrbuch des allgemeinen Teils des deutschen Strafrechts bekannt.
Das vorliegende gewichtige Werk entstand als von Jörg Baberowski betreute, umfangreiche Archivalien verwertende Dissertation an dem Lehrstuhl für Geschichte Osteuropas der Humboldt-Universität zu Berlin. Gegliedert ist es nach einer ansprechenden Einleitung über das historiographische Interesse an der Ostrechtsforschung und an Reinhart Maurach, Forschungsstand und Quellenlage sowie Methodik und Aufbau der Untersuchung in zwei Teile mit acht Kapiteln. Sie betreffen die deutsche Ostrechtsforschung von den Anfängen bis 1949 und (S. 177ff.) Reinhart Maurach als Vertreter der deutschen Ostrechtsforschung, der nach Verleumdung durch den Sicherheitsdienst verspätet rehabilitiert wurde und nach Kriegsgefangenschaft in Russland erst 1947 in München wieder fest Fuß fassen konnte, wo er 1970 emeritiert wurde.
Insgesamt kann der Verfasser eindrucksvoll zeigen, dass, wie und warum Reinhart Maurach nach Vorläufern der deutschen Ostrechtsforschung im 19. Jahrhundert einer ihrer wichtigsten Vertreter des 20. Jahrhunderts wurde. Er gestaltete ab seiner Tätigkeit im Osteuropainstitut in Breslau die deutsche Ostrechtsforschung aus nächster Nähe wesentlich mit. Auf der zuverlässigen Grundlage vieler neuartiger Einsichten des Verfassers sind weitere Vertiefungen in unterschiedlichsten Hinsichten möglich.
Innsbruck Gerhard Köbler