Die akademische Verbindung Austria Innsbruck. Stationen ihrer Geschichte, hg. vom Verein zur Erforschung der Geschichte des österreichischen Studententums. Wagner, Innsbruck 2014. 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Mensch ist von seinem Anfang an einerseits individuell egoistisch auf seinen Vorteil bedacht und gleichwohl – jedenfalls bisher – andererseits auf den Mitmenschen allein schon wegen der Arterhaltung angewiesen. Aus diesem ambivalenten Dilemma heraus sind im Laufe der Geschichte beispielsweise Familien, Gruppen, Horden, Siedlungen, Universitäten, Staaten und viele weitere zwischenmenschliche Verbindungen entstanden. Dass sie sich gern ihrer Vergangenheit in möglichst angenehmer Form vergegenwärtigen ist naheliegend und ermöglicht die werbende Unterrichtung ihrer Umgebung in einfacher Form.

 

Nach dem Vorwort des für das Vorortsteam von 2005/2006 federführenden einnehmenden Philologen Florian Schaffenrath hielt im Rahmen des 100. Stiftungsfests der AV Austria Innsbruck im Jahre 1964 der 1938 von Adolf Hitler zum Rücktritt getriebene österreichische Altbundeskanzler und Austrier Kurt Schuschnigg eine Rede, in der er mehrmals beiläufig die jüngeren Mitglieder der Verbindung dazu aufforderte, Details über die Geschichte der Verbindung „in der Chronik“ nachzulesen. Leider gab es abgesehen von den ersten Jahren der Verbindungsgeschichte, in denen Annales Austriae nicht nur ordentlich geführt, sondern sogar Semester für Semester mit Brief und Siegel bestätigt wurden, zu dieser Zeit gar keine umfassende Geschichte der Austria Innsbruck im eigentlichen Sinn. Allerdings ermöglichen die seit 1928 zunächst unregelmäßig, dann jährlich als Jahrbuch erschienenen Austrierblätter doch zusammen mit anderen Quellen eine die Lücke schließende Darstellung der Entwicklung der nach der ersten am Theologenkonvikt 1859 entstandenen katholischen Studendentenverbindung in Innsbruck und nach einer von Franz Xaver Schedele, Johann Liberat Wolf, Johannes Heinz und Engelbert Cosen am 3. März 1864 gegründeten, aber am 7. Juni 1864 bereits wieder aufgelösten Alemannia von Schedle, Heinz, Wolf und anderen am 9. Juni 1864 als neue katholische Studentenverbindung in das Leben gerufenen AV Austria Innsbruck.

 

In ihr werden in 15 Dezennien gegliedert die bisherigen Geschehnisse bestmöglich dargestellt und mit vielen Abbildungen veranschaulicht. Dabei folgen den Anfängen die Kapitel Bewährungsproben, Durchsetzen im universitären Umfeld, gesellschaftliche Festigung, Pioniere, Fortsetzung des Kulturkampfs und ein stattliches Haus (1904-1903), Kriegs- und Nachkriegsjahre, im letzten Jahrzehnt des gesamtdeutschen CV, Ständestaat, Nazi-Dämmerung, Haus-Enteignung, Verbot, Krieg, Kriegswende und Wiederaufbau, Jahre des Wiederaufbaus, des Aufbruchs und der Blüte, Jahrzehnt der Umbrüche und Erneuerungen, Jahrzehnt der Frauenfrage, Beruhigung und Aufschwung, ins neue Jahrtausend und Austria in der ersten Dekade des neuen Jahrtausends (2004-2013), an die allgemeinere Überlegungen über die Austria und die Innsbrucker Studentenschaft und eine Wertung (ihrem Auftrag gerecht geworden – die Austria und ihre Bedeutung für die Kirche, für Österreich und das katholische Studententum) sowie Listen der Seniores, Philisterseniores und Ehrenseniores angeschlossen sind. Angestrebt ist nicht eine kritische Aufarbeitung, sondern durchaus subjektive Geschichtserzählungen mit dem Vorteil der eigenen Beteiligung, deren unterschiedliche Zugänge nicht als ein Mangel, sondern als Vielschichtigkeit verstanden werden, die eine so alte und große CV-Verbindung wie die AV Austria Innsbruck im Wesen ausmacht, deren Ziel es immer sein muss, die für die Verwirklichung ihrer seit dem 100. Stiftungsfest durch die Batliner-Adam-Stiftung des Liechtensteiner Stiftungsmillionärs Herbert Batliner geförderten Ideen (religio, patria, scientia bzw. scientiae et artes, amicitia sowie in veritate libertas) optimalen Kräfte in einerseits ausreichender, andererseits ausgewählter Zahl (durch erfolgreiches Keilen etwa über ein Europaheim oder persönliche Ansprache) zu gewinnen.

 

Innsbruck                                                                                          Gerhard Köbler