Busch, Michael, Machtstreben – Standesbewusstsein – Streitlust. Landesherrschaft und Stände in Mecklenburg von 1755 bis 1806 (= Quellen und Studien aus den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns 13). Böhlau, Köln 2013. 481 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Bei der Entstehung der deutschen Länder während des Hochmittelalters war die weitere Entwicklung nicht wirklich vorhersehbar. Zwar erforderte die Bildung eines Landes vor allem Gut, Geld, Geschick und Glück Einzelner, aber auch die Wettbewerber strebten zumindest nach irgendeiner Form der Teilhabe an der Macht eines sich durchsetzenden Herren. Auf diese Weise traten Landesherrschaft und Landstände an vielen Stellen zu vielen Zeiten einander gegensätzlich gegenüber.
Mit einem örtlich wie zeitlich eingeschränkten Teilbereich diese Gegenstands beschäftigt sich die vorliegende, im Juni 2009 an der Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität der Bundeswehr in Hamburg eingereichte, von Kersten Krüger, Ernst Münch, Jutta Nowosadtko und Eckhardt Opitz begutachtete, für den Druck geringfügig überarbeitete Habilitationsschrift des nach dem Studium von Geschichte, öffentlichem Recht und Skandinavistik in Hamburg (M. A. 1990) 1998 bei Kersten Krüger in Rostock promovierten, als Assistent an der Universität der Bundeswehr in Hamburg tätigen Verfassers. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über Thema, Fragestellung, Vorgehensweise, Forschungsstand und Quellen in sieben Sachkapitel. Sie betreffen einen Überblick über die Grundlagen landständischer Macht in Mecklenburg vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, die Institutionen ständischer politischer Teilhabe (Landtage, engerer Ausschuss, ständische Konvente und Volk?), die altadelige Opposition gegen den landesgrundgesetzlichen Erbvergleich nach 1755, den Streit um das privilegium de non appellando illimitatum von 1779 bis 1781, die altadeligen Vorrechte im Verhältnis zu neuen Partizipationsbestrebungen und herzoglicher Macht, einen Exkurs über die jüdische Emanzipation und ständische Reaktion in Mecklenburg zwischen 1755 und 1817 sowie eine Zusammenfassung.
Im Ergebnis geht der Verfasser davon aus, dass es der Ritterschaft und den Städten Mecklenburgs 1755 durch den landesgrundgesetzlichen Erbvergleich gelungen war, mehr Sicherheit und Zuständigkeiten zu erreichen als anderswo im Heiligen römischen Reich. Auf dieser Grundlage kann er sorgfältig und umsichtig die weitere Entwicklung in einem für die Privilegierten „ausgezeichneten Winkel der Erde“ verfolgen. Unter Verwendung umfangreicher ungedruckter Quellen vermag er die bisher bestehende Forschungslücke über die vorkonstitutionellen Verhältnisse in Mecklenburg, bildlich veranschaulicht durch die Marktplätze Malchins und Sternbergs, in ansprechender, überwiegend traditionell angelegter geschichtswissenschaftlicher Weise zu schließen.
Innsbruck Gerhard Köbler