Die Vogtei in der deutschen Landesgeschichte (241)
Zeitliche Anfangsgrenze dieser neuen, erstmals vom Territorium ausgehenden Übersicht war dabei fast ausnahmslos das Jahr 1180, in welchem durch den Sturz Heinrichs des Löwen und die grundsätzliche Auflösung des Stammesherzogtums die Territorialisierung des Reiches unübersehbar eingeleitet wurde, so dass die etwa 500 für die Zeit bis 1100 bezeugten und zu etwa einem Drittel mit dem Wort -gau gebildeten Landschaftsbezeichnungen (Gaunamen) bisher grundsätzlich ebenso wenig berücksichtigt wurden wie die bereits für die Karolingerzeit erarbeiteten 42 hochadeligen Familien, obgleich beide wichtige Wurzeln für die Entwicklung vieler Länder gebildet haben dürften. Bei dieser (für die Artikelauswahl verwendeten) strikten zeitlichen Grenzziehung, in deren Umfeld sich zwischen 1150 und 1230 der Reichsfürstenstand augenfällig aussondert, wurde zwar keineswegs übersehen, dass die Bestimmung an Hand einer einzigen genauen Jahreszahl, welche ein Zurückgehen innerhalb der ausgewählten Einheiten auf die älteren Verhältnisse keineswegs verbietet, der Komplexität eines derart vielfältigen Vorganges, wie ihn die allmähliche Verdichtung unterschiedlichster Rechte (Eigengut, Grundherrschaft, Gerichtsrechte, Regalien, Vogteien usw.) zur Landesherrschaft im späten Mittelalter und zur Landeshoheit in der frühen Neuzeit darstellt, nicht völlig gerecht werden kann, doch kann hierauf grundsätzlich nicht allgemein sondern nur im Rahmen der jeweiligen individuellen Einheit eingegangen werden. Die zeitliche Endgrenze ergab sich demgegenüber (trotz eines damit zwangsläufig verbundenen relativen Schematismus‘) naturgemäß aus der unmittelbaren Gegenwart, weil nur so eine vollständige Verknüpfung von Vergangenheit und eigener Zeit möglich erschien.
Amorbach (Abtei) Vermutlich stiftete eine
fränkische Adelsfamilie aus dem Gebiet um Worms und Speyer im 8. Jahrhundert
(734?) das Kloster A. im Odenwald. 849 vermehrte Kaiser Ludwig der Deutsche die
vor allem im südlichen Odenwald gelegenen Güter um Rechte am Bach Mud und am
Wald Wolkmann. Die bis zum 10. Jahrhundert an den König gelangten Rechte über
die Abtei wurden 993 durch Urkundenfälschungen an das Hochstift Würzburg
gezogen. Im 12. Jahrhundert belehnte der König die Herren von Dürn (Durna) mit
der Vogtei. 1272 wurde Ulrich von Dürn
gezwungen, die Stadt A. an das Erzstift Mainz abzugeben. 1803 wurde die seit
1742 neu gebaute Abtei, die im späten 16. Jahrhundert auch Mitglied im Kanton
Odenwald des Ritterkreises Franken war und um das Jahr 1800 Güter in 100 Orten
hatte, säkularisiert und als Entschädigung an die Fürsten von Leiningen
übertragen. 1806 wurde das neue Fürstentum mediatisiert. A. kam an Baden,
Hessen und 1816 an Bayern.
L.: Wolff 80; Riedenauer 128; Amorbach, Beiträge zu Kultur und Geschichte von
Abtei, Stadt und Herrschaft, (in) Neujahrsbll. hg. v. d. Ges.f. fränk. Gesch.
25 (1953); Krebs, R., Amorbach im Odenwald, 1923; Schäfer, A., Untersuchung zur
Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der Benediktinerabtei Amorbach bis in die
Zeit nach dem 30jährigen Kriege, Diss. Freiburg 1955 masch.schr.; Die Abtei
Amorbach im Odenwald, hg. v. Oswald, F./Störmer, W., 1984; Andermann, K.,
Klösterliche Grundherrschaft und niederadelige Herrschaftsbildung - das
Beispiel Amorbach, (in) Siedlungsentwicklung und Herrschaftsbildung im Hinteren
Odenwald, 1988.
Andechs (Grafen, Herzöge). Die Grafen von A. (um
1060 Andehsa „Platz, der sich aus dem Strauchwerk der Umgebung abhebt“) am
Ammersee sind ein Zweig der vielleicht von den Rapotonen stammenden und mit
einem Grafen Berthold um 990 an der oberen Isar bei Wolfratshausen erstmals
nachweisbaren Grafen von Dießen, die sich zunächst nach Dießen am Ammersee
(Berthold II. 1025-1060), unter Umwandlung der allodialen Stammburg in ein
Augustinerchorherrenstift aber seit 1132 nach A. benannten (1521 erscheinen
aber noch Grafen von Dießen in der Reichsmatrikel), in dessen Raum altes
Reichslehngut und Reichsvogtei sicher sind. Im 11. Jahrhundert griff das Geschlecht
nach Westen in den Augstgau zwischen Lech und Ammersee aus, gewann die
Isargrafschaft um Wolfratshausen mit den Klöstern Tegernsee und Schäftlarn, die
Grafschaft um den Würmsee (Starnberger See) sowie die Huosigaugrafschaft der
Sigimare. Mit dem Aussterben der jüngeren Markgrafen bzw. Grafen von
Schweinfurt (1058) erlangte Arnold von Dießen über seine Frau Gisela reiche
Güter am oberen Main (Kulmbach, 1135 Errichtung der Plassenburg, Ende des 12.
Jahrhunderts Gründung von Bayreuth, Vogtei der
Klöster Banz und Langheim), die durch die Ehen Bertholds II. mit einer Tochter
des Grafen von Weimar-Orlamünde und Boppos von A. mit Kunigunde von Giech
planmäßig erweitert wurden (Giech, Lichtenfels). Vom Hochstift Brixen erhielten
die Grafen am Ende des 11. Jahrhunderts die Grafschaften Unterinntal (1180
Gründung Innsbrucks) und Pustertal zu Lehen und hatten die Hochstiftsvogtei und
die Vogtei über Neustift. 1158 erbten sie von
den Grafen von Formbach die Grafschaften Neuburg am Inn, Schärding am Inn und
Windberg an der Donau. 1173 übertrugen ihnen die Staufer für treue Dienste die
Markgrafschaft Istrien zu Lehen. 1180/1181 wurden sie Herzöge von Meranien (am
Guarnero um Fiume) (Kroatien und Dalmatien), so dass sie neben den Welfen zum
bedeutendsten süddeutschen Geschlecht aufsteigen konnten. Von den Kindern
Herzog Bertholds heiratete Agnes den König von Frankreich, Gertrud den König
von Ungarn, Hedwig den Herzog von Schlesien, Otto die Erbin der Pfalzgrafschaft
Burgund und Heinrich Sophie von Weichselburg. Mechthild wurde Äbtissin von
Kitzingen, Berthold Patriarch von Aquileja und Ekbert Bischof von Bamberg. 1208
bereits verloren die Grafen von A. allerdings infolge angeblicher Beteiligung
an der Ermordung Philipps von Schwaben durch Otto von Wittelsbach ihre oberbayerischen
Güter mit A. an die wittelsbachischen Herzöge von Bayern, die Markgrafschaft
Istrien an Aquileja und die Hochstiftsvogtei Brixen an die Grafen von Tirol.
Andererseits gewann Graf Otto I. († 1234) durch Vermählung mit einer Enkelin
Kaiser Friedrich I. Barbarossas die Pfalzgrafschaft von Burgund. 1248 erlosch
der Mannesstamm mit Pfalzgraf Otto II. von Burgund. Das Erbe fiel an die
Herzöge von Bayern, die Grafen von Tirol, (über Graf Ottos II. jüngere
Schwester) an die Burggrafen von Nürnberg (Bayreuth), das Hochstift Bamberg
(Lichtenfels) sowie an die Grafen von Orlamünde und Truhendingen.
L.: Oefele, E., Frhr. v., Geschichte der Grafen von Andechs, 1877; Herlitz, G.,
Geschichte der Herzöge von Meran aus dem Hause Andechs, Diss. phil. Halle 1909;
Stolz, O., Geschichte des Landes Tirol, 1955, Neudruck 1973;Bosl, K.,
Europäischer Adel im 12./13. Jahrhundert. Die internationalen Verflechtungen
des bayerischen Hochadelsgeschlechts der Andechs-Meranier, Zs .f.bay.LG. 30
(1967), 20ff.; Tyroller, F., Die Grafen von Andechs, (in) Bayerische Streifzüge
durch 12 Jahrhunderte, hg. v. Fink, A., 1971, 19ff.; Auer, L., Andechs, LexMA 1
1980, 593f.; Fried, P./Winterholler, H./Mülbe, W. v. d., Die Grafen von
Dießen-Andechs, 1988; Holzfurtner, L., Die Grafschaft der Andechser, 1994;
Katalog der Ausstellung Die Andechs-Meranier, 1998; Hlawitschka,
E./Hlawitschka-Roth, E., Andechser Anfänge, 2000; Frenken, A., Hausmachtpolitik
und Bischofsstuhl, Z. f. bay. LG. 63 (2000), 711; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004.
Anhalt (Grafen, Fürstentum, Herzogtum,
Freistaat, Landesteil). Im 11. Jahrhundert beherrschte das seit etwa 1000
erkennbare Geschlecht der Askanier, das sich zeitweise Grafen von Ballenstedt
nannte, das Gebiet zwischen Harzvorland und Fläming. Dem 1170 verstorbenen
Albrecht dem Bären folgten die Söhne Otto und Bernhard. Von ihnen erlangte
Bernhard nach dem Sturz Heinrichs des Löwen den Titel Herzog von Sachsen sowie
den an der unteren Elbe bei Lauenburg befindlichen Teil des Herzogtums Sachsen
und gewann dazu das rechtselbische Gebiet um Wittenberg. Bei seinem Tode (1218)
erhielt sein ältester Sohn Heinrich I. (1212-1244) die eigentlichen Hausgüter
zwischen Ostharz (Unterharz) und Mittelelbe (unterer Elbe) (Aschersleben
[(Andersleben], Ballenstedt, Bernburg, Köthen, Dessau). Er nannte sich nach der
vielleicht um 1050 von Esiko von Ballenstedt nach der Umwandlung Ballenstedts
in ein Stift errichteten Burg über dem Selketal und gehörte als einziger Graf
seit 1218 dem Reichsfürstenstand an, wobei der Fürstentitel erstmals 1223
urkundlich erscheint, ohne dass Nachrichten über eine Verleihung vorliegen.
1252 entstanden nach seinem Tod durch Erbteilung im später stets von
Brandenburg-Preußen und Sachsen eingeengten Hause Anhalt die Linien
Anhalt-Aschersleben (bis 1315), Anhalt-Bernburg ältere Linie (bis 1468) und
Anhalt-Köthen (später Anhalt-Zerbst ältere Linie). Ansprüche auf askanisches
Erbe in Brandenburg und Wittenberg konnten 1319 bzw. 1422 nicht durchgesetzt
werden. Die Linie Aschersleben starb 1315 aus. Ihr Gebiet fiel 1322, soweit es
nicht wie Ascherleben selbst an das Hochstift Halberstadt (1648 an
Brandenburg-Preußen) verloren ging, an die Linie Anhalt-Bernburg. 1307/1319
erwarb die Linie Anhalt-Köthen von den Grafen von (Arnstein-)Barby die
Herrschaft Zerbst (ältere Zerbster Linie). 1396 zerfiel Anhalt-Köthen (bzw.
Zerbst, ältere Linie) in die Siegmundische Linie (rechtes Elbeufer, Zerbst) und
die Albrechtsche Linie (linkes Elbeufer, Köthen). Die Siegmundische Linie
erlangte Teilbesitz der Albrechtschen Linie sowie 1468 mit dem Aussterben der
Bernburger Linie deren Güter. 1474 spaltete sie sich erneut in die ältere
Köthener Linie (Anhalt-Köthen) und die ältere Dessauer Linie (Anhalt-Dessau).
Die ältere Köthener Linie erwarb 1508 einen Teil der Zerbster Lande. Ihre Güter
fielen bei ihrem Aussterben 1562 an die Dessauer Linie. Diese teilte sich 1546
in die Linien Zerbst, Plötzkau und Dessau. Infolge der seit 1526 in
Anhalt-Köthen, bis 1534 aber auch in Anhalt-Dessau eingeführten Reformation
konnten die Güter der unter anhaltischer Vogtei
stehenden Klöster Nienburg an der Saale, Gernrode und Hecklingen erworben
werden. 1547 gingen Zerbst und Köthen an Sigismund von Lodron ( Ladrona)
verloren, kamen aber nach Veräußerung an Reuß 1552 durch Vertrag zurück. 1570
vereinigte Fürst Joachim Ernst (1561-1586) aus der älteren Dessauer Linie
infolge verschiedener Erbfälle alle anhaltischen Gebiete mit einem Umfang von
40,8 Quadratmeilen vorübergehend und erließ für sie 1572 eine umfassende
Landes- und Kirchenordnung. 1603 entstanden nach vorübergehender gemeinsamer
Regierung der 5 Söhne durch Erbteilung die jüngere Linien Anhalt-Dessau (bis
1918), Anhalt-Bernburg (bis 1863), Anhalt-Köthen (bis 1665), Anhalt-Zerbst (bis
1793) und Anhalt-Plötzkau (bis 1818/1847). Seit 1635 wurde für gemeinsame
Angelegenheiten eine Senioratsverfassung eingeführt, wonach der jeweils älteste
die Mehrheitsbeschlüsse aller durchführte. Alle Fürsten hatten eine gemeinsame
Stimme im Reichsfürstenrat und vertraten außerdem die Stimme der Reichsabtei
Gernrode. Innerhalb der Reichskreise gehörten sie zum obersächsischen
Reichskreis. Von den fünf Linien erlosch Anhalt-Köthen 1665. Die Güter dieser
Linie wurden mit Anhalt-Plötzkau vereinigt, das sich seitdem Anhalt-Köthen
nannte. Anhalt-Zerbst erlangte 1667 durch Erbgang die Herrschaft Jever. Als die
Linie 1793 ausstarb, fielen ihre Güter an Anhalt-Dessau, Anhalt-Bernburg und
Anhalt-Köthen. Jever kam an Katharina II. von Russland, die Schwester des
letzten Fürsten von Anhalt-Zerbst. Von Anhalt-Bernburg spaltete sich die Linie
Anhalt-Bernburg-Harzgerode ab, die bis 1709 bestand. 1707 kam es weiter zur
Abteilung der Nebenlinie Anhalt-Bernburg-Schaumburg, die das Erbe der Grafen
von Holzappel und Schaumburg erhielt. Ihre anhaltischen Landesteile fielen nach
ihrem Erlöschen 1812 an Anhalt-Bernburg zurück. Anhalt-Dessau war von 1632 bis
1643 geteilt. 1702 fiel Fürst Leopold, dem „alten Dessauer“, von seiner
oranischen Mutter eine reiche Erbschaft an. Von 1726 bis 1823 bestand die aus
einer heimlichen standeswidrigen Ehe hervorgegangene Linie der Grafen von
Anhalt. 1806 wurde Anhalt-Bernburg, 1807 auch Anhalt-Dessau und Anhalt-Köthen
(-Plötzkau), das 1808 den Code Napoléon einführte, mit dem Eintritt in den
Rheinbund Herzogtum. 1815 traten Anhalt-Bernburg, Anhalt-Köthen und
Anhalt-Dessau, die zusammen um 1800 ein Gebiet von 48 Quadratmeilen mit 118000
Einwohnern umfassten, als souveräne Staaten dem Deutschen Bund bei. 1847 fiel
Anhalt-Köthen an Anhalt-Dessau. 1849 erhielt ganz Anhalt eine Verfassung. 1863
kam auch Anhalt-Bernburg an Anhalt-Dessau, so dass nunmehr alle sich auf
mehrere Landesteile an mittlerer Elbe, unterer Saale und im Unterharz
erstreckenden anhaltischen Lande vereinigt waren. Am 12. 11. 1918 dankte der
Herzog von Anhalt ab. Der neue Freistaat Anhalt umfasste 2326 Quadratkilometer
mit 432000 Einwohnern (1939) und erhielt am 18. 7. 1919 eine Verfassung.
Hauptstadt war Dessau. 1933 wurde A. mit Braunschweig einem gemeinsamen
Reichsstatthalter unterstellt. Am 9. 7. 1945 wurde A. innerhalb der
sowjetischen Besatzungszone mit den aus der Provinz Sachsen am 1. 7. 1944
gebildeten Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg Preußens vereinigt und 1947
dem Land Sachsen-Anhalt eingegliedert, das am 23. 7. 1952/8. 12. 1958 aufgelöst
wurde (str.). Der größere Teil kam zum Bezirk Halle, der kleinere zum Bezirk
Magdeburg. Mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur
Bundesrepublik Deutschland entstand das Land Sachsen-Anhalt am 3.10.1990
wieder.
L.: Wolff 406; Zeumer 553 II b 38; Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 2, 88;
Heinemann, O. v., Codex diplomaticus Anhaltinus, 1867ff.; Weyhe, E.,
Landeskunde des Herzogtums Anhalt-Dessau, Bd. 1f. 1907; Wäschke, H.,
Anhaltische Geschichte, Bd. 1ff. 1912f.; Schröder, A., Grundzüge der
Territorialentwicklung der anhaltinischen Lande, Anhalt. Geschichtsbll. 2
(1926), Diss. phil. Berlin 1927; Specht, A., Bibliographie zur Geschichte von
Anhalt, 1930, Nachtrag 1935; Wütschke, J., Zur Territorialentwicklung Anhalts,
(in) Anhalt. Geschichtsbll. 13 (1937), 90; Handbuch der historischen Stätten
Deutschlands, Bd. 11 Provinz Sachsen/Anhalt, hg. v. Schwineköper, B., 1977;
Klein, T., Anhalt, 1981; Schlenker, G./Lehmann, G./Wille, M., Geschichte in
Daten, 1994; Assing, H., Brandenburg, Anhalt und Thüringen im Mittelalter,
1997; Partenheimer, L., Albrecht der Bär, 2001; Die Fürsten von Anhalt, hg. v.
Freitag, W., 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 742; 800 Jahre Anhalt, hg. v. Anhaltischen Heimatbund,
2012.
Ansbach, Brandenburg-Ansbach (Fürstentum,
Markgrafschaft). A. wird erstmals zum Jahre 786 erwähnt (Onoldisbach). Das dort
um 748 gegründete Benediktinerkloster kam an das Hochstift Würzburg. 1228
gelangte A. von den Herren von Dornberg, ehemaligen Untervögten der Staufer, an
die Grafen von Oettingen. Die Vogtei über Stadt
und Stift A. kauften 1331 die Grafen von Hohenzollern/Zollern, die seit 1192
Burggrafen von Nürnberg waren und durch Beerbung der Grafen von Abenberg (um
1199/1200) und Andechs-Meranien (1248) reiche Güter (Abenberg-Cadolzburg,
Neustadt an der Aisch, Windsheim, Creußen [1251 Lehen], Bayreuth [1260])
erlangt hatten. Sie erwarben außerdem das Sechsämterland im Fichtelgebirge
(1292 Arzberg), Kulmbach [1338, Erbe der Grafen von Weimar-Orlamünde],
Erlangen, Uffenheim, Crailsheim, Feuchtwangen, Wassertrüdingen [1368],
Gunzenhausen, Schwabach [1364] und das seit 1323 den Vögten von Weida
zugeordnete Gebiet um Hof [Kauf 1373]. 1385 wurde A. Residenz. 1398 wurde die
Herrschaft in das Gebiet „ob dem Gebirg“ (Kulmbach, seit 1604/1662 Bayreuth)
und „unter dem Gebirg“ (A.) geteilt. 1411/1415 ging nach dem Erwerb der
Markgrafschaft Brandenburg der Titel Markgrafschaft auch auf die Fürstentümer
Ansbach-Bayreuth über. Von 1415 bis 1440 und von 1470 bis 1486 bestand eine
Personalunion mit Brandenburg. 1486 kam A. an Markgraf Friedrich VII., Bayreuth
an Sigmund, fiel aber 1495 (bis 1515) an A. 1525 zwang der Markgraf Rothenburg
zur Abgabe zahlreicher Dörfer. Seit 1521 wurde die Reformation eingeführt. 1557
kam das Fürstentum Kulmbach wieder zu A. 1603 traten beim Aussterben der älteren
Linie der fränkischen Hohenzollern zwei märkische Hohenzollern die vertragliche
Erbfolge in den beiden Markgrafschaften an, wobei Markgraf Christian seine
Residenz von der Plassenburg nach Bayreuth verlegte. 1741 fiel die Grafschaft
Sayn-Altenkirchen an A. Seit 1769 wurden nach dem Aussterben der Bayreuther
Linie A. und Bayreuth von der Ansbacher Linie regiert. 1791 wurden die wegen
einiger 1783 von den Hutten erworbener Güter (Asbachhof, Gollachostheim
teilweise und Pfahlenheim teilweise) auch zum Kanton Odenwald sowie außerdem zu
den Kantonen Altmühl und Steigerwald des Ritterkreises Franken zählenden Lande
(A. 68 Quadratmeilen mit 195000/200000 Einwohnern, Bayreuth 72 Quadratmeilen
mit 186000/250000 Einwohnern) an Preußen verkauft, das die Rechte der Reichsritterschaft,
des Deutschen Ordens und der Hochstifte Bamberg und Eichstätt in den
eingeschlossenen Gebieten aufhob und den Reichsstädten Windsheim, Weißenburg
und Nürnberg das Landgebiet entzog. Durch (den Schönbrunner) Vertrag kam A.
1805 an Bayern, Bayreuth (Tilsiter Frieden) 1807 an Frankreich, 1810 an Bayern,
Sayn-Altenkirchen 1802 an Nassau (Nassau-Usingen) und 1815 an Preußen
(Rheinprovinz) (sowie 1946 an Rheinland-Pfalz).
L.: Wolff 106; Zeumer 553 II b 14, 554 II b 63, 1; Riedenauer 128; Winkelmann-Holzapfel,
141; Stetten 183; Die Territorien des Reichs 1, 10; Meyer, C., Geschichte der
Burggrafschaft Nürnberg und der späteren Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth,
1908; Schwammberger, A., Die Erwerbspolitik der Burggrafen von Nürnberg in Franken,
1930; Herding, O., Die Ansbacher Oberämter und Hochgerichte im 18. Jahrhundert,
Jb. für fränk. Landesforschung 5 (1939); Bergler, K. A., Das markgräfliche
Oberamt Gunzenhausen. Ein Beitrag zur Entstehung der Territorialhoheit im
südlichen Franken, Diss. phil Erlangen 1951; Hauck, K., J. Vetter (1681-1745).
Der Schöpfer der ersten Ansbachischen Oberamtsbeschreibungen und Landkarten,
Jb. für fränk. Landesforschung 12 (1953); Franken hg. v. Scherzer, C., 1959ff.;
Endres, R., Ansbach-Bayreuth, (in) Handbuch der bayerischen Geschichte, hg. v.
Spindler, M., Bd. 3,1 3. A. 1997; Foerster, R., Herrschaftsverständnis und
Regierungsstruktur in Brandenburg-Ansbach 1648-1703, 1975; Schuhmann, G., Die
Markgrafen von Brandenburg-Ansbach, 1980; Seyboth, R., Die Markgraftümer
Ansbach und Kulmbach unter der Regierung Markgraf Friedrichs des Älteren
(1486-1515), 1985; Geschichte und ausführliche Beschreibung der
markgräflich-brandenburgischen Haupt- und Residenzstadt Anspach, hg. v.
Fischer, J., 1986; Schmid, A., Fränkisches Adelskloster – staufische
Territorialstadt – hohenzollersche Residenz, Jb. f. fränk. Landesforschung 59
(1999), 23; Nolte, C., Familie, Hof und Herrschaft, 2004; Jehle, M., Ansbach.
Die markgräflichen Oberämter Ansbach, Colmberg-Leutershausen, Windsbach, das
Nürnberger Pflegamt Lichtenau und das Deutschordensamt (Wolframs-)Eschenbach,
2009
Appenzell (Kanton). A. wird erstmals 1071 erwähnt
(Abbacella, abbatis cella). Der größte Teil des Landes stand im Hochmittelalter
unter der Herrschaft der Abtei Sankt Gallen, die 1345-1381 vom Reich die Vogtei und damit die Landesherrschaft erwarb, die sie
rasch zu verstärken versuchte. Zusammen mit den Gemeinden Hundwil, Urnäsch,
Gais, Teufen, Speicher, Trogen und Herisau erreichte A. in Bündnissen mit dem
Schwäbischen Städtebund, der Stadt Sankt Gallen und mit Schwyz durch Siege in
den Appenzeller Kriegen zwischen 1377 und 1429 die politische Unabhängigkeit.
Seit 1411 war A. zugewandter Ort der Eidgenossenschaft der Schweiz. 1442
erlangte es Reichsunmittelbarkeit, 1445/1460 erwarb es die Vogteien Rheintal und Rheineck (Rheinegg) (bis 1490)
und 1452 wurde es als Ort minderen Rechts in die Eidgenossenschaft aufgenommen.
Am 17. 12. 1513 wurde es vollberechtigtes dreizehntes Mitglied der
Eidgenossenschaft. Von 1522 bis 1530 traten die meisten äußeren Rhoden
(Gemeinden) der Reformation bei. Als Folge hiervon wurde 1597 in das
evangelische Appenzell-Außerrhoden und das katholische Appenzell-Innerrhoden
geteilt, die 1798 im Kanton Säntis der Helvetischen Republik vereinigt wurden,
1803/1815 als Halbkantone der Eidgenossenschaft der Schweiz aber wieder
auseinandertraten.
L.: Wolff 526f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) G2; Appenzeller
Urkundenbuch, Bd. 1 (bis 1513) 1913; Fischer, R./Schläpfer, W./Stark, F.,
Appenzeller Geschichte, 1964; Stark, F., 900 Jahre Kirche und Pfarrei St.
Mauritius Appenzell, 1971; Fischer, R., Appenzell, LexMA 1 1980, 806; Fuchs u.
a., Herisau, 1999; Die Appenzellerkriege, hg. v. Niederhäuser, P. u. a., 2006;
Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich, 2007,
276.
Are (Grafen, Grafschaft). Die Burg A. bei
Altenahr in der Eifel war der Sitz der Grafen von A., die um 1070 das Kloster
Steinfeld gründeten. Sie sind 1087 zuerst bezeugt und stammen aus dem Hause
Limburg. Sie hatten die Grafschaft im Zülpichgau und im Eifelgau, die Vogtei von Prüm sowie Allodialgut im nördlichen
Limburg und in der Eifel. Sie zerfielen seit etwa 1140 in die Linien
Are-Hochstaden (bis 1246) und Are-Nürburg, die sich um 1200 weiter aufspalteten
(Are-Wickrath und Are-Neuenahr). Von ihnen starb Are-Hochstaden 1246 und 1589
als letzte die Linie Are-Neuenahr aus.
L.: Bader, U., Geschichte der Grafen von Are, 1979.
Arenfels, Ahrenfels (reichsritterschaftliche
Herrschaft). Die Burg A. am rechten Rheinufer gegenüber von Sinzig wurde
1258/1259 Sitz der Linie Isenburg-Arenfels in der Vogtei
Hönningen. Nach dem Aussterben der Linie (1371) erwarb das Erzstift Trier als
Lehnsherr Burg und Herrschaft von den beiden Schwiegersöhnen des letzten Herren
(Graf Wilhelm von Wied und Salentin von Isenburg). 1504 kamen Burg und
Herrschaft wieder an Isenburg (Isenburg-Grenzau). 1664 zog Trier A. nach dem
Aussterben der Grafen von Isenburg-Grenzau als heimgefallenes Lehen ein und gab
es 1670 an die von der Leyen als Unterherrschaft aus. A. steuerte zum Kanton
Niederrheinstrom des Ritterkreises Rhein. 1815 kam A. zu Preußen, 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 515.
Arnstein (Grafen, Herrschaft). 1135 errichteten
die von dem schwäbischen Geschlecht der Herren von Steußlingen abstammenden
edelfreien Herren von Arnstedt bei Harkerode südöstlich von Aschersleben die
Burg A. und nannten sich seit dem 13. Jahrhundert Grafen von A. Ihre zwischen
1080 und 1180 am Nordharz auf der Grundlage von Kirchenlehen, Vogteirechten, Rodungsrechten, Bergbaurechten,
Münzrechten und Gerichtsrechten aufgebaute Herrschaft gilt als typische
„Allodialgrafschaft“. Im 12. Jahrhundert bildeten sich mehrere Seitenlinien
aus. Die Hauptlinie erlosch um 1292/1296 mit dem Eintreten dreier Brüder in den
Deutschen Orden. Burg und Herrschaft A. kamen 1294 an die mit ihnen
verschwägerten Grafen von Falkenstein, in der Mitte des 14. Jahrhunderts an die
Grafen von Regenstein, 1387 an die Grafen von Mansfeld, 1786 an die Freiherrn
von Knigge. Die reichsunmittelbaren Linien Ruppin (Arnstein-Ruppin) und Barby
(Arnstein-Barby) starben 1524 bzw. 1659 aus.
L.: Wolff 414; Heinrich, G., Die Grafen von Arnstein, 1961.
Arnstein-Barby (Grafen)(, Barby). Die Burg Barby an der
Elbe bei Magdeburg ist 814 erstmals erwähnt und 961 als Burgward bezeugt. 974
gab Kaiser Otto II. die Burg an das Stift Quedlinburg. DDas engere Gebiet um
Barby wurde spätestens am Ende des 12. Jahrhunderts durch Walther III. von
Arnstein (um 1150-nach 1196), der mit der Askanierin Gertrud von Ballenstedt
verheiratet war, unter Ausnutzung Quedlinburger Vogteirechte
erworben. Er gründete die Linie der Grafen von A. (Barby). Sein Sohn Walther
IV. vereinigte Magdeburger, Nienburger und askanische Lehen. Das engere
Herrschaftsgebiet lag um Barby, Calbe, Mühlingen (Grafschaft Mühlingen) und
Schönebeck. Dazu kamen Rosenburg, Walternienburg (Walter-Nienburg) und Zerbst
(1264-1307). 1497 wurde die Herrschaft durch König Maximilian I. zur Reichsgrafschaft
erhoben. 1540 wurde die Reformation eingeführt. Kurzzeitig gehörte die Familie
dem westfälischen Reichsgrafenkollegium an. 1659 starb die Familie aus.
Sachsen-Weißenfels, Anhalt-Zerbst und Magdeburg teilten sich das Gebiet. Das
Amt Barby fiel als erledigtes Lehen an Sachsen-Weißenfels, das Arnstein-Barbys
(Barbys) Stimme im Reichstag führte, 1746 an Sachsen (Kursachsen) und 1815 an
Preußen. Rosenburg kam als früheres Lehen Magdeburgs an Brandenburg, die
übrigen Güter gelangten als Lehen Sachsens an Anhalt-Zerbst. 1800 umfasste das
Gebiet etwa 2 Quadratmeilen (Stadt Barby und einige Dörfer). Das Amt Rosenburg
gelangte als ehemals magdeburgisches Lehen an Brandenburg, die Ämter
Walternienburg (Walter-Nienburg) und Mühlingen als sächsische Lehen an Anhalt-Zerbst.
1807 kamen die sächsischen und preußischen Teile zum Königreich Westphalen,
1815 wieder an Preußen. Barby gelangte von dort an Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 417f.; Wallner 710 ObersächsRK 26; Stegmann, E., Burg und Schloss
Barby, Magdeburger Geschichtsblätter 66/67 (1931/32), 40ff.; Heinrich, G., Die
Grafen von Arnstein, 1961; Heinrich, G., Barby, LexMA 1 1980, 1448.
Augsburg (Hochstift, Residenz). Das Bistum A.
wird, obwohl sichere Quellenbelege fehlen, für das 4. Jahrhundert als bestehend
angenommen. Es war der Kirchenprovinz Mailand (bis 539) und dann Aquileja
zugeordnet und könnte 450 nach Säben (bzw. später Brixen) verlegt worden sein.
Unter den Merowingern (709) könnte es neu gegründet (Bischof Wicterp 738,
Bischof Rozilo 745) und (spätestens 829) der Kirchenprovinz Mainz angegliedert
worden sein. Um 800 ging in ihm das 733-748 für seinen bayerischen Teil
gegründete Bistum Neuburg-Staffelsee auf. Es reichte von der Iller bis zu Ilm und
Walchensee sowie im Norden bis nach Feuchtwangen. Die an sich nicht geringen,
aber zerstreuten Güter des Hochstifts lagen vor allem im Oberallgäu zwischen
Iller und Lech. 1258 kam Dillingen hinzu und wurde zu seinem Mittelpunkt
bestimmt (seit Anfang des 15. Jh.s Residenz, 1544 theologisch-philosophische
Universität). Allmählich löste sich das Hochstift von der Vogtei, die im 12. Jahrhundert den Herren von
Schwabegg (Schwabeck) und nach 1167 den Staufern zustand und schließlich 1273
König Rudolf von Habsburg überlassen wurde. Schon seit 1156 ging aber die
Herrschaft über die Stadt A. verloren. 1802/1803 wurde das Hochstift mit 43
Quadratmeilen (2365 Quadratkilometern), 100000 Einwohnern, 16 Pflegeämtern, 1
Rentamt, den Städten Dillingen und Füssen und 19 Ämtern des Domkapitels sowie
450000 Gulden jährlichen Einkünften säkularisiert und ging überwiegend in
Bayern auf. Das Bistum wurde 1817 der Kirchenprovinz München-Freising
zugeordnet und 1821 im Verhältnis zu Rottenburg, Brixen und Konstanz neu
umschrieben.
L.: Wolff 156; Zeumer 552 II a 13; Wallner 689 SchwäbRK 2; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F5, III 22 (1648) E4, III 38 (1815-1866) D3; Die
Territorien des Reichs 6, 8; Steichele, A./Schröder, A./Zoepfl, A., Das Bistum
Augsburg, Bd. 1-10 1861ff.; Bauerreiss, R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1ff.
1949ff., 2. A. 1958ff.; Zoepfl, F., Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe,
1955; Fried, P., Augsburg, LexMA 1 1980, 1211ff.; Seiler, J., Das Augsburger
Domkapitel vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Säkularisation, 1989; Böhm, C.,
Die Reichsstadt Augsburg, 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 496, 1, 2, 22.
Augsburg (Reichslandvogtei). 1273 wurde Rudolf von Habsburg mit der Vogtei A. belehnt und wandelte sie in Reichsgut um. Im Anschluss hieran fasste er das Reichsgut im östlichen Schwaben (u. a. Gersthofen) in den Reichslandvogteien A. und Oberschwaben zusammen. Ab 1426 geriet die Reichsvogtei A. unter den Einfluss der Stadt A.
Augsburg (Reichsstadt, Reichsvogteistadt). Nach
der Eroberung Rätiens durch die Römer bestand zwischen 15 v. Chr. und 14-16 n.
Chr. links der Wertach (in Augsburg-Oberhausen) an der Kreuzung wichtiger
Straßen ein römisches Legionslager. Um 45 n. Chr. wurde auf einem Bergsporn
zwischen Lech und Wertach Augusta Vindelicum als Vorort der römischen Provinz
Rätien gegründet, der nach der Teilung der Provinz Vorort der Provinz Raetia
secunda blieb. Die Christianisierung der Bewohner ist durch eine
frühchristliche Basilika beim Dom und den Märtyrertod der heiligen Afra
bezeugt. Eine gewisse Siedlungskontinuität kann angenommen werden. Bischöfe von
A. werden für das 4. Jahrhundert angenommen und sind seit 738 nachgewiesen. 807
wird der Dom geweiht, 933-973 die 832 Augustburc genannte Siedlung um den Dom
ummauert. 1156 grenzte eine Urkunde Kaiser Friedrich I. Barbarossas die Rechte
des Bischofs und die Rechte der Bürger von einander ab. 1167/1168 ließ sich
Friedrich I. Barbarossa die Hochstiftsvogtei und die Blutgerichtsbarkeit in A.
übertragen. 1250 erhoben sich die Bürger gegen den Bischof. Nach dem Untergang
der Staufer (um 1254) kam die Vogtei 1273 durch
König Rudolf von Habsburg an das Reich. 1276 schuf sich A. ein eigenes
Stadtrecht, das Rudolf von Habsburg bestätigte (Reichsstadt). 1316 sicherte
König Ludwig der Bayer, für den A. Partei ergriffen hat, volle Reichsfreiheit
zu. Das zur Reichsstadt gehörige Landgebiet blieb auffällig klein. 1368
erkämpften sich die Zünfte die Teilnahme am Stadtregiment. Gewerbe und
Fernhandel (Fugger, Welser) begünstigten Augsburgs Aufstieg zu einer der
wichtigsten europäischen Handelsstädte, die um 1500 etwa 18000 Einwohner
zählte, 1523/1524 zur Reformation überging und durch den Dreißigjährigen Krieg
schwer geschädigt wurde. 1803 noch als Reichsstadt erhalten und durch § 27 des
Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 mit den Gütern des Hochstifts
und des Reichsstifts Sankt Ulrich und Afra entschädigt, ging das etwa 1
Quadratmeile große A. 1805/1806 an Bayern über.
L.: Wolff 210; Zeumer 555 III b 2; Wallner 689 SchwäbRK 76; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F5, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3; Schroeder 93ff.;
Die Territorien des Reichs 6, 8; Berner, E., Zur Verfassungsgeschichte der
Stadt Augsburg, 1879; Meyer, C., Geschichte der Stadt Augsburg, 1907; Eberlein,
H., Augsburg, 1939; Zorn, W., Augsburg. Geschichte einer deutschen Stadt, 1955,
2. A. 1972; Augusta 955-1955, hg. v. Rinn, H., 1955; Schleiermacher, W.,
Augusta Vindelicum, (in) Germania Romana 1, 1960; Batori, I., Die Reichsstadt
Augsburg im 18. Jahrhundert, 1969; Schröder, D., Stadt Augsburg, 1975, (in)
Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben 10; Warmbrunn, P., Zwei
Konfessionen in einer Stadt. Das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten
in den paritätischen Reichsstädten Augsburg, Biberach, Ravensburg und
Dinkelsbühl von 1548-1648, 1983; Geschichte der Stadt Augsburg, hg. v.
Gottlieb, G., 1984; Fried, P., 2000 Jahre Augsburg, (in) Schwalbe,
Hauszeitschrift der BRZ und der BayWA, 1985; Augsburger Stadtlexikon.
Geschichte, Gesellschaft, Kultur, Recht, Wirtschaft, hg. v. Baer, W. u. a.,
1985; Steuer, P., Die Außenverflechtung der Augsburger Oligarchie von 1500 bis
1620, 1988; Fassl, P., Konfession, Wirtschaft und Politik, 1988; Roeck, B.,
Eine Stadt in Krieg und Frieden. Studium zur Geschichte der Reichsstadt
Augsburg zwischen Kalenderstreit und Parität, 1989; Dietrich, R., Die Integration
Augsburgs, 1993; Augsburg in der frühen Neuzeit, hg. v. Brüning, J., 1995;
Böhm, C., Die Reichsstadt Augsburg, 1997; Möller, F., Bürgerliche Herrschaft in
Augsburg, 1998; Schorer, R., Die Strafgerichtsbarkeit in der Reichsstadt
Augsburg 1156-1548, 2000; Roeck, B., Geschichte Augsburgs, 2005; Adelige
Damenstifte Oberschwabens, hg. v. Schiersner, D., 2011.
Baden (Markgrafschaft, Kurfürstentum,
Großherzogtum, Land, Landesteil, Residenz). Das römische Aquae Aureliae
(220/221 Civitas Aurelia Aquensis) im Oostal wurde im 3. Jahrhundert von den
Alemannen zerstört. Erst 987 erscheint dann wieder ein B., das zum
Stammesherzogtum Schwaben gehört. Die Familie der Markgrafen von B. wird erkennbar
mit Markgraf Hermann (1040-1074), einem Sohn Herzog Bertholds I. von Zähringen
und einem Enkel Herzog Hermanns IV. von Schwaben, eines nahen Verwandten der
Salier. Seine Güter im Nordschwarzwald hat er offenbar als Erbe der Grafen von
Calw erlangt. Der Markgrafentitel leitet sich von der Mark Verona des
Herzogtums Kärnten ab, in der Hermann I. vor 1072 als Markgraf erscheint. Nach
der von Markgraf Hermann I. erheirateten Burg B. (Baden-Baden) nannte sich
erstmals 1112 unter Fortführung des Markgrafentitels Hermanns gleichnamiger
Sohn Hermann II. (†1130). Er hatte die Grafschaften im Breisgau und in der
Ortenau inne und erlangte durch Heirat Güter um Backnang (um 1100). Sein Sohn
Hermann III. war vermutlich mit einer Tochter König Konrads III. verheiratet und
erlangte 1153 das ehemalige Königsgut Besigheim. Hermann V. erbte 1219
Pforzheim und erwarb Durlach und Ettlingen sowie Pfandschaften über Lauffen,
Sinsheim und Eppingen. Mit dem Aussterben der Staufer (um 1254) rückte die
Familie im heutigen Mittelbaden in deren Stellung ein, die auf Lehnsgut des
Klosters Weißenburg im Elsass beruhte. Die Güter der 1190 von der Hauptlinie
der Markgrafen von B. (mit der Ortenau um Offenburg) abgespalteten Linie der
Markgrafen von Hachberg (Hochberg im Breisgau) und ihrer 1297 gebildeten
Nebenlinie Sausenberg kamen 1415 durch Kauf (Hachberg) bzw. 1503 durch Erbrecht
(Sausenberg) wieder an die Hauptlinie zurück, die zudem im 14. und 15.
Jahrhundert weitere Güter gewann (Sponheim, Lahr und Mahlberg [Lahr-Mahlberg]
zur Hälfte, 1387 die Grafschaft Eberstein zur Hälfte), im Raum um Stuttgart (u.
a. 1504/1595 Besigheim, Mundelsheim) aber den Grafen von Württemberg weichen
musste, so dass B. ein fast ausschließlich oberrheinisches Herrschaftsgebiet
wurde, das hinter Habsburg und Württemberg zurückstand. 1515 erhielt Bernhard
III. von B. die luxemburgischen und sponheimischen Güter (Baden-Baden), Ernst
die breisgauischen Güter (Hachberg bzw. Hochberg, Sausenberg, Rötteln,
Badenweiler, sog. Markgräflerland [Baden-Durlach]) und Philipp die restlichen
Güter. Dazu kamen 1535 aus dem Anteil Philipps Stadt und Schloss Baden, das
Gebiet südlich des Flusses Alb, die Herrschaft Beinheim und die Vogtei über Herrenalb und Frauenalb für Bernhard III.
sowie Pforzheim, Durlach, Altensteig, Liebenzell und das Gebiet nördlich der
Alb für Ernst, so dass sich (von 1515/1535 bis 1771) eine obere Markgrafschaft
Baden-Baden und eine untere Markgrafschaft Baden-Durlach (Residenz in
Pforzheim, seit 1724 in Karlsruhe) gegenüberstanden. Baden-Durlach wurde 1556
evangelisch, Baden-Baden nach 1555 (später aber rekatholisiert). Von 1594 bis
1622 besetzte Baden-Durlach Baden-Baden. Baden-Durlach trat zwecks Aufbringung
der bei der Besetzung entstandenen Kosten Besigheim, Mundelsheim, Altensteig
und Liebenzell an Württemberg ab, erwarb aber Malsch und Langensteinbach. Von
1635 bis 1648 kam Baden-Durlach vorübergehend an Baden-Baden. 1654 erließ
Baden-Durlach ein Landrecht und eine Landesordnung. 1666/1667 erwarb
Baden-Baden Teile der Grafschaft Eberstein. 1771 beerbte Baden-Durlach, das
sich zum Musterstaat des aufgeklärten Absolutismus entwickelt hatte,
Baden-Baden. Um 1785 umfasste B. - das um 1780 mit Argenschwang und einem Teil
Weilers auch Mitglied des Kantons Niederrheinstrom des Ritterkreises Rhein und
außerdem des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken war - 3500/3600
Quadratkilometer mit etwa 174000/190000 Einwohnern. 1796 verlor es seine
linksrheinischen Gebiete an Frankreich (Amt Rhodt bei Landau [Baden-Durlach],
Herrschaft Beinheim im Unterelsass, Amt Gräfenstein bei Pirmasens, Herrschaften
Hesperingen und Rodemachern in Luxemburg und Teile der Grafschaft Sponheim im
Hunsrück). Um 1800 umfasste B. ein Gebiet von 27 Quadratmeilen. Am 25. 2. 1803
wurde B. durch § 5 des Reichsdeputationshauptschlusses zum Kurfürstentum
erhoben und durch die rechtsrheinischen Teile der Pfalz (Heidelberg, Mannheim,
Ladenburg, Bretten) und die Hochstifte Konstanz, Basel (teilweise), Straßburg
(teilweise), Speyer (teilweise), die hanau-lichtenbergischen bzw.
hessen-darmstädtischen Ämter Lichtenau und Willstätt, die nassau-usingische
Herrschaft Lahr, die Reichsabteien Petershausen, Gengenbach, Odenheim und Salem
(ohne Ostrach), die Reichsstädte Offenburg, Pfullendorf, Gengenbach, Biberach
(1806 an Württemberg), Zell am Harmersbach, Überlingen, Wimpfen (später an
Hessen), das Reichstal Harmersbach und die Klöster Schwarzach, Frauenalb,
Allerheiligen, Lichtental, Ettenheimmünster, Öhningen und Reichenau sowie
kleinere Güter entschädigt, wodurch sich sein Umfang auf 7200 Quadratkilometer
mit 445000 Einwohnern vermehrte (Februar-Mai 1803 13 Organisationsedikte Johann
Niklas Friedrich Brauers). 1805 erwarb es vom Herzog von Modena/Österreich den
größten Teil des Breisgaues, die Ortenau, die Baar mit Villingen, die Stadt
Konstanz und die Kommende Mainau des Deutschen Ordens mit insgesamt 2530
Quadratkilometern und 160000 Einwohnern. Durch den Beitritt zum Rheinbund 1806
wurde es Großherzogtum und erhielt die Fürstentümer Fürstenberg, Leiningen,
Krautheim (Salm-Krautheim), die Landgrafschaft Klettgau, die Reichsgrafschaft
Bonndorf, das Johanniterpriorat Heitersheim, die südlich des Mains gelegenen
Teile der Fürstentümer Wertheim und die eingeschlossenen Güter der
Reichsritterschaft. 1806 wurden einige Gebietsänderungen mit Württemberg vereinbart.
1810 erhielt B. die seit 1805 württembergische Landgrafschaft Nellenburg und
obere Grafschaft Hohenberg gegen Randgebiete im Schwarzwald (an Württemberg)
und Amorbach (an Hessen-Darmstadt). Damit umfasste es etwa 15000
Quadratkilometer mit ungefähr 975000 Einwohnern. Zum 1. 1. 1810 übernahm B. den
Code Napoléon in der Form des Badischen Landrechts, der die Geltung des
baden-badischen Landrechts von 1588, des baden-durlachischen Landrechts von
1654, des kurpfälzischen Landrechts von 1610, der Solmser Gerichts- und
Landesordnung von 1571, des Mainzer Landrechts von 1755, zahlreicher
vorderösterreichischer Verordnungen und der Statuten Gengenbachs, Offenburgs,
Pfullendorfs, Überlingens und Zells am Harmersbach auf seinem Gebiet beendete.
1818 erhielt es eine Verfassung (konstitutionelle Monarchie). Zugleich musste
es an Bayern das Amt Steinfeld (bis 1810 Rothenfels [Rotenfels]) im Mainkreis
und Tauberkreis und Teile Leiningens abtreten, erhielt aber von Österreich das
Fürstentum von der Leyen. 1819 konnte es die Herrschaft Geroldseck
(Hohengeroldseck) erwerben. 1830 wurde der Abkömmling Leopold des Großherzogs
Karl Friedrich von B. mit Luise Geyer von Geyersberg (seit 1796 Reichsgräfin
von Hochberg) Großherzog in B., das allmählich zum liberalen „Musterländle“
wurde. 1870 trat B. in den Norddeutschen Bund bzw. das Deutsche Reich ein. Am
22. 11. 1918 dankte Großherzog Friedrich II. ab. Im März 1933 übernahmen die
Nationalsozialisten die Regierung. 1945 wurde B. in das amerikanisch besetzte
Nordbaden (wie Nordwürttemberg Teil Württemberg-Badens) mit Stuttgart als
Hauptstadt und das französisch besetzte Südbaden (B.) mit Freiburg als
Hauptstadt geteilt, 1951/1952 ging es im neuen Baden-Württemberg auf.
L.: Wolff 163; Winkelmann-Holzapfel 141; Riedenauer 128; Die Territorien des
Reichs 5, 124; Beschreibung des Oberamtes Besigheim, hg. v. kgl. stat.-top.
Bureau, 1853, Neudruck 1962; Heyck, E., Geschichte der Herzöge von Zähringen,
1891; Regesten der Markgrafen von Baden und Hachberg, bearb. v. Fester,
R./Witte, H., 1892ff.; Fester, R., Markgraf Bernhard I. und die Anfänge des
badischen Territorialstaates, 1896; Krieger, A., Topographisches Wörterbuch des
Großherzogtums Baden, 1903-1905; Curtaz, L., Die Autonomie der
standesherrlichen Familien Badens in ihrer geschichtlichen Entwicklung und nach
geltendem Recht, Diss. jur. Heidelberg 1908; Gothein, E., Die badischen
Markgrafschaften im 16. Jahrhundert, 1910; Krieger, A., Badische Geschichte,
1921; Lautenschlager, F./Schulz, W., Bibliographie der badischen Geschichte,
Bd. 1ff. 1929ff.; Gärtner, K., Heimatatlas der Südwestmark Baden, 1937; Hölzle,
E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Baden im 19. und
20. Jahrhundert, 1948; Haebler, R., Badische Geschichte. Die alemannischen und
pfälzisch-fränkischen Landschaften am Oberrhein in ihrer politischen,
wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung, 1951, Neudruck 1987; Arndt, E.,
Vom markgräflichen Patrimonialstaat zum großherzoglichen Verfassungsstaat
Baden, ZGO N.F. 62 (1953); Merkel, R., Studien zur Territorialgeschichte der
badischen Markgrafschaft in der Zeit vom Interregnum bis zum Tode Markgraf
Bernhards I. (1250-1431), Diss. phil. Freiburg 1953; Sütterlin, B., Geschichte
Badens, 1967, 2. A. 1968; Jänichen, H./Schröder, K., 150 Jahre amtliche Landesbeschreibung
in Baden-Württemberg, Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 33
(1974); Straub, A., Das badische Oberland im 18. Jahrhundert, 1977; Stiefel,
K., Baden 1648-1952, Bd. 1, 2 1978; Wunder, G., Zur Geschichte der älteren
Markgrafen von Baden, Württembergisch-Franken 1978, 13ff.; Schwarzmaier, H.,
Baden, LexMA 1 1980, 1337f.; Das Großherzogtum Baden zwischen Revolution und
Restauration 1849-1851, hg. v. Real, W., 1983; Das Land Baden-Württemberg.
Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. v. der staatlichen
Archivverwaltung Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1983; Müller, H., Das
Großherzogtum Baden und die deutsche Zolleinigung 1819-1835/36, 1984; Sauer,
P., Napoleons Adler über Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Wunder, G.,
Die ältesten Markgrafen von Baden, ZGO 135 (1987); Schwarzmaier, H., Von der
Fürsten Tailung. Die Entstehung der Unteilbarkeit fürstlicher Territorien und
die badischen Teilungen des 15. und 16. Jahrhunderts, Bll. f. dt. LG. 126
(1990), 161ff.; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, hg. v. d.
Komm. f. geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1990ff.;
Hug, W., Geschichte Badens, 1992; Schmid, K., Baden-Baden und die Anfänge der
Markgrafen von Baden, ZGO 140 (1992), 1; Eibach, J., Der Staat vor Ort, 1994;
Furtwängler, M., Die Standesherren in Baden, 1996; Repertorium der
Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3
1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 208; Schnabel, T.
Geschichte von Baden und Württemberg 1900-1952, 2001; … so geht hervor’ ein
neue Zeit, hg. v. Kohnle, A. u. a, 2003; Andermann, K., Die Markgrafen von
Baden und der Adel im südlichen Ufgau und in der nördlichen Ortenau, ZGO 151
(2003), 93; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 37, 748; Engehausen, F., Kleine Geschichte
des Großherzogtums Baden 1806-1918, 2005; Schwarzmaier, H., Baden, 2005;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 500, 2, 41; Kohnle, A., Kleine
Geschichte der Markgrafschaft Baden, 2006; Die Protokolle der Regierung von
Baden, Bd. 1 bearb. v. Hochstuhl, K., 2006; 1806 – Souveränität für Baden und
Württemberg. Beginn der Modernisierung?, hg. v. Schindling, A. u. a., 2007;
Weber-Krebs, F., Die Markgrafen von Baden im Herzogtum Luxemburg (1487-1797),
2007; Laufs, A., Das Eigentum an badischen Kulturgütern aus der Zeit der
Monarchie, 2008; Weber, R., Kleine Geschichte der Länder Baden und Württemberg
1918-1945, 2008; Regierunsakten dies Kurfürstentums und Großherzogtums Baden
1803-1815, bearb. v. Schimke, M., 2012.
Bamberg (Hochstift, Residenz). Das schon in der
Hallstattzeit und wieder seit dem 8. Jahrhundert besiedelte B., in dem 741/742
eine Missionskirche gegründet wurde, wird seit Beginn des 10. Jahrhunderts als
Castrum Bavenberg, Babenberg - auf dem Domberg - benannt (902 castrum
Babenberh). Es war in karolingischer Zeit und nach dem Untergang der nach ihm
benannten, im Volkfeld begüterten Babenberger 906 Königsgut, kam von Kaiser
Otto II. 973 an Herzog Heinrich den Zänker von Bayern, von dessen Sohn Heinrich
II. und seiner Gemahlin Kunigunde, die es als Morgengabe erhalten hatte, 1007
an die in B. seit 1002 errichtete Kirche, die 1007 zur Bischofskirche der
Slawenmission erhoben wurde. Das neue, bald dem Papst unmittelbar unterstellte
Bistum wurde kaiserliches Stift und erhielt vor allem Würzburger und
Eichstätter Gebiete (Fürth, Hersbruck, Erlangen, Vilseck, Forchheim [1062],
Höchstadt [1157], Reichenhall). Die Zahl der Pfarreien vermehrte sich von etwa
30 bei der Gründung im Laufe des Mittelalters auf mehr als 200, doch blieb das
Bistum, eingeengt von Würzburg (Banz, Ebrach), Eichstätt (Nürnberg) und
Regensburg (Egerland), insgesamt klein. Die Grundlage des Hochstifts bildeten
reiche Gaben König Heinrichs II. im Volkfeldgau und Radenzgau (u. a. Theres aus
dem 906 von den älteren Babenbergern an das Reich gelangten Gut), in Bayern und
(vor allem zur Sicherung von Alpenübergängen in) Kärnten, sowie auch der
Steiermark, Oberösterreich und Tirol (Villach mit Tarvis und Pontafel,
Wolfsberg und Bleiberg, Sankt Veit an der Glan, Rottenmann, Gleink, Kirchdorf,
Schlierbach, Spital am Pyhrn, Windischgarsten, Attersee, Frankenburg, Kammer,
Kogl, Sankt Georgen im Attergau, Friedburg, Mattighofen, Weilbach, Ebbs,
Kitzbühel, Gais, Neuhaus, Sankt Georgen in Taufers sowie Wiesing,
Antiesenhofen, Aschach, Wiesenberg, Erding, Wien - unter - St. Veit, Hainburg,
Attegau – Hausruck, Geboldskirchen, Allhaming, Haag, Sankt Georg am Ybbsfeld,
Sankt Martin im Lungau, Kuenburg, Wasserleonburg, Villach – Kanaltal,
Feldkirchen, Lavanttal, Griffen, Mahrenberg., die danach noch abgerundet werden
konnten) und später auch im Westen des Reiches. Trotz etwa der Verluste von Gütern
im Nordgau (Hersbruck, Velden, Auerbach) gelang es den Bischöfen, begünstigt
durch das Aussterben der Grafen von Schweinfurt, der Grafen von Abenberg, der
die Vogtei innehabenden Grafen von Andechs (1248
Lichtenfels) und der Herren von Schlüsselberg bis zum Ende des 14. Jahrhunderts
durch Erbschaft und Kauf ihre weltliche Herrschaft auf etwa die Hälfte des
Bistums auszudehnen, wobei sie sich auch auf mehrere Grafschaften und seit 1248
auf das kaiserliche Landgericht B. stützen konnten. 1435 setzten sich die
Bischöfe im Kampf um die Stadt B. gegen die Bürger durch. 1507 entstand die
Bamberger Halsgerichtsordnung, die zum Vorbild für die Constitutio Criminalis
Carolina von 1532 wurde. In der Reformation verlor das Bistum zwei Drittel
aller Pfarreien, wurde aber teilweise rekatholisiert. 1631 wurde es durch
Gustav Adolf von Schweden erobert und dem Herzogtum Franken zugeteilt, 1648
aber wiederhergestellt. 1647 erhielt es eine Hochschule, die 1735/1772
Volluniversität wurde (bis 1803). 1759 kamen die Kärntner Güter durch Kauf an
Österreich. Am 9. 11. 1769 erlässt der Bischof ein Landrecht (nur Teil 1 Civil-
oder sogenannte bürgerliche Sachen betreffend). Um 1800 war B. Mitglied der
Kantone Gebirg, Steigerwald und Baunach des Ritterkreises Franken. 1803 fiel das
Fürstbistum mit etwa 65 Quadratmeilen bzw. 3580 Quadratkilometern Fläche,
220000 Einwohnern und 1,5 Millionen Gulden Einkünften an Bayern. 1817 wurde
eine neue Kirchenprovinz B. mit den Bistümern Würzburg, Eichstätt und Speyer
als Suffraganen geschaffen.
L.: Wolff 97; Zeumer 552 II a 6; Riedenauer 128; Die Territorien des Reichs 4,
146; Zöpfl, H., Das alte Bamberger Recht, 1839; Looshorn, J., Die Geschichte
des Bistums Bamberg Bd. 1ff. 1886ff., Neudruck 1967; Knochenhauer, T./Chroust,
A., Chroniken der Stadt Bamberg, 1907ff.; Wretschko, A. v., Skizzen zur
bambergischen Zentralverwaltung in Kärnten, FS Zeumer 1909; Guttenberg, E.,
Frhr. v., Die Territorienbildung am Obermain, 1927, Neudruck 1966; Guttenberg,
E. Frhr. v., Die Regesten der Bischöfe von Bamberg, 1932ff.; Hofmann, M., Die
Außenbehörden des Hochstifts Bamberg und der Markgrafschaft Bayreuth, Jb. für
fränk. Landesforschung 3, 4 (1937, 1938); Neukamm, W., Territorium und Staat
der Bischöfe von Bamberg, 84. Bericht d. Hist. Ver. Bamberg (1949); Heinhold-Fichtner,
K., Die Bamberger Oberämter Kronach und Teuschnitz, 1951, Schr. des Inst. für
fränk. Landesforschung, Hist. Reihe Bd. 3; Mayer, T., Die Anfänge des Bistums
Bamberg, FS Stengel, E., 1952; Kist, J., Fürst- und Erzbistum Bamberg, 3. A.
1962; Henberg, E. Frhr. v./Wendehorst, A., Das Bistum Bamberg, Bd. 1ff.
Germania Sacra II, 1, 1, Neudruck 1963; Schimmelpfennig, B., Bamberg im
Mittelalter, 1964; Guttenberg, E. Frhr. v./Wendehorst, A., Das Bistum Bamberg
2, Germania Sacra II, 1, 2, 1966; Ragger, M., Die Organisation der
bambergischen Verwaltung in Kärnten, Diss. phil. Wien 1969 (masch.schr.);
Weiss, H., Bamberg, 1974, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken
Reihe I, 21; Berbig, H., Das kaiserliche Hochstift Bamberg und das Heilige Römische
Reich vom westfälischen Frieden bis zur Säkularisation, Bd 1f. 1976; Caspary,
H., Staat, Finanzen, Wirtschaft und Heerwesen im Hochstift Bamberg (1672-1693),
1976; Schwarz, K./Geldner, F., Bamberg, LexMA 1 1980, 1394ff.; Bibliographie
zur Geschichte von Stadt und Hochstift Bamberg 1945-1975, hg. v. Grimm, C., Bd.
1ff. 1985; Nöth, S., Urbare und Wirtschaftsordnungen des Domstifts Bamberg, T.
2 Die Grundherrschaft des Domstifts Bamberg im späteren Mittelalter, 1986;
Rössler, W., Landkreis Bamberg, 1988; Zimmermann, G., Das Hochstift Bamberg und
seine Anrainer. Grundzüge der Territorialstruktur im westlichen Oberfranken,
(in) Weltbild und Kartographie im Hochstift Bamberg, 1988; Das Bistum Bamberg
in Geschichte und Gegenwart, 1992; Urban, J., Pfarreien, Klöster und Stifte,
1994; Register zu Johann Looshorns Geschichte des Bistums Bamberg, 1998; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1,
498, 1, 2, 31; Kropf, E., Spurensuche. Bamberger Rechte und Einflüsse in
Österreich, Italien, Slowenien und der Schweiz, 2004; Pflefka, S., Das Bistum
Bamberg, Franken und das Reich in der Stauferzeit, 2005; Das Bistum Bamberg um
1007, hg. v. Urban, J., 2006; Missionierung und Christianisierung im Regnitz-
und Obermaingebiet, hg. v. Bergmann, R. u. a., 2007; Bradford Smith, W.,
Reformation and the German Territorial State Upper Franconia 1300-1630, 2008.
Bar (Grafen, Herzöge, Residenz). Das Gebiet
an der oberen Maas stand seit etwa 959 unter der Herrschaft der Herzöge von
Lothringen (Oberlothringen). Um 960 errichtete Herzog Friedrich I. an der
Grenze Lothringens zur Champagne die Burg Barrum Ducis (Bar-le-Duc). Die
umliegenden Güter fielen beim Tod Herzog Friedrichs II. 1033 über eine Tochter
an die späteren Grafen von B. Zu ihren Gütern gehörten Bar-le-Duc, Gondrecourt,
die Vogtei über Saint-Mihiel (Saint Mihiel),
Amance, Mousson an der Mosel sowie Briey mit Diedenhofen (Thionville), das
später an Luxemburg kam. Nachdem 1284 Frankreich die Champagne erlangt hatte,
musste Graf Heinrich III. 1301 die Güter links der Maas mit B. dem König von
Frankreich zu Lehen auftragen. Am 13. 3. 1354, an dem Luxemburg Herzogtum
wurde, fasste Karl IV. die beim Reich verbliebenen Gebiete der Grafschaft zur
Markgrafschaft Pont-à-Mousson zusammen, womit die Grafen von B. als Herren der
Stadt Pont-à-Mousson Reichsfürsten wurden. Noch im gleichen Jahr nahmen sie den
Herzogstitel an. 1415 fiel das Herzogtum an Ludwig, Bischof von Verdun, der
seinen Großneffen René d'Anjou adoptierte, so dass B. 1420 mit Lothringen
vereinigt wurde. Mit dem Reich war das Herzogtum B. nur nominell verbunden. In
Verfassung und Sprache neigte es Frankreich zu, von dem es 1634 besetzt wurde.
1659 wurde es Lehen Frankreichs. Am 5. 10. 1735 kam es (für den Verzicht auf
Polen) an Stanislaus Leszczynski, 1738 tatsächlich und 1766 auch formell an
Frankreich.
L.: Wolff 303; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4, II 78 (1450) F4,
III 22 (1648) B4; Servais, V., Annales historiques du Barrois de 1352 à 1411,
Bd. 1, 2 1865ff.; Grosdidier de Matons, M., Le Comté de Bar, 1921; Grosdidier
de Matons, M., Catalogue des actes de Bar de 1022 à 1239, 1922; Bichelonne, F.,
Le comté de Bar après le traité de Bruges, Diss. masch.schr. 1962 (Ec. de
Chartes); Actes des comtes de Bar, I, 1033-1190, hg. v. Parisse, M., 1972
(masch.); Thomas, H., Zwischen Regnum und Imperium. Die Fürstentümer Bar und
Lothringen zur Zeit Kaiser Karls IV., 1973; Poull, G., La maison de Bar, Bd. 1
(bis 1239), 1977; Thomas, H./Parisse, M., Bar, LexMA 1 1980, 1427f. ;
Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 156 (Pont-à-Mousson und Bar);
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 43; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 458, 2, 43.
Basel (Fürstbistum, Hochstift, Residenz). B.
wird erstmals durch Ammianus Marcellinus zum Jahre 374 bezeugt, ist aber sowohl
urnenfelderzeitlich wie auch keltisch und römisch (ca. 15 v. Chr.) besiedelt.
Im 5. Jahrhundert erscheinen die ersten alemannischen, im 6. Jahrhundert die
ersten fränkischen Gräber. Um die Mitte des 8. Jahrhunderts setzt mit Bischof
Wala eine einigermaßen durchgehende Liste von in B. residierenden Bischöfen
ein, deren Bistum dem Erzbistum Besançon untersteht und vielleicht am Anfang
des 7. Jahrhunderts von (Basel-)Augst (Augusta Rauracorum) nach B. übertragen
wurde. 1033 wurde B. durch Eingliederung des Königreichs Hochburgund, dem es seit
912 angehörte, in das Reich reichsunmittelbar. Die weltliche Herrschaft der
Bischöfe wurde vor allem durch die Schenkung Moutier-Grandvals
(Münster-Granfelden) seitens Rudolfs III. von Burgund (999/1000) begründet.
Dazu kamen verschiedenartige Rechte und Güter (Grafschaft Härkingen bzw.
Herkingen 1080, Herrschaft Rappoltstein im Elsass 1163), die aber teilweise
rasch wieder vorloren gingen (z. B. Vogtei über
die Stadt). Im 13. Jahrhundert wurden die Herrschaften und Vogteien Birseck (Reichslehen), Asuel, Ajoi (=
Elsgau), Sornegau, Saint-Ursanne (Saint Ursanne), Moutier-Grandval, Biel, La
Neuveville, Montagne de Diesse (Montagne de Disse, Tessenberg), Erguel und die
Grafschaften Homberg und Pfirt (bis 1324) erworben bzw. gesichert, im 14./15.
Jahrhundert die Herrschaften Chauvilier (Chauvelin), Hartmannsweiler, Buchegg
und Franquemont. Seit dem 13. Jahrhundert begann sich allerdings gleichzeitig
die Stadt aus der Herrschaft der bischöflichen Stadtherren, die seit 1395 meist
in Pruntrut oder Delsberg residierten, in B. selbst aber noch 1460 eine neue
Universität gründeten, zu lösen und eine eigene Herrschaft aufzubauen
(endgültige Ablösung der Ansprüche 1585). Der südliche Jura geriet seit der
Mitte des 14. Jahrhunderts allmählich unter den Einfluss der Eidgenossenschaft.
1528 verbot die Reichsstadt B. den Katholizismus und zog die hochstiftischen
Güter im Sornegau, Buchsgau, Sisgau und Frickgau an sich. Der Bischof verlegte
seinen Sitz bleibend nach Pruntrut (Porrentruy) und verband sich 1577 mit den
katholischen Kantonen der Eidgenossenschaft. Zum Hochstift gehörten schließlich
Biel, Neuenstadt und die Herrschaften Erguel, Ilfingen (Illfingen), Tessenberg,
Delsberg (Reichslehen), Pruntrut, Zwingen, Birseck (Reichslehen), Pfeffingen
(Reichslehen), Schliengen (Reichslehen) und Freibergen (Freienberge)
(Reichslehen) mit 20 Quadratmeilen und 60000 Einwohnern. 1792 besetzen
Revolutionstruppen Frankreichs die zum Reich gehörigen Teile Basels,
verwandelten sie in eine Raurakische Republik und gliederten sie am 23. 3. 1793
Frankreich ein (Departement du Mont Terrible). 1793 wurden die eidgenössischen
Teile Basels annektiert. Der kleine rechtsrheinische Teil des Hochstifts kam
1803 an Baden. Der Wiener Kongress (1815) bestätigte im Übrigen die
Zugehörigkeit zur Schweiz (Kantone Bern [als Ausgleich für die
Verselbständigung des Aargaus und der Waadt], Basel [Birseck] und Neuenburg)
und zu Frankreich.
L.: Wolff 237, 539; Zeumer 552 II a 21; Wallner 695 OberrheinRK 8; Zeumer
552ff. II a 21; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, II 72 (bis 1797)
C1, III 38 (1789) C5; Trouillat, J., Monuments de l'ancien évêché de Bâle, Bd.
1ff. 1825ff.; Vautrey, L., Histoire des évêques de Bâle, Bd. 1f. 1884ff.; Rohr,
H., Die Entstehung der weltlichen Gewalt der Bischöfe von Basel, 1915; Gaus,
K., Geschichte der Landschaft Basel und des Kantons Basel, 1932; Hieronymus,
K., Das Hochstift Basel im ausgehenden Mittelalter, 1938; Mayer-Edenhauser, T.,
Zur Territorialbildung der Bischöfe von Basel, ZGO N.F. 52 (1939); Seith, G.,
Die rechtsrheinischen Gebiete des Bistums Basel und ihr Übergang an Baden,
Diss. jur. Freiburg 1950; Fellmann, R., Basel in römischer Zeit, 1955; Bühler,
M., Gewohnheitsrecht und Landesherrschaft im ehemaligen Fürstbistum Basel,
1972; Marchal, G. u. a., Basel, LexMA 1 1980, 1505ff.; Kümmell, J., Bäuerliche
Gesellschaft und städtische Herrschaft im Spätmittelalter. Zum Verhältnis von
Stadt und Land im Fall Basel/Waldenburg 1300-1535, 1983; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 503, 1, 2, 39;
Gröbli, F., Bibliographie von Basel, 2005; Meyer, W., Da verfiele Basel
überall, 2006.
Bauerbach (Reichsdorf). B. bei Bretten ist 778/779
erstmals als Gut Lorschs genannt (Burbach). Von Lorsch ging es an das Kloster
Hirsau über. Vermutlich über die Staufer kam die Vogtei
über den Ort an das Reich. 1305 gab König Albrecht I. B. an Zeisolf von
Magenheim. Am 18. 7. 1330 verpfändete Kaiser Ludwig der Bayer dem Albrecht
Hofwart von Kirchheim die Vogtei. Die Magenheim
traten ihre Rechte an die Hofwarte ab, die B. zeitweise weiterverpfändeten.
Seit 1463 übernahm die Pfalz die Schirmhoheit und ließ sich darin auch durch
den Verkauf des Ortes samt Vogtei durch Hirsau
an das Domkapitel in Speyer (1511) nicht beeinträchtigen. 1803 kam B. an Baden
und damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hugo 452, 460; Bickel, O./Bickel, B., Bauerbach. Vom Reichsdorf zum
Brettener Stadtteil, 1978.
Bayern (Herzogtum, Kurfürstentum, Königreich,
Freistaat). Die B. (Baiern) werden erstmals um die Mitte des 6. Jahrhunderts
bei Jordanes (Getica c. 55 Baibari) erwähnt. Sie setzen sich vor allem aus
Germanen böhmischer, westlicher und östlicher Herkunft sowie Romanen zusammen,
wobei - vielleicht den Alemannen besonderes Gewicht zukommt, aber - die aus
Böhmen stammenden Einwanderer namengebend wurden (Boio-varii, Baju-warii) und
der neue Stamm im Gebiet der römischen Provinz Noricum ripense und im Flachland
der Raetia secunda im Wesentlichen zu Beginn des 6. Jahrhunderts entstand. An
seiner Spitze stehen die seit dem Tode Theoderichs des Großen (526) von dem
Merowingerkönig Theudebald eingesetzten und von den Franken abhängigen
(fränkischen?, burgundischen?) Agilolfinger (Garibald I. 550-590, Sitz in
Regensburg), von denen nach dem Aufbau eines Königreichs (regnum) Tassilo III.
788 von Karl dem Großen abgesetzt wurde. Der Siedlungsraum reichte vom Lech bis
zur Enns und von Premberg(/Burglengenfeld)/Nabburg bis zu den Alpen (Bozen).
Das Recht des zu Beginn des 8. Jahrhunderts christianisierten Stammes wurde in
der Lex Baiwariorum aufgezeichnet (vor 743). Am Ende der Karolingerzeit
erscheint erneut ein Herzog der bis zur Raab und bis Friaul, Istrien und
Dalmatien ausgreifenden B. (rex in regno Teutonicorum Arnulf 907-937, Sohn des
Markgrafen Liutpold, Luitpold). Kaiser Otto I. entsetzte 947 die Familie der
Liutpoldinger (Luitpoldinger) des Herzogtums und übertrug es mit Friaul seinem
mit der Liutpoldingerin (Luitpoldingerin) Judith verheirateten Bruder Heinrich.
Unter dessen Sohn Heinrich (II.) dem Zänker erhielt B. seine größte Ausdehnung
(952 Markgrafschaft Verona, Marken Krain und Istrien bis 976). Kaiser Otto II.
setzte aber Heinrich den Zänker 976 ab und trennte die bayerische Ostmark, den
Nordgau und Kärnten mit den italienischen Marken von B., das Heinrich 985
wieder erhielt, ab. Unter den Saliern wurde B. meist an Familienmitglieder
gegeben, von 1070 bis 1139 an die Welfen (1070 Welf I., 1101 Welf II., 1120
Heinrich der Schwarze, 1126 Heinrich der Stolze, der zugleich Sachsen erbte),
1139 an die Babenberger und von 1156 bis 1180 unter Abtrennung der den
Babenbergern verbleibenden Mark an der Donau (Ostmark, Herzogtum Österreich)
erneut an die Welfen (Heinrich den Löwen). 1180 gelangte mit der Absetzung
Heinrichs des Löwen das noch um Oberösterreich, Traungau und Steiermark
verkleinerte bayerische Herzogtum an Otto von Wittelsbach, einen Nachkommen der
seit der Mitte des 11. Jahrhunderts urkundlich nachweisbaren Grafen von
Scheyern(-Wittelsbach), die seit etwa 1120 das bayerische Pfalzgrafenamt
innehatten. Die mit der Belehnung durch das Herzogtum B. neu begründete
Dynastie der Wittelsbacher, die eine straffe Verwaltung in B. ausbildete (34
Landgerichte bzw. Pflegämter), wurde rasch in Auseinandersetzungen mit den
bayerischen Großen verstrickt. Stadt und Hochstift Regensburg lösten sich
ebenso wie das Erzstift Salzburg vom Herzogtum. Landesfürsten wurden auch die
Bischöfe von Bamberg, Brixen, Freising und Passau sowie die Grafen von Tirol,
das die Herzoginwitwe Margarethe 1363 an Herzog Rudolf IV. von Österreich
übergeben hatte, und die Landgrafen von Leuchtenberg. Umgekehrt erhielt der
Herzog 1208 die Bestätigung der Erblichkeit des Herzogtums und die Reichslehen
des Pfalzgrafen Otto VIII. und des Andechser Grafen Heinrich von Istrien, 1214
die Belehnung mit der Pfalzgrafschaft bei Rhein und etwa gleichzeitig weitere
Güter (u. a. Aibling). 1240 erlangte er die vordem freisingische Stadt München.
1242 beerbte er die Grafen von Bogen, 1248 die Grafen von Andechs und die
älteren Grafen von Ortenburg und vertrieb den letzten Grafen von Wasserburg.
1254/1255 wurde B. dann in einen kleineren westlichen Teil („Oberbayern“, zu
dem der Nordgau und die Pfalzgrafschaft bei Rhein sowie die Kurwürde kamen,)
und einen größeren östlichen Teil („Niederbayern“ zwischen Reichenhall, Cham,
Freising und Landshut) geteilt. 1268 erhielt es das konradinische Erbe in der
Oberpfalz und am Lech (Landsberg), was besonders Oberbayern (Amberg,
Hohenstein, Vilseck [Vogtei], Auerbach, Plech,
Hersbruck, Neuhaus, Neumarkt in der Oberpfalz, Berngau, Donauwörth, Mering,
Schwabegg, Schongau) und nur in geringem Ausmaß auch Niederbayern (Floß,
Parkstein, Weiden, Adelburg [Adelnburg]) zugute kam. 1289 verlor B. die
Kurwürde an Böhmen. 1294 wurde die Pfalz von Oberbayern gelöst. 1314 wurde
Ludwig IV. (von Oberbayern) zum deutschen König gewählt (1328 Kaiser). Er
verlieh 1323 seinem Sohn Ludwig V. die durch das Aussterben der Askanier
erledigte Mark Brandenburg. 1340 erlosch die 1331 dreigeteilte niederbayerische
Linie. Ihre Güter fielen an Oberbayern, für das Kaiser Ludwig 1335/1346 ein
Landrecht erließ, zurück. Schon 1329 hatte Ludwig selbst im Hausvertrag von
Pavia den Söhnen seines Bruders die Pfalz (Rheinpfalz) und einen Teil des
Nordgaus, die Oberpfalz, abgetreten (einschließlich der Kurwürde). Gegen
Ludwigs des B. Pläne teilten dann seine sechs Söhne 1349/1351/1353 B. und
weitere hinzuerworbene Güter (1346-1433 Grafschaften Holland, Seeland, Friesland,
Hennegau, außerdem Tirol [1342-1363]) auf. Ludwig V. (Bayern-München) erhielt
Oberbayern mit Tirol, Ludwig VI. und Otto V. gemeinsam die Mark Brandenburg,
Stephan II. fast ganz Niederbayern, Wilhelm I. und Albrecht I. das Gebiet um
Straubing (Bayern-Straubing) sowie die Niederlande. Hiervon fiel 1363
Oberbayern an Stephan II. von Niederbayern, der aber 1369 Tirol, das die
Herzoginwitwe Margarethe (1363) an Herzog Rudolf IV. von Österreich übergeben
hatte, an Habsburg abtreten musste. Brandenburg musste 1373 an Karl IV.
abgegeben werden. 1392 wurde B. zum drittenmal geteilt (Teilherzogtümer
Bayern-München, Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt). Herzog Johann II.
erhielt den südwestlichen Teil Oberbayerns und den südlichen Nordgau
(Bayern-München), Herzog Friedrich Niederbayern (Bayern-Landshut), Herzog
Stephan III. Streubesitz an der oberen Donau und im Alpenvorland
(Bayern-Ingolstadt). 1425 erlosch die in der zweiten Teilung 1349ff.
entstandene Straubinger Linie im Mannesstamm. Nach dem Pressburger Schied von
1429 fiel das 1425 rasch vom Kaiser an Habsburg verliehene Straubinger Land zur
Hälfte an die beiden Münchener Herzöge (Bayern-München) und zu je einem Viertel
an Bayern-Landshut und Bayern-Ingolstadt. 1433 musste die Herrschaft über die
Niederlande an den Herzog von Burgund abgetreten werden. 1445/1447 starb mit
Ludwig dem Buckligen die Linie Bayern-Ingolstadt aus. Ihre Güter fielen an
Heinrich XVI. von Bayern-Landshut, der nunmehr zwei Drittel Bayerns beherrschte
und dessen Nachfolger Ludwig der Reiche 1472 die Universität Ingolstadt
gründete. 1450 trat Herzog Ludwig IX. von Bayern-Landshut im Erdinger Vertrag
seinem Münchener Vetter einen kleinen Teil des Erbes ab. Gleichzeitig gewann
Bayern-Landshut die Herrschaften Heidenheim, Heideck, Wemding und Weißenhorn.
1485 zog Albrecht IV. von Bayern-München die Grafschaft Abensberg ein. Von 1487
bis 1492 unterstellte sich die verschuldete Reichsstadt Regensburg seiner
Landeshoheit. Am 1. 12. 1503 starb die Linie Bayern-Landshut mit Georg dem
Reichen in männlicher Linie aus. Zwischen dem mit der Georgstochter Elisabeth
verheirateten Ruprecht von der Pfalz und Albrecht IV. von Bayern-München kam es
zum Erbfolgekrieg, da Georg Elisabeth zur Erbin eingesetzt hatte, obwohl nach
dem Teilungsvertrag von 1392 und dem Erdinger Vertrag von 1450 beim Aussterben
der Linie Bayern-Landshut Bayern-München das Erbe erhalten sollte. Gegen das
Versprechen von Gebietsabtretungen erhielt Albrecht IV. die Unterstützung König
Maximilians. Im Kölner Schied König Maximilians vom 30. 6. 1505 wurde das
Landshuter Erbe dann dem Münchener Gebiet zugefügt und damit die Einheit
Bayerns wiederhergestellt. Albrecht IV. musste aber 1505 verstreute Gebiete
zwischen Fichtelgebirge und oberer Donau (Neuburg, Hilpoltstein, Heideck, Burglengenfeld,
Sulzbach) zur Bildung des für die Kinder Ruprechts geschaffenen Fürstentums der
„Jungen Pfalz“ (Pfalz-Neuburg) sowie andere Güter an den Kaiser (Gerichte
Kufstein, Rattenberg, Kitzbühel, das Zillertal sowie Kirchberg und
Weißenhorn,), an die Reichsstadt Nürnberg (Altdorf, Hersbruck) und an
Württemberg (Heidenheim) abtreten. 1506 wurde ein Primogeniturgesetz in Kraft
gesetzt, das die Einheit des Landes sichern sollte. Dieses so gefestigte Land
erhielt 1516 eine Landesordnung, 1518 ein reformiertes Landrecht, 1520 eine
Gerichtsordnung und 1616 durch Herzog Maximilian (1597-1651) erneut ein
Landrecht. 1623 gewann der Herzog den Kurfürstenstand, 1607 Donauwörth, 1616
Mindelheim und 1628 die Oberpfalz. Maximilian II. Emanuel wurde 1691
Statthalter der spanischen Niederlande, verlor aber von 1704 bis 1714 B. an
Österreich. Karl VII. Albrecht erwarb 1734 und 1740 die Herrschaften
Hohenwaldeck, Wartenberg, Sulzbürg und Pyrbaum und erhielt 1742 die
Kaiserkrone. Unter Maximilian III. Joseph öffnete sich B. der Aufklärung. 1758
stiftete er auf Betreiben Ickstatts und Loris die Akademie der Wissenschaften
in München. Zugleich wurde durch Ickstatt die völlig zersplitterte
Staatsverwaltung neu organisiert und durch Kreittmayr das bayerische Recht
kompiliert bzw. kodifiziert (Codex Juris Bavarici Criminalis 7. 10. 1751, Codex
Juris Bavarici Judiciarii (1753), Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis 2. 1.
1756). 1777 starben die bayerischen Wittelsbacher aus und wurden durch die
wittelsbach-pfälzischen Kurfürsten (Karl Theodor) beerbt, so dass - abgesehen
von Pfalz-Zweibrücken(-Birkenfeld) - erstmals seit 1329 die getrennten
wittelsbachischen Lande (einschließlich Pfalz, Jülich, Berg, Pfalz-Neuburg,
Pfalz-Sulzbach) wieder vereinigt wurden. 1779 ging das bayerische Innviertel an
Österreich verloren, 1797/1801 das linksrheinische Gebiet an Frankreich. Beim
Tod des kinderlosen Karl Theodor gelangte Maximilian IV. Josef von der Linie
Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld an die Herrschaft und vereinigte so die gesamten
wittelsbachischen Lande. Maximilian IV. Joseph (1799-1825), seit 1806 König
Maximilian I., und sein Minister Freiherr Maximilian Joseph von Montgelas
(1799-1817) schufen dann den modernen Staat B. 1801 umfasste das Herzogtum B.
mit den Reichsgrafschaften Valley, Hals bei Passau, Cham und Hohenschwangau
sowie der Reichspflege Donauwörth (Wörth) 590 Quadratmeilen mit 880000
Einwohnern. 1803 gewann B. durch § 2 des Reichsdeputationshauptschlusses als
Entschädigung für die linksrheinischen Güter (Pfalz [Rheinpfalz], Pfalz-Zweibrücken,
Pfalz-Simmern, Jülich, Pfalz-Lautern, Pfalz-Veldenz, Bergen-op-Zoom [Bergen op
Zoom], Ravenstein) in Franken die Hochstifte Würzburg und Bamberg sowie die
Reichsstädte Rothenburg, Weißenburg, Windsheim und Schweinfurt, die Abteien
Waldsassen und Ebrach, die Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld sowie aus dem
Hochstift Eichstätt die Ämter Sandsee, Wernfels-Spalt, Abenberg, Arberg-Ornbau
und Wahrberg (/Vahrnberg)-Herrieden, in Schwaben das Hochstift Augsburg, eine
Reihe von Klöstern (Kempten, Irsee, Wengen, Söflingen, Elchingen, Ursberg,
Roggenburg, Wettenhausen, Ottobeuren, Kaisheim, Sankt Ulrich und Afra in
Augsburg) und die Reichsstädte Dinkelsbühl, Kaufbeuren, Kempten, Memmingen,
Nördlingen, Ulm, Bopfingen, Buchhorn, Wangen, Leutkirch sowie vor allem in
Altbayern selbst die Hochstifte Freising und Passau diesseits von Inn und Ilz.
Die rechtsrheinische Pfalz kam aber an Baden. 1805 erlangte B. in den Verträgen
von Brünn und Pressburg die Reichsstadt Augsburg, die Markgrafschaft Burgau,
habsburgische Güter in Oberschwaben, Vorarlberg, Passau, Eichstätt und Tirol
mit Brixen und Trient (im Austausch gegen Würzburg). Am 1. 1. 1806 stieg es zum
Königreich auf. Nach dem Beitritt zum Rheinbund am 12. 7. 1806 gewann es
Ansbach (im Austausch gegen Berg) und zahlreiche kleine Herrschaften, die
Reichsstadt Nürnberg sowie Gebiete des Deutschen Ordens. 1809/1810 erlangte es
auf Kosten Österreichs das Innviertel und das Hausruckviertel, Salzburg und
Berchtesgaden, außerdem Bayreuth und Regensburg, musste aber Südtirol an
Italien und einen Teil Mainfrankens an das Großherzogtum Würzburg abgeben. Ein
Vertrag mit Württemberg ließ im Westen die Iller zur Grenze werden und Ulm an
Württemberg übergehen. 1808 wurde eine Konstitution erlassen. 1815/1816 (14. 4.
1816) musste B. Tirol, Vorarlberg, Salzburg, das Innviertel und das
Hausruckviertel an Österreich zurückgeben, erhielt aber seinerseits das
Maingebiet von Würzburg bis Aschaffenburg und dazu die linksrheinische Pfalz
zurück. Das 1805/1806 erlangte Vils im Außerfern wurde 1816 gegen Marktredwitz
an Österreich gegeben. Die verschiedenen verbliebenen, zwischen 1803 und 1816
die Länder von etwa 230 ehemaligen Reichsständen aufnehmenden Gebiete wurden
unter dem leitenden Minister Montgelas zu einer straff verwalteten Einheit
vereinigt, die am 10. 6. 1815 als drittgrößter Staat widerstrebend dem
Deutschen Bund beitrat, 1808 eine Konstitution bzw. am 26. 5. 1818 eine
Verfassung und 1813 ein einheitliches modernes Strafrecht (Kriminalgesetzbuch)
erhielt und die Universitäten Bamberg, Altdorf, Dillingen, Innsbruck und
Salzburg aufhob. Alleiniger Mittelpunkt wurde München, das 1826 auch die 1800
schon von Ingolstadt nach Landshut verlegte Universität gewann. 1837 wurde das
Land neu in sieben Regierungsbezirke (Schwaben, Oberbayern, Niederbayern,
Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken Unterfranken) gegliedert, zu denen noch
die Pfalz als achter Regierungsbezirk trat. Durch preußisches Gesetz vom 24.
12. 1866 wurde das bisherige bayerische Bezirksamt Gersfeld, das aus Orten der
früheren Herrschaft Gersfeld und der ehemals fuldischen Ämter Weyhers,
Bieberstein und Oberamt Fulda bestand, und der bisher bayerische
Landgerichtsbezirk Orb mit Orten, die 1815 aus dem Großherzogtum Frankfurt an
B. gelangt waren, mit Preußen vereinigt. Am 20./23. 11. 1870 schloss B. als
letzter süddeutscher Staat in Versailles den Vertrag über den Eintritt in das
Deutsche Reich ab, bei dem es nach der Verfassung von 1871 als Reservatrechte
eigene Diplomatie, Post, Eisenbahn, Bier- und Branntweinsteuer sowie beschränkte
Wehrhoheit behielt. Im November 1918 rief der Führer der Unabhängigen
Sozialdemokratie Eisner in B. die Republik aus. König Ludwig III. ging außer
Landes, verweigerte aber jede Abdankung. Gleichwohl wandelte sich das
Königreich zum Freistaat (Verfassung vom 12./19. 8. 1919). Auf Grund der neuen
Verfassung verlor B. im Deutschen Reich fast alle Sonderrechte. Ein Teil der
Pfalz Bayerns kam zum Saargebiet. Am 1. 7. 1920 wurde Sachsen-Coburg mit B.
vereinigt. Am 9. 3. 1933 wurde die Regierung des Ministerpräsidenten Held
(Bayerische Volkspartei) durch die Nationalsozialisten verdrängt. 1934 verlor
B. seine Eigenstaatlichkeit und wurde bis 1945 Gebietskörperschaft des Reiches.
1945 kam es zur amerikanischen Besatzungszone, doch wurden Lindau und die Pfalz
der französischen Besatzungszone zugeteilt. Umgekehrt kam das zuvor
thüringische Ostheim zu B. Die Pfalz wurde von (dem wiederbegründeten) B.
getrennt und 1946 dem Land Rheinland-Pfalz eingegliedert. Lindau kam 1956 zu B.
zurück. Am 1. 12. 1946 erhielt B. eine neue Verfassung. 1949 lehnte der Landtag
Bayerns das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wegen unzureichender
Berücksichtigung bayerischer Sonderrechte ab, doch wurde B. Land der
Bundesrepublik Deutschland. S. Pfalz, Wittelsbach.
L.: Wolff 134; Zeumer 553 II b1, II b 61, 6; Wallner 711 BayRK 1; Großer
Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) G4, II 78 (bis 1450) G4, II 22 (1648)
F4, III 38 (1789) D3; Die Territorien des Reichs 1, 56; Monumenta Boica, ed.
Academia Scientiarum Boica, Bd. 1ff. 1763ff.; Buchner, A., Geschichte von
Bayern, 1820-1855; Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen
Geschichte, hg. v. d. hist. Komm. bei der bay. Akad. d. Wiss. Bd. 1ff. 1856ff.;
Riezler, S. v., Geschichte Bayerns, 1878ff., z. T. 2. A. 1927ff., Neudruck
1964; Rosenthal, E., Geschichte des Gerichtswesens und der
Verwaltungsorganisation Bayerns, Bd. 1, 2 1889ff., Neudruck 1968; Götz, W.,
Geographisch-historisches Handbuch von Bayern, Bd. 1-2, 1895ff.; Doeberl, M.,
Entwicklungsgeschichte Bayerns, Bd. 1 1906, 3. A. 1916, Bd. 2 2. A. 1928, Bd. 3
1931; Ortsbuch von Bayern 1932, hg. v. Reichspostzentralamt, 1932, mit Nachtrag
von 1933; Spindler, M., Die Anfänge des bayerischen Landesfürstentums, 1937;
Kornrumpf, M., Atlas Bayerische Ostmark, 1939; Keyser, E./Stoob, H., Deutsches
Städtebuch 1939-1974, Bd. 5; Bauerreiß, R., Kirchengeschichte Bayerns, Bd. 1-7,
1949ff. z. T. 3. A.; Historischer Atlas von Bayern, hg. von der Kommission für
bayerische Landesgeschichte, 1950ff. (Verzeichnis der bis 1980 erschienenen
Hefte in Zs. f. bay. LG. 43 (1980), 799ff.); Hiereth, S., Die bayerische
Gerichts- und Verwaltungsorganisation vom 13. bis 19. Jahrhundert, 1950; Simon,
M., Evangelische Kirchengeschichte Bayerns, 2. A. 1952; Rall, H., Kurbayern in
der letzten Epoche der alten Reichsverfassung 1745-1801, 1952; Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern, hg. von der Kommission für bayerische
Landesgeschichte, 1952ff.; Zimmermann, W., Bayern und das Reich 1918-23, 1953;
Reindel, K., Die bayerischen Luitpoldinger, 1953; Historisches
Gemeindeverzeichnis von Bayern, Beiträge zur Statistik Bayerns 192 (1954);
Schwend, K., Bayern zwischen Monarchie und Diktatur 1918-33, 1954;Schmidt,
W./Reng, A., Straubinger Atlas, Straubinger Hefte 8 (1958); Bosl, K.,
Bayerische Geschichte, 7. A. 1990; Hubensteiner, B., Bayerische Geschichte, 10.
A. 1985; Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben, hg. v. Zorn, W., 2. A.
1985ff.; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 12, II, 22, 51,
52, 91, 94, III, 18, 19, 26, 27, Peiera, Volksname, Peigirolant, Landname,
Baivarii, Baioaria, Beiaro riche, Beireland; Werner, H., Die Herkunft der
Bajuwaren und der „östlich-merowingische“ Reihengräberkreis, FS Wagner, F.,
1962; Fried, P., Herrschaftsgeschichte der altbayerischen Landgerichte Dachau
und Kranzberg im Hoch- und Spätmittelalter sowie in der frühen Neuzeit, 1962;
Hubensteiner, B., Bayern, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Finsterwalder, R., Zur Entwicklung der bayerischen Kartographie von ihren
Anfängen bis zum Beginn der amtlichen Landesaufnahme, 1967; Apian, P., 24
baierische Landtafeln von 1568, hg. v. Fauser, A./Stetten, G., 1968; Handbuch
der bayerischen Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 1ff. 1968ff., 2. A.
1981ff., z. T. 3. A. 1995ff.; Bayerischer Geschichtsatlas, hg. v. Spindler, M.,
1969; Buzas, L./Junginger, F., Bavaria Latina. Lexikon der lateinischen
geographischen Namen in Bayern, 1971; Weis, E., Montgelas, Bd. 1f. 1971f.;
Altbayern im Frühmittelalter bis 1180, hg. v. Ay, K., 1974; Rall, H.,
Zeittafeln zur Geschichte Bayerns, 1974; Riedenauer, E., Das allgemeine
Ortsregister zum Historischen Atlas von Bayern, Z. f. bay. LG. 39 (1976);
Schwaben von 1268-1803, bearb. v. Blickle, P./Blickle, R., 1979; Wittelsbach
und Bayern, hg. v. Glaser, H., Bd. 1ff. 1980; Fried, P., Vorstufen der
Territorienbildung in den hochmittelalterlichen Adelsherrschaften Bayerns, (in)
FS Kraus, A., 1982, 33ff.; Demel, W., Der bayerische Staatsabsolutismus 1806/08
bis 1817, 1983, Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte 76; Handbuch
der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799-1980, hg. v. Volkert, W.,
1983; Land und Reich, Stamm und Nation. Probleme und Perspektiven bayerischer
Geschichte, FS Spindler, M., 1984; Die Bayern und ihre Nachbarn, hg. v.
Wolfram, H. u. a., 1985; Hausberger, K./Hubensteiner, B., Bayerische
Kirchengeschichte, 1985; Reitzenstein, W. Frhr. v., Lexikon bayerischer
Ortsnamen. Herkunft und Bedeutung, 2. A. 1991; Zorn, W., Bayerns Geschichte im
20. Jahrhunderts, 1986; Ay, K., Land und Fürst im alten Bayern, 16.-18. Jahrhundert,
1988; Bosl, K., Die bayerische Stadt in Mittelalter und Neuzeit. Altbayern,
Franken, Schwaben, 1988; Bosls Bayerische Biographie, 1980ff., Ergbd. 1000
Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten, hg. v. Bosl, K., 1988; Neuanfang in
Bayern, 1945-1949. Politik und Gesellschaft in der Nachkriegszeit, hg. v. Benz,
W., 1988; Handbuch der bayerischen Geschichte, Bd. 2 Das alte Bayern, hg. v.
Kraus, A., 2. A. 1988; Volkert, W., Die bayerischen Kreise. Namen und
Einteilung zwischen 1808 und 1838, (in) FS Bosl, K., Bd. 2, 1988; Lieberich,
H., Die bayerischen Landstände 1313-1807, Einleitung und Verzeichnisse, 1988;
Wolff, H., Cartographia Bavaricae. Bayern im Bild der Karte, 1988;
Riepertinger, R., Typologie der Unruhen im Herzogtum Bayern 1525, Zs. f. bay. LG.
51 (1988); Hartmann, P., Bayerns Weg in die Gegenwart. Vom Stammesherzogtum zum
Freistaat heute, 2. A. 1992; Franz, E. u. a., Gerichtsorganisation in
Baden-Württemberg, Bayern und Hessen im 19. und 20. Jahrhundert, 1989; Kremer,
R., Die Auseinandersetzungen um das Herzogtum Bayern-Ingolstadt 1438-1450,
1989; Liebhart, W., Bayern zur Zeit König Ludwigs, Bll. f. dt. LG. 123 (1987),
185ff.; Störmer, W:, Die oberbayerischen Residenzen der Herzöge von Bayern,
Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 1ff.; Ziegler, W., Die niederbayerischen Residenzen
im Spätmittelalter, Bll. f. dt. LG. 123 (1987), 25ff.; Götschmann, D.,
Altbayern vor 1806, 1979-1986 (Sammelbericht), Bll. f. dt. LG. 123 (1987),
711ff.; Jahn, J., Ducatus Baiuvariorum. Das bairische Herzogtum der
Agilolfinger, 1991; Typen der Ethnogenese unter besonderer Berücksichtigung der
Bayern, hg. v. Wolfram, H./Pohl, W., 1993; Kraus, A., Geschichte Bayerns, 3. A.
2004; Tremel, M., Geschichte des modernen Bayern, 1994; Wolfram, H., Salzburg,
Bayern, Österreich, 1996; Regierungsakte des Kurfürstentums und Königreichs
Bayern, hg. v. Schimke, M., 1996; Prinz, M., Die Geschichte Bayerns, 1997;
Handbuch der bayerischen Kirchengeschichte, hg. v. Brandmüller, W., 1998;
Seitz, J., Die landständische Verordnung in Bayern, 1998; Repertorium der
Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3
1999; Kremer, R., Die Auseinandersetzungen um das Herzogtum Bayern-Ingolstadt
1438-1450, 2000; Volkert, W., Geschichte Bayerns, 2001; Bayern im Bund, hg. v.
Schlemmer, H. u. a., 2001ff.; Franz, M., Die Landesordnungen von 1516/1520,
2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini,
W., 2003, 1, 752; Krey, H., Herrschaftskrisen und Landeseinheit, 2005; Kummer,
K., Landstände und Landschaftsverordnung unter Maximilian I. von Bayern
(1598-1651), 2005; Körner, H., Geschichte des Königreichs Bayern, 2006;
Handbuch der historischen Stätten, Bayern, 3. A., hg. v. Körner, H. u. a.,
2006; Die Protokolle des bayerischen Staatsrats 1799 bis 1817, bearb. v. Stauber,
R., Bd. 1f. 2006ff.; Deutsches Verfassungsrecht 1806-1918, hg. v. Kotulla, M.,
Bd. 2, 2007 (z. B. 1042 Besitzergreifungspatent zur Vollziehung des mit der
Krone Württemberg abgeschlossenen Grenzvertrags vom 2. November 1810);
Grundlagen der modernen bayerischen Geschichte, hg. v. Willoweit, D., 2007;
Paulus, C., Das Pfalzgrafenamt in Bayern im frühen und hohen Mittelalter, 2007.
Bebenhausen (Reichskloster). Kurz vor 1187 gründete
Pfalzgraf Rudolf von Tübingen auf vom Hochstift Speyer eingelöstem Grund und
Boden in B. nördlich von Tübingen ein Prämonstratenserkloster, das 1190 mit
Zisterziensern besetzt wurde. Von 1280 bis zum Verkauf der Stadt Tübingen 1342
versuchten die Pfalzgrafen entgegen der Stiftungsurkunde des Klosters, dieses
ihrer Herrschaft zu unterwerfen. Im 14. Jahrhundert kam die Vogtei an das Reich. In der zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts erwarb Württemberg als Nachfolger der Pfalzgrafen von Tübingen
allmählich die Herrschaft über das Reichskloster. Seit 1498 besuchte der Abt
den württembergischen Landtag. 1535 wurde die Reformation eingeführt. 1623
gehörten zum Kloster noch 14 Dörfer und Weiler, acht Höfe, ein Schloss, ein
Burgstall und 876 Untertanen. 1807 wurde die Klosterverwaltung aufgelöst. S.
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 162; Großer Historischer Weltatlas II 66 E4; Paulus, E., Die
Cisterzienserabtei Bebenhausen, 1886; Brand, H./Krins, H./Schiek, S., Die
Grabdenkmale im Kloster Bebenhausen, 1989; Köhler, M., Die Bau- und
Kunstgeschichte, 1994.
Beichlingen (Grafen). 1014 wird erstmals die Burg B.
bei Kölleda erwähnt. Nach ihr nannte sich ein Grafengeschlecht, das seit dem
Beginn des 13. Jahrhunderts in mehrere Linien aufgespalten aus Alloden,
Reichslehen und Landgrafenlehen ansehnliche Güter zwischen Finne, Kelbra und
Frankenhausen ansammelte (Kölleda, Kelbra, Frankenhausen, Worbis, Brücken, Vogtei über Oldisleben), diese aber im 14. Jahrhundert
an die Grafen von Schwarzburg und die Wettiner verpfändete und verkaufte. S.
Thüringen.
L.: Wolff 377; Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) F3; Leitzmann, L., Diplomatische Geschichte der Grafen von Beichlingen,
Zs. d. Vereins f. thür. Gesch. und Altertumskunde 8 (1871), 177ff.; Mascher,
K., Reichsgut und Komitat am Südharz, 1957; Kempen, W. van, Schlösser und
Herrensitze, 1961; Patze, H., Beichlingen, LexMA 1 1980, 1812.
Berg (Grafen, Herzöge, Grafschaft, Herzogtum,
Großherzogtum). In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts erscheint am
Niederrhein ein Geschlecht mit den Leitnamen Adolf, Eberhard und Engelbert, das
sich nach dem Stammsitz B. an der Dhün (Altenberg, vor 1152 als
Zisterzienserabtei gestiftet) benannte, um 1150 ansehnliche Güter (Allod, Vogtei über die Klöster Werden, Deutz, Siegburg)
zwischen Sieg und Lippe innehatte und in enger Verbindung zum Erzstift Köln
stand. Um 1100 erwarb es Güter aus dem Erbe der Grafen von Werl. Seit 1101
führte es den Grafentitel. Von 1133 bis 1288 war der Hauptsitz B. (= Burg an
der Wupper), das bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts Residenz blieb.
1160/1161/1163 teilten sich die Grafen von B. in eine rheinische (B.) und eine
westfälische Linie (Berg-Altena[-Mark], Altena), diese sich am Ende des 12.
Jahrhunderts in einen märkischen und einen isenbergischen Zweig, von denen
Isenberg rasch bedeutungslos wurde, die Grafen von Mark dagegen erhebliches
Gewicht gewannen. Die Grafen von B., die 1176 Güter um Hilden und Haan und
vielleicht um Duisburg und 1189 um Düsseldorf erwarben und mehrfach den Kölner
Erzbischofsstuhl besetzten, starben 1225 in der Hauptlinie (rheinische Linie)
aus. Sie wurden über Irmgard von B. von dem Haus Limburg beerbt, dessen
Angehörige Güter um Duisburg, Mettmann und Remagen gewannen (Hauptort war seit
1280 Düsseldorf). Diese wurden 1348 über die Schwestertochter Margarete von B.
und Ravensberg von dem Haus Jülich beerbt, das die letzten fremden Exklaven
beseitigte (1355 Hardenberg, 1359 Solingen). Seit 1380 war B. Herzogtum. Ihm
wurde die von Margarete von B. vom Vater ererbte Grafschaft Ravensberg
angegliedert. 1423 vereinigte sich B. durch Erbfall mit dem Herzogtum Jülich.
1427 wurde Elberfeld gewonnen. 1511 starb das Haus Jülich (Jülich-Hengebach)
aus und wurde durch die Grafen von der Mark beerbt, die seit 1368 auch in Kleve
(Herzöge von Kleve) herrschten (Vereinigung von Jülich-Berg-Ravensberg mit dem
Herzogtum Kleve-Mark). 1609 erlosch der märkische Zweig (Kleve-Mark) des alten
bergischen Grafenhauses. Nach dem Jülich-Klevischen Erbfolgestreit kam 1614
(endgültig 1666) das katholisch gebliebene B. (mit den Städten Düsseldorf,
Lennep, Wipperfürth, Ratingen,Radevormwald [Rade vor dem Wald], Solingen,
Gerresheim, Blankenberg und Elberfeld, den Ämtern Düsseldorf, Angermund und
Landsberg, Mettmann, Elberfeld, Barmen und Beyenburg, Solingen und Burg,
Schöller, Hilden und Haan [Hahn], Bornefeld und Hückeswagen, Monheim, Mieseloh
[Meiseloh], Porz und Mülheim [Mühlheim], Odenthal [Odendahl], Scheiderhöh
[Scheidenhöh], Lülsdorf [Lüstorf], Steinbach, Löwenburg bzw. Löwenberg
[Leuenberg], den freien Herrschaften Hardenberg und Broich [Bruck] und der
Herrschaft Schöller) mit Jülich an Pfalz-Neuburg, 1685 an Kurpfalz, womit B.
Nebenland wurde, und 1777 mit der Pfalz an Bayern. 1805/1806 an Napoléon I.
abgetreten wurde B. unter dessen Schwager Joachim Murat zusammen mit
nassauischen und preußischen Gebieten Großherzogtum (mit Herzogtum Münster,
Grafschaft Mark, Tecklenburg, Lingen, Reichsabtei Essen, Elten und Werden,
insgesamt 315 Quadratmeilen mit 878000 Einwohnern). Dieses wurde in die vier
Departements Rhein, Sieg, Ruhr und Ems eingeteilt und erhielt Verfassung und
Verwaltung nach dem Muster des napoleonischen Frankreich. Auch der Code
Napoléon wurde in Kraft gesetzt. 1809 wurde B. praktisch ein Teil Frankreichs,
an das am 10. 12. 1810 Münster, Bentheim, Tecklenburg und Rheda mit insgesamt
87 Quadratmeilen ganz abgetreten werden mussten. 1813/1814 wurden die
französischen Einrichtungen aufgehoben. 1815 kam B. an Preußen (Rheinprovinz),
1946 das Gebiet zu Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 323ff.; Wallner 701 WestfälRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) D3, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C3; Die Territorien des Reichs 3, 86;
Goecke, R., Das Großherzogtum Berg 1806-13, 1877; Hengstenberg, H., Das
ehemalige Herzogtum Berg und seine nächste Umgebung, 2. A. 1897; Ilgen, T., Die
ältesten Grafen von Berg und deren Abkömmlinge, die Grafen von Altena
(Isenberg-Limburg und Mark), Zs. d. Berg. Geschichtsvereins 36 (1903), 14ff.;
Schönneshofer, B., Geschichte des Bergischen Landes, 2. A. 1912; Melchers, B.,
Die ältesten Grafen von Berg bis zu ihrem Aussterben, Zs. d. Berg.
Geschichtsvereins 45 (1912), 5ff.; Somya, J., Die Entstehung der Landeshoheit
in der Grafschaft Berg bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, 1926; Lülsdorff, J.
v., Zur Entwicklung der Landeshoheit in den einzelnen Teilen des Herzogtums
Berg, Zs. d. Berg. Geschichtsvereins 70 (1949), 255ff.; Hömberg, A., Geschichte
der Comitate des Werler Grafenhauses, WZ 100 (1950), 9ff.; Hashagen, J. u. a.,
Bergische Geschichte, 1958; Wisplinghoff, E./Dahn, H., Die Rheinlande, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Schmale, F., Die Anfänge der Grafen von
Berg, FS Bosl, K., 1974; Kraus, T., Die Entstehung der Landesherrschaft der
Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, 1981; Land im Mittelpunkt der Mächte. Die
Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg, 3. A. 1985; Regierungsakte des Großherzogtums
Berg, hg. v. Rob, K., 1992; Lohausen, H., Die obersten Zivilgerichte im
Großherzogtum, 1995; Engelbrecht, J., Das Herzogtum Berg, 1996; Repertorium der
Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3
1999; Schmidt, C., Das Großherzogtum Berg, 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und
Rezeption, 1999, 162; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 814 (Jülich und Berg); Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 1, 422; Severin-Barboutie, B., Französische
Herrschaftspolitik und Modernisierung, 2008; Geschichte des Bergischen Landes,
hg. v. Gorißen, S. u. a., 2014.
Beuron, Biron (Kloster, Stift, Abtei [1687],
Grundherrschaft). Im 861 erstmals genannten B. an der oberen Donau errichtete
der Edelfreie Peregrin ein 1097 vom Papst bestätigtes Kloster, das seit 1253
unter der Vogtei der Grafen von Zollern
(Hohenzollern) und von 1409 bis 1615 der Herren von Enzberg zu Mühlheim stand.
Im Donautal und Bäratal sowie auf dem Heuberg gewann das Stift eine ansehnliche
Grundherrschaft, die 1802 an Hohenzollern-Sigmaringen kam. S.
Württemberg-Hohenzollern, Baden-Württemberg.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) C3; Zingeler, K., Geschichte
des Klosters Beuron, 1890; Engelmann, U., Beuron. Die Benediktinerabtei im
Donautal, 1957; 250 Jahre Abteikirche Beuron. Geschichte, geistliches Leben,
Kunst, hg. v. Schöntag, W., 1988.
Blâmont, Blankenberg bzw. Blankenburg
(Herrschaft, Grafen). Der Ort B. (Blankenberg) kam im 12. Jahrhundert
wahrscheinlich durch die Heirat Konrads von Salm mit Hadwid von Türkstein an
die Grafen von Salm. 1225 beauftragte Heinrich II. von Salm seinen Sohn
Friedrich mit der Verwaltung Blâmonts (Blankenbergs). 1247 erreichte dieser die
Belehnung mit diesen Gütern durch den Bischof von Metz. Im Laufe der Zeit
entstand aus der Vogtei über Güter der Abtei
Senones und Metzer wie Lothringer Lehen eine reichsunmittelbare Herrschaft über
rund ein Dutzend Dörfer. Ehe das Geschlecht der Grafen bzw. Herren von B. 1506
ausstarb, verkaufte Ulrich von B. 1499 eine Hälfte der Güter dem Herzog von
Lothringen und vermachte ihm 1504 die zweite Hälfte. 1546 und 1561 verzichteten
die Bischöfe von Metz zugunsten der Herzöge von Lothringen auf ihre
Lehnsherrschaft. S. Frankreich.
L.: Wolff 304; Großer Historischer Weltatlas II 66 D4; Martimprey de Romecourt,
E. Comte de, Les sires et comtes de Blâmont, Mémoires de la Société
d'Archéologie Lorraine 1890, 76ff.; Dedenon, A., Histoire du Blamontois des
origines à la renaissance, 1931; Herrmann, H., Blâmont, LexMA 2 1983, 256f.;
Blâmont et les Blâmontois, hg. v. Andriot, C. u. a., 2009.
Bolanden (Herren, Reichsgrafen). Die Herren von
B. sind ein vermutlich aus der Dienstmannschaft des Erzstifts Mainz
hervorgegangenes, seit 1128 mit Werner I. nachweisbares Geschlecht von
Reichsministerialen im rheinhessisch-pfälzischen Raum. Zentren der verstreuten
Güter waren Lehen - 45 verschiedener Herren - und Vogteien
der Reichsgutsbezirke um die Stammburg Donnersberg, um Nierstein, Gernsheim und
Ingelheim. Die Familie erlangte 1212 die Reichstruchsessenwürde, 1246 die
Reichskämmererwürde. Zugleich spaltete sie sich in die Linien B., Hohenfels und
Falkenstein auf. Die Hauptlinie erlosch im Mannesstamm 1376, die 1199/1241
abgespaltete, in Reipoltskirchen ansässige Seitenlinie Hohenfels 1602, die 1241
gebildete Seitenlinie Falkenstein, die 1255/1288 die Ministerialen von
Münzenberg beerbte, die Landvogtei der Wetterau und die Reichsvogtei im Forst
Dreieich innehatte und 1398 in den Reichsgrafenstand aufstieg, bis 1407/1418.
Das 1333 erstmals erwähnte Dorf B. kam 1709 von der Pfalz durch Tausch an
Nassau-Weilburg, danach über Bayern 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Jacob, E., Untersuchungen über Herkunft und Aufstieg des
Reichsministerialengeschlechtes Bolanden, Diss. phil. Gießen 1936; Engels, O.,
Bolanden, LexMA 2 1983, 356f.; Dotzauer, W., Geschichte des
Nahe-Hunsrück-Raumes, 2001.
Bolchen (Herrschaft, Grafschaft). Im 12.
Jahrhundert erscheint B. als Lehnsgut der Herren von Fels (Feltz) von Seiten
der Herren von Finstingen, nach dem sich die Herren von Feltz benannten. Sie
bildeten durch Erwerb von Vogteien und
Pfandschaften eine ansehnliche, aber nicht zusammenhängende Herrschaft. Im 14.
Jahrhundert begegnet B. als Burglehen von Falkenberg (bis 1342), später als
Lehen des Herzogs von Luxemburg (nach 1384). Zu Anfang des 15. Jahrhunderts
fiel B. über Irmgard von B. an die Familie von Rodemachern, vor 1462 über
Elisabeth von Rodemachern an Friedrich Graf von Moers. 1492 zog König
Maximilian alle Rodemachernschen Güter wegen Felonie ein. Zwischen 1488 und
1503 kaufte der Herzog von Lothringen alle Rechte an B. auf. S. Frankreich.
L.: Wolff 305; Guir, F., Histoire de Boulay, 1933; Hermann, H., Bolchen, LexMA
2 1983, 357.
Bouillon (Herrschaft, Herzogtum). B. an der
Semois in Lothringen (Niederlothringen) wird 988 erstmals erwähnt (Bullio). Die
zugehörige, vielleicht auf einer älteren Befestigungsanlage um 1100 errichtete
Burg wurde Mittelpunkt einer Herrschaft aus Gütern des Hauses Ardenne
(Paliseul, Jéhonville, Fays-les-Veneurs, Sensenruth [Sensenstruth]), zu denen
Reimser Vogteilehen um Douzy kamen. 1096
verpfändete Gottfried von B. zur Finanzierung eines Kreuzzuges die Herrschaft
an das Hochstift Lüttich. Seit 1330 wurde die Herrschaft wegen des
Herzogstitels des Hauses Ardenne in Lothringen in offiziellen Quellen als
Herzogtum bezeichnet. Seit 1430 gewannen die Grafen von der Mark (de la
Marck-Arenberg) in B. an Bedeutung. 1482 entriss der Graf von der Mark dem
Hochstift Lüttich das Land und übte von 1483 bis 1529 die Herrschaft aus. 1521
gab Kaiser Karl V. das Herzogtum an Lüttich zurück, doch nannten sich die
Grafen weiter Herzöge von B. Seit 1548 hatten die Grafen von der Mark erneut
das Herzogtum inne. Ihre Rechte gingen 1591 durch Heirat an das Haus Latour
d'Auvergne über. 1672 wurde B. von Frankreich erobert, 1678 aber den Latour
d'Auvergne zuerkannt. 1693 kam es unter den Schutz Frankreichs, 1814/1821 als
Standesherrschaft der Fürsten Rohan an Luxemburg (Niederlande), 1830/1837 an
Belgien.
L.: Wolff 307; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4, III 38 (1789) A3;
Ozeray, Histoire de la ville et du duché de Bouillon, Bd. 1f. 2. A. 1864;
Vannerus, H., Le château de Bouillon, quelques pages de son histoire, Ardenne
et Gaume 10 (1955) 5ff.; Muller, J., Bouillon. Duché-Ville-Chateau, 1974;
Petit, R., Bouillon, LexMA 2 (1982), 496ff. ; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 2, 81
Breuberg (Herrschaft). B. an der unteren Mümling
wurde im 12. Jahrhundert als Vogteiburg der
Abtei Fulda gegründet. Vögte waren bis 1323 die im späten 12. Jahrhundert
erscheinenden, dem Stande nach reichsministerialischen Herren von B. Bei ihrem
Aussterben 1323 folgten allmählich die Grafen von Wertheim, die 1497 die
Alleinherrschaft bei fuldischer Lehnshoheit erreichten. Bei ihrem Aussterben
1556 fiel das Erbe mit den drei Zenten Höchst, Lützelbach und Kirch-Brombach
(Kirchbromberg) und dem Gericht Neustadt je zur Hälfte an die Grafen von Erbach
und von Stolberg-Königstein bzw. am Anfang des 17. Jahrhunderts die Grafen von
Löwenstein. Das nur in den Nutzungen geteilte Kondominium, aus dem 1790 die
Grafen von Löwenstein-Wertheim-Virneburg zum fränkischen Kreis steuerten, kam
1806 an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt und damit 1945 zu Hessen.
L.: Wolff 121, 123; Wallner 692 FränkRK 10, 11; Hölzle, Beiwort 50; Weber,
H./Röder, A., Burg Breuberg, 1951; Wackerfuß, W., Kultur-, Wirtschafts- und
Sozialgeschichte des Odenwaldes, 1991; Das Zinsbuch der Herrschaft Breuberg von
1426, bearb. v. Wackerfuß, W., 2004; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3
Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 161.
Büdingen (Herren, Grafen). In B. bestanden in
fränkischer Zeit ein Königshof und danach im 12. Jahrhundert (1180/1190) eine
Wasserburg der erstmals 1131 als Verwalter des mehr als 10000 Hektar
umfassenden Reichswaldes zwischen Kinzig, Salz, Nidder und dem ehemaligen Limes
genannten Familie der edelfreien Herren von B. In der Mitte des 13.
Jahrhunderts (um 1245)/1327 ging es nach dem Aussterben der Herren von B. an
die vielleicht stammesgleichen Grafen von Isenburg über, die bis 1376 den
gesamten Reichswald, 1377 Wächtersbach, 1420/1433 aus der Erbschaft der
Falkensteiner unter anderem die Hälfte von Offenbach erhielten, die Burg
Birstein und die Vogtei Reichenbach von Fulda
kauften und 1442 den Reichsgrafentitel erlangten. 1517/1521 wurde das
geschlossene isenburgische Territorium vom Vogelsberg bis über den Main
geteilt. B. war von 1517 bis 1806 mit Unterbrechungen Sitz der Linie
Isenburg-Büdingen. 1684 erfolgte dabei erneut eine Aufteilung in die Linien
Birstein (Isenburg-Birstein) und B. (Isenburg-Büdingen) B.(Isenburg-Büdingen)
teilte sich 1687 in B. (Isenburg-Büdingen-Büdingen) (bis 1941), Wächtersbach
(Isenburg-Büdingen-Wächtersbach), Meerholz (Isenburg-Büdingen-Meerholz) (bis
1929) und Marienborn (Isenburg-Marienborn) (bis 1725). 1806 fiel es an
Isenburg-Birstein (Isenburg-Offenbach-Birstein), das 1812 den Büdinger
Reichswald allodifizierte, 1816 an Hessen-Darmstadt. 1945 kam B. zu Hessen. S.
Isenburg-Büdingen (Isenburg-Büdingen-Büdingen), Isenburg-Büdingen-Meerholz,
Isenburg-Büdingen-Wächtersbach.
L.: Wolff 277; Simon, H., Geschichte des reichsständischen Hauses Ysenburg und
Büdingen, Bd. 1ff. 1864ff.; Nieß, P., Büdingen, 1951; Philippi, H.,
Territorialgeschichte der Grafschaft Büdingen, 1954; Demandt, K., Die Herren
von Büdingen und das Reich in staufischer Zeit, Hess. Jb. f. LG. 5 (1955), 49;
Kreis Büdingen. Wesen und Werden, 1956; Fahlbusch, F., Büdingen, LexMA 2 1983, 904;
Bilder erzählen aus der Vergangenheit, hg. v. Heuson, H., 1988; Decker,
K./Großmann, G., Schloss Büdingen, 1999; Handbuch der hessischen Geschichte Bd.
3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 291.
Burtscheid (Reichsabtei, Reichsstift). Die Abtei B.
bei Aachen wurde nach 996 und vor 1000 (997 ?) durch Otto III. als
benediktinisches Reichskloster gegründet und 1018 durch Heinrich II. aus
Aachener Reichsgut ausgestattet. 1138 beurkundete Konrad III. ihre
Reichsunmittelbarkeit. 1220 wurde B. in ein Zisterzienserinnenstift
umgewandelt. B. beherrschte ein kleines Gebiet. Vögte waren die Herren von
Merode, bis 1649 die Äbtissin die Vogtei erwarb.
B. hatte zwar Reichsstandschaft, war aber keinem Reichskreis eingegliedert.
1802 wurde das Stift aufgehoben. Über Preußen kam B. 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 495; Zeumer 553 II a 37, 17; Großer Historischer Weltatlas III 38
(1789) B2; Germania Benedictina VIII, 1980, 232ff.; Wurzel, T., Die Reichsabtei
Burtscheid von der Gründung bis zur frühen Neuzeit, 1985; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 108.
Calw (Grafen, Herrschaft). C. wird erstmals
1075 erwähnt. Nach ihm nennen sich die 1037 nachweisbaren Grafen von C., die im
Murrgau, Zabergau, Ufgau, Enzgau, Glemsgau und Würmgau begütert waren (Zentren
in Ingersheim, Löwenstein und Sindelfingen, Vogtei
über Hirsau, Lorsch und Sindelfingen) und verwandtschaftliche Beziehungen zu
den Saliern gehabt haben dürften. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts verlegten
sie ihren Sitz nach C. 1113 gewannen sie die Pfalzgrafschaft bei Rhein. Nach
1131 kam es zu Erbstreitigkeiten und Güterverlusten. Der Hauptzweig der Familie
erlosch vor 1282. Ihre Güter kamen vor allem an die Pfalzgrafen von Tübingen.
Die Linie Calw-Löwenstein erlosch nach 1277. Ihre Güter gingen kaufweise an die
mittleren Grafen von Löwenstein, eine nichteheliche Nebenlinie der Grafen von
Habsburg. Die weitere Seitenlinie der Grafen von Calw-Vaihingen starb 1361 aus.
Ihre Güter kamen an die Grafen von Württemberg und damit 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Rheinwald, E./Rieg, G., Calw, 1952; Jänichen, H., Herrschafts-
und Territorialverhältnisse um Tübingen und Rottenburg im 11. und 12.
Jahrhundert, 1964; Greiner, S., Beiträge zur Geschichte der Grafen von Calw,
Zs. f. württemberg. LG. 25 (1966), 35ff.; Quarthal, F., Calw, LexMA 2 1983,
1404f.; Der Kreis Calw, hg. v. Zerr, H., 1986.; Bergmann, H., Der Löwe von
Calw, 2006
Castell (Grafschaft). C. bei Gerolzhofen wird
816 erstmals genannt. Seit 1091 ist der Ort namengebend für ein ab 1057
erkennbares edelfreies fränkisches Geschlecht (Berthold 1059?), das 1202
erstmals den Grafentitel führte. Zwischen Steigerwald und Main gewann es bis
zum Beginn des 14. Jahrhunderts ein ausgedehntes Herrschaftsgebiet (Vogtei über einzelne Güter der Abteien Ebrach und
Münsterschwarzach), das aber nach der Teilung um 1260 allmählich an Umfang
wieder verlor und 1457 dem Hochstift Würzburg, dessen Erbschenken die Grafen
waren, zu Lehen aufgetragen werden musste, ohne dass allerdings dadurch die
Reichsstandschaft der Grafen aufgehoben wurde. Seit 1528 war die Grafschaft
wieder in einer Hand vereint. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die
Reformation eingeführt. 1556 erbten die Grafen von Seiten von Wertheim die
Herrschaft Remlingen. 1597 erfolgte eine Teilung in die Linien
Castell-Remlingen und Castell-Rüdenhausen. Mit Rücksicht auf angekaufte oder
heimgefallene Lehen ließen sich die Grafen seit 17851794 mit einem Vertreter
bei der fränkischen Reichsritterschaft aufschwören. Im 18. Jahrhundert zählten
sie mit Breitenlohe samt Buchbach sowie Gleißenberg mit Frickenhöchstadt
(Frickenhöchstadt, Frickenhochstadt) zum Kanton Steigerwald, mit Urspringen zum
Kanton Rhön-Werra des Ritterkreises Franken. 1806 wurde die Grafschaft mit 4
Quadratmeilen, 3 Flecken, 28 Dörfern und rund 10000 Einwohnern mediatisiert und
fiel an Bayern, teilweise bis 1814 auch an das Großherzogtum Würzburg. 1803
starb die Linie Castell-Rüdenhausen aus, worauf die neuen Linien
Castell-Castell und Castell-Rüdenhausen begründet wurden, die 1901/1913 nach
dem Erstgeburtsrecht in den bayerischen Fürstenstand erhoben wurden.
L.: Wolff 119f.; Zeumer 554 II b 62, 2; Wallner 692 FränkRK 14 a, b; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4, III 38 (1789) D3; Winkelmann-Holzapfel
144; Bechtolsheim 2; Monumenta Castellana, hg. v. Wittmann, P., 1890; Stein,
F., Geschichte der Grafen und Herren von Castell, 1892; Castell-Castell, P.
Graf zu, Die Mediatisierung der Grafschaft Castell, Mainfrk. Jb. 2. (1950);
Castell-Castell, P., Graf zu/Hofmann, H., Die Grafschaft Castell am Ende des
alten Reiches (1792), 1955, (in) Histor. Atlas von Bayern, Teil Franken II/3;
Meyer, O./Kunstmann, H., Castell, 1979; Endres, R., Castell, LexMA 2 1983,
1557; Kemper, T. u. a., Castell. Unsere Kirche. Festschrift aus Anlass des
200jährigen Kirchenbaujubiläums, 1988; Büll, F., Die Grafen von Castell, (in)
Das Land zwischen Main und Steigerwald, hg. v. Wendehorst, A., 1998; Bachmann,
M., Lehenhöfe von Grafen und Herren im ausgehenden Mittelalter. Das Beispiel
Rieneck, Wertheim und Castell, 2000; Wagner, H., Miszellen zur Geschichte der
Castell, Mainfränkisches Jb. 55 (2003), 13; Hochmittelalterliche Adelsfamilien
in Altbayern, Franken und Schwaben, hg. v. Kramer, F. u. a., 2005, 449.
Comburg, Komburg (Abtei). Die Benediktinerabtei
C. bei Schwäbisch Hall am Kocher wurde 1079 an Stelle einer gräflichen Burg
gegründet. Von den Gründern kam die Vogtei an
die Staufer. Von 1265 bis 1317 war das Kloster ohne Vogt. Danach gab der König
die Vogtei an die Stadt Schwäbisch Hall. Vom 14.
bis zum 16. Jahrhundert verlor die zeitweise völlig darniederliegende Abtei
einen großen Teil ihrer beträchtlichen Güter. 1488 wurde sie weltliches
Chorherrenstift, das 1521 in der Reichsmatrikel aufgeführt wird, und kam 1541
unter die Hoheit des Bischofs von Würzburg. Das Ritterstift, das ein Gebiet von
1,5 Quadratmeilen mit 3700 Einwohnern hatte, fiel 1802 an Württemberg. Zu
seinen Gütern gehörten die Dörfer Steinbach, Großallmerspann und Hausen an der
Rot, das Amt Gebsattel bei Rothenburg ob der Tauber, Lehnsgüter in Ingersheim,
Enslingen und Reinsberg, Vasallenlehen und Rittermannslehen in Michelbach, im
Hardter Holz oberhalb des Weilers Klingen bei Steinbach (Vorderholz ob
Klingen), Anteile an Schloss Bartenau (Bardenau) in Künzelsau, die Obermühle in
Jagstheim, ein Anteil an Nagelsberg, Morsbach (Moosbach) und Künzelsau,
Heimbach, Tüngental (Thüngental), Blindheim, Untermünkheim, Arnsdorf (Arndorf)
und Neunkirchen, 295 Erblehen, in 70 Orten die Zehntrechte sowie 30-40000
Morgen Waldungen. Mit Teilen von Enslingen und von Künzelsau war es um 1800
Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken.
L.: Wolff 101; Winkelmann-Holzapfel 155; Riedenauer 129; Erzberger, M., Die
Säkularisation in Württemberg von 1802 bis 1810, 1902; Lamey, B., Die Comburg
in Geschichte und Gegenwart, 2. A. 1956; Krüger, E., Comburg. Ein Gang durch
Geschichte und Kunst, 1967; Germania Benedictina 5 1975, 351ff.; Jooss, R.,
Kloster Komburg im Mittelalter. Studien zur Verfassungs-, Besitz- und
Sozialgeschichte einer fränkischen Benediktinerabtei, 2. A. 1987; Schraut, E.,
Die Comburg, 1989; Eberl, I., Komburg, LexMA 5 1990, 1275f.
Dagsburg (Grafschaft). Um die kurz vor 1000 durch
Heirat erworbene Burg D. (frz. Dabo) in Lothringen lag die Grafschaft D. der
Grafen von D., die auf die Etichonen (und Eberhardiner) zurückgehen und außer
dem Erbe der 1144 ausgestorbenen Grafen von Egisheim an der oberen Saar
ansehnliche Güter hatten (Moha, Waleffe, Stadtgrafschaft Metz, Vogtei über das Hochstift Metz). Sie starben 1225 aus.
Ihre Güter (11 Burgen, Vogtei über 9 Klöster)
fielen 1241 über die Erbtochter teilweise (um D.) an Leiningen, waren zeitweise
aber mit den Bischöfen von Straßburg, denen die Markgrafen von Baden als
Miterben ihre Rechte überlassen hatten, umstritten. Der Bischof von Metz zog
die heimgefallenen Lehen ein. Moha und Waleffe kamen an das Hochstift Lüttich.
Von 1317 bis 1467 bestand eine besondere Linie Leiningen-Dagsburg. 1792/1801
kam das Gebiet an Frankreich. S. Leiningen-Dagsburg,
Leiningen-Dagsburg-Hartenburg., Leiningen-Hardenburg-Dagsburg.
L.: Wolff 282; Legl, F., Studien zur Geschichte der Grafen von
Dagsburg-Egisheim, 1998.
Diepholz (Herren, Grafschaft). Edelfreie Herren
von D., die aus dem Land Hadeln stammen, sind erstmals 1085 belegt. Sie
erbauten zwischen 1120 und 1160 an der oberen Hunte eine 1160 erstmals bezeugte
Burg, die zum Vorort ihrer von Mooren geschützten, zwischen den Hochstiften von
Minden, Osnabrück und Münster gelegenen Herrschaft zwischen Wildeshausen und
Bassum bzw. Levern und Rahden wurde. Wichtige Rechte gingen um 1300 von den
Welfen bzw. den Askaniern sowie den Grafen von Ravensberg zu Lehen. Weitere
Rechte bestanden im friesischen Küstenraum (Midlum), doch blieb das
Herrschaftsgebiet insgesamt bescheiden. 1512 nahmen die Herren zum Schutz gegen
Minden die Lehnshoheit des Reiches, 1531 der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg
an. 1521 trugen sie das Amt Auburg im Südwesten den Landgrafen von Hessen als
Mannlehen auf. 1531 erwarben sie (wohl zusammen mit der Reichslehnbarkeit) den
Grafenrang. 1585 starb das Geschlecht aus. Die Grafschaft fiel auf Grund einer
Anwartschaft von 1517 an Braunschweig-Lüneburg (bis 1665 Braunschweig-Celle,
dann Calenberg), Auburg (trotz eines 1606 vor dem Reichskammergericht
angestrengten, zweihundert Jahre währenden Rechtsstreits mit den Welfen) an
Hessen. 1593 wurden die Welfen vom Kaiser belehnt. Die Grafschaft gehörte dem
westfälischen Reichsgrafenkollegium an. 1685/1723 ging sie, um 9 (bzw. 11,5)
Quadratmeilen groß, mit den Ämtern D. (mit den Vogteien
Barnstorf und Drebber) und Lemförde (mit dem Flecken Lemförde und acht Dörfern)
in Hannover auf (1823 zusammen mit der Grafschaft Hoya Landdrostei Hannover).
1816 kam nach Abfindung der Freiherren von Cornberg auch Auburg an Hannover.
Über Hannover fiel D. 1866 an Preußen und 1946 an Niedersachsen. S.
Niederrheinisch-westfälischer Reichskreis.
L.: Wolff 356; Zeumer 554 II b 63, 11; Wallner 703 WestfälRK 18; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F.,
Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Moormeyer, W., Die
Grafschaft Diepholz, 1938; Guttzeit, E., Geschichte der Stadt Diepholz, Teil 1 1982;
Dienwiebel, H., Geschichtliches Ortsverzeichnis der Grafschaften Hoya und
Diepholz, A-K, 1989; Die Grafschaften Bruchhausen, Diepholz, Hoya und Wölpe,
2000.
Dietkirchen (Kollegiatstift). An der mittleren Lahn
erscheint 841 erstmals das Kollegiatstift D. Seine Vogtei
hatten zumindest seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Grafen von
Nassau inne. 1564 fiel es an das Erzstift Trier, 1802/1803 unter
Säkularisierung an Nassau-Oranien (Nassau). Über Preußen kam D. 1945 zu Hessen.
L.: Struck, W., Erzbistum Trier, Bd. 4 Das Stift St. Lubentius in Dietkirchen,
1986.
Donauwörth (Reichspflege). Zur staufischen Vogtei D. gehörte als Reichspflege D. ein mit
Hochgerichtsbarkeit verbundener Bezirk südlich der Donau. Die Pflege kam aus
dem Erbe der Staufer an die Herzöge von Pfalz und Oberbayern, musste aber als
Reichsgut an König Rudolf von Habsburg herausgegeben werden. 1608 vollstreckte
Bayern die Reichsacht gegen die Reichsstadt Donauwörth und erzwang für die
Vollstreckungskosten die Verpfändung.
L.: Dacheröden 133; Wolff 136; Wallner 711 BayRK 1; Wöhrl, J., Die Reichspflege
Donauwörth, 1928f; Pfister, D., Donauwörth, 2008.
Donauwörth (Reichsstadt). D. wurde vermutlich nach
900 von den Grafen von Dillingen gegründet. 1030 wird D. (Weride) anlässlich
der Bestätigung und Erweiterung der Verleihung des Markt-, Münz- und Zollrechts
an die Herren von Werde (Mangolde) durch König bzw. Kaiser Otto III. erstmals
genannt. Nach deren Aussterben fiel es zwischen 1147 und 1156 an das Reich
heim. Von 1156 bis 1183 unterstand es den Grafen von Wittelsbach. 1191 wurde es
von den Staufern als Reichsgut eingezogen und Sitz einer staufischen Vogtei. Nach längeren Auseinandersetzungen mit Bayern
wurde D. 1301 Reichsstadt (meist Schwäbisch Wörth genannt). Von 1376 bis 1434
war es an Bayern verpfändet, das 1462 auf alle Ansprüche verzichtete. In der
Reformationszeit wurde es mehrheitlich protestantisch. Da die protestantische
Bevölkerung von den Regeln des Augsburger Religionsfriedens von 1555 durch
Störung katholischer Prozessionen abwich, wurde 1607 über sie die Reichsacht
verhängt, die 1608 durch Besetzung von Bayern vollstreckt wurde. Im
Dreißigjährigen Krieg war es hart umkämpft, blieb aber auf Dauer bayerisch und
katholisch, da die 1705 erfolgte Wiederherstellung der Reichsunmittelbarkeit
durch Kaiser Joseph I. bereits 1714 wieder aufgehoben wurde.
L.: Wolff 136; Stieve, F., Der Ursprung des 30-jährigen Krieges, Bd. 1 1875;
Stenger, H., Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt Donauwörth (1193-1607),
1909; Grohsmann, L./Zelzer, M., Geschichte der Stadt Donauwörth, Bd. 1f.
1958ff.; Landkreis Donauwörth. Werden und Wesen eines Landkreises, 1966.
Ehrenburg (reichsritterschaftliche Herrschaft).
Vermutlich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde am Ehrbach bei
Brodenbach die E. erbaut, die das Erzstift Mainz den Pfalzgrafen bei Rhein zu
Lehen gab. Nach der E. nannten sich seit 1189 Ritter von E., die Lehnsleute der
Pfalz waren. Um 1399 zog die Pfalz die Herrschaft als erledigtes Lehen ein,
teilte aber 1413 mit Schönenburg und Pyrmont. 1426 erbte Pyrmont den Anteil
Schönenburgs. 1545 kamen die Güter durch Erbfolge von Pyrmont-Ehrenburg an
Eltz-Pyrmont, 1561 an Quadt von Landskron, 1668 an die Freiherren Clodt zu
Ehrenberg (E.) und 1789 an den Freiherren vom Stein. Die aus den Dörfern
Brodenbach und Karbach und der Vogtei Hirzenach
(Oberhirzenach) bestehende Herrschaft zählte zum Kanton Niederrheinstrom des
Ritterkreises Rhein. Über Preußen gelangten die Gebiete 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 515; Skiba, W., Die Burg in Deutschland. Aufzeichnung und Analyse der
Ehrenburg auf dem Hunsrück, Darmstadt 1962 (masch. schr.).
Einsiedeln (Reichsabtei, Residenz). Um die Zelle
des 861 ermordeten Einsiedlers Meinrad wurde zu Beginn des 10. Jahrhunderts
eine Klausnergemeinde gegründet, die 934 Benediktinerabtei wurde. 947 stattete
König Otto I. das Kloster mit Immunität und freier Abtwahl aus (Reichsabtei).
Seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts stand (Maria) E. im Streit mit Schwyz um
seine südlichen Güter (Marchenstreit). 1283 kam die Vogtei
an Habsburg, 1286/1294/1424 an Schwyz, das 1350 die streitigen Güter gewann.
Damit unterfiel die Abtei der Herrschaft von Schwyz.
L.: Wolff 522; Ringholz, O., Geschichte des fürstlichen Benediktinerstifts
Einsiedeln, Bd. 1 1904; Kläui, P., Untersuchungen zur Gütergeschichte des
Klosters Einsiedeln vom 10. bis zum 14. Jahrhundert, Festgabe H. Nabholz, 1934,
78ff.; Kälin, W., Einsiedeln, 1958; Corolla Heremitana. Neue Beiträge zur Kunst
und Geschichte Einsiedelns und der Innerschweiz, hg. v. Schmid, A., 1964;
Keller, H., Kloster Einsiedeln im ottonischen Schwaben, 1964; Gilomen-Schenkel,
E., Einsiedeln, LexMA 3 1986, 1743f.; Böck, H., Einsiedeln, 1989; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 652,
1, 2, 164; Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft und das Heilige römische Reich,
2007.
Elchingen (Reichsabtei, Reichsstift). Kurz nach
1100 gründeten Graf Albert von Ravenstein (Graf von Dillingen ?) und seine
Gattin (?) Bertha auf dem Grund der Burg E. bei Neu-Ulm ein
Benediktinerkloster. Nach einem Brand von 1134 wurde es vor 1142 von Berthas
Tocher Luitgard und ihrem Gemahl Markgraf Konrad von Meißen neugegründet. 1225
kam es unter den Schutz des Papstes. Die Vogtei
gelangte links der Donau 1396 an die Reichsstadt Ulm, rechts der Donau über die
Markgrafen von Burgau an Habsburg. 1484/1495 wurde E. zum freien Reichsstift
erhoben, das dann dem schwäbischen Reichskreis angehörte. 1802 wurde es
säkularisiert, sein weitgehend geschlossenes Stiftsgebiet (Oberamt E. und Pflegämter
Fahlheim, Stoffenried und Tomerdingen, insgesamt 2,5 Quadratmeilen und 4200
Einwohnern) kam 1803 an Bayern. Mit der Abtretung des größten Teil des Ulmer
Gebiets 1810 an Württemberg fiel der von diesem Gebiet eingeschlossene
nördliche Teil von E. ebenfalls an Württemberg und gelangte damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 184; Zeumer 552 II a 36, 4; Wallner 688 SchwäbRK 48; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D3; Dirr, A., Die Reichsabtei Elchingen,
1926; Hagel, F., Kloster Elchingen, 1928; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am
Ende des alten Reiches, 1938; Konrad, A., Die Reichsabtei Elchingen, 1965;
Hemmerle, J., Die Benediktinerklöster in Bayern, 1970.
Ellwangen (Fürstpropstei, fürstliche Propstei,
Fürstentum, Residenz). Das Benediktinerkloster E. („Elch-wangen“) an der Jagst
wurde um 764 (750 ?) im Grenzwald Virgunna zwischen Franken und Schwaben von
den fränkischen Herren Hariolf und Erlolf (Bischof von Langres) gegründet. Seit
817 erschien das 812 erstmals genannte Kloster unter den Reichsabteien. Seine
staufertreuen Äbte waren seit 1215 Reichsfürsten. Die Vogtei
hatten zuerst die Grafen von Oettingen, seit etwa 1370 die Grafen von
Württemberg. 1460 wurde es in ein exemtes weltliches Chorherrenstift mit einem
Fürstpropst und einem Stiftskapitel (12 adlige Kanoniker, 10 Chorvikare)
umgewandelt. Zu den 1337 bestehenden Ämtern E., Tannenburg und Kochenburg kamen
1471 Rötlen, 1545 Wasseralfingen und 1609 Heuchlingen. Um 1800 war es im Kanton
Odenwald des Ritterkreises Franken immatrikuliert. E. stellte die bedeutendste
geistliche Herrschaft in Württemberg dar, die bei der Säkularisation 1802 etwa
20000 Menschen umfasste. Das Herrschaftsgebiet von etwa 500 Quadratkilometern
(7 Quadratmeilen) gliederte sich in die sechs fürstlichen Oberämter und ein
Oberamt des Stiftskapitels. 1802/1803 kam E. an Württemberg und damit 1951/1952
zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 157; Zeumer 552 II a 29; Wallner 686 SchwäbRK 17; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3; Riedenauer 129;
Beschreibung des Oberamts Ellwangen, 1886; Die Ellwanger und Neresheimer
Geschichtsquellen, 1888, Anhang zu Württemberg. Vierteljahreshefte; Hutter, O.,
Das Gebiet der Reichsabtei Ellwangen, 1914 (Diss. phil. Tübingen); Häcker, E.,
Ellwangen an der Jagst, 1927; Schefold, M., Stadt und Stift Ellwangen, 1929;
Hölzle, E., der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Pfeifer,
H., Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Fürstpropstei Ellwangen, 1959;
Ellwangen 764-1964. Beiträge und Untersuchungen zur 1200-Jahrfeier, hg. v.
Burr, V., Bd. 1f. 1964; Ellwangen, Germania Benedictina V: Baden-Württemberg,
1975; Seiler, A., Ellwangen. Von der Klostersiedlung zur modernen Flächenstadt,
1979; Fahlbusch, F., LexMA 3 1986, 1850; Schulz, T., Das Fürststift Ellwangen
und die Ritterschaft am Kocher, 1986, Ellwanger Jb. 31 (1986); Stievermann, D.,
Das geistliche Fürstentum Ellwangen im 15. und 16. Jh., Ellwanger Jb. 32 (1988);
Pfeifer, H., Das Chorherrenstift Ellwangen, FS H. Maurer, 1994, 207; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 654,
1, 2, 173; Das älteste Urbar der Abtei, bearb. v. Häfele, H., 2008.
Elsass (Gau?, Landschaft, Landgrafschaft), frz.
Alsace. Das etwa 190 Kilometer lange und 50 Kilometer breite, rund 8280
Quadratkilometer umfassende, zunächst keltisch besiedelte E. (ahd. ali-saz,
Fremdsitz) zwischen Oberrhein und Vogesen (Wasgenwald), das nur von 640 bis
740, von 1680 bis 1789, von 1871 bis 1918 und ab 1973 eine politische Einheit
bildet(e), wurde 58 v. Chr. von Cäsar erobert (82/90 n. Chr. Germania superior,
Obergermanien). Von 260 n. Chr. an wurde es allmählich von Alemannen besetzt,
die 496 den Franken unterlagen. Zum Jahre 610 (um 613) erscheint bei Fredegar
der Name Alesaciones. Bis 740 war das Gebiet zeitweise eigenes fränkisches
Herzogtum der Etichonen (Herzog Eticho 673), das nach der Wiedereingliederung
des alemannischen ostrheinischen Herzogtums in das Frankenreich nicht wieder
besetzt wurde. E. wird in die Grafschaften Nordgau und Sundgau geteilt. 843 kam
E. zu Lotharingien, 870 zum ostfränkischen Reich. 925 wurde es Teil des
Herzogtums Schwaben. Von der Mitte des 11. Jahrhunderts an wurde es zunächst
ein Kerngebiet der königlichen Herrschaft, kam 1079 an Friedrich von Staufen,
zerfiel aber nach dem Untergang der Staufer um 1254 in zahlreiche einzelne
Herrschaften. Der 1273 zum König gewählte Rudolf von Habsburg richtete zur
Wiedergewinnung und Verwaltung des Reichsgutes unter anderem die
Reichslandvogteien Oberelsass und Unterelsass (Niederelsass) ein, die noch zu
seinen Lebzeiten (vor 1291) in Hagenau zusammengelegt wurden. Die
Landgrafschaft im Oberelsass (Sundgau), die seit 1135/1268 den Grafen von
Habsburg zustand, ließ Habsburg zum wichtigsten weltlichen Landesherren werden.
Ausgangspunkt waren dabei Güter um Ottmarsheim, zu denen 1130 Güter um Landser
und Ensisheim kamen, sowie die Vogtei über
Murbach. 1224 erwarb Habsburg die Herrschaft Rothenberg bzw. Rotenberg
(Rougemont), 1283 die Herrschaft Dattenried (Delle) von den Grafen von
Mömpelgard, 1324 durch die Heirat mit der Erbtochter der Grafen von Pfirt die
Grafschaft Pfirt mit den Herrschaften Altkirch, Pfirt, Blumenberg (Florimont),
Thann und Sennheim, 1347 die Herrschaft Rosenfels (Rosemont), 1350/1361 die
Herrschaft Belfort. 1354 schlossen sich die zehn elässischen Reichsstädte zum
Zehnstädtebund (Dekapolis) zusammen. Die Landgrafschaft im Unterelsass
(Niederelsass), dem früheren Nordgau, die zuerst von den Grafen von Hünenburg,
dann von den Grafen von Werd ausgeübt wurde, kam 1359/1362 an das Hochstift
Straßburg. 1469 verpfändete die Tiroler Linie Habsburgs ihre elsässischen
Gebiete an Burgund, doch wurden die burgundischen Herrscher 1475 vertrieben und
fiel Burgund seinerseits über Maria von Burgund an Habsburg zurück, das 1504
die Reichslandvogtei (in Hagenau) von der Pfalz zurückgewinnen konnte. Bei der
Einteilung in Reichskreise kam das habsburgische Oberelsass zum
österreichischen Reichskreis, das Unterelsass zum oberrheinischen Reichskreis.
Wichtige Herren neben Habsburg waren die Pfalz (Grafschaft Rappoltstein,
Herrschaft Rappoltsweiler), Württemberg (Grafschaft Horburg, Herrschaft Reichenweier)
sowie die Reichsgrafen von Hanau-Lichtenberg, Leiningen und Salm.
1648/1684/1697 wurden der Sundgau Habsburgs und die Vogtei
über die zehn in der Reformation protestantisch gewordenen, 1674 besetzten
Reichsstädte Weißenburg, Hagenau, Rosheim, Oberehnheim, Schlettstadt,
Kaysersberg, Türkheim, Colmar (Kolmar), Münster, Landau und Straßburg an
Frankreich abgetreten. 1681 wurde Straßburg von Frankreich besetzt und bis 1697
verleibte sich Frankreich den größten Teil des restlichen E. ein. Der Conseil
Souverain d'Alsace trat als oberste Behörde Frankreichs an die Stelle der
Regierung Österreichs in Ensisheim. Gleichwohl blieb das E. bis 1789/1790, als
die Provinz E. durch die Départements Haut-Rhin und Bas-Rhin ersetzt wurde und
Frankreich die deutschen Reichsgesetze offiziell aufhob und die
Reichsgrafschaften und Reichsherrschaften annektierte, deutschsprachig und
geistig-kulturell (mit wachsendem Abstand) dem Reich verbunden. Danach wurde es
vor allem durch Napoleon, dessen Regelungen bis 1982 Bestand behielten,
zunehmend in Frankreich integriert, wobei ein einflussreicher frankophoner
Bevölkerungsteil einem konservativem deutschsprachigen Bevölkerungsteil
gegenübertrat. Nach 1918 trieb die Verwaltung Frankreichs 110000 Menschen unter
Beschlanahme ihres Vermögens aus dem Lande. Zu Beginn des zweiten Weltkriegs
wurde ein Drittel der Bevölkerung nach Südwestfrankreich evakuiert, wovon zwei
Drittel 1940 in das von Deutschland besetzte Land zurückkehrten. Am Ende des
20. Jh.s spricht weniger als ein Drittel der Schüler noch Elsässisch und die
deutsche Sprache verschwindet aus dem öffentlichen Leben. S. a.
Elsass-Lothringen.
L.: Wolff 293ff.; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Stoffel,
G., Topographisches Wörterbuch des Oberelsass, 2. A. 1876; Clauss, J.,
Historisch-topographisches Wörterbuch des Elsass, Lief. 1-15 (A-St) 1895ff.;
Die alten Territorien des Elsass nach dem Stand vom 1. Januar 1648, 1896
(Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen, Heft 27); Jacob, K., Die
Erwerbung des Elsass durch Frankreich im Westfälischen Frieden, 1897; Jacob,
K., Das Reichsland Elsass-Lothringen, Bd. 1ff. 1898ff.; Die alten Territorien
des Bezirks Lothringen nach dem Stande vom 1. Januar 1648, Teil 1 1898 (
Statistische Mitteilungen über Elsass-Lothringen, Heft 28); Berthaut,
H./Berthaut, A., La carte de France 1750-1848, 1899; Becker, J., Geschichte der
Reichslandvogtei im Elsass 1273-1648, 1905; Müller, F., Die elsässischen
Landstände, 1907; Curs, O., Deutschlands Gaue im zehnten Jahrhundert, 1908, 6
(Alsatia, Alsaciensis, Helisaze, Elisadiun, Colmar, Hüttenheim, Selz,
Sermersheim, Lupstein, Schweighausen, Wittersheim, Reichshofen, Altdorf bzw.
Altorf, Brumath, Ebersheim, Andlau, Schlettstadt, Künheim bzw. Kühnheim,
Winzenheim, Morschweiler, Balzenheim, Hindisheim, Illkirch bzw. Illenkirchen,
Offenheim, Hessenheim bzw. Heßheim, Ostheim, Feldkirch[, nicht Badelsbach bzw.
Bohlsbach in Baden]); Vildhaut, H., Politische Strömungen und Parteien im
Elsass von 1871 bis 1911, 1911; Schott, K., Die Entwicklung der Kartographie
des Elsasses, Mitt. d. Ges. für Erdkunde und Kolonialwesen zu Straßburg, 1913;
Wackernagel, R., Geschichte des Elsass, 1919; Elsass-Lothringen-Atlas, 1935;
Büttner, H., Geschichte des Elsass, Bd. 1 1939; Marichal, P., Dictionnaire
topographique du département des Vosges, comprenant les noms de lieu anciens et
modernes, Paris 1941; Fallex, M., L'Alsace, la Lorraine et les Trois-Evêchés,
du début du 18. siècle à 1789, Paris 1941; Gysseling, M., Toponymisch
Woordenboek, 1960, 313; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I,
9, II, 9, 13, 21, 22, 23, 41, III, 11, 14, 16, 30, Elisazun, Elisaz, Alisatia,
pagus Alisacensis, Helisaze, Hillisazaas, Illisacia, Alesaciones, Alisanzgouwe,
Elisgaugium, Elsass; Himly, F., Atlas des villes médievales d'Alsace, 1970;
Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique, 1972, 11 Alsace;Histoire de
l’Alsace, hg. v. Rapp, F., Bd. 1ff. 1976ff.; Paroisses et communes de France.
Dictionnaire d'histoire administrative et demographique: Kintz, J., Bas-Rhin,
1977; Duranthon, M., La carte de France, son Histoire 1678-1979, 1978; Dreyfus,
F., Histoire de l'Alsace, 1979; Seidel, K., Das Oberelsass vor dem Übergang an
Frankreich. Landesherrschaft, Landstände und fürstliche Verwaltung in
Alt-Vorderösterreich (1602-1638), 1980; Dollinger, P., Histoire de l'Alsace, 4.
A. 1984; Encyclopédie de l’Alsace, Bd. 1ff. 1982ff.; Dollinger, P., Elsass,
LexMA 3 1986, 1852ff.; Hiery, H., Reichstagswahlen im Reichsland, 1986; Vogler,
B., Das Elsass zur Zeit des französischen Ancien Régime (1648-1789),
Alemannisches Jb. 1987/88 (1988); Ebert, K., Das Elsass, 1989; Das Elsass und
Tirol, hg. v. Thurnher, E., 1994; Seiler, T., Die frühstaufische
Territorialpolitik im Elsass, 1995; Das Elsass, hg. v. Erbe, M., 2002; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 528 (Unterelsass), 530 (Oberelsass);
Hummer, H., Politics and Power in Early Medieval Europe, 2005; Bornert, R., Les
monastères d’Alsace, Bd. 1ff. 2009; Igersheim, F., L’Alsace et ses historiens
1680-1914, 2006; Vogler, B., Geschichte des Elsass, 2012.
Elten (Stift, Damenstift, Frauenstift,
Reichsstift, Residenz). 967 gründete Graf Wichmann von Hamaland auf den
Eltenberg bei E. am Niederrhein, auf dem 944 erstmals eine Burg erwähnt wird,
ein adliges Damenstift. Dieses wurde 968 von Kaiser Otto I. bestätigt und
erhielt 973 von Kaiser Otto II. königlichen Schutz. Bald ging es an das Reich
über. 1473 überließ der Herzog von Burgund den Herzögen von Kleve die Vogtei über E. und seine umfangreichen Güter (1469
Hektar). 1802 wurde E. von Preußen in Besitz genommen. 1806/1807 kam es an das
Großherzogtum Berg, 1815 erneut an Preußen, 1946 zu Nordrhein-Westfalen. Am 23.
4. 1949 wurde es mit etwa 20 weiteren deutschen Gemeinden (rund 70
Quadratkilometer mit etwa 10000 Bewohnern) bis zu einer endgültigen
Friedensregelung mit dem Deutschen Reich vorläufig dem Hoheitsgebiet der
Niederlande zugeschlagen, am 1. 8. 1963 aber wieder zurückgeführt. Der Ort E.
wurde 1975 in Emmerich eingemeindet.
L.: Wolff 494f.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Gies, L.,
Elten, 1958; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen
(1815-1945), FS Schmelzeisen, G., 1980, 177; Binding, G., Hochelten, LexMA 5
1990, 57; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 706, 1, 2, 176.
Engelberg (Abtei). In einem Talkessel der
Unterwaldener Alpen gründete 1120 Konrad von Sellenbüren (Selenbüren) das
Benediktinerkloster E. Ab 1124 stand es unter päpstlichem und kaiserlichem
Schutz. Aus der Ausstattung in Streulage wurde rasch ein geschlossenes Gebiet
im Engelbergertal zwischen Grafenort und Stierenbachfall. Zu Beginn des 13.
Jahrhunderts übertrug der Abt die Vogtei dem
König. Der Abt war Inhaber der hohen und niederen Gerichtsbarkeit in der
nächsten Umgebung des Klosters. Nach 1415 entfiel der kaiserliche Schutz und
die Abtei wurde nicht selten durch die Vogtei
der Eidgenossenschaft der Schweiz bedrängt. Nach dem Umsturz von 1798 kam E.
zum Kanton Waldstätte, 1803 zu Nidwalden, 1815 zu Obwalden.
L.: Wolff 531; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5, II 72 b (bis
1797) E3; Güterbock, F., Engelbergs Gründung und erste Blüte, 1120-1223, 1946;
Reznicek, F. v., Das Buch von Engelberg, 1964; Hunkeler, L., Benediktinerstift
Engelberg, 3. A. 1968; Heer, G., Aus Vergangenheit von Kloster und Tal
Engelberg, 1975; Abendländische Mystik im Mittelalter, hg. v. Ruh, K., 1986;
Gilomen-Schenkel, E., Engelberg, LexMA 3 1986, 1914.
Eppan (Grafen), ital. Appiano. Nach der
südwestlich von Bozen in Südtirol gelegenen Burg Hocheppan nannten sich die
1116 erstmals erwähnten Grafen von E., die mit den Welfen verwandt waren und um
1165 die Grafen von Morit-Greifenstein beerbten und damit die Vogtei der Bischöfe von Brixen gewannen. Sie hatten
den nördlichen Teil der Grafschaft Trient bis Marling (Merling) bei Meran. Nach
dem Ableben des letzten Familienmitgliedes weltlichen Standes (1248) verloren
sie 1253 die Grafschaft E. an die Grafen von Tirol und starben nach 1250 im
Mannesstamm und insgesamt um 1300 aus.
L.: Buch, A., Eppaner Höhenburgen und Schlösser und Begebenheiten um und in
Eppan aus der Geschichte Tirols, 1903; Mahlknecht, B., Burgen, Schlösser und
Ansitze in Eppan, 1980; Nössing, J., Eppan, LexMA 3 1986, 2091; Riedmann, J.,
Geschichte Tirols, 3. A. 2001; Eppan - Geschichte und Gegenwart, hg. v.
Mahlknecht, B., 1990; Mahlknecht, B., Die Grafen von Eppan, Der Schlern 72
(1998), 675; Landi., W., Die Grafen von Eppan, 2010.
Erbach (Herrschaft, Grafschaft,
Reichsgrafschaft). E. im Odenwald wird erstmals zu 1148 (Eberhard von Ertbach)
erwähnt. Etwa gleichzeitig wird in einer Lorscher Handschrift von 1165/1170 ein
rheinfränkisches, möglicherweise auf die Reichsministerialen von
Hagen-Arnsburg-Münzenberg zurückführbares Ministerialengeschlecht sichtbar, das
Vogteirechte (?) der Reichsabtei Lorsch wahrnahm
bzw. als villici Güter Lorschs in der Mark Michelstadt verwaltete und um
1218/1220 das Schenkenamt König Heinrichs (VII.) innehatte. 1223 überantwortete
der König sie an die Pfalzgrafen bei Rhein. Vermutlich zwecks Verhinderung des
Aufstiegs in die Reichsministerialität erhielt es um 1226 oder um die Mitte des
13. Jh.s das Erbschenkenamt der Pfalzgrafen bei Rhein. Im späten 12. oder
frühen 13. Jahrhundert entstand dann in E. eine Burg, die als Lehen der Pfalz
im Besitz der Schenken zu E. war. Die Herrschaft E. beruhte im Übrigen
weitgehend auf Gütern des 1232 an das Erzstift Mainz fallenden Klosters Lorsch
im östlichen Odenwald um Michelstadt, dazu Beerfelden (Lehen der Pfalz) und
Reichelsheim. Um 1270 entstanden durch Teilung die Linien Erbach-Erbach (bis
1503), Erbach-Michelstadt und Erbach-Fürstenau (bis 1534). Bis 1307/1311 musste
das Geschlecht alle Güter der Pfalz zu Lehen auftragen. Eine Aufteilung der
Nutzung in die Linien Erbach und Reichenberg mit der Nebenlinie Michelstadt war
nur vorübergehend von Bedeutung, da die Güter 1503 bzw. 1531 in der Linie
Reichenberg wiedervereinigt wurden. 1422 (Reichstag von Nürnberg) wurde die
Reichsstandschaft erlangt. Die im 15. Jahrhundert erworbene Herrschaft
Bickenbach wurde 1704 wieder verkauft und dafür Rothenberg erworben. 1531 wurde
die Gerichtsexemtion, 1541 das Münzrecht gewonnen. 1529 wurde das Landrecht der
Grafschaft aufgezeichnet, 1532 wurden die Schenken von E. zu Reichsgrafen. Etwa
gleichzeitig wurde die Reformation eingeführt. 1556 erlangten die Grafen durch
Heirat wichtige Güter aus dem Erbe der Grafen von Wertheim (u. a. Breuberg).
Georg Albrechts († 1647) Söhne teilten die Nutzung unter den Hauptlinien
Erbach-Erbach und Erbach-Fürstenau. Nachdem Erbach-Erbach 1721 erloschen war, teilte
sich die Familie 1717/1719/1748 in die Linien Erbach-Erbach und
Erbach-Fürstenau und die von dieser abgespaltete Linie Erbach-Schönberg. 1801
gehörte die Reichsgrafschaft samt Herrschaft Breuberg mit 10,5 Quadratmeilen
und 24000 Einwohnern dem fränkischen Reichskreis an. 1804 übernahm die Linie
Erbach-Erbach durch Adoption Namen und Gut der aussterbenden Grafen von
Wartenberg-Rot (Wartenberg-Roth). 1806 kam E. mit 526 Quadratkilometern und
rund 33000 Einwohnern an Hessen-Darmstadt, das 1560 erworbene Amt Wildenstein
an Bayern. Die Reichsgrafschaft Wartenberg-Rot (Wartenberg-Roth) wurde an
Württemberg veräußert und gelangte damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 123; Zeumer 552 II b 62, 3; Wallner 692 FränkRK 11; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Simon, G., Die Geschichte der Dynasten und Grafen zu Erbach, 1858; Mornewag,
K., Stammtafeln des mediatisierten Hauses Erbach, 2. A. 1908; Müller, C.,
Geschichte des Hauses Erbach-Erbach von 1818 bis zur Gegenwart, 1955;
Kleberger, E., Territorialgeschichte des hinteren Odenwaldes, 1958, Neudruck
1987; Erbach im Odenwald, 1959; Landkreis Erbach im Odenwald, hg. v. Mushake,
A., 1960; Berichte zur deutschen Landeskunde 37, 1 (1966); Fahlbusch, F.,
Erbach, LexMA 3 1986, 2100; Das Landrecht oder die eigentümlichen bürgerlichen
Rechte und Sitten der Grafschaft Erbach, hg. v. Beck, F., 1989; Steinmetz, T.,
Die Schenken von Erbach, 2000; Scholz, S., Die Schenken von Erbach, Archiv f.
hess. Gesch. N. F. 62 (2004), 27ff.; Grafen und Herren in Südwestdeutschland,
hg. v. Andermann, K u. a., 2006; Steiger, U., Die Schenken und Herren von
Erbach, 2007; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und
Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 173.
Esterau (Reichsherrschaft). 1643 kaufte der
kaiserliche Feldmarschall Peter Eppelmann (Melander) aus Hadamar von den
Fürsten von Nassau-Hadamar die unmittelbare Reichsherrschaft E. an der Lahn und
die Vogtei Isselbach, die Kaiser Ferdinand III.
daraufhin zur Reichsgrafschaft Holzappel erhob. 1806 kam sie an Nassau und
damit 1866 an Preußen (Hessen-Nassau). 1946 gelangte das Gebiet zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 362.
Falkenstein (Herrschaft, Grafschaft). Um 1120
gründeten die Edlen von Konradsburg nach Umwandlung ihrer Stammburg in ein
Kloster auf einem Felsen über dem Selketal am Rand des Harzes die Burg F. Seit
1155 nannten sie sich Grafen von F. Um 1200 erhielten sie die Vogtei über Quedlinburg. Graf Hoyer von F. (†
1250/1251) veranlasste um 1220 die Abfassung des Sachsenspiegels durch Eike von
Repgow. Durch Heirat wurde um 1292 die Grafschaft Arnstein erworben. 1386/1437
kam F., das 1332 an das Hochstift Halberstadt gelangt war, von diesem als Lehen
bzw. durch Verkauf an die Herren von Asseburg. S. Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 440; Ledebur, L. v., Die Grafen von Valkenstein, 1847; Wäscher, H.,
Die Baugeschichte der Burg Falkenstein im Selketal, 1955.
Feuchtwangen (Reichsabtei). Das wahrscheinlich im 8.
Jahrhundert von einem Grundherren gegründete und dann an Karl den Großen
gegebene Benediktinerkloster F. (fiuhtin-wang) bei Ansbach wird 817 erstmals
erwähnt. Es wurde zur Reichsabtei, erscheint aber ab 1197 nur noch als ein
Kollegiatstift. Die Vogtei verlieh der Bischof
von Augsburg im Namen des Königs, unter anderem an die Grafen von Oettingen.
1376 verpfändete Kaiser Karl IV. Stift und Vogtei
an die Burggrafen von Nürnberg. 1563 wurde das Stift aufgehoben.
L.: Schaudig, W., Geschichte der Stadt und des ehemaligen Stiftes Feuchtwangen,
1927; Ramisch, H., Landkreis Feuchtwangen, 1964.
Finstingen (reichsunmittelbare Herrschaft), frz.
Fénétrange. Die Herren von F. stammen von den Herren von Malberg in der Eifel
ab. Aus Vogteigütern der Abtei Remiremont und
Lehen des Hochstifts Metz entstand um F. in Lothringen im 12. Jahrhundert eine
reichsunmittelbare Herrschaft. Die Rechte an ihr waren später stark
aufgesplittert. Seit 1751 standen sie Lothringen und damit Frankreich zu. Die
Familie erlosch 1467/1500 im Mannesstamm.
L.: Wolff 305; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4; Herrmann, H.,
Finstingen, LexMA 4 1989, 485.
Formbach (Grafen) (, Vornbach). Im 9. bzw. 10.
Jahrhundert erscheinen mit einem Meginhard Grafen von F., die außer mit den
Liutpoldingern bzw. Luitpoldingern, Brunonen und Wettinern mit den Grafen von
Wels-Lambach verwandt waren und die Grafschaft im Traungau innehatten. 1158
erlosch die im 11. Jahrhundert in den Linien Formbach-Neuburg (Ekbert),
Vichtenstein und Windberg-Ratelberg bzw. Windberg-Radlberg (Winzenburg)
sichtbare Familie, die gestützt auf mehr als hundert Edelfreienfamilien und
Ministerialenfamilien zwischen Isar, Hausruck, Rott und Böhmen begütert war und
zeitweise die Grafschaft im Schweinachgau und im Künzinggau (zwischen Isar und
Vils) sowie die Vogtei über die Hochstifte
Regensburg, Passau und Bamberg und die Klöster Göttweig, Niederaltaich und Sankt
Nikola bei Passau innehatte und 1040/1094 das Kloster Vornbach (Formbach) am
Inn stiftete. Erben waren vor allem die Babenberger und Otakare sowie die
Grafen von Andechs, Bogen und Ortenburg.
L.: Lechner, K., Die Babenberger, 1976; Das babenbergische Österreich
(976-1246), hg. v. Zöllner, E., 1978; Jungmann-Stadler, F., Formbach, LexMA 4
1989, 645; Lashofer, C., Die Formbacher als Vögte des Stiftes Göttweig, (in)
Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 106 (1995), 221;
Loibl, R., der Herrschaftsraum der Grafen von Vornbach, 1997.
Frauenalb (Kloster). 1180/1185 gründeten die
Grafen von Eberstein das Benediktinerinnenkloster F. (Cella sanctae Mariae) bei
Herrenalb. Die Vogtei über das Kloster, das die
Orte Schielberg, Metzlinschwand (Mentzlinschwand), Muggensturm, Pfaffenrot,
Völkersbach, Burbach, Spessart, Sulzbach, Ersingen, Bilfingen und
Unterniebelsbach erwarb, kam seit dem Ende des 13. Jahrhunderts an die
Markgrafen von Baden, 1535 an Baden-Baden. 1803 fiel das 1598-1631 aufgehobene
F. an Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 203; Thoma, A., Geschichte des Klosters Frauenalb, 1898.
Freiburg ([Grafen,] Stadt, Reichsstadt, Residenz
Habsburgs), Freiburg im Breisgau. Vermutlich 1120 gründeten die Herzöge
Berthold III. und Konrad II. von Zähringen am Handelsweg von Schwaben nach
Burgund im Anschluss an ältere Siedlungen den Marktort Freiburg. Nach ihrem
Aussterben fiel er 1218 an die Grafen von Urach, die sich seitdem Grafen von F.
(Urach-Freiburg) nannten und auf der vielleicht von Berthold II. am Ende des
11. Jahrhunderts erbauten Burg auf dem Schlossberg saßen (Egino I. bis
1236/1237, Konrad I. 1236/1237-1271, Egino II. 1271-1316, Konrad II. 1316-1350,
Friedrich 1350-1356, Egino III. 1358-1385, Konrad III. 1385-1424, Johann
1424-1444). 1368 unterstellte sich F. im Kampf mit seinen Grafen Habsburg.
Unter dessen Herrschaft hatte es von 1415 bis 1427 während der Reichsacht
Herzog Friedrichs die Stellung einer Reichsstadt und erwarb später die Dörfer
Herdern, Betzenhausen, Lehen, Zarten, Kirchzarten, Horben sowie die Güter und
die Vogtei des Klosters Sankt Märgen im
Schwarzwald. Die Grafen von F. herrschten nur noch auf ihren südlich Freiburgs
gelegenen Gütern auf Burg Neuenfels in Badenweiler. Der letzte Graf gab 1444
seine Herrschaft Badenweiler an die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg, die
durch den Zusammenschluss der Herrschaftsgebiete Rötteln, Sausenberg und
Badenweiler das Markgräflerland entstehen ließen. F. kam 1678 an Frankreich,
1697 wieder an Österreich und 1805 an Baden und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg. S. a. Urach-Freiburg.
L.: Wolff 41; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Schreiber, H.,
Geschichte der Stadt und Universität Freiburg im Breisgau, Bd. 1ff. 1857ff.;
Bader, J., Geschichte der Stadt Freiburg, Bd. 1f. 1882ff.; Albert, P., 800
Jahre Freiburg, 1920; Hefele, F., Freiburger Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1938ff.; Freiburg
im Breisgau. Stadtkreis und Landkreis. Amtliche Kreisbeschreibung, Bd. 1 1965;
Freiburg im Mittelalter, hg. v. Müller, W., 1970; Freiburg in der Neuzeit, hg.
v. Müller, W., 1970; Diestelkamp, B., Gibt es eine Freiburger Gründungsurkunde
aus dem Jahre 1120?, 1973; Keller, H., Über den Charakter Freiburgs in der
Frühzeit der Stadt, (in) FS Schwineköper, B., hg. v. Maurer, H./Patze, H.,
1982; Scott, T., Die Territorialpolitik der Stadt Freiburg im Breisgau im
ausgehenden Mittelalter, Schauinsland 102 (1983), 7ff.; Schott, C., Die Zugorte
des Freiburger Oberhofes, FS Thieme, H., 1986, 157; Nüwe Stattrechten und
Statuten der loblichen Statt Fryburg im Pryszgow gelegen, hg. v. Köbler, G.,
1986; Blattmann, M., Die Freiburger Stadtrechte zur Zeit der Zähringer, Diss.
Freiburg 1988; Boehm, L., Freiburg im Breisgau, LexMA 4 1989, 888ff.; Nassall,
W., Das Freiburger Stadtrecht von 1520, 1989; Geschichte der Stadt Freiburg,
hg. v. Haumann, H. u. a., Bd. 2 1994; Freiburg 1091-1120, hg. v. Schadek, H. u.
a., 1995; Kälble, M., Zwischen Herrschaft und bürgerlicher Freiheit, 2001; Höfe
und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a.,
2003, 1, 2, 192; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 204.
Freising (Hochstift, Residenz). Auf dem Boden des
heutigen F. bestand vermutlich schon eine römische Siedlung. Um 700 erbauten
die agilolfingischen Herzöge auf dem Domhügel links der Isar eine 744 erstmals
erwähnte Burg (castrum Frigisinga zu dem Personennamen Frigis). 724 rief Herzog
Grimoald den heiligen Korbinian († 725) nach F., der dort die Anfänge des 1020
erneuerten Klosters Weihenstephan begründete. Um 738/739 errichtete der heilige
Bonifatius das Bistum F. (Bischof Erimbert), welches das obere Isargebiet
(Landshut, Inn, Ammersee, Werdenfels) umfasste und zunächst Mainz, seit 798
Salzburg unterstellt war. Vermutlich hat gegen 765 Bischof Arbeo von F. das
lateinisch-lateinische Synonymenlexikon mit dem Anfangswort Abrogans ins
Althochdeutsche übertragen lassen (erstes erhaltenes althochdeutsches Buch).
Das zum späteren bayerischen Reichskreis gehörige Hochstift hatte
grundherrschaftliche, unter Vogtei der Grafen
von Wittelsbach stehende Güter in Bayern, Tirol (Pustertal), Österreich,
Steiermark, Kärnten und Krain, erlangte im Ringen mit den Herzögen von Bayern
die Landesherrschaft (1220 Reichsunmittelbarkeit) aber nur für das Kerngebiet
um F. (F., Grafschaften Ismaning [um 1294], Werdenfels mit Garmisch, Herrschaft
Burgrain). 1156 entriss Heinrich der Löwe dem Hochstift die Zollstelle in
Oberföhring (Föhring) zugunsten Münchens. Die 973 erlangte Grafschaft Cadore im
Osten der Dolomiten wurde 1510 von Venedig annektiert. Seit dem 13. Jahrhundert
zählten die Bischöfe zu den Reichsfürsten. 1802/1803 fielen die Güter an Bayern
(mit Reichsgrafschaft Ismaning, Werdenfels [einschließlich Reichsgrafschaft
Partenkirchen-Mittenwald] und der Herrschaft Burgrain bei Wasserburg, 15
Quadratmeilen, 11919 Einwohner).
L.: Wolff 138; Zeumer 552 II a 16; Wallner 712 BayRK 7; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) F4; III 38 (1789) D3; Meichelbeck, C.,
Historia Frisingensis, Bd. 1f. 1724ff.; Deutinger, M. v., Beiträge zur
Geschichte, Topographie und Statistik des Erzbistums München und Freising, Bd.
1-13 1850ff.; Mayer, A./Westermayer, G., Statistische Beschreibung des
Erzbistums München-Freising, Bd. 1ff. 1874ff.; Bitterauf, T., Die Traditionen
des Hochstifts Freising, Bd. 1f. 1905ff.; Ammer, A., Der weltliche Grundbesitz
des Hochstiftes Freising, (in) FG zum zwölfhundertjährigen Jubiläum des
heiligen Korbinian, hg. v. Schlecht, J., 1924, 299ff.; Kriechbaum, E., Zur
Kulturgeographie des Freisinger Landes, Dt. Archiv f. Landes- u. Volksforschung
6 (1942), 310; Albrecht, D., Hochstift Freising. Die Grafschaft Werdenfels,
(in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, 1955; Alckens, A.,
Freising, Geschichte einer altbayerischen Bischofsstadt, 1964; Stahleder, H.,
Hochstift Freising, Freising, Ismaning, Burgrain, (in) Historischer Atlas von
Bayern, Teil Altbayern, 1974; Beitrag zur Geschichte, Topographie und Statistik
des Erzbistums München und Freising, hg. v. Verein für Diözesangeschichte
München und Freising, 1988; Maß, J., Das Bistum Freising im Mittelalter, 1988;
Das Bistum Freising in der Neuzeit, hg. v. Schwaiger, G., 1989; Das Erzbistum
München und Freising im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Schwaiger, G., 1989;
Stahleder, H., Freising, LexMA 4 1989, 903ff.; Freising, hg. v. Fahr, F., 1989;
Festschrift aus Anlass der Einweihung des Ämtergebäudes für das Amtsgericht und
das Vermessungsamt am Domberg in Freising, hg. v. Gössl, H, 1989; Hagen, D.,
Herrschaftsbildung zwischen Königtum und Adel, 1995; Bauer, R., Monachium
Frisingense, Oberbayerisches Archiv 126 (2002), 1; http://www.bayerische-landesbibliothek-online.de/hsta-freisingertraditionen/
(Cozroh-Codex); Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 535, 1, 2, 194.
Fronhausen (Ganerbschaft). F. zwischen Gießen und
Marburg ist 1159 als Gut des Stiftes Essen bezeugt. Die Vogtei hatte seit 1199 eine Linie der Schenken zu Schweinsberg.
Nach deren Aussterben kam die Oberburg an die Schenken von Schweinsberg. Die
1367 erbaute Unterburg wurde Hessen zu Lehen aufgetragen, an verschiedene
Familien vererbt und 1589 von Hessen als erledigtes Lehen eingezogen.
L.: Wolff 255; Geschichtlicher Atlas von Hessen, Inhaltsübersicht 33; Schenk zu
Schweinsberg, G., Aus der Geschichte der Fronhauser Burg 1367-1917, 1917;
Schröder, F., Der Oberhof Fronhausen an der Lahn, 1931; Fronhausen an der Lahn,
1989.
Fürstenberg (Reichsritter). Seit dem 13. Jahrhundert
ist eine im Sauerland beheimatete Ministerialenfamilie des Erzstifts Köln
nachweisbar. Sie nannte sich seit 1295 nach der an der Ruhr gelegenen, im
letzten Viertel des 13. Jahrhunderts erbauten, aber wohl kurz nach 1326 wieder
zerstörten Burg F. bei Neheim. Sie stammte wahrscheinlich von dem Geschlecht
der Binolen ab. Am Anfang des 15. Jahrhunderts hatte sich die Familie in die
drei Hauptlinien Waterlappe, Höllinghofen-Hörde-Livland und
Neheim-Neufürstenberg verzweigt. Güter hatte sie vor allem im nordwestlichen
Teil des Herzogtums Westfalen, aber auch im südwestlichen Sauerland, im
Märkischen, Münsterischen, Paderbornschen, am Nieder- und Mittelrhein (Geldern,
Mainz) und in Livland. Sie war Mitglied des Ritterkreises Rhein. Seit 1572
hatte sie die Vogtei über Kloster Grafschaft
inne.
L.: Roth von Schreckenstein 2, 594; Klocke, F. v., Fürstenbergsche Geschichte,
Bd. 1 1939; Klocke, F. v. u. a., Fürstenbergische Geschichte, Bd. 1ff. 1971ff.;
Fürstenberger Skizzen, hg. v. Gosmann, M., 1995.
Geisenfeld (Kloster). In G. an der Ilm wurde um
1030 von den Grafen von Ebersberg ein Benediktinerinnenkloster gestiftet,
dessen Vogtei 1045 die Grafen von Scheyern bzw.
Wittelsbach erwarben. 1803 wurde es in Bayern aufgehoben.
L.: Jaeger, H., Die Traditionsnotizen des Benediktinerinnenklosters Geisenfeld,
Diss. phil. München, 1948.
Geldern (Grafschaft, Herzogtum, Residenz). Am
Ende des 11. Jahrhunderts (Gerhard Flamens 1033-1057, Graf Gerhard 1061-1067,
nach Lieven Gerhard I. † nach 1033, Gerhardus Flamens † 1082, Gerhard I. von
Wassenberg-Geldern um 1060-um 1129) erscheinen im Raum des Herzogtums Niederlothringen
als Nachkommen der Konradiner die Grafen von G. (1085-1118 auch von Wassenberg
bei Erkelenz) mit Sitz in der Burg G. (1096 de Gelre) an der Niers. Sie hatten Vogteien in G., Erkelenz und Roermond sowie Eigengut
östlich der unteren Maas (Obergeldern). Um 1120 erheiratete Graf Gerhard II.
über Irmgard von Zutphen die durch die Grafschaft Kleve hiervon getrennte
Grafschaft Zutphen an der Yssel/Ijssel und die Herrschaft Arnheim. Später
erlangten die Grafen die Vogtei des Utrechter
Marienstifts. 1247 erzwangen sie gegenüber König Wilhelm von Holland die
Verpfändung der Reichsvogtei Nimwegen mit der Reichsstadt Nimwegen (Nijmwegen)
(sog. Nimwegener Reich) und Emmerich, so dass die Grafen ein bedeutendes
Herrschaftsgebiet zwischen Maas und Roer bis zur Zuidersee hatten. Nach der im
Kampf um das schwiegerväterliche Herzogtum Limburg gegen Brabant 1288
erlittenen Niederlage von Worringen wurden die Grafen von den Ständen abhängig.
1339 erhielt Graf Reinald II. den Herzogstitel. 1371 starb das Geschlecht im Mannesstamm
aus. Im geldrischen Erbfolgekrieg (1371-1379) fiel G. (1377/1379) an die durch
Heirat verbundenen Grafen bzw. Herzöge von Jülich, wurde nach dem Erlöschen
Jülich-Gelderns im Mannesstamm im Erbwege 1423 unter den von den Ständen
gewählten Grafen von Egmond/Egmont aber wieder selbständig. 1472 verpfändete
Arnold von Egmond das Herzogtum an Karl den Kühnen von Burgund, der es 1473
eroberte, vom Kaiser belehnt wurde und Teile Gelderns an Kleve (u. a. Goch
[1614 Preußen]) gab. Mit Burgund fiel G. nach dem Aussterben der 1492 wieder
selbständig gewordenen Grafen von Geldern (1538) mit den vier Quartieren
Arnheim, Roermond, Zutphen und Nimwegen letztlich an Habsburg, das G. 1543 nach
zeitweiliger Lösung (seit 1538 unter Jülich-Kleve-Berg) den habsburgischen
Niederlanden im burgundischen Reichskreis einverleibte und 1548 dem
burgundischen Reichskreis zuteilte. 1578/1579 löste sich unter dem Statthalter
Johann von Nassau der größte Teil Gelderns (Nimwegen, Zutphen, Arnheim) von
Habsburg und schloss sich den Generalstaaten als Provinz Gelderland an
(Utrechter Union). Der südliche Teil (Oberquartier G. südlich von Kleve um G.
und Venlo, Obergeldern) fiel nach dem 1702 erfolgten Aussterben der Prinzen von
Oranien (König Wilhelm III. von England) als Ersatz für Oranien) 1713 im
Frieden von Utrecht an Preußen (G., Straelen, Wachtendonck bzw. Wachtendonk,
Kessel, Kriekenbeck [Kriekenbeek]). 1715 erwarben die Generalstaaten noch
Venlo, Stevensweert und Montfoort (Montfort), 1719 nahm Pfalz-Neuburg Erkelenz,
so dass bei den österreichischen Niederlanden nur Roermond und die Herrschaften
Daelenbroeck (Dalenbroek), Swalmen, Wessem und Elmpt verblieben. Der
österreichische Teil wurde 1801, der preußische Teil 1795/1801 an Frankreich
abgetreten. 1815 kam der österreichische Teil an die Niederlande. Der
preußische Teil ging bis auf einige Stücke, die an die Niederlande fielen
(Kessel, alles Land eine halbe Meile landeinwärts vom Maasufer), 1946 in
Nordrhein-Westfalen auf.
L.: Wolff 66; Wallner 701 BurgRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 6 (1378)
C2, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) B2; Nettesheim, L., Geschichte von Stadt und
Amt Geldern, 1863, Neudruck 2. A. 1963; Sloet v. de Beele, L., Oorkondenboek
der graafschappen Gelre en Zutfen, Teil 1ff. 1872ff.; Heidrich, P., Der geldrische
Erbfolgestreit 1537-43, 1896; Gouda Quint, P./Gouda Quint, S., Bibliographie
van Gelderland, Bd. 1ff. 1910ff.; Holthausen, H., Verwaltung und Stände des
Herzogtums Geldern preußischen Anteils im 18. Jahrhundert, Diss. phil. Bonn
1916; Heimatbuch des Landkreises Geldern, 1964; Ebe-John, E., Geldern, eine
niederrheinische Festung, 1966; Jappe Alberts, W., Geschiedenis van Gelderland,
1966; Der Landkreis Geldern, hg. v. Ebbert, F., 1967; Nikolay, W., Die
Ausbildung der ständischen Verfassung in Geldern und Brabant während des 13.
und 14. Jahrhunderts, 1985; Frankewitz, S., Die geldrischen Ämter Geldern, Goch
und Straelen im späten Mittelalter, 1986; Hövelmann, G., Geldern - Preußens
Maasprovinz (1713-1794), Rhein. Vjbll. 50 (1986); Schiffer, P., Die Grafen von
Geldern im Hochmittelalter (1085-1229), 1988; Venner, G., Die Grafschaft
Geldern vor und nach Worringen, Bll. f. dt. LG. 124 (1988), 267ff.; Herborn,
W., Geldern, LexMA 4 1989, 1198 ff; Nijsten, G., Het hof van Gelre, Diss. phil.
Nimwegen 1992; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 130; Gelre -
Geldern - Gelderland, hg. v. Stinner, J. u. a., 2001; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 71, 793,
1, 2, 207; Nijsten, G., In the Shadow of Burgundy, 2004; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 1, 401, 2, 217; Geldern, hg. v. Landschaftsverband
Rheinland, 2006; Lieven, J., Adel, Herrschaft und Memoria, 2008; Verortete
Herrschaft, hg. v. Lieven, J., 2014, 289.
Gemen, Gehmen (Herrschaft). Mit dem Königshof
bei G. nahe Borken stattete Königin Mathilde (in Engern um 895-Quedlinburg 968)
das Stift Nordhausen aus. Edelherren von G. werden 1092 erstmals genannt. Um
ihre um 1250 dem Herzog von Kleve aufgetragene Burg entstand eine kleine
Herrschaft. 1492 starb das Geschlecht, das als Lehen Kleves auch die Vogtei über das Stift Vreden innegehabt hatte und
weitere zwischenzeitlich erworbene Güter (Bredevoort, Pfandschaft an
Recklinghausen) nicht hatte halten können, aus. Es folgten in weiblicher Linie
die Grafen von Holstein-Schaumburg, nach 1635 die Grafen von Limburg-Styrum.
Ihnen gelang vor allem gegen das Hochstift Münster die Durchsetzung der
Reichsunmittelbarkeit (1700) und die Aufnahme in das westfälische
Reichsgrafenkollegium. 1733 erbten sie die südlich gelegene Herrschaft
Raesfeld. 1784 umfasste die 1560 protestantisch gewordene Herrschaft Burg und
Ort G. sowie zwei Bauerschaften mit insgesamt 0,5 Quadratmeilen. Sie gehörte
zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis, ihre Inhaber zu den
westfälischen Reichsgrafen. 1801 kam sie an die Reichsfreiherren von
Boyneburg-Bömelberg. Am 12. 7. 1806 fiel sie mediatisiert an die Fürsten von
Salm-Kyrburg. Am 13. 12. 1810 erfolgte der Anschluss an Frankreich, 1815 an
Preußen. 1822 wurde G. von der Familie Landsberg-Velen erworben. 1946 kam G. zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 364; Zeumer 554 II b 63, 23; Wallner 705 WestfälRK 54; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Landsberg-Velen, F. Graf v.,
Geschichte der Herrschaft Gemen, 1884; Köbler, G., Gericht und Recht in der
Provinz Westfalen (1815-1945), FS Schmelzeisen, G., 1980, 171.
Gemünden (Reichsstift). Das vom Grafen des
Niederlahngaus 845 in Kettenbach gegründete und bald darauf nach G. im
Westerwald verlegte Stift kam vermutlich noch im 10. Jahrhundert von den
Konradinern an das Reich. Die Vogtei gelangte
von den Konradinern vermutlich über die Grafen von Gleiberg an die Grafen von
Leiningen, vor 1221 an Runkel-Westerburg und dann an die Herren von Westerburg
und die Herren von Runkel, wobei die Bindung an das Reich seit 1336 verloren
ging. Den Herren von Westerburg folgten die Grafen von Leiningen-Westerburg,
unter denen das Stift 1566/1568 die Reformation annahm und die 1599 auch den
Anteil der Grafen von Wied-Runkel erwarben. 1806 fiel G. mit Westerburg an
Berg, 1815 an Nassau, 1866 an Preußen und 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 282.
Genf (Hochstift). Gegen 400 erscheint in dem
ehemaligen Hauptort der keltischen Allobroger am Ausfluss der Rhone aus dem von
ihr gebildeten See ein seit 450 zur Erzdiözese Vienne gehöriger Bischof von G.,
dessen Diözese sich bis zum Mont Cenis, Großen Sankt Bernhard und Waadtland
erstreckte. Von 443 bis 461 war an seinem Sitz der Hauptort des Reiches der
Burgunder. 534 geriet das Gebiet unter die Herrschaft der Franken. Beim Zerfall
des karolingischen Reiches kam G. 887 zum Königreich Burgund und damit 1032 an
das deutsche Reich. Der Bischof galt als Reichsfürst. 1156 gelangte die Vogtei über das Hochstift von den Grafen von G. durch
Friedrich I. Barbarossa an die Herzöge von Zähringen, welche die Rechte des
Bischofs minderten. Seit dem 13. Jahrhundert wirkten die Grafen von Savoyen in
gleicher Richtung. 1365 erhob Kaiser Karl IV. die Grafen zu Reichsvikaren und
leitete damit die völlige Lösung des Hochstifts vom Reich ein. Nachdem der
Bischof, weil er die Herrschaft über die seit 1526 mit Bern und Freiburg
verbündete Stadt an Savoyen übertragen wollte, 1533 zum Wechsel nach Annecy
gezwungen worden war, verlor das Bistum bzw. Hochstift seinen Sitz im
Reichsfürstenrat.
L.: Wolff 538; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5; Geisendorf, P.,
Bibliographie raisonée de l'histoire de Genève, Paris 1967; Binz, L., Le
diocèse de Genève, 1980; Le diocèse de Genève-Annecy, hg. v. Baud, H., 1985;
Histoire de Genève, hg. v. Guichonnet, P., 3. A. 1986; Santschi, C., Genf,
LexMA 4 1989, 1228ff.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg.
v. Paravicini, W., 2003, 1, 537, 1, 2, 211.
Gera (Gau [999,] Herren, Herrschaft). G. in
Thüringen wird 995 erstmals als Bezeichnung eines Gaues (terminus Gera)
genannt, den Kaiser Otto III. 999 dem Stift Quedlinburg gab. Vögte des Klosters
wurden vermutlich am Ende des 12. Jahrhunderts die Herren von Weida. Sie
erhoben die Siedlung G. vor 1237 zur Stadt mit dem Recht Magdeburgs. Seit 1238
benannte sich eine ihrer Linien nach G. Diese dehnte ihr Herrschaftsgebiet
durch Heiraten geschickt aus (Schleiz, Mühltroff, Lobenstein, Saalburg).
Infolge des vogtländischen Kriegs stand die Herrschaft G. seit 1358 unter der
Oberhoheit des Hauses Wettin, an welches das Stift Quedlinburg die Vogtei übertragen und die Herrschaft G. verlehnt
hatte. 1425 teilte sich G. in die Linien G., Schleiz und Lobenstein (seit 1371
Lehen Böhmens), doch wurden die Güter 1497 wieder vereinigt. 1547 fiel infolge
Verzichts Sachsens zugunsten des Kaisers die Oberhoheit an Böhmen, 1550 bei dem
Aussterben der Vögte die Herrschaft G. an die Burggrafen von Meißen, 1562 an
die jüngere Linie des Hauses Reuß, die 1616 noch Schleiz erhielt und bis 1918
in G. residierte. Seit 1920 gehörte G. zu Thüringen, seit 1945 zur sowjetischen
Besatzungszone und von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen Republik. S.
Reuß-Gera.
L.: Wolff 420; Wallner 709 ObersächsRK 7 b; Urkundenbuch der Vögte von Weida,
Gera und Plauen, bearb. v. Schmidt, B., Bd. 1f. 1885ff.; Kretzschmer, E.,
Geschichte der Stadt Gera und ihrer nächsten Umgebung, Bd. 1 1926; Beiträge zur
Geschichte der Stadt Gera. Festgabe zur 700-Jahrfeier, bearb. v. Auerbach, A.,
1937; Gerisch, P., Gera und Umgebung, 1956; Hessler, W., Mitteldeutsche Gaue
des frühen und hohen Mittelalters, 1957, 122 (Cretzschwitz, Geißen, Groitschen,
Nauendorf, Negis, Röpsen, Roschütz, Söllmnitz); Gera, hg. v. Ebersmann, H.,
1987.
Gersau (freier Ort, zugewandter Ort, Republik).
1064 wird der Hof G. am Vierwaldstätter See als Gut des Klosters Muri erstmals
erwähnt. Die Vogtei hatten zunächst die Grafen
von Habsburg, seit Ende des 13. Jahrhunderts durch Verpfändung Luzerner
Patrizier und seit 1390 durch Kauf G. selbst, das sich bereits 1332/1359 als
zugewandter Ort der Eidgenossenschaft der Schweiz angeschlossen hatte. 1433
erlangte es die Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit. 1798 ging es im Kanton
Waldstätte der Helvetischen Republik auf und kam 1817 mit etwa 1000 Einwohnern
und 15 Quadratkilometern Gebiet zum Kanton Schwyz.
L.: Wolff 531; Camenzind, D., Geschichte der Republik Gersau, 1863.
Gleichen (Grafen). Die Grafen von G. bei Erfurt
in Thüringen sind 1099 als Grafen von Tonna erstmals nachweisbar (Graf Erwin
I.). Im Dienst der Erzbischöfe von Mainz erlangten sie die Vogtei über Erfurt (1120) und umfangreiche Güter im
Eichsfeld. Seit 1162 nannten sie sich nach der Burg G., die Graf Erwin II. als
Lehen von Mainz erhalten hatte, an das sie von den Askaniern gelangt war. 1290
verkauften sie die Vogtei über Erfurt an die
Stadt, 1294 die Güter im Eichsfeld an das Erzstift Mainz. 1342 wurde Ohrdruf
erworben, dessen Vogtei die Grafen seit 1170
innehatten. Zur selben Zeit wurden die Grafen Lehnsleute der Markgrafen von
Meißen, doch erschienen sie bis 1521 in der Reichsmatrikel. 1550 verlegten sie
die Residenz nach Ohrdruf. 1631 starben die dem obersächsischen Reichskreis
angehörigen Grafen völlig verschuldet aus. Von den verbliebenen Gütern kam die
Obergrafschaft (Ohrdruf, Emleben, Schwabhausen, Petriroda, Wechmar,
Pferdingsleben, Werningshausen) an die Grafen von Hohenlohe-Langenburg, die 2,5
Quadratmeilen große Untergrafschaft (G., Wandersleben, Günthersleben,
Sülzenbrücken, Ingersleben, Stedten) an die Grafen von
Schwarzburg-Sondershausen (Schwarzburg-Arnstadt), die Herrschaft Tonna an den
Schenken von Tautenburg, 1638/1640 an Waldeck und 1677 durch Kauf an
Sachsen-Gotha, das auch die Landeshoheit über die gesamte Grafschaft
behauptete. Die Burg G. wurde 1639 den Grafen von Hatzfeld verliehen (seit 1640
Hatzfeld-Gleichen).
L.: Wolff 398f.; Wallner 710 ObersächsRK 8; Großer Historischer Weltatlas III
38 (1789) D2; Tümmler, H., Die Geschichte der Grafen von Gleichen von ihrem
Ursprung bis zum Verkauf des Eichsfeldes (1100-1294), 1929; Zeyß, E., Beiträge
zur Geschichte der Grafen von Gleichen und ihres Gebiets, 1931; Gauß'sche
Landesaufnahme der durch Hannover erworbenen Gebiete, bearb. v. Engel, F., 2.
Gericht Gleichen, 1977; Gleichen, hg. v. Janner, O., 1988; Plümer, E.,
Gleichen, LexMA 4 1989, 1494f.
Görz (Grafschaft). 1101 gab Kaiser Otto III.
G. (ital. Gorizia) am Isonzo in Oberitalien an Aquileja. Seit 1107 erscheinen
aus der Familie der Meinhardiner (?) (Stammvater Meginhard [Meinhard] von
Gilching ?, Vogt des Bischofs von Brixen, † 1011) Grafen von G., die ihre
teilweise von den um 1125 ausgestorbenen Lurngaugrafen ererbten Güter um Lienz
in Osttirol (Pustertal, Gailtal, Mölltal und Drautal) mit Vogteirechten des Patriarchats Aquileja am Isonzo, die
sie (um 1122) als Lehnsleute der Grafen von Peilstein erlangten, vereinigten
(um 1120 Görz?, 1146/1147 Benennung nach Görz). Im 13. Jahrhundert vergrößerten
sie die Grafschaft zu Lasten des Patriarchats von der Wippach bis zum Isonzo.
1249/1253 erbten sie über die Tochter Albrechts III. von Tirol die südliche
Hälfte der Grafschaft Tirol (Etschtal und Eisacktal) und im späten 13. Jh.
erlangten sie die Pfalzgrafenwürde von Kärnten. 1267/1271 wurden die Güter in
die 1335/1363 ausgestorbene Tiroler (Meinhard) und die Görzer Linie (Albert)
geteilt. Die Görzer Linie erhielt die Grafschaft G., Gebiete in Istrien und
Friaul sowie Allod im Pustertal von der Haslacher Klause abwärts und in
Oberkärnten (vordere Grafschaft G.), vermochte aber infolge starker Schwächung
durch weitere Teilungen von 1303 und 1323 die 1335/1363 beim Aussterben der
Tiroler Linie entstandenen Ansprüche auf Tirol nicht gegen Habsburg
durchzusetzen, sondern verlor trotz der 1365 erfolgten Anerkennung als
Reichsfürsten schon 1374 auch Gebiete in Inneristrien (Grafschaft Mitterburg),
in der Windischen Mark und um Möttling an Habsburg. 1500 erlosch die Görzer
Linie. Ihre Güter (Lienz, Pustertal) kamen auf Grund von Erbverträgen an
Habsburg und damit zum österreichischen Reichskreis. 1754 erfolgte die
Vereinigung von G. mit Gradisca zu einer gefürsteten Grafschaft. Von 1809 bis
1814 war G. bei Frankreich. 1816 wurde nach der Rückkehr zu Österreich aus
Görz, Triest und Istrien die Verwaltungseinheit Küstenland geschaffen. 1861
erhielt das Kronland Görz und Gradisca innerhalb Österreichs eigene
Verwaltungszuständigkeit. 1919 fiel G. an Italien. Nach dem zweiten Weltkrieg
(1947) musste Italien einen Teil des Gebiets an Jugoslawien abtreten.
L.: Wolff 34; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) G6, III 22 (1648) F5; Czoernig, C. v., Das Land Görz und Gradiska, Bd.
1f. 1873ff.; Mell, A., Görz, (in) Erläuterungen zum Historischen Atlas der
österreichischen Alpenländer, 1914; Leicht, P., Breve storia del Friuli, 2. A.
1930; Klebel, E., Die Grafen von Görz als Landesherren in Oberkärnten,
Carinthia 125 (1935); Wiesflecker, H., Die politische Entwicklung der
Grafschaft Görz und ihr Erbfall an Österreich, MIÖG 56 (1948); Wiesflecker, H.,
Die Regesten der Grafen von Görz und Tirol, Bd. 1f. 1949ff.; Weingartner, J.,
Die letzten Grafen von Görz, 1952; Gorizia nel medioevo, Görz 1956; Bozzi, C.,
Gorizia e la provincia isontina, Görz 1965; Pizzinini, M., Die Grafen von Görz
in ihren Beziehungen zu den Mächten im nördlichen Italien 1264-1358, Diss.
Innsbruck 1968 masch.schr.; Dopsch, H., Görz, LexMA 4 1989, 1564; Stih, P.,
Studien zur Geschichte der Grafen von Görz, 1996; Wiesflecker, H., Die
Grafschaft Görz und die Herrschaft Lienz, Veröff. Des Tiroler Landesmuseums 78
(1998), 131; Härtel, R., Görz und die Görzer im Hochmittelalter, MIÖG 110
(2002), 1; Dopsch, H. u. a., Von Bayern nach Friaul, Z. f. bay. LG. 65 (2002), 293; Da Ottone
III a Massimiliano I. Gorizia e i conti die Gorizia nel Medioevo, hg. v.
Cavazzo, S., 2004.
Goslar (Reichsstadt). G. am Harz an der Straße
vom Rhein zur mittleren Elbe wird 922 erstmals erwähnt, reicht aber vielleicht
noch in karolingische Zeit (karolingisches Lager von 802). 965/968 begann der
Silberbergbau auf dem nahen Rammelsberg. Um 1005/1015 verlegte Heinrich II. die
vorher in Werla an der Oker befindliche Pfalz nach G., das in der Salierzeit
beliebter Aufenthaltsort deutscher Herrscher und bis ins 13. Jahrhundert Stätte
vieler Reichstage war. Etwa 1073 wurde die Reichsvogtei G. zur Verwaltung des
umliegenden Reichsgutes geschaffen, die von 1152 bis 1168 an Heinrich den Löwen
gelangte. 1219 verlieh Kaiser Friedrich II. der Stadt einen umfangreichen
Freiheitsbrief. 1290/1340 errang, beginnend mit dem Erwerb der Vogtei, G. die Stellung einer Reichsstadt
(Reichsunmittelbarkeit). Im 14. Jahrhundert, in dessen Mitte das Stadtrecht in
den goslarischen Statuten aufgezeichnet wurde, gelang die Gewinnung der
Pfandschaft am Rammelsberg. Mit dem Einlösen der Pfandschaft Rammelsberg durch
Braunschweig-Wolfenbüttel 1526/1552 setzte ein wirtschaftlicher Niedergang der
1528 protestantisch gewordenen Stadt ein. 1802/1803 kam G. mit 8500 Einwohnern
an Preußen, 1807 zum Königreich Westphalen, 1814 an Hannover, danach an
Preußen, 1816 wieder an Hannover, 1866 mit Hannover an Preußen und 1941 an
Braunschweig. Am 1. 11. 1946 ging Braunschweig in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 456f.; Zeumer 554 III a 7; Wallner 707 NiedersächsRK 27; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378), III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2;
Urkundenbuch der Stadt Goslar, hg. v. Bode, G./Hölscher, U., Bd. 1ff. 1893ff.;
Frölich, K., Gerichtsverfassung von Goslar im Mittelalter, 1910; Hoelscher, U.,
Die Kaiserpfalz Goslar, 1927; Frölich, K., Verfassung und Verwaltung der Stadt
Goslar im späten Mittelalter, 1921; Wiederhold, W., Goslar als Königsstadt und
Bergstadt, 1922; Bruchmann, K., Goslar, 1952; Goslar, hg. v. Hillebrand, W., 2.
A. 1965; Ebel, W., Das Stadtrecht von Goslar, 1968; Wilke, S., Das Goslarer
Reichsgebiet und seine Beziehungen zu den territorialen Nachbargewalten, 1970;
Schuler, P., Goslar, LexMA 4 1989, 1568ff.; Graf, S., Das Niederkirchenwesen
der Reichsstadt Goslar, 1998; Goslar im Mittelalter, hg. v. Engelke, H., 2003;
Kelichhaus, S., Goslar um 1600, 2003; Der Goslarer Ratskodex, hg. v. Lehmberg,
M., 2013.
Goslar (Reichsvogtei). 1073 erscheint erstmals
ein prefectus Bodo, der vermutlich einen G. und weitere Reichsgüter
umfassenden, von der Grafengewalt befreiten Bezirk leitete. Seit dem 12.
Jahrhundert ist die Tätigkeit anscheinend auf das Gebiet G. und die Verwaltung
der Reichsgüter beschränkt. Von 1152 bis in die sechziger Jahre (1168) hatte
Herzog Heinrich der Löwe diese Vogteirechte als
Reichslehen inne. 1290 erwarb die Reichsstadt G. die Reichsvogtei und damit vor
allem das Recht, den Vogt einzusetzen.
L.: Wilke, S., Das Goslarer Reichsgebiet und seine Beziehungen zu den
territorialen Nachbargewalten, 1970.
Grafenhausen (Herrschaft). G. nördlich von Waldshut
wurde zusammen mit umfangreichen Gütern 1095 durch die Grafen von Nellenburg an
das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen gegeben. Die Vogtei
über eine 1096 genannte Benediktinerabtei kam von den Grafen von Nellenburg
über die schaffhausischen Patrizier von Roth 1341 an das Kloster Allerheiligen
(in Schaffhausen) und 1344 an die Landgrafen von Stühlingen. 1609 ging die
Herrschaft G. von dem Marschall von Pappenheim an das nahe Kloster Sankt
Blasien (Herrschaft Bonndorf). Mit diesem kam sie 1805 an Württemberg, 1806 an
Baden und damit G. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Kürzel, A., Der Amtsbezirk Bonndorf, 1861; Hölzle, Beiwort 82.
Großgartach (Reichsdorf). G. bei Heilbronn erscheint
erstmals 765 anlässlich einer Übertragung an Lorsch. 1122 kam der Ort von den
Grafen von Lauffen an deren Hauskloster Odenheim. Am 18. 7. 1330 verpfändete
Kaiser Ludwig der Bayer dem Albrecht Hofwart von Kirchheim die Vogtei über das Kloster zu Odenheim, über die Dörfer
Odenheim, Tiefenbach, G. und Bauerbach. Seit 1376 erwarb Württemberg allmählich
ein Viertel der Vogtei und die hohe Obrigkeit.
Über Württemberg kam G. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Dacheröden 140; Hugo 452; 1200 Jahre Großgartach, 1965.
Gymnich (Herren). Die in dem 1120 erstmals genannten G. bei Euskirchen ansässigen Herren von G. hatten die Vogtei der Güter des Klosters Siegburg in G. Das halbe Dorf war Unterherrschaft Kölns der Herren von G. Über Preußen kam G. 1946 zu Nordrhein-Westfalen.
Hadamar (Herrschaft, Grafschaft). H. bei Limburg
erscheint erstmals 832 und dürfte wohl zu einem Reichsgutsgebiet um Limburg
gehört haben. Vermutlich als Erben der Grafen von Leiningen und als Lehnsträger
der Wormser Vogtei über das Stift Dietkirchen
brachten die Grafen von Nassau im 13. Jahrhundert H. an sich. Von 1303 bis 1394
spalteten sie eine Linie Nassau-Hadamar ab. 1405 hatten die Grafen von
Katzenelnbogen zwei Drittel, seit 1443 die Hälfte der Herrschaft H., die von
ihnen 1479 an Hessen gelangte. Dieses verpfändete den Anteil von 1492 bis 1557
an die Herren von Eppstein und gab ihn nach der Wiedereinlösung an
Nassau-Dillenburg. Von 1607 bis 1711 war H. Sitz der jüngeren, 1650
gefürsteten, zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählenden Linie
Nassau-Hadamar. Über Nassau und Preußen (1866) kam H. 1945 zu Hessen.
L.: Wolff 337; Wallner 703 WestfälRK 23.
Hagenbach (Reichsstadt). H. bei Germersheim wird
erstmals in einer Urkunde König Ludwigs des Deutschen erwähnt. Später stand die
Vogtei über das Reichsgut dem Kloster Weißenburg
im Elsass zu. 1281 erteilte König Rudolf von Habsburg Stadtrechte. 1353
überließ Kaiser Karl IV. Burg, Stadt, Kellerei und Vogtei
der Pfalz. 1358 wurde H. der Landvogtei H. zugeteilt. Die Vogtei Weißenburgs kam 1361/1384 an die Pfalz. 1768
trat die Pfalz das 1674 von Frankreich besetzte Amt H. an Zweibrücken ab.
Dieses erhielt 1774 von Frankreich zur Sicherung seiner Rechte einen offenen
Brief. 1815 kam H. zu Bayern und 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 90; Landwehr, G., Die Verpfändung der deutschen Reichsstädte, 1967,
101.
Hamburg (freie Reichsstadt, freie Stadt, Land,
Bundesland). H. erscheint erstmals anlässlich des karolingischen Vorstoßes in
das nordelbingische Sachsen. Nach Ausgrabungen der Jahre 2005f. könnte die
Hammaburg im 8. Jahrhundert auf dem späteren Domplatz zwischen Elbe und
Mönckebergstraße am Übergang von der Marsch zur Geest mit einem Durchmesser von
50 Metern errichtet worden sein. Vermutlich ordnete schon Kaiser Karl der Große
804 die Anlegung eines Königshofes und 811 nahe der Mündung der Alster in die
Elbe die Errichtung einer Taufkirche (in Holz) an. Um 825 ließ Kaiser Ludwig
der Fromme das Kastell Hammaburg (auf dem heutigen Domplatz?) erbauen. 831
wurde H. Bischofssitz, 834 Erzbischofssitz des heiligen Ansgar. 845/847 wurde
der Sitz des Erzbistums nach verschiedenen Brandschatzungen durch die Wikinger
von H. nach Bremen verlegt. Im 11. Jh. wurde ein Dom aus Stein errichtet. Unter
den Grafen von Schauenburg (Schaumburg), die 1111 durch Herzog Lothar von
Süpplingenburg bzw. Sachsen mit der Grafschaft Holstein und der Grafschaft
Stormarn belehnt wurden, erfolgte der Ausbau zu einem wichtigen Handelsplatz.
Am 7. 5. 1189 erhielt die seit 1188 von Wirad von Boizenburg als Leiter einer
Siedlergruppe planmäßig errichtete, 1216 mit der Altstadt vereinigte Neustadt
H. um St. Nikolai Handelsrechte, Zollrechte und Schifffahrtsrechte durch Kaiser
Friedrich I. Barbarossa bestätigt. Etwa zur gleichen Zeit erscheint in H.
erstmals ein Rat. 1228 übertrug der Erzbischof von Bremen seine Rechte an der
Altstadt auf den Grafen von Schaumburg (Schauenburg). Unter seiner Herrschaft
entwickelte sich H. rasch zu einem großen Ausfuhrhafen und zeichnete 1270 sein
Stadtrecht im sog. Ordeelbook auf. Um 1300 war bei einer Einwohnerzahl von etwa
5000 Personen weitgehende Unabhängigkeit vom gräflichen Stadtherren, der 1292
der Stadt das Recht der eigenen Rechtssetzung (kore) verliehen hatte, erreicht.
Im 14. Jahrhundert errang die Stadt besonderen Ruhm im Kampf gegen die
Seeräuberei auf der Nordsee (1400 Hinrichtung Klaus Störtebekers) und wurde als
eines der ersten Mitglieder der Hanse zu deren wichtigstem Umschlagplatz
zwischen Nordsee und Ostseeraum (um 1430 etwa 16000 Einwohner). 1392 gelang
zunächst pfandweise der Erwerb der Vogtei über
die Stadt. 1375 wurde im Zuge einer selbständigen planmäßigen
Territorialpolitik die Moorburg und 1393 die Feste Ritzebüttel (Cuxhaven) mit
der Insel Neuwerk erlangt. 1420 musste Herzog Emil von Sachsen-Lauenburg
Bergedorf und die Vierlande an H. und Lübeck abgeben, die das Gebiet bis 1868,
als es H. durch Vertrag allein übernahm, gemeinsam verwalteten. Unter Kaiser
Sigmund wurde die Stadt erstmals als reichsunmittelbar bezeichnet. Seit 1460,
als die Könige von Dänemark an die Stelle der Grafen von Schauenburg traten,
galt sie als Reichsstadt. 1510 wurde sie auf dem Reichstag zu Augsburg für eine
Reichsstadt im niedersächsischen Reichskreis erklärt. 1618 bestätigte das
Reichskammergericht Hamburgs Selbständigkeit und 1768 erkannte auch der König
von Dänemark H. als kaiserliche Reichsstadt an. 1528/1529 wurde in H. die
Reformation eingeführt. Zugleich kam es zu einem neuen wirtschaftlichen
Aufschwung. 1603 wurde das schon 1497 in einer Bilderhandschrift neu gefasste
Recht unter Verwendung der Reformation der Stadt Nürnberg und verschiedener
anderer Quellen reformiert. Im Schutze einer starken Befestigung blieb die
Stadt vom Dreißigjährigen Krieg weitgehend verschont. Seit 1770 hatte H. Sitz
und Stimme im Städtekolleg des Reichstags. § 27 des
Reichsdeputationshauptschlusses erhielt sie 1803 als Reichsstadt. Die Besetzung
durch Dänemark (1801-1806) und durch Frankreich (1806) und die
Kontinentalsperre führten zu einem gewichtigen Rückschlag für die sich seit
1806 als freie Hansestadt bezeichnende Stadt, die wenig später ihren Dom
abriss. Von 1810 bis 1814 war die Stadt als Hauptstadt des Elbe-Departements in
das französische Reich eingegliedert. 1813/1814 verstand sich H. als
selbständiger Einzelstaat. 1815 trat es als Freie und Hanse-Stadt dem Deutschen
Bund bei. Am 28. 9. 1860 gab es sich – nach älteren Rezessen zwischen Rat und
Bürgerschaft von 1410, 1529 und 1712 und einem gescheiterten Verfassungsversuch
vom 11. 7. 1849 – eine Verfassung mit Senat und Bürgerschaft. 1867 trat es dem
Norddeutschen Bund bei und übertrug 1868 die Wehrhoheit auf Preußen, doch erst
1881/1888 wurde es Mitglied im deutschen Zollverein. 1871 schloss es sich dem
Deutschen Reich an. 1919 gründete H. eine Universität. 1921 erhielt es eine
neue Verfassung. 1933 wurde die Bürgerschaft aufgelöst und wurde ein
Reichsstatthalter eingesetzt. Am 16. 1./9. 12. 1937 wurden die preußischen
Städte Altona mit Blankenese, Wandsbek und Harburg-Wilhelmsburg sowie 27 Landgemeinden
im Austausch gegen Cuxhaven (mit der Insel Neuwerk), Geesthacht und einige
kleinere Orte eingegliedert. Nach dem Gesetz über die Verfassung und Verwaltung
der Hansestadt H. stellte diese einen staatlichen Verwaltungsbezirk mit einer
Einheitsgemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft dar. Am 3. 5. 1945 wurde H.
von Großbritannien besetzt und der britischen Besatzungszone zugeteilt. Am 6.
6. 1952 erhielt die seit 1949 der Bundesrepublik Deutschland zugehörige Freie
und Hansestadt Hamburg (Stadtstaat) eine neue Verfassung. 1969 erlangte H.
durch Vertrag mit Niedersachsen zur Schaffung eines Vorhafens wieder einen Teil
des Elbemündungsgebiets mit der Insel Neuwerk.
L.: Wolff 458; Zeumer 554 III a 9; Wallner 707 NiedersächsRK 18; Großer
Historischer Weltatlas II 78 (1450) F/G3, III 22 (1648) E2, III 38 (1789) C/D1;
Kellenbenz, H., Die Hanse und die Städte Lübeck, Hamburg und Bremen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Schroeder 89ff.; Bauer 1, 177; Die
Territorien des Reichs 6, 114; Anderson, C., Hamburgisches Privatrecht, Teil
1ff. 1782ff.; Hamburgisches Urkundenbuch, Bd. 1 (786-1300), hg. v. Lappenberg,
J., 1842, Bd. 2 (1301-1336), hg. v. Stadtarchiv Hamburg, Bd. 3 (Register zu Bd.
2), bearb. v. Nirrnheim, H., 1953, Bd. 4 (1337-1350), bearb. v. Reetz, J.,
1967; Lappenberg, J., Die ältesten Stadt-, Schiff- und Landrechte Hamburgs,
1845; Westphalen, N., Hamburgs Verfassung und Verwaltung in ihrer allmählichen
Entwicklung bis auf die neueste Zeit, Bd. 1f. 2. A. 1846; Baumeister, H., Das
Privatrecht der freien und Hansestadt Hamburg, Bd. 1f. 1856; Stubbe, E.,
Verfassung und Verwaltung der hamburgischen Marschgemeinden, Diss. jur. Hamburg
1922; Baasch, E., Geschichte Hamburgs 1814-1918, Bd. 1f. 1924f.; Wölfle, K.,
Hamburger Geschichtsatlas, 1926; Schöffel, J., Kirchengeschichte Hamburgs, Bd.
1 1929; Reincke, H., Hamburgs Geschichte, 1933; Reincke, H., Das Amt
Ritzebüttel, Diss. phil. Hamburg 1935; Bolland, G., Hamburg, 1938; Bücherkunde
zur hamburgischen Geschichte, hg. v. Möller, K./Tecke, A. Teil 1,2 1939, 1956;
Studt, B., Hamburg 1951; Reincke, H., Forschungen und Skizzen zur hamburgischen
Geschichte, 1951 (mit Karte der mittelalterlichen Stadtentwicklung); Drexelius,
W./Weber, R., Die Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. 6. 1952, 1953;
Bolland, J., Das hamburgische Ordeelbook von 1270 und sein Verfasser, ZRG GA 72
(1956), 83ff.; Ipsen, H., Hamburgs Verfassung und Verwaltung von Weimar bis
Bonn, 1956; Johansen, P., Grundzüge der geschichtlichen Entwicklung der Freien
und Hansestadt Hamburg, 2. A. 1967; Bolland, J., Die Hamburger Bürgerschaft in
alter und neuer Zeit, 1959; Hamburgische Burspraken 1346 bis 1594, bearb. v.
Bolland, J., 1960; Die Bilderhandschrift des Hamburger Stadtrechts 1497, erl.
v. Reincke, H., 1968; Grundmann, G., Hamburg gestern und heute, 1972; Hamburg,
Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner, 1888-1980, hg. v. Jochmann, W., Bd.
1f. 1982ff.; Hanf, M., Hamburgs Weg in die praktische Unabhängigkeit vom
schauenburgischen Landesherrn, 1986; Postel, R., Die Reformation in Hamburg,
1986; Stadt und Hafen, hg. v. Ellermeyer, J., 1986; Hamburg im Zeitalter der
Aufklärung, hg. v. Stephan, J./Winter, H., 1989; Das alte Hamburg
(1500-1848/49), hg. v. Herzig, A., 1989; Seegrün, W., Hamburg-Bremen, LexMA 4
1989, 1885ff.; Stadtgeschichte Hamburg, red. v. Schöller, A., 1990; Postel, R.,
Hamburg-Bremen 1974-1989 (Sammelbericht), Bll. f. dt. LG. 126 (1990), 625ff.;
Klessmann, E., Geschichte der Stadt Hamburg, 7. A. 1994; Die Stadt im
westlichen Ostseeraum, Bd. 1 1995, 93; Hamburg-Lexikon, hg. v. Kopitzsch, F. u.
a., 1998; Krieger, M., Geschichte Hamburgs, 2006.
Hanau (Grafen). H. wird erstmals 1143 als
Wasserburg der Herren von Buchen (Stammburg Wachenbuchen [Wasserbuchen] bei
H.), die Vögte des Mariengredenstifts in Mainz waren, auf einer Kinziginsel
erwähnt (Hagenowa). 1166/1168 erscheint als Erbe eine Adelsfamilie, die sich
zunächst nach ihrer Stammburg Dorfelden bei Frankfurt am Main, 1191 nach der
Burg H. benannte und Mainz rasch weitgehend aus dem Gebiet der unteren Kinzig
verdrängte. Im 13. Jahrhundert erwarb sie zu ihrer gräflichen Stellung und zu
Gütern um Schlüchtern durch Heirat und Erbschaft Güter in der Wetterau
(Beerbung Ulrichs II. von Münzenberg 1255, ein Sechstel Münzenberg, ein
Sechstel Assenheim), im Rhein-Main-Gebiet (Babenhausen) und im Spessart (kurz
nach 1272 Steinau). Im 14. Jahrhundert gewann sie die Vogtei
Schlüchtern und war mehrfach Inhaber der Reichslandvogtei in der Wetterau.
1320/1364 erlangte sie die Pfandschaft des Gerichts Bornheimerberg (Bornheimer
Berg), 1429 die Reichsgrafenwürde. 1436 erhob sie H. zur ständigen Residenz.
1458 wurde in die Linien Hanau-Münzenberg (mit dem Sitz Hanau und den Gütern
nördlich des Mains) und Hanau-Babenhausen (mit den Gütern südlich des Mains)
geteilt. 1480 fiel der Linie Hanau-Babenhausen die halbe Grafschaft Lichtenberg
mit Gütern im Unterelsass sowie um Kehl (Hanauer Land) an. Seitdem nannte sie
sich Hanau-Lichtenberg. Um 1530 traten die Grafen zur Reformation über. 1570
beerbten die Grafen von Hanau-Lichtenberg die Grafen von Zweibrücken-Bitsch,
1642 die Grafen von Hanau-Münzenberg. Zweifelhaft ist, ob sie 1696 die seit
1685 angestrebte Erhebung in den Reichsfürstenrat gewannen. 1697 fielen die
elsässischen Güter an Frankreich. Nach dem Aussterben Hanau-Lichtenbergs 1736
kam Hanau-Münzenberg mit H. durch Erbvertrag an Hessen-Kassel,
Hanau-Lichtenberg (unter Landeshoheit Frankreichs) an Hessen-Darmstadt. Von
1806 bis 1810 war H. von Frankreich besetzt und wurde dann mit Ausnahme der
Ämter Rodheim, Dorheim, Ortenberg, Babenhausen und des Dorfes Heuchelheim, die
an Hessen-Darmstadt gelangten, zu dem neugegründeten Großherzogtum Frankfurt
geschlagen. 1815 fiel die Grafschaft an Hessen-Kassel, 1866 an Preußen (Provinz
Hessen-Nassau) und damit 1945 an Hessen.
L.: Wolff 270f.; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 38 (1789)
C2; Rathgeber, J., Die Grafschaft Hanau-Lichtenberg, 1876; Reimer, H.,
Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz
Hanau, Bd. 1ff. 1891ff.; Suchier, R., Genealogie des Hanauer Grafenhauses,
1894; Zimmermann, J., Hanau. Stadt und Land, 2. A. 1920; Cramer, K.,
Landesgeschichte der Obergrafschaft Hanau, Diss. phil. Marburg 1944; Lübbeck,
F., Hanau, Stadt und Grafschaft, 1951; Hanau, Stadt und Land. Ein Heimatbuch,
1954; Schwind, F., Die Landvogtei in der Wetterau, 1972; 675 Jahre Altstadt
Hanau, hg. v. Hanauer Geschichtsverein, 1978; Schwind, F., Hanau, LexMA 4 1989,
1893; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 248; Handbuch der
hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W.,
2014, 198.
Harburg (Reichsstadt/Reichsdorf). H. an der
Wörnitz wird als Burg erstmals 1093 erwähnt. 1150 war es in den Händen der
Staufer. Die unter der Burg gelegene Siedlung wurde vor 1250 Markt. Am 7. 10.
1251 verpfändete König Konrad IV. die Städte H. und Dinkelsbühl, die Burg
Gosheim (Sorheim) und die Vogtei des Klosters
Mönchsroth (Rot) sowie den Zehnten zu Aufkirchen an den Grafen von Oettingen.
1295 wurden Burg und Ort vom Reich erneut an die Grafen von Oettingen
verpfändet, die von 1493 bis 1549 dort residierten. In einer Bestätigung König
Ruprechts vom 24. 2. 1407 wird H. Markt genannt. 1731 kam H. an
Oettingen-Wallerstein. 1806 fiel es an Bayern.
L.: Hugo 452; Wolff 177; Rieser Kirchenbuch, 1954.
Hauenstein (Grafschaft). An einem alten
Rheinübergang bei Laufenburg erlangten die Grafen von Habsburg als Nachfolger
der Grafen von Lenzburg (1173) bzw. Kiburg (Kyburg) 1264 mit der Vogtei über Sankt Blasien die Burg H. (Houwinstein),
die sie zeitweilig an die Herren von Schönau zu Lehen gaben bzw. der Linie
Habsburg-Laufenburg überließen. Nach deren Aussterben 1408 kam die Herrschaft,
seit 1562 Grafschaft H. an Habsburg zurück. 1806 fiel sie mit rund 500
Quadratkilometern und etwa 25000 Einwohnern an Baden, 1951/1952 H. mit diesem
an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 3. A. 1978.
Heilbronn (Reichsstadt). H. am Neckar erscheint
nach älteren Siedlungsspuren als fränkisches Königsgut, dessen Kirche und Zehnt
dem 742 gegründeten Bistum Würzburg übertragen wurden (822 Heilibrunna). Um die
Mitte des 11. Jahrhunderts unterstand es den Grafen von Calw, die es 1146 an
Hirsau gaben. Später war es zwischen den Herren von Dürn, dem Hochstift
Würzburg und den Staufern umstritten. Spätestens im 13. Jahrhundert kam es an
die Staufer. 1215/1225 wurde es oppidum genannt. Das erste erhaltene Stadtrecht
stammt von 1281. Vielleicht schon seit dem Interregnum (1254-1273), jedenfalls
seit dem 14. Jahrhundert (1322 Blutbann, 1334 Nichtevokationsprivileg, 1360
Erwerb des Schultheißenamtes, 1464 Erwerb der Vogtei)
war es Reichsstadt. Zu ihr gehörten das Reichsdorf Böckingen sowie drei weitere
Dörfer. Um 1790 war H. im Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken
immatrikuliert. 1802 fiel das zum schwäbischen Reichskreis zählende H. mit
Böckingen, Flein, Frankenbach, Neckargartach und Lautenbacher Hof (Lauterbacher
Hof), insgesamt 1 Quadratmeile bzw. rund 55 Quadratkilometer Gebiet, und rund
9400 Einwohnern an Württemberg, über das es 1951/1952 zu Baden-Württemberg kam.
L.: Wolff 215; Zeumer 555 III b 12; Wallner 689 SchwäbRK 77; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3;
Riedenauer 129; Schroeder 346ff.; Jäger, K., Geschichte der Stadt Heilbronn und
ihrer ehemaligen Gebiete, 1828; Knapp, T., Über die vier Dörfer der Reichsstadt
Heilbronn, (in) Erinnerungsschrift des herzogl. Karls-Gymnasiums in Heilbronn,
1894; Beschreibung des Oberamtes Heilbronn, Bd. 1f. 1901ff.; Urkundenbuch der
Stadt Heilbronn, Bd. 1ff. 1904ff.; Gauss, W., Heilbronn, die Stadt am heiligen
Brunnen, 1956; Hempe, L., Die Stadtgemeinde Heilbronn, 1959; Weingärtner, K.,
Studien zur Geschichtsschreibung der Reichsstadt Heilbronn am Neckar, 1962; Hellwig,
H., Der Raum um Heilbronn, 1970; Stadt- und Landkreis Heilbronn, 1973; Aus der
Heilbronner Geschichtsschreibung, hg. v. Schrenk, C., 1988; Schuler, P.,
Heilbronn, LexMA 4 1989, 2013f.; Jäschke, K., Heilbronn, 1991; Schrenk, C., Von
Helibrunna nach Heilbronn, 1998.
Heiligenberg (Grafen, Grafschaft, Landgrafschaft).
Nach der Burg H. bei Überlingen nannten sich die im 10. Jahrhundert erwähnten
Grafen von H., welche die Vogtei über das Hochstift
Konstanz hatten. Die räumlich dem vorangehenden Linzgau entsprechende
Grafschaft kam 1277 durch Verkauf seitens des letzten Grafen an die Grafen von
Werdenberg und 1534 im Erbgang an die Grafen von Fürstenberg. 1664 wurde sie
gefürstete Grafschaft. Innerhalb Fürstenbergs gehörte sie von 1562 bis 1716 zur
Linie Heiligenberg, dann zu den Linien Messkirch und Stühlingen und seit 1744
zur Linie Messkirch. Sie zählte zum schwäbischen Reichskreis. 1806 fiel sie mit
rund 5 Quadratmeilen bzw. 270 Quadratkilometern an Baden. Damit gelangte ihr
Gebiet 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 172; Zeumer 553 II b 61, 1; Wallner 687 SchwäbRK 28; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E5; Berenbach, E., 800 Jahre Grafen von
Heiligenberg, 1936; Überlingen und der Linzgau am Bodensee, hg. v. Schleuning,
H., 1972; Himmelheber, G., Schloss Heiligenberg, 14. A. 1977; Himmelheber, G.,
Schloss Heiligenberg, 5. A. 1986.
Heiligkreuztal, Heiligenkreuztal (freies? Stift). 1227
erwarben mehrere fromme Frauen von Werner von Altheim das Gut Wasserschaff und
errichteten dort unter dem Namen H. 1231/1233 ein Zisterzienserinnenkloster,
das päpstlichen und kaiserlichen Schutz erlangte, aber der Oberaufsicht des
Abtes von Salem unterstand. Es erwarb vor allem von den Justingen und den
Grafen von Grüningen-Landau ein kleines Herrschaftsgebiet von 8 Dörfern. Nach
langem Rechtsstreit konnte 1719 die Vogtei der
Grafen von Hohenzollern-Sigmaringen abgelöst werden. 1750 wurde das Kloster
innerhalb Schwäbisch-Österreichs dem Oberamt Nellenburg unterstellt. Am Ende
des 18. Jahrhunderts umfasste es ein Gebiet von 1,5 Quadratmeilen mit 3200
Einwohnern. Dazu gehörten die Dörfer und Weiler H., Andelfingen, Binzwangen,
Beuren, Ertingen, Friedingen, Hundersingen und Waldhausen, die Höfe Landauhof
(Landau), Talhof (Thalhof) und Dollhof, mehrere auswärtige Güter und Gefälle
und Weinberge in Markdorf und Hechingen. 1803 fiel das Stift an Württemberg.
Mit diesem kam H. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 45; Erzberger, M., Die Säkularisation in Württemberg von 1802-1810,
1902; Urkundenbuch des Klosters Heiligkreuztal, 1910ff.; Kögel, M., Rechts- und
Besitzverhältnisse des Klosters Heiligkreuztal, Diss. phil. Tübingen, 1973; Der
Kreis Biberach, 1973; Heiligenkreuztal 1277-1977, 2. A. 1978.
Herbrechtingen (Reichsstift). 774 gab König Karl der
Große das auf altem Siedlungsland errichtete H. (Hagrebertingas) an die dort
durch Fulrad von Saint-Denis (Saint Denis) gegründete Kirche. Im frühen 10.
Jahrhundert zog Herzog Burchard von Schwaben das daraus erwachsene Stift als
Erbgut seiner Gemahlin Reginlind an sich. Kaiser Friedrich II. übertrug die Vogtei über das nunmehrige Augustinerchorherrenstift
an die Herren von Wolfach, die sie 1227 an die Grafen von Dillingen verkauften.
1258 bemächtigte sich Graf Ulrich von Helfenstein als Schwiegersohn des letzten
Grafen von Dillingen des Stiftes und zog es zur Grafschaft Helfenstein bzw.
Herrschaft Heidenheim. 1531/1536 wurde die Reformation eingeführt. 1648 kam das
Stift endgültig an Württemberg und H. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: 1200 Jahre Herbrechtingen, 1974.
Hersfeld (Reichsabtei, Fürstentum, Residenz).
Nach 769 gründete Erzbischof Lull von Mainz an der Einmündung von Haune und
Geis in die Fulda und an der Straße von Frankfurt in den Osten auf eigenem
Boden die Benediktinerabtei H. (Haireulfisfelt), der bereits eine Einsiedelei
(cella) Sturmis von 736 vorausgegangen war. Sie wurde 775 durch Schutzprivileg
König Karl des Großen Reichsabtei. Sie war vor allem in Thüringen und Sachsen
begütert (u. a. Niederaula) und zeichnete die ersten Erwerbungen im sog.
Breviarium Lulli des 9. Jahrhunderts auf. Ihre Bibliothek bewahrte eine 1470 in
Italien gedruckte Handschrift der Germania des Tacitus auf. 968 wurde H. von
Mainz getrennt. Kaiser Heinrich II. gab ihm Forstrechte und Wildbannrechte.
1073 ging der mit dem Erzstift Mainz geführte Streit um die Zehnten in
Thüringen verloren. Etwa in dieser Zeit verfasste der Mönch Lambert von
Hersfeld († 1082) seine Annales. Im 13. Jahrhundert gewann die Abtei ein
kleines Herrschaftsgebiet, das sie gegen ihre Vögte, die Landgrafen von Thüringen
und seit 1247 die Landgrafen von Hessen, erfolgreich verteidigte. Die schweren
Kämpfe der Stadt H. gegen die Abtei im 14. und 15. Jahrhundert führten 1432
durch Abt Albrecht zur Schutzherrschaft Hessens über Stadt und Abtei. Seit 1606
hatte Hessen einen Administrator in H. 1648 kam die zum oberrheinischen
Reichskreis zählende Reichsabtei als Fürstentum zur Landgrafschaft
Hessen-Kassel. Um 1800 umfasste sie ein Gebiet von 7 Quadratmeilen (nämlich die
Stadt H., das Dechaneigericht und Amt Hersfeld, die Ämter Niederaula, Obergeis
[Obergeisa], Hauneck, Landeck und Frauensee, das Amt oder Buchenauische
Lehngericht Schildschlag, die Gerichte und ehemaligen Propsteien Johannesberg
[Johannisberg] an der Haune und Petersberg und die Vogtei
Kreuzberg). Mit Hessen-Kassel gelangte H. 1866 zu Preußen und 1945 zu Hessen.
L.: Gumpelzhaimer 1776, 113; Wolff 259; Zeumer 553 II b 43 (Hirschfeld);
Wallner 696 OberrheinRK 18; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III
22 (1648) D3, III 38 (1789) B3; Hafner, P., Die Reichsabtei Hersfeld, 2. A.
1936; Ziegler, E., Das Territorium der Reichsabtei Hersfeld von seinen Anfängen
bis 1821, 1939; Neuhaus, W., Geschichte von H. von den Anfängen bis zur
Gegenwart, 2. A. 1954; Struwe, T., Hersfeld, LexMA 4 1989, 2182f.; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 664,
1, 2, 268; Urkunden 56 Reichsabtei Hersfeld, Stiftisches Archiv. Orts- und
Personenindex, bearb. v. Braumann, U., 2014.
Hessen-Philippsthal (Landgrafschaft). In Philippsthal an der
Werra wurde vermutlich kurz vor 1191 das Benediktinerinnenkloster Kreuzberg
gegründet. Im Bauernkrieg wurde es zerstört. Nach Abfindung des letzten
Propstes gelangten die Einkünfte an Hessen. 1686 übertrug Landgraf Karl von
Hessen-Kassel seinem jüngeren Bruder Philipp die aus den Klostergütern
gebildete Vogtei Kreuzberg. Landgraf Philipp
erbaute das Schloss Philippsthal und verwandte es als Sitz der Nebenlinie H.
der Landgrafschaft Hessen-Kassel, bei der die Landeshoheit verblieb und an die
die Güter 1713 wieder zurückfielen. Von H. spaltete sich noch Hessen-Barchfeld
ab.
L.: Kissel, O., Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes Hessen,
1961; Demandt, K., Geschichte des Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980.
Hirschlatt (Herrschaft). H. bei Friedrichshafen am
Bodensee wird 1074 erstmals erwähnt. Um 1150 gelangte es an das
Augustinerchorherrenstift Kreuzlingen. Die Vogtei
über die um H. gebildete Herrschaft hatten zunächst die Welfen, dann die
Staufer und seit etwa 1300 pfandweise die Grafen von Montfort. 1659 erwarb das
Kloster die Vogtei, 1749 die hohe
Gerichtsbarkeit. 1803 gelangte die Herrschaft an Hohenzollern-Hechingen, 1813
durch Kauf an Württemberg und damit H. 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hölzle, Beiwort 80; Der Kreis Tettnang, 1969.
Hohenaschau (reichsfreie Herrschaft). In der zweiten
Hälfte des 12. Jahrhunderts errichteten die mit den Grafen von Falkenstein im
Inntal verwandten Herren von Hirnsberg die Burg H. im Priental. Sie wurde Sitz
einer auf die Vogteirechte der Grafen von
Falkenstein über Güter des Erzstifts Salzburg gestützten Herrschaft, die auch
nach dem Sturz der Lehnsherren Bestand behielt. 1276 erkannten die Herzöge von
Bayern proprietas, feodum, advocatia, districtus (Eigen, Lehen, Vogtei und Bann) als bestehend an. Zu Beginn des 14.
Jahrhunderts kam die Herrschaft an die mit den Herren von Aschau verschwägerte
Familie Mautner, 1400 an die Herren von Freyberg (Freiberg), die 1529 Lehen des
Erzstifts Salzburg zu allodifizieren vermochten, 1610 durch Heirat an das Haus
Preysing. Danach gelangte H. 1805/1808 an Bayern. 1848 fiel auch die mit der
Burg verbundene Gerichtsbarkeit an Bayern.
L.: Wolff 136; Wallner 712 BayRK 1; Beckmann, G., Die Herrschaften Aschau und
Hirnsberg-Wildenwart bis zum Aussterben der Freyberg (1276-1603), Zs. f. bay.
LG. 1 (1928), 14; Sandberger, A., Die Entstehung der Herrschaft Aschau,
Wildenwart, Zs. f. bay. LG. 11 (1938), 362; Sandberger, A., Die Herrschaften
Hohenaschau und Wildenwart, (in) Diepolder, G. u. a., Rosenheim, 1978, 119ff.;
Kellner, S., Die Hofmarken Jettenbach und Aschau in der frühen Neuzeit, 1985;
Breit, S., Polizeigesetzgebung in einer adeligen Herrschaft (in) Landesordnung
und gute Policey in Bayern, 2008, 229.
Hohenburg (Kloster, königliches Kloster,
Residenz), Sankt Odilienberg-Hohenburg. Das urkundlich seit 783 bezeugte
Nonnenkloster H. auf einem die Hochebene beherrschenden 763 Meter hohen Berg im
Elsass (seit dem 17. Jahrhundert Odilienberg) geht vielleicht (auf die heilige
Odilia, eine Tochter des Herzogs Eticho, und damit auf das 8. Jahrhundert oder)
auf Herzog Eticho und damit das Ende des 7. Jh.s zurück. 839 stellte es Kaiser
Ludwig der Fromme unter seinen Schutz. Im Hochmittelalter stand es unter der Vogtei der Staufer. 1246 oder 1249 wurde die Äbtissin
erstmals als Prinzessin tituliert. Das Kloster war sehr begütert, hatte aber
keine eigentliche Territorialherrschaft. In der Reformationszeit verfiel es
weitgehend. 1546 brannten die Konventsgebäude ab. Die Gemeinschaft wurde
aufgelöst. Ihre weltlichen Güter fielen an den Bischof von Straßburg.
L.: Albrecht, D., History von Hohenburg oder Sankt Odilien, 1751; Barth, M.,
Die heilige Odilia, 1938; Moreau, J., Dictionnaire de géographie historique,
1972, 143; Fischer, M., Treize siècles d’histoire au Mont Sainte-Odile, 2001;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 725, 1, 2,547.
Hohenlohe-Waldenburg (Reichsgrafen). An einer wichtigen
Fernstraße vom Rhein zur Donau erscheint 1253 die vermutlich in staufischer
Zeit als Reichsburg ausgebaute Burg Waldenburg als Lehen des Hochstifts
Regensburg der Herren von Hohenlohe, welche die Vogtei
über Öhringen hatten. 1551/1555 wurde Waldenburg Sitz der 1551 entstandenen
Hauptlinie H., die 1615 in die Linien Hohenlohe-Pfedelbach (bis 1728),
Hohenlohe-Waldenburg (bis 1679) und Hohenlohe-Schillingsfürst weiter aufgeteilt
wurde. Die Linie H. wurde 1667 rekatholisiert und (1679) von
Hohenlohe-Schillingsfürst beerbt, das sich in Hohenlohe-Bartenstein und
Hohenlohe-Schillingsfürst teilte. 1744 wurden die Grafen zu Reichsfürsten
erhoben. Um 1800 umfasste H. mit Hohenlohe-Schillingsfürst etwa 12
Quadratmeilen. 1806 kam Waldenburg an Württemberg und damit 1951/1952 zu
Baden-Württemberg. S. Hohenlohe.
L.: Wolff 119; Schumm, K., 700 Jahre Stadt Waldenburg, 1954.
Hohenwaldeck (Reichsherrschaft). Nach Waldeck am
Ostende des Schliersees nannte sich ein Freisinger Ministerialengeschlecht, das
seit dem 13. Jahrhundert auf der Grundlage der zu Erbrecht gehaltenen Vogtei über Freisings Güter an Schlierach, Mangfall
und Leitzach eine Herrschaft aufbaute, die der Gerichtsbarkeit der Herzöge von
Bayern weitgehend entzogen werden konnte. 1476 erkannte Kaiser Friedrich III.
die Reichsunmittelbarkeit dieser Herrschaft (mit dem Hauptort Miesbach) an.
Über die Höhenrain (1483) und Sandizeller (1487) kam H. durch Kauf an die
Herren (seit 1548 Reichsfreiherren) von Maxlrain, denen 1523 die Ablösung der
Lehnsherrlichkeit des Hochstifts Freising gelang. Die Einführung der
Reformation wurde von Bayern vertraglich (1559) und militärisch (1583)
verhindert. Beim Aussterben der Reichsfreiherren von Maxlrain, die 1636 vom
Kaiser zu Grafen von H. erhoben worden waren, in männlicher Linie fiel die zum
bayerischen Reichskreis zählende, nur einige Dörfer umfassende Herrschaft 1734
an Bayern.
L.: Wolff 150; Wallner 712 BayRK 12; Großer Historischer Weltatlas III 22
(1648) E5; Riezler, S., Zur Geschichte der Herrschaft Hohenwaldeck, SB d. bay.
Ak. d. Wiss. 1890; Knappe, W., Wolf Dietrich von Maxlrain und die Regulierung
in der Herrschaft Hohenwaldeck, 1920; Vogel, H., Schliersee, seine
Grundherrschaft und Vogtei, Diss. phil. München
1939; Andrelang, F., Landgericht Aibling und Reichsgrafschaft Hohenwaldeck,
1967.
Hohnstein, Hohenstein, Honstein (Grafschaft). Nach
der vielleicht schon vor dem 12. Jahrhundert bei Neustadt bei Nordhausen
errichteten, 1130 erstmals genannten Burg H. nannten sich seit 1182/1188 die
seit 1154 (comes Adalger) nachweisbaren, vielleicht von König Lothar von
Süpplingenburg (1125-1137) mit Reichsgut ausgestatteten, mit den ludowingischen
Landgrafen von Thüringen verwandten Grafen von Ilfeld (dort vor 1190 ein
Stift). Sie gewannen rasch umfangreiche Güter zwischen Wipper und Oberharz,
verloren aber den Osten des Gebiets, als sich um 1200 (1201) die Linie der
Grafen von Stolberg abzweigte. Die vielleicht schon von König Lothar III. von
Süpplingenburg eingerichtete Grafschaft H. erwarb zwischen 1238 und 1267
stückweise als Lehen Halberstadts die Grafschaft Klettenberg mit der Vogtei über Kloster Walkenried, 1268 Sömmerda und im
14. Jahrhundert die Grafschaft Lohra. Die 1289 abgetrennte Linie Sondershausen
drang nach Thüringen vor und wurde 1356 von den Grafen von Schwarzburg beerbt.
Eine weitere Teilung erfolgte 1315. Ein Zweig erhielt 1481 die Herrschaft
Schwedt an der Oder als Lehen, starb aber 1609 aus. Die Hauptlinie Klettenberg
starb nach verschiedenen Teilungen 1593/1633 aus. Von den Gütern ging die nach
1253 erlangte Reichsvogtei über Nordhausen an Sachsen-Weimar, andere Teile an
Braunschweig sowie vor allem an das Hochstift Halberstadt und damit 1648 an
Brandenburg, das sie von 1653 bis 1702 an die Grafen von
Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein (Sayn-Wittgenstein) gab. Um 1800 umfasste die
zum obersächsischen Reichskreis zählende Grafschaft ein Gebiet von 5 bzw. 7
Quadratmeilen, die sich wie folgt aufteilten: Um 1 bzw. 2 Quadratmeilen
gehörten dem König von Großbritannien, 3 Quadratmeilen den Grafen
Stolberg-Stolberg und 1 bzw. 2 Quadratmeilen den Grafen Stolberg-Wernigerode.
Das über Braunschweig an Hannover gelangte Gebiet fiel 1866 an Preußen. S.
Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 422ff.; Wallner 711 ObersächsRK 22, 27, 28; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2;
Gringmuth-Dallmer, H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Meyer, K., Die Grafen von Hohnstein, Zs. d. Harzvereins 28
(1895); Meyer, K., Die Burg Hohnstein, 1897; Reichardt, R., Die Grafschaft
Hohenstein im 16. und 17. Jahrhundert, 1900; Mascher, K., Reichsgut und Komitat
am Südharz im Hochmittelalter, 1957; Blaschke, K., Hohnstein, LexMA 5 1990, 86;
Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler Herzöge um 1616,
1996.
Holzappel (Reichsgrafschaft). 1643 erwarb der aus
armer reformierter westerwäldischer Bauernfamilie stammende, 1641 in den
Reichsgrafenstand erhobene kaiserliche Feldmarschall Peter Melander (gräzisiert
aus Eppelmann) von den Grafen von Nassau-Hadamar, die seit dem 10. Jahrhundert
den Herren von Laurenburg, den späteren Grafen von Nassau, gehörige
Grundherrschaft Esterau an der Lahn mit der Ruine Laurenburg und der Vogtei Isselbach und Eppenrod mit insgesamt 16
Ortschaften (Hauptort Esten), auf Grund deren Kaiser Leopold I. die
Reichsgrafschaft H. mit Sitz und Stimme im westfälischen Grafenkolleg des
Reichstags bildete. Melanders Witwe erlangte dazu durch Kauf 1656 Burg und
Herrschaft Schaumburg von Leiningen-Westerburg. Die reichen Güter kamen durch
die Ehe der Tochter mit einem Grafen von Nassau-Dillenburg an Nassau
(Nassau-Schaumburg) und in weiblicher Erbfolge 1707 an Anhalt-Bernburg
(Anhalt-Bernburg-Schaumburg), von 1812 bis 1867 an eine erzherzogliche Linie
des Hauses Österreich, dann an Oldenburg und 1888 an Waldeck. Mit Waldeck kam
das 1806 in Nassau mediatisierte H. am 1. 4. 1929 an Preußen (Provinz
Hessen-Nassau).
L.: Wolff 361f.; Zeumer 554 II b 63, 20; Wallner 704 WestfälRK 35; Laut, R.,
Territorialgeschichte der Grafschaft Diez samt den Herrschaften Limburg,
Schaumburg und Holzappel, 1943; Weiler, C., (in) Nassauische Annalen 63 (1952).
Homburg (Herrschaft, Reichsherrschaft). Vor 1259
erlangte Gottfried von Sayn durch Heirat Juttas von Isenberg (Isenburg) Güter
im Oberbergischen, die er durch die Burg H. bei Marienberghausen sicherte. 1276
übertrug er sie als Eigengut an König Rudolf von Habsburg und erhielt sie als
Lehen zurück. 1385 wurde die Vogtei Wiehl
hinzuerworben. 1361 gewann Sayn durch Heirat die Grafschaft Wittgenstein. Den
Grafen von Sayn-Wittgenstein gelang auf Dauer die Behauptung der Herrschaft,
obwohl diese von Gütern Bergs eingeschlossen war. 1635 wurde H. für ein
Jahrhundert Sitz einer Seitenlinie Sayn-Wittgenstein-Berleburgs. 1815 kam es an
Preußen, 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 285, 499f.; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Heckmann,
K., Geschichte der ehemaligen Reichsherrschaft Homburg an der Mark, 1938.
Hönningen (Herrschaft). Die Herrschaft H. gehörte im 11. Jahrhundert dem Stift Sankt Simeon in Trier. Dessen Vögte waren die Herren von Isenburg. Sie legten auf dem Gebiet der Vogtei die Burg Arenfels an und gewannen volle Landeshoheit. Über Preußen gelangte H. 1946 zu Rheinland-Pfalz.
Hoßkirch (Reichsdorf). H. zwischen Saulgau und
Pfullendorf erscheint 1083 als Sitz der Edelfreien von H., die im 12.
Jahrhundert den Ort dem Kloster Weingarten gaben. Sie erloschen noch im 12.
Jahrhundert. Danach unterstand H. den Herren von Fronhofen als königlichen
Vögten. 1286 kam die Vogtei an die Herren von
Königsegg. Am 18. 10. 1403 bestätigte König Ruprecht den Gebrüdern Hans,
Ulrich, Albrecht und Eck von Königsegg die Reichspfandschaft H. 1527/1535
erlangten die Königsegg die Grundherrschaft, 1806 fiel H. an Württemberg und
kam damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Hugo 453; Der Kreis Saulgau, 1971; Der Kreis Ravensburg, 1976.
Hoya (Grafschaft). Nach der Burg H. (urspr.
Hoch) an der Weser nannten sich seit 1202 Grafen (de Hogen), die sich zuvor als
Edelherren von Stumpenhausen bezeichnet hatten oder aus dem Friesischen zugewandert
waren. Sie bauten von dieser Burg aus eine Grafschaft auf (1215 Grafschaft
Nienburg, 1326/1384 Grafschaft Bruchhausen). 1302 erlangten sie von
Braunschweig das Amt Drakenburg und die Vogtei
zu Bücken als Lehen. Vielleicht von 1299 bis 1311 und 1343/1346 wurde das
Gebiet in eine obere Grafschaft (um Nienburg) und eine niedere Grafschaft mit
Sitz in H. aufgeteilt. Von 1345 bis 1503 war H. Sitz der Niedergrafschaft H.,
nach dem Aussterben ihrer Linie Residenz der Obergrafschaft. Zu Anfang des 16.
Jahrhunderts waren die Grafen zur Anerkennung der Lehnshoheit
Braunschweig-Lüneburgs gezwungen. Beim Aussterben der Grafen (H. 1503, Nienburg
1534/1582) wurde die Grafschaft als Reichslehen unter die Linien des welfischen
Hauses (Calenberg, Wolfenbüttel und Celle) aufgeteilt. Calenberg und
Wolfenbüttel erhielten die obere Grafschaft mit den Ämtern Stolzenau, Ehrenburg
(Ehrenberg), Syke, Steyerberg (Steierberg), Siedenburg, Diepenau, Harpstedt und
Barenburg und dem Stift Bassum. Celle erlangte die untere Grafschaft mit den
Ämtern H., Nienburg, Liebenau, Westen, Altbruchhausen, Neubruchhausen und
Thedinghausen. Diese Güter fielen 1584 an Wolfenbüttel allein und 1634 an
Celle. Die Ämter Uchte mit den Vogteien Uchte
und Kirchdorf und Freudenberg mit den Flecken Bassum, Freudenberg und Loge und
siebzehn Dörfern, die 1526/1527 an Hessen zu Lehen aufgetragen worden waren,
waren als hessische Lehnsstücke (1582) an Hessen-Kassel zurückgefallen. 1705,
nach Aussterben der Häuser Calenberg und Wolfenbüttel, war Celle (Hannover) im
Besitz der gesamten, zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis und zum
westfälischen Reichsgrafenkollegium zählenden Grafschaft. Um 1800 umfasste sie
ein Gebiet von etwa 45 Quadratmeilen mit 60000 Einwohnern. Von 1810 bis 1813
fiel ^pIH. an Frankreich, danach (einschließlich Uchtes und Freudenbergs) an
Hannover, 1866 an Preußen und damit 1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 354f.; Zeumer 554 II b 63, 10; Wallner 702 WestfälRK 8, 704, 31;
Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378), III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1;
Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Hoyer Urkundenbuch, hg. v. Hodenberg, W. v., Teil 1-8 1855ff.;
Gade, W., Historisch-statistisch-topographische Beschreibung der Grafschaften
Hoya und Diepholz, Bd. 1f. 1901; Hellermann, F., Die Entstehung der
Landeshoheit der Grafen von Hoya, 1912; Erler, G., Das spätmittelalterliche
Territorium Grafschaft Hoya (1202-1582), Diss. Göttingen 1972; Dienwiebel, H.,
Geschichtliches Ortsverzeichnis der Grafschaften Hoya und Diepholz, A-K, 1989;
Fahlbusch, F., Hoya, LexMA 5 1990, 143f.; Hucker, B., Die Grafen von Hoya,
1993; Casemir, K./Ohainski, U., Das Territorium der Wolfenbütteler Herzöge um
1616, 1996; Hucker, B., Der Ursprung der Grafen von Hoya, (in) Die Grafschaften
Bruchhausen, Diepholz, Hoya und Wölpe, 2000.
Huckarde-Dorstfeld (Herrschaft). König Ludwig der Deutsche (806-876) übergab den Hof Huckarde (heute in Dortmund) dem Stift Essen. Zusammen mit dem Nachbardorf Dorstfeld bildete Huckarde dann eine vom übrigen Stiftsgebiet abgesonderte besondere Herrschaft des Stiftes, deren Vogtei 1288 den Grafen von der Mark übertragen wurde und zuletzt Preußen zustand. Mit Essen fiel die Herrschaft 1802/1803 an Preußen. Nach zwischenzeitlicher Zugehörigkeit zum Großherzogtum Berg (1808-1813/1815) wurde H. 1929 nach Dortmund eingemeindet und fiel bei der Aufteilung Preußens 1946 an Nordrhein-Westfalen.
Ilfeld (Kloster). Seit 1154 erscheint eine
vielleicht von (Kaiser) Lothar von Süpplingenburg (1125-1137) mit Reichsgut
ausgestattete Adelsfamilie, die sich nach der Burg I. bei Nordhausen nannte.
1190 gründete sie dort ein Stift, das 1247 in Appenrode, Auleben, Girbuchsrode,
Niederspier, Wasserthalleben (Thalleben), Otterstedt, Westerengel,
Niedersachswerfen (Sachswerfen), Baldenrode, Woffleben (Wolffleben), Espe,
Kirchengel und Oberilfeld begütert war. 1252 erklärte König Wilhelm von Holland,
I. sei von den Grafen von Hohnstein, die auch die Vogtei
hatten, auf Reichsboden gegründet worden. Über Hohnstein und Preußen (1866
Provinz Hannover, 1932 Provinz Sachsen) gelangte I. 1946 zur Provinz
Sachsen-Anhalt bzw. 1947 zum Land Sachsen-Anhalt. Der südliche Teil des
Landkreises I. fiel zum 1. 10. 1932 an den Landkreis Grafschaft Hohenstein.
L.: Wolff 424; Meyer, K., Kloster Ilfeld, 1897; Köhler, C., Ilfelder Regesten,
Bd. 1 1932; Mascher, K., Reichsgut und Komitat am Südharz im Hochmittelalter, 1957.
Isenberg (Grafen). Bei Hattingen an der Ruhr
erbaute Graf Arnold von Altena vor 1200 die Burg I. und nannte sich nach ihr.
Seine Nachfolger hatten die Vogtei über die
Güter des Stiftes Essen. Nach einem Überfall auf den Erzbischof von Köln 1225
wurde Graf Friedrich hingerichtet. Seinem Sohn Dietrich blieb nach 13jährigem
Kampf gegen die Grafen von Altena-Mark ein etwa 120 Quadratkilometer großes
Gebiet. Seit 1247 nannte er sich Graf von Limburg. S. Altena, Limburg.
L.: Der Ennepe-Ruhr-Kreis, 1954.
Isny (Sankt Georg bzw. Sankt Jörgen)
(Reichsabtei). In dem vielleicht zu 1042 oder 1096 erstmals erwähnten I. im
Allgäu (villa Isinensis) stiftete Graf Wolfrad von Veringen-Altshausen 1042
eine Jakobus und Georg geweihte Pfarrkirche. 1096 übergab sie Graf Mangold
Mönchen aus Hirsau zur Gründung eine Benediktinerklosters, in dem neben dem
Männerkloster auch ein Frauenkonvent eingerichtet wurde. Dieser wurde 1189 nach
Rohrdorf verlegt, dessen Pfarrei kurz vorher Kaiser Friedrich I. Barbarossa an
I. gegeben hatte, und hatte bis zum 15. Jahrhundert Bestand. Das 1106 vom Papst
bestätigte Kloster kam 1306 an die Truchsessen von Waldburg. Sie erweiterten
ihre Vogteirechte allmählich zur völligen
Herrschaft über das Kloster und seine Güter. Seit 1693 gelang der Abtei die
Einschränkung dieser Rechte und am 4. 10. 1781 die vollständige Ablösung. Damit
war I. reichsunmittelbar. Der Abt von Sankt Georg in I. zählte am Ende des 18.
Jahrhunderts zu den rheinischen Prälaten der geistlichen Bank des
Reichsfürstenrates, die Äbtissin von St. Jörgen zu den schwäbischen Prälaten.
Die Güter der Abtei umfassten die vier Pfarreien Unterreitnau, I., Rohrdorf und
Menelzhofen und die Filialkirche Weiler. Ein eigenes Herrschaftsgebiet bestand
nicht. 1803 kam die Abtei zusammen mit der Reichsstadt I. als Grafschaft I. an
die Grafen von Quadt (Quadt-Wickrath), 1806 an Württemberg.
L.: Zeumer 552ff. II a 36, 23/37, 7; Großer Historischer Weltatlas III 38
(1789) D4; Erzberger, M., Die Säkularisation in Württemberg 1802-1810, 1902;
Kammerer, I., Isnyer Regesten, 1953; Kammerer, I., Isny im Allgäu. Bilder aus
der Geschichte einer Reichsstadt, 1956; Eisele, K., Stadt- und Stiftsgebiet
Isny in den Jahren 1803-10, Ulm und Oberschwaben, 38 (1967); Isny, 1975, (in)
Germania Benedictina Bd. 5 Baden-Württemberg; Reichsabtei St. Georg in Isny,
hg. v. Reinhardt, R., 1996.
Jülich (Grafschaft, Markgrafschaft, Herzogtum[,
Residenz?]). J. bei Düren ist im Anschluss an die römische Zivilsiedlung
Juliacum an einer wichtigen Straßenkreuzung entstanden. Im 9. Jahrhundert kam
der Ort an das Erzstift Köln. Als dessen Vögte wirkten die Grafen des schon in
fränkischer Zeit J. umgebenden Jülichgaus. Seit dem frühen 11. Jahrhundert
erscheinen Grafen mit dem Leitnamen Gerhard, die sich bald nach J. benannten
(1081 comes de Julicho). Sie erwarben am Ende des 12. Jahrhunderts durch Heirat
(1177) die Waldgrafschaft am Nordrand der Eifel und die Grafschaft Nörvenich.
Sie starben 1207 aus und wurden über die Schwester des letzten Grafen von den
in der Nordeifel begüterten Herren von Heimbach (Hengebach) beerbt, die sich
nunmehr nach J. benannten. Sie gewannen die Belehnung mit der Vogtei über Aachen, die Reichsabtei Kornelimünster und
die linksrheinischen Güter Essens. Zusammen mit Berg, Kleve und Brabant
besiegten sie 1288 bei Worringen den Erzbischof von Köln und brachen die
Vorherrschaft des Erzstifts Köln am Niederrhein. 1304/1307 wurden Teile der
Grafschaft Kessel (Kassel) mit Grevenbroich, Gladbach (Mönchengladbach) und
Brüggen gekauft. 1312 kam das Amt Münstereifel von einer Nebenlinie zurück.
1336 wurden die Grafen von J., die 1346 durch Heirat Ravensberg und 1348 auch
Berg, das bis 1423 einer Jülicher Nebenlinie zugeteilt wurde, sowie 1335 die Vogtei über Aachen gewannen, zu Markgrafen, 1356 zu
Herzögen erhoben. Für kurze Zeit wurde auch Geldern gewonnen (bis 1423). Weiter
erwarben die Herzöge Monschau (1435), Euskirchen und Heinsberg sowie
Geilenkirchen, Millen, Wassenberg und Löwenburg. Residenz wurde Düsseldorf.
1511 wurden beim Aussterben des Geschlechts im Mannesstamm die zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählenden Herzogtümer
Jülich-Berg-Ravensberg und Kleve-Mark durch Heirat in Personalunion vereinigt.
1538 konnte Geldern erworben werden, ging aber 1543 wieder verloren. 1614
fielen J. und Berg im jülich-klevischen Erbfolgestreit (1614/1666) an
Pfalz-Neuburg (Wittelsbach). Seit 1777 war J. (mit Berg) durch Pfalz-Sulzbach
in Personalunion mit Bayern vereinigt. Zu dieser Zeit umfasste es 75 bzw. 129
Quadratmeilen mit 400000 Einwohnern und war in 19 bzw. 33 bzw. 44 Ämter
aufgeteilt. Von 1794 bis 1814 war es bei Abfindung Bayerns durch Ansbach (1806)
und Bayreuth (1810) von Frankreich, das es 1801 vertraglich erlangte, besetzt.
1814 wurde seine Aufteilung auf Preußen und die Niederlande vorgesehen. 1815
kam es an Preußen, 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 321ff.; Wallner 701 WestfälRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) D3, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C3, III 38 (1789) B2; Die Territorien
des Reichs 3, 86; Mirbach, W. v., Zur Territorialgeschichte des Herzogtums
Jülich, 1874ff.; Kuhl, J., Geschichte der Stadt Jülich, Bd. 1ff. 1891ff.;
Landtagsakten von Jülich-Berg 1400-1610, hg. v. Below, G. v., Bd. 1f. 1895ff.;
Redlich, O. R., Jülich-Bergische Kirchenpolitik am Ausgang des Mittelalters,
Bd. 1f. 1904ff.; Geschichte des Rheinlandes, hg. v. Aubin, H./Frings, T. u. a.,
Bd. 1f. 1922; Güthling, O., Jülich-Bergische Landesaufnahmen im 18.
Jahrhundert, Düsseldorfer Jb. 1938; Geschichtlicher Handatlas der deutschen
Länder am Rhein, Mittel- und Niederrhein, bearb. v. Nießen, J., 1950; Theunert,
F., Kreis und Stadt Jülich, 1951ff.; Corsten, S., Die Grafen von Jülich unter
den Ottonen und Saliern, Beiträge zur Jülicher Geschichte 45 (1978), 3ff.;
Walz, J., Stände und frühmoderner Staat: Die Landstände von Jülich-Berg im 16.
und 17. Jahrhundert, 1982; Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer
Jülich, Kleve, Berg, 3. A. 1985; Jülich und das Jülicher Land im Bild, hg. v.
Mainz, A. (o. J.); Kraus, T., Jülich, Aachen und das Reich, 1987; Bers, G.,
Studien zur Jülicher Stadtgeschichte, 1989; Herborn, W., Jülich, LexMA 5 1990,
803ff.; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v. Härter,
K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
115; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.
u. a., 2003, 1, 1, 134, 814 (Jülich und Berg), 1, 2, 286; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 1, 407, 2, 286.
Katzenelnbogen (Grafschaft). Um 1095 wurde südwestlich
von Limburg an der Lahn auf Bleidenstädter Vogteigut
die Burg K. (1102 Cazeneleboge, sichere Deutung fehlt) erbaut. Nach ihr nannten
sich möglicherweise im Zusammenhang mit dem Kraichgau südlich des Neckars seit
1138 die Grafen von K., die vielleicht aus dem Erzstift Köln stammen (Diether
1066), zunächst als nobiles oder liberi bezeichnet wurden (Edelfreie) und um
1130 in verwandtschaftliche Beziehung zu den Staufern traten. Sie hatten
anfangs die Vogteien der Klöster Prüm, Siegburg
und Bleidenstadt sowie des Erzbistums Mainz im Gebiet südlich der Lahnmündung.
Die Grafschaft im Kraichgau verloren sie, erwarben aber um 1160 mit den Grafen
von Nassau die Grafschaft auf dem Einrich, um 1185 St. Goar mit dem Rheinzoll sowie
seit dem 12. Jahrhundert Lehen Würzburgs um Darmstadt und Groß-Gerau bzw.
Großgerau. Sie eigneten sich im Interregnum umfangreiches Reichsgut (1249 bei
Trebur, nach 1255 Dreieich) an. Danach erstreckte sich ihr seit etwa 1260 an
auf zwei Linien verteiltes, 1402 aber wieder vereinigtes Herrschaftsgebiet vom
Odenwald bis zur unteren Lahn. Es bestand aus der Niedergrafschaft am Nordhang
des Taunus um Rheinfels (Braubach, Sankt Goar, Bad Schwalbach, Burgschwalbach)
und der Obergrafschaft um Darmstadt (Rüsselsheim, Groß-Gerau bzw. Großgerau,
Darmstadt, Zwingenberg), die durch Mainzer und Nassauer Gebiet von einander
getrennt waren, sowie verstreuten Gütern in der Wetterau, im östlichen Taunus,
auf dem Westerwald, an der unteren Lahn und zahlreichen Rheinzöllen vom
Oberrhein bis Holland. Hiervon waren nur geringe Güter allodial, doch gelang
auch auf der Grundlage der durch Pfandrecht und Lehnrecht gebotenen rechtlichen
Möglichkeiten die Entstehung von Landesherrschaft. Die wachsenden Gegensätze zu
den Grafen von Nassau führten um 1400 zu einem Bündnis mit den Landgrafen von
Hessen und 1457 zur Heirat der Erbtochter Anna mit Landgraf Heinrich III. 1479
fiel beim Aussterben der Familie in männlicher Linie das später zum
oberrheinischen Reichskreis zählende Gut an Hessen (nach langem Streit mit
Jülich-Berg [bis 1520] und Nassau [, das den hessischen Anteil an der
Grafschaft Diez und 450000 Gulden erhielt,] endgültig 1557). 1567 kam die
Obergrafschaft, zu der die Ämter Darmstadt, Kelsterbach, Rüsselsheim, Dornberg,
Jägersburg, Zwingenberg und Lichtenberg, die Gemeinschaft Umstadt, der
hessen-darmstädtische Anteil an der Herrschaft Eppstein, das Amt Braubach und
das eigentlich zur niederen Grafschaft gehörige, aber von Hessen-Darmstadt
erworbene und zur oberen Grafschaft geschlagene Kirchspiel K. gehörten, an
Hessen-Darmstadt. Die Niedergrafschaft, welche die Ämter Rheinfels, Reichenberg
und Hohenstein, das Amt oder die Vogtei
Pfalzfeld auf dem linken Rheinufer mit acht Dörfern und die Hälfte des so
genannten Vierherrischen umfasste, wurde Teil von Hessen-Rheinfels und fiel bei
Aussterben des Hauses 1583 an Hessen-Kassel. 1648 wurde dessen Nebenlinie
Hessen-Rotenburg mit ihr ausgestattet. 1815 kam die Niedergrafschaft an das
Herzogtum Nassau und fiel 1866 mit Nassau an Preußen und 1945 an Hessen. S.
Nassau-Katzenelnbogen.
L.: Wolff 255; Wallner 694 OberrheinRK 1, 2; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) D3, III 38 (1789) B2; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Landrecht der oberen Grafschaft
Katzenelnbogen (von 1591), o. J. (1795, Verlag Stahl-Caselmann); Selchow, C.
v., Magazin für die deutschen Rechte und Geschichte, Bd. 1 (1779) 475ff.
(Erstdruck des Landrechts); Meinardus, O., Der Katzenelnbogener Erbfolgestreit,
1899ff.; Sponheimer, M., Landesgeschichte der Niedergrafschaft Katzenelnbogen,
1932; Demandt, K., Die Anfänge des Katzenelnbogener Grafenhauses und die
reichsgeschichtlichen Grundlagen seines Aufstieges, Nassauische Annalen 63
(1952), 17; Demandt, K., Regesten der Grafen von Katzenelnbogen 1060-1486, Bd.
1ff. 1953ff.; Demandt, K., Die letzten Katzenelnbogener und der Kampf um ihr
Erbe, Nassauische Annalen 66 (1955), 98ff.; Demandt, K., Die Grafschaft
Katzenelnbogen und ihre Bedeutung für die Landgrafschaft Hessen, Rhein. Vjbll.
29 (1964) 73ff.; Diestelkamp, B., Das Lehnrecht der Grafschaft Katzenelnbogen,
1969; Maulhardt, H., Die wirtschaftlichen Grundlagen der Grafschaft
Katzenelnbogen im 14. und 15. Jahrhundert, 1980; Reichert, W., Finanzpolitik
und Landesherrschaft. Zur Entwicklung der Grafschaft Katzenelnbogen vom 12. bis
14. Jahrhundert, 1985; Demandt, K., Katzenelnbogener Urkunden, 1989; Gerlich,
A., Katzenelnbogen, LexMA 5 1990, 1080; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren,
2005, 1, 481; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und
Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 128.
Kaysersberg, Kaisersberg (Reichsstadt). Am Eingang
des Weißtals im Elsass erwarb der Hagenauer Schultheiß im Namen Heinrichs
(VII.) 1227 Land von den Herren von Horburg und von Rappoltstein zur Errichtung
einer Burg. 1247 kam der vor 1230 civitas genannte Ort an die Gegner der
Staufer und war seit dem Untergang der Staufer Reichsstadt. Als solche gehörte
K. 1354 dem elsässischen Zehnstädtebund und später dem oberrheinischen
Reichskreis an. 1648 gelangte es unter die Vogtei
Frankreichs und mit dem Elsass an Frankreich.
L.: Wolff 298; Becker, J., Geschichte der Reichsvogtei Kaysersberg, 1902;
Maier, W., Stadt und Reichsfreiheit. Entstehung und Aufstieg der elsässischen
Hohenstaufenstädte, 1972; Sittler, L., Kaysersberg, 1979; Rapp, F.,
Kaysersberg, LexMA 5 1990, 1092; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 299.
Kempten (gefürstete Abtei, Fürststift,
Residenz). K. an der Iller wird erstmals als spätkeltische Siedlung Cambodunum
(um Christi Geburt) von Strabo erwähnt. 15 v. Chr. wurde es von den Römern
erobert, die dort eine Siedlung mit Markt, Tempeln und Thermen errichteten, die
ihrerseits im 3. Jahrhundert von den Alemannen zerstört wurde. 742/743 gründete
vielleicht das Kloster Sankt Gallen in Kempten eine Zelle und 752 ein
Benediktinerkloster, das karolingisches Eigenkloster wurde. 1062 bestätigte
König Heinrich IV. seine durch mehrfache Vergabungen (vor 963 Augsburg, 1026
Schwaben, 1065 Rheinfelden) bedrohte Reichsunmittelbarkeit. 1348 wurde der Abt
als Fürstabt betitelt, 1360 wurde das Kloster von Kaiser Karl IV. zum
Fürststift erhoben, das 1419 exemt wurde. Sein Herrschaftsgebiet entwickelte
sich aus einer dem Kloster durch Kaiser Karl dem Großen im 9. Jahrhundert
verliehenen Immunität, die zwischen 1062 und 1213 zur Grafschaft erhoben wurde.
1213 gingen durch Verleihung König Friedrichs II. die zuletzt von den Staufern
ausgeübten Grafenrechte und Vogteirechte an den
Abt über. Weitere Käufe rundeten im 17. und 18. Jahrhundert das Gebiet ab. Bis
1803 war dann das Fürststift nach dem Hochstift Augsburg das größte geistliche
Herrschaftsgebiet in Ostschwaben. Es gehörten bei der Säkularisation (1803) zum
Stift die 1728 mit Stadtrecht ausgestattete sogenannte Stiftsstadt unmittelbar
vor den Toren der Reichsstadt K. und die Marktflecken Sulzberg, Unterthingau
(Thingau), Günzburg (Obergünzburg), Ronsberg, Dietmannsried, Grönenbach, Legau,
Altusried und Buchenberg sowie Martinszell (Sankt Martinszell) und die
Herrschaften Wagegg, Westerried, Rothenstein, Kalden (Calde),
Theinselberg-Hetzlinshofen-Herbishofen (Teisselberg-Hetzlingshofen-Erbishofen),
Hohenthann (Hohentann) und Kemnat (Kemnath) Das Gebiet war in die acht
Pflegämter Sulzberg und Wolkenberg, Unterthingau, Kemnat, Liebenthann oder
Günzburg (Obergünzburg), Falken, Grönenbach, Hohentann oder Lautrach und das
Pflegamt diesseits der Iller gegliedert. Als Exklave unterstand dem Abt auch
die Obervogtei Binswangen. Wegen Lautrach (Lauterach) und Langenegg zählte der
Abt zum Kanton Hegau (Hegau-Allgäu-Bodensee, Bezirk Allgäu-Bodensee) des
Ritterkreises Schwaben. Für einen Teil der Eingesessenen war er gegenüber den
Kantonen Hegau und Donau steuerpflichtig.1803 fiel das Stift mit 18
Quadratmeilen weitgehend geschlossenem Gebiet und 40000 Einwohnern an Bayern.
L.: Wolff 2158; Zeumer 552 II a 28; Wallner 685 SchwäbRK 7; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F5, III 38 (1789) D4; Ruch Anhang 82; Wagner, F., Die
Römer in Bayern, 4. A. 1928; Rottenkolber, J., Geschichte des hochfürstlichen
Stiftes Kempten, 1933; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reiches, 1938; Weitnauer, A., Kempten 1949; Schwarzmaier, H., Königtum, Adel
und Klöster im Gebiet zwischen Iller und Lech, 1961; Dertsch, R., Stadt- und
Landkreis Kempten, 1966; Blickle, P., Kempten, 1968: (in) Historischer Atlas
von Bayern, Teil Schwaben; Hermann, N., Kempten und das Oberallgäu, 2. A. 1984;
Geschichte der Stadt Kempten, hg. v. Dotterweich, V., 1989; Böck, F., Kempten
im Umbruch, 1989; Fahlbusch, F., Kempten, LexMA 5 1990, 1103; Walter, M., Das
Fürststift Kempten, 1995; Bürgerfleiß und Fürstenglanz, hg. v. Jahn, W. u. a.,
1998; Petz, W. Zweimal Kempten, 1998; Böck, F., Ein Einzelfall? (in) Suevia
Sacra, hg. v. Liebhart, W. u. a., 2001; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 666, 1, 2,292.
Kempten (Reichsstadt). K. wird erstmals als
spätkeltische Siedlung Cambodunum (um Christi Geburt) von Strabo erwähnt. Seit
15 v. Chr. bestand eine römische Siedlung, die im 3. Jahrhundert von den
Alemannen zerstört wurde. 752 gründete vielleicht das Kloster Sankt Gallen nach
einer Zelle der Jahre 742/3 in K. ein Benediktinerkloster, das karolingisches
Eigenkloster und 1360 Fürststift wurde. Die bei ihm angelegte Siedlung erhielt
1289 Reichsfreiheit. 1310 gelangte die Vogtei
über die Stadt wieder an das Kloster. 1340 hatte sie das Stadtrecht Ulms. 1361
wurde die Vogtei erneut vom Stift gelöst. 1525
kaufte sich K. nach jahrhundertelangem Streit mit dem Fürststift ganz von ihm
frei und wurde 1527 protestantisch. Die Stadt zählte zum schwäbischen
Reichskreis. 1803 kam sie mit 0,8 Quadratmeilen Gebiet und etwa 3500 Einwohnern
an Bayern.
L.: Wolff 219; Zeumer 555 III b 20; Wallner 689 SchwäbRK 79; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E5; Schroeder 199ff.; Haggenmüller, J.,
Geschichte der Stadt und der gefürsteten Grafschaft Kempten, 1840/1847; Wagner,
F., Die Römer in Bayern, 4. A. 1928; Rottenkolber, J., Geschichte des
hochfürstlichen Stifts Kempten, 1933; Weitnauer, A., Kempten 1949; Dertsch, R.,
Stadt- und Landkreis Kempten, 1966; Blickle, P., Kempten, 1968, (in) Historischer
Atlas von Bayern, Teil Schwaben; Schleiermacher, W., Cambodunum, Kempten: eine
Römerstadt im Allgäu, 1972; Hermann, N., Kempten und das Oberallgäu, 2. A.
1984; Haggenmüller, J., Geschichte der Stadt und der gefürsteten Grafschaft
Kempten, 1988; Geschichte der Stadt Kempten, hg. v. Dotterweich, V., 1989;
Fahlbusch, F., Kempten, LexMA 5 1990, 1103; Bürgerfleiß und Fürstenglanz, hg.
v. Jahn, W. u. a., 1998; Petz, W. Zweimal Kempten, 1998.
Kitzingen (Kloster, Reichsabtei?). Das Kloster K.
(748 Chittzinga) wurde vielleicht schon in vorbonifatianischer Zeit auf
Reichsgut gegründet. 1007 war es eine Abtei königlichen Rechts, die von König
Heinrich II. dem Hochstift Bamberg gegeben wurde. Die Vogtei
übten seit dem elften Jahrhundert die späteren Grafen von Hohenlohe aus. Im 14.
Jahrhundert teilten sich Bischof von Würzburg und Burggrafen von Nürnberg
(später die Markgrafen von Ansbach bzw. Brandenburg-Ansbach) die Herrschaft.
1521 erscheint K. in der Reichsmatrikel. 1544 wurde die Reformation eingeführt
und 1802/1803 kam K. von Würzburg an Bayern.
L.: Wolff 100; Bachmann, L., Kitzinger Stadtgeschichte, 1929; Apud Kizinga
monasterium, hg. v. Walter, H., 1995.
Kleve (Grafschaft, Herzogtum, Residenz).
Wahrscheinlich im 9. Jahrhundert wurde auf einer beherrschenden Anhöhe im
niederrheinischen Tiefland die Burg K. (Clive, Kliff) errichtet. Sie war
infolge der Gründung einer Grafschaft am linken Rheinufer durch Kaiser Heinrich
II. (um 1020) ab der Mitte des 11. Jahrhunderts Sitz der Grafen von K., deren
älteste Grafen zugleich auch Grafen von Teisterbant, das im 11. Jahrhundert an
Utrecht fiel, gewesen sein sollen. Als erster der Grafen ist (nach Rutger I. †
1051 und Rutger II. von Tomburg 1051-1075) 1092 ein comes Thiedericus de Cleve
(Dietrich I. von Tomburg-Kleve bis1118 urkundlich) belegt. Die Grafen
erweiterten den im südlichen Teil des Nimwegener Reichswaldes gelegenen Kern
der ursprünglichen Grafschaft (K., Kalkar, [Monreberg] Monterberg) auf Kosten
des Reiches und des Erzstifts Köln. Spätestens im 13. Jahrhundert griffen sie
auf das rechte Rheinufer über (Wesel [1233], Duisburg, Herrschaft Dinslaken),
im 14. Jahrhundert nach Emmerich. Zugleich betrieben sie mit großem Eifer die
Binnensiedlung. Nach dem Aussterben der Grafen 1368 setzte sich Graf Adolf III.
von der Mark, der die Nichte des letzten Grafen geheiratet hatte, durch. Er
gewann 1392 Rees und Aspel, verlor aber Linn bei Krefeld an Köln. 1398 wurde
die Herrschaft über K. und Mark sowie Ravensberg und Ravenstein in einer Hand
vereinigt. 1417 wurde das bis 1461 in seinen beiden Teilen getrennt verwaltete
K. zum Herzogtum erhoben. 1424 wurde Gennep, 1429 Emmerich und der östliche
Teil des Reichswaldes gewonnen. Die enge Verbindung mit Burgund im 15.
Jahrhundert ermöglichte Gebietsgewinne auf Kosten Gelderns (1473 Goch,
Aspenden, Weeze, Wachtendonk, Düffel, Vogtei
über Elten). In der Soester Fehde erwarb K. Soest und Xanten (1444-1449) vom
Erzstift Köln. 1521 wurden die Herzogtümer K. (Mark) und
Jülich(-Berg-Ravensberg) infolge der 1496 erfolgten Heirat Johanns III. mit der
Erbin von Jülich(-Berg-Ravensberg) in Personalunion vereinigt. Kleves
Landstände gingen früh zum Luthertum und später teilweise zum Calvinismus über.
1609 starb das Grafenhaus aus. 1614 fielen K. und Mark im Jülicher
Erbfolgestreit an das calvinistische Brandenburg. Im 18. Jahrhundert umfasste
K. etwa 40 Quadratmeilen mit rund 100000 Einwohnern. Das zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zählende Herzogtum enthielt den so genannten steuerrätlichen
Städtekreis und den landrätlichen Kreis. Ersterer bestand aus dem Städtekreis
westseits des Rheines unterwärts mit den Städten K., Emmerich, Kranenburg
(Cranenburg), Zevenaar, Huissen, Gennep, Griethausen und Goch, dem Städtekreis
westseits des Rheines oberwärts mit den Städten Xanten, Orsoy, Kalkar,
Sonsbeck, Uedem, Büderich, Kervenheim und Grieth und dem Städtekreis ostwärts
des Rheines mit den Städten Wesel, Duisburg, Rees, Dinslaken, Ruhrort,
Schermbeck, Holten und Isselburg. Letzterer umfasste den klevisch landrätlichen
Kreis (die Richterämter K., Kleverhamm [Kleverham, Kleveham], Kalkar, Grieth,
Goch, Asperden, Gennep, Kranenburg [Cranenburg], Düffel [Duiffeld], Uedem,
Sonsbeck, Schravelen, die Jurisdiktionen Huisberden, Halt, Hoennepel [Hönnepel,
Hennepel], Niedermörmter, Moyland, Till, Heyen, Mook, Kessel, Mörmter und die
adligen Herrlichkeiten Appeldorn, Weeze [Wees], Zyfflich-Wyler und Wissen), den
weselschen landrätlichen Kreis (Richterämter Wesel, Brünen, Bislich, Büderich,
Wallach, Xanten, Winnenthal, Dinslaken, Götterswickerhamm [Götterwickerhamm,
Gotteswickerham], Spellen, Holten, Beeck, Schermbeck und die adligen
Herrlichkeiten Hamminkeln, Meiderich, Diersfordt [Diersfort], Gahlen, Bühl,
Hünxe [Hünke], Voerde, Haffen, Mehr, Borth, Veen mit der Freiheit Winnenthal)
und den emmerichschen landrätlichen Kreis (Ämter Emmerich, Lobith, Rees,
Hetter, Grietherbusch [Grieterbusch], Lymers bzw. Lijmers, Huissen und
Malburgen [Malburg], Jurisdiktionen Millingen und Hurl, Sonsfeld, Haldern
[Halderen], Offenberg, Bienen, Wehl [Weel], Hüllhausen bzw. Hulhuizen und
Groin). 1795 verzichtete Preußen im Frieden von Basel zugunsten Frankreichs auf
das linksrheinische K., 1805 verlor es den Rest an Frankreich, welches das
Gebiet mit dem Großherzogtum Berg vereinigte und Wesel zu Frankreich schlug.
1815 erhielt Preußen den größten Teil zurück (Provinz Jülich-Kleve-Berg
1816-1821, 1822 Rheinprovinz), während Zevenaar, Huissen und Malburgen
(Malburg) an die Niederlande kamen. Von Preußen gelangten die Güter 1946 zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 314ff.; Wallner 710 WestfälRK 3; Großer Historischer Weltatlas II 78
(1450) F3; Die Territorien des Reichs 3, 86; Char, Geschichte des Herzogtums
Cleve, 1845; Schottmüller, K., Die Organisation der Zentralverwaltung in
Cleve-Mark vor der brandenburgischen Besitzergreifung 1609, 1897; Beiträge zur
Geschichte des Herzogtums Kleve, hg. v. Herrmann, A., 1909; Quellen zur inneren
Geschichte der rheinischen Territorien. Herzogtum Kleve, hg. v. Ilgen, T., Bd.
1ff. 1921ff.; Geschichte des Rheinlandes, hg. v. Aubin, H./Frings, T., Bd. 1f.
1922; Geschichtlicher Handatlas der deutschen Länder am Rhein, Mittel- und
Niederrhein, bearb. v. Niessen, J., 1950; Oediger, F., Die ältesten Grafen von
Cleve, Ann. d. hist. Vereins f. d. Nied.Rhein 153/154 (1953); Rheinischer
Städteatlas I, H. 1 Kleve, 1952-1956; Kastner, D., Die Territorialpolitik der
Grafen von Kleve, 1972; Flink, K., Kleve im 17. Jahrhundert. Studien und
Quellen, 1979; Köbler, G., Gericht und Recht in der Provinz Westfalen
(1815-1945), FS G. Schmelzeisen, 1980, 176; Glezerman, A./Harsgor, M., Cleve -
ein unerfülltes Schicksal. Aufstieg, Rückzug und Verfall eines
Territorialstaates, (o. J.); Kraus, T., Studien zur Frühgeschichte der Grafen
von Kleve und die Entstehung der klevischen Landesherrschaft, Rhein. Vbjll. 46
(1982), 1ff.; Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve,
Berg, 3. A. 1985; Schleidgen, W., Das Kopiar der Grafen von Kleve, 1986;
Aymans, G., Das Clevische Kataster der Jahre 1731-1738, 1986; Klevische
Städteprivilegien (1241-1609), hg. v. Flink, K., 1989; Die klevischen
Hofordnungen, hg. v. Flink, C., 1997; Repertorium der Policeyordnungen der
frühen Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Schlinker, S.,
Fürstenamt und Rezeption, 1999, 168; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 820 (Kleve und
Mark), 1, 2, 297; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 405, 2, 308;
Lieven, J., Adel, Herrschaft und Memoria, 2008; Verortete Herrschaft, hg. v.
Lieven, J., 2014, 289.
Königsbronn (Kloster). Die um 1240 erstmals erwähnte
Burg Herwartstein an der Brenz war Mittelpunkt einer ursprünglich staufischen
Herrschaft. Sie gelangte später an die Grafen von Helfenstein, die sie 1302 an
König Albrecht verkauften. Er ließ 1308 dort ein Kloster gründen, das nach
schwierigen Anfängen allmählich ein kleineres Herrschaftsgebiet erwarb
(Oberkochen, Schnaitheim, Albuch, Söhnstetten). 1353/1425 erlangten die Grafen
von Helfenstein die Vogtei. 1552/1553 wurde
durch Württemberg die Reformation eingeführt. Die Anspüche Habsburgs wurden
abgegolten. Noch 1776 erscheint K. innerhalb des schwäbischen Reichskreises in
der Reichsmatrikel. Über Württemberg kam der Ort K. 1951/1952 zu
Baden-Württemberg.
L.: Gumpelzhaimer 1776, 62; Wolff 162; Heusel, K., Königsbronn, Das Kloster und
die Eisenwerke, 1937.
Konstanz (Reichsvogteistadt). K. war bereits in
der Jungsteinzeit besiedelt. Unter Tiberius (14-37 n. Chr.) wurde an dem
verkehrsgünstig liegenden Ort am Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee ein
römischer Stützpunkt angelegt, vermutlich nach 300 ein Kastell, dessen im 6.
Jahrhundert überlieferter Name Constantia war. Vielleicht zwischen 550 und 590
wurde K. Bischofssitz (bis 1821), um 900 erhielt es vom Bischof Marktrecht.
1192 wird in einem Privileg Kaiser Heinrichs VI. die Ablösung der Herrschaft
des Bischofs sichtbar. Im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts erscheint der
Rat. (Kaiser) Friedrich II. wandelte die Vogtei
über K. in eine Reichsvogtei um. 1237 wurde K. als Reichsstadt bezeichnet und
führte seit 1388 den Bund der Reichsstädte am Bodensee an. Von 1414 bis 1418
war es Sitz des 16. allgemeinen Konzils zur Überwindung des abendländischen
Schismas. 1417 gelang die Pfandnahme des Landgerichts im Thurgau aus der Hand
König Sigmunds, doch musste 1460/1499 der Thurgau den Eidgenossen der Schweiz
überlassen werden. 1510/1511 wurde K. zum Abschluss eines Schirmvertrages mit
Habsburg gezwungen. Durch den Schmalkaldischen Krieg verlor die 1526
protestantisch gewordene Stadt, aus welcher der Bischof 1527 nach Meersburg übersiedelte,
die Reichsfreiheit und kam von 1548 bis 1805 unter die Herrschaft Österreichs,
unter der sie wieder katholisch wurde. 1805/1806 fiel sie an Baden und damit
1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 46; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) C4; Marmor, J.,
Geschichtliche Topographie der Stadt Konstanz, 1860; Konstanzer Häuserbuch, hg.
v. Hirsch, F./Beyerle, K./Maurer, A., Bd. 1f. 1906ff.; Laible, J., Geschichte
der Stadt Konstanz und ihrer nächsten Umgebung, 1921; Hofmann, A. v., Die Stadt
Konstanz, 1922; Rüster, Die Steuerbücher der Stadt Konstanz, Bd. 1ff. 1958ff.;
Feger, O., Konstanz, 1961; Der Landkreis Konstanz. Amtliche Kreisbeschreibung,
Bd. 1 1968ff.; Feger, O., Kleine Geschichte der Stadt Konstanz, 3. A. 1972;
Maurer, H., Konstanzer Stadtgeschichte im Überblick, 1979; Maurer, H., Konstanz
im Mittelalter, Bd. 1f. 1989; Stahter, H., Das römische Konstanz und sein
Umfeld, 1990; Maurer, H., Konstanz, LexMA 5 1991, 1399ff.; Burkhardt,
M./Dobras, W./Zimmermann, W., Konstanz in der frühen Neuzeit, 1991; Burkhardt,
M., Konstanz im 18. Jahrhundert, 1997; Schuster, P., Eine Stadt vor Gericht,
1999; Seuffert, R., Konstanz, 2003, 2. A. 2013; Crivellari, F. u. a., Vom
Kaiser zum Großherzog, 2007; Zang, G., Kleine Geschichte der Stadt Konstanz, 2010;
Rügert, W., Konstanz zur Zeit des Konzils, 2014.
Krenkingen (Herrschaft). K. nordöstlich Waldshuts
wird 1152 erstmals erwähnt. Nach ihm nannten sich Herren von K., die nach 1100
(1102) im Alpgau (Albgau) und Klettgau erscheinen und die im Albgau die vier
Burgen Weißenburg bei Weisweil, Neukrenkingen bei Riedern (zu Eigen) und
Schwarzwasserstelz und Weißwasserstelz (zu Lehen) und im Albgäu die Burgen
Krenkingen, Gutkrenkingen, Isnegg, Gutenburg, Steinegg und Roggenbach sowie
außerdem die Vogtei über Sankt Blasien, Rheinau,
Reichenau, Berau und Riedern innehatten. Sie eigneten sich die Güter Rheinaus
im Klettgau und Thurgau an. Sie teilten sich spätestens im 13. Jahrhundert in
zwei Linien. Bald nach 1260 musste die Gutenburg verpfändet und verkauft
werden. 1275 kamen Gutkrenkingen und Isnegg an die Abtei Sankt Blasien, die bis
1480 alle albgauischen Güter der Herren erwarb, deren ältere Linie am Anfang
des 15. Jahrhunderts (1414/1418) und deren jüngere Linie 1508 ausstarb. 1803
fiel Sankt Blasien an den Malteserorden (Johanniterorden), 1806 an Baden und
damit K. 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Hölzle, Beiwort 82; Mayer, H., Heimatbuch für den Amtsbezirk Waldshut,
1926; Maurer, H., Die Herren von Krenkingen und das Land zwischen Schwarzwald
und Randen, 1967.
Kröv (Reichsdorf), Cröwe. K. an der Mosel war
seit karolingischer Zeit Mittelpunkt eines ausgedehnten Königsgutsbezirks bzw.
Reichsgutsbezirks (K., Reil [Reitzel], Kinheim, Kinderbeuern [Kinheimerburen],
Bengel, Erden), der im Mittelalter als Kröver Reich bezeichnet wurde. 1274
verpfändete es König Rudolf von Habsburg an die Grafen von Sponheim. Am 11. 11.
1374 erlaubte Kaiser Karl IV. dem Erzbischof von Trier, der 1355 die Vogteirechte erworben hatte, die Auslösung. Bis ins
18. Jahrhundert war K. zwischen den Grafen von Sponheim und dem Erzstift Trier
umstritten. 1784 erhielt das Erzstift Trier die Landeshoheit zu einem Drittel.
1815 kam K. an Preußen und 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 461; Wolff 261; Schaaf, E., Zur Herrschaftsstruktur des Kröver
Reiches, Landeskundliche Vjbll. 41 (1995), 181.
Lebus (Land, Hochstift, Residenz). Das Land zu
beiden Seiten der unteren Oder bewohnten nach dem Abzug der Germanen in der
Völkerwanderung zunächst die slawischen Leubuzzi. Zwar übertrug Kaiser Heinrich
V. 1110 die spätestens im 9. Jahrhundert errichtete, gerade eroberte
altslawische Burg L. an den Erzbischof von Magdeburg, doch kam das Gebiet
vermutlich bald an Polen, für das Herzog Boleslaw III. wohl 1123/1124 in L. ein
bis 1424 Gnesen unterstelltes, vielleicht von Rotrussland (Güter um Lemberg,
Przemysl und Halitsch) hierher verlegtes Bistum errichtete, 1230 an den Herzog
von Schlesien, um 1250 (1249/1250) durch Eroberung an den Erzbischof von
Magdeburg und die Markgrafen von Brandenburg, die es spätestens 1287 allein
erlangten. 1276 wurde der Sitz des Bischofs nach Göritz verlegt (bis 1326),
1373/1376 nach Fürstenwalde. In der Mitte des 14. Jahrhunderts drückten die
Markgrafen von Brandenburg das in Schlesien, Großpolen und Kleinpolen begüterte
Hochstift in die 1447 anerkannte Landsässigkeit hinab. 1424 wurde das Bistum
Magdeburg unterstellt. 1518 wurde für 45000 Gulden die Herrschaft Storkow
gekauft, 1566/1567 vom Administrator des Hochstifts aber wieder an Markgraf
Johann von Küstrin verkauft. Unter Bischof Georg von Blumenthal (1524-1550)
wurde die Reformation eingeführt, 1555/1598 wurde das Hochstift in Brandenburg
säkularisiert und auch das Domkapitel aufgelöst.
L.: Wolff 388; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) H2; Wohlbrück, S.,
Geschichte des ehemaligen Bistums Lebus, Bd. 1ff. 1829ff.; Historischer Atlas der
Provinz Brandenburg. Kirchenkarten 1 und 2, bearb. v. Wentz, G., 1929ff.;
Fischer, G., Das Land Lebus, 1936; Ludat, H., Bistum Lebus, 1942; Ludat, H.,
Das Lebuser Stiftsregister von 1405, 1965; Unverzagt, W., Ausgrabungen in der
Burg von Lebus/Oder, (in) Ausgrabungen und Funde 3 (1956), 7 (1962), 13 (1968),
14 (1969); Bohm, E., Das Land Lebus und seine Vogteien
westlich der Oder, JGMODtl 25 (1976), 42ff.; Bohm, E., Lebus, LexMA 5 1991,
1783; Willich, C., Die Ortsnamen des Landes Lebus, 1994; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 558, 1, 2 325.
Leiningen (Grafen, Grafschaft, Fürstentum). Seit
dem Ende des 11. Jahrhunderts (1086 Emich I. Graf im Wormsgau) sind fränkische
Grafen nachgewiesen, die sich möglicherweise von einem Ahnherren Amicho (780,
Emichonen) herleiten lassen und im Wormsgau und Nahegau begütert waren
(Landgerichte auf dem Stahlbühl [Stahlbühel] bei Frankenthal, auf dem
Kaldenberg [Kaltenberg] bei Wachenheim an der Pfrimm und auf dem Stamp). Ihre
Hauptburg (Alt-Leiningen) entstand zwischen 1110 und 1120. 1128 wird Graf Emich
II. als erstes gesichertes Mitglied der Grafen von L. genannt. 1204 erlangten
die Grafen die Landvogtei über den Speyergau und die Vogtei
über Kloster Limburg an der Haardt. Als sie 1220 in männlicher Linie
ausstarben, fielen die Güter über die Erbtochter Liutgard (Lukardis) erbweise
an den Schwestersohn des letzten Grafen, an Graf Friedrich von Saarbrücken, der
Namen und Wappen der Grafen von L. annahm und aus den Saarbrücker Gütern die
Herrschaft Hardenburg (Hartenburg) erhielt. Das neue Haus erwarb durch
mütterliche Erbschaft (Mitgift) zu Beginn des 13. Jahrhunderts (1224/1234) die
Reichsgrafschaft Dagsburg in den Vogesen als Lehen des Bischofs von Straßburg,
1242 Ormes und Rixingen (Rickingen, Rikingen, Réchicourt) sowie 1312 das Amt
des Landvogts im Unterelsass und teilte sich 1317/1318 in eine 1467 erloschene
ältere landgräfliche Linie (Leiningen-Dagsburg, friedrichsche Linie mit
Oggersheim, Gräfenstein [Grevenstein), Madenburg [Magdeburg], Dürkheim [zur
Hälfte], Grünstadt [Grünheim], Herxheim [Hornheim], Freinsheim, Sülzen
[Salzen], Tiefenthal, Lautersheim, Asselheim, Ebertsheim, Boßweiler
[Bossweiler], Niefernheim, Dagsburg und Ormes) und eine jüngere Linie
(gottfriedische Linie) Leiningen-Hardenburg (Leiningen-Dagsburg-Hardenburg)
(Herrschaft Hardenburg im Wormsgau, Guttenburg [Gutenburg], Falkenburg,
Guntersblum).-----Der größere Teil der Güter (Altleiningen zur Hälfte,
Neuleiningen zu einem Viertel, Grünstadt, Asselheim, Sausenheim, Obrigheim,
Kirchheim, Tiefenthal, Ebertsheim, Lautersheim, Boßweiler [Bossweiler],
Albsheim, Bissersheim, Hertlingshausen, Wattenheim, Seckenhausen, Wachenheim an
der Pfrimm, Mertesheim [Mertelsheim], Quirnheim) der älteren Hauptlinie, die
1444 von König Friedrich III. die Würde eines Landgrafen im Elsass erlangt
hatte, gelangte 1467/1468 beim Aussterben der Linie über die Schwester
(Margarethe) des letzten Grafen an die verschwägerten Herren von (Runkel-)
Westerburg (und Schaumburg), die sich darauf Grafen zu Leiningen-Westerburg
(und Landgrafen im Elsass) nannten. Sie mussten zur Durchsetzung ihrer Rechte
23 Orte an die Pfalz abtreten. Ein kleinerer Teil der Güter mit Dagsburg fiel
an Emich VII. aus der gottfriedischen Linie, die sich seitdem
Leiningen-Dagsburg-Hardenburg nannte. Die Grafen von Leiningen-Westerburg
spalteten sich 1695/1705 in die Linien Leiningen-Westerburg-Altleiningen und
Leiningen-Westerburg-Neuleiningen. 1801 gingen alle linksrheinischen Güter an
Frankreich verloren. Leiningen-Westerburg-Altleiningen wurde 1803 mit der Abtei
Ilbenstadt in der Wetterau entschädigt, Leiningen-Westerburg-Neuleiningen mit
der Abtei (Engeltal) Engelthal in der Wetterau. Diese Güter kamen 1806 an die
Großherzogtümer Berg, Hessen-Darmstadt und die Fürstentümer Nassau-Weilburg und
Nassau-Usingen.-----Die jüngere gottfriedische Linie teilte sich 1343 in Linien
zu Leiningen-Rixingen (Rickingen) (Rixingen), das 1506 an Zweibrücken und später
an Leiningen-Westerburg fiel, und Leiningen-Hardenburg. Diese jüngere Linie
Leiningen-Hardenburg erwarb 1466 die Herrschaft Apremont (Aspremont) in
Lothringen, erhielt 1467 erbweise Dagsburg und nannte sich seitdem
Leiningen-Dagsburg-Hardenburg (Leiningen-Dagsburg). Weiter erlangte sie im
15./16. Jahrhundert Weißenburger Lehen mit Grünstadt, die Herrschaft Pfeffingen
mit Kallstadt und Ungstein sowie das Amt Hassloch. 1560 teilte sie sich in die
zwei Zweige Leiningen-Hardenburg-Dagsburg (Leiningen-Dagsburg-Hardenburg)
(Hardenburg, Hausen, Dürkheim, Kallstadt, Ungstein, Pfeffingen, Herxheim,
Leistadt [Leystadt], Weisenheim [Weißenheim], Bobenheim, Battenberg,
Kleinkarlbach, Erpolzheim u. a.) und Leiningen-Dagsburg-Falkenburg (Falkenburg,
Eischweiler (Thaleischweiler), Einöd (Höheinöd), Herschberg, Werschhausen,
Horstal [Horsel], Mühlhausen [Mülhausen], Reinheim, Heidesheim, Kindenheim,
Büdesheim, Guntersblum). Der ältere Zweig Leiningen-Dagsburg-Hardenburg geriet
mit der Grafschaft Dagsburg 1681 unter die Hoheit Frankreichs, verlegte 1725
die Residenz von der Hardenburg nach Dürkheim und wurde 1779 (ohne Virilstimme)
in den Reichsfürstenstand erhoben. 1803 erhielt er durch § 20 des
Reichsdeputationshauptschlusses für seine 1801 verlorenen linksrheinischen Güter
(Fürstentum L., Grafschaft Dagsburg, Herrschaft Weyersheim [Weikersheim],
Ansprüche auf Saarwerden, Lahr und Mahlberg, insgesamt 2,5 Quadratmeilen) die
mainzischen Ämter Miltenberg, Buchen, Seligental, Amorbach und Bischofsheim
(Tauberbischofsheim), die würzburgischen Ämter Grünsfeld, Lauda, Hardheim und
Rippberg/Rückberg sowie die pfälzischen Ämter Boxberg und Mosbach und die
Abteien Gerlachsheim (Würzburg) und Amorbach (Mainz), die zu dem neuen
rechtsrheinischen Fürstentum L. mit der Residenz in Amorbach sowie (25
Quadratmeilen bzw.) 1600 Quadratkilometern Fläche und etwa 85000 bis 90000
Einwohnern zusammengefasst wurden. Unter dessen Landeshoheit bekamen die Grafen
von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Guntersblum die zuvor mainzische Kellerei
Billigheim, die Grafen von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Heidesheim die zuvor
mainzische Kellerei Neudenau. Das Fürstentum L. fiel 1806 mit den Grafschaften
Leiningen-Billigheim und Leiningen-Neudenau an Baden. Der Zweig
Leiningen-Dagsburg-Heidesheim-Falkenburg blieb gräflich. Er spaltete sich 1657
in die Zweige Dagsburg (bis 1706), Heidesheim (bis 1766) und Guntersblum (bis
1774, Anfall Dagsburgs an Leiningen-Dagsburg-Hardenburg). Davon erwarb
Heidesheim im Erbgang die Herrschaften Broich, Oberstein und Reipoltskirchen
(Reichholdskirchen). Bei seinem Aussterben fielen die Güter 1766 an
Leiningen-Guntersblum, 1774 an Leiningen-Dagsburg-Hardenburg. Beim Aussterben
der Linie Guntersblum Leiningen-Dagsburg-Falkenburgs 1774 kam Dagsburg an
Leiningen-Dagsburg-Hardenburg. Die übrigen Güter fielen 1774/1787 an zwei
Nebenlinien (Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Guntersblum,
Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Heidesheim), die ihre Güter 1801 an Frankreich
verloren. Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Guntersblum bzw. Leiningen-Guntersblum
und Leiningen-Heidesheim erhielten Sitz und Stimme im wetterauischen
Grafenkollegium. 1810 fielen im Pariser Vertrag die Ämter Amorbach und
Miltenberg von Baden an Hessen-Darmstadt, das sie 1816 zum überwiegenden Teil
Bayern abtrat. 1910 bzw. 1935 starb Leiningen-Dagsburg-Falkenburg mit den Ästen
Leiningen-Neudenau und Leiningen-Billigheim aus.
L.: Wolff 280ff.; Wallner 698 OberrheinRK 35 a, b, 40 a, b; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E4, III 38 (1789) C3; Lehmann, J., Urkundliche
Geschichte des gräflichen Hauses Leiningen-Hardenburg und -Westerburg in dem
ehemaligen Wormsgau, 1865; Brinckmeier, E., Genealogische Geschichte des Hauses
Leiningen und Leiningen-Westerburg, Bd. 1. 1890ff.; Kind, K., Fürst Karl
Friedrich Wilhelm zu Leiningen als Landesherr 1803-06, Diss. phil. Erlangen
1949 (masch.schr.); Wild, G., Das Fürstentum Leiningen vor und nach der
Mediatisierung, Diss. jur. Mainz 1954; Vocke, R., Die Entwicklung der
herrschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse im Landkreis Miltenberg bis zum
Übergang an Bayern, Diss. phil. Würzburg 1959 (masch.schr.); Kaul, T., Das
Verhältnis der Grafen von Leiningen zum Reich und ihr Versuch einer
Territorienbildung im Speyergau im 13. Jahrhundert, Mitt. d. hist. Vereins
Pfalz 68 (1970); Toussaint, I., Die Grafen von Leiningen, 1982; Zotz, T., Die
Grundherrschaft der Grafen von Leiningen, (in) Die Grundherrschaft im späten
Mittelalter, hg. v. Patze, H., 1983; Toussaint, I., Die Grafschaften Leiningen,
(in) Pfalzatlas Karten 67, 68, Textband 2 1056ff.; Herrmann, H., Leiningen,
LexMA 5 1991, 1860.
Lenzburg (Grafen). Von den Grafen des Aargaus
fiel die L. 976 an den Reichsvogt von Zürich, dessen Familie sich später nach
der L. nannte. Sie hatte die Vogtei über Schänis
(Schännis), Beromünster, Zürich, Säckingen und Einsiedeln und die Grafschaft im
Zürichgau. Die 1101 durch Teilung entstandene, 1172 ausgestorbene Linie Baden
der Grafen von L., die von den Staufern die Grafschaften Blenio und Leventina
erhalten hatten, vererbte ihre Güter (Reichsvogtei von Zürich, Grafschaft im
Zürichgau) über die Erbtochter Richenza an die Grafen von Kiburg (Kyburg) die
1173 ausgestorbene Linie L. durch Testament an Kaiser Friedrich I. Barbarossa,
der Teile der Reichslehen an die Grafen von Habsburg und an seinen Sohn
Pfalzgraf Otto sowie an die Herzöge von Zähringen (Kirchenvogtei in Zürich)
gab. Von ihm kamen die Güter an die Grafen von Habsburg und Kiburg (Kyburg).
L.: Wolff 519; Attenhofer, E., Die Grafen von Lenzburg, Lenzburger
Neujahrsblätter 1943, 5ff.; Kläui, H., Das Aussterben der Grafen von Lenzburg
und die Gründung der Stadt Winterthur, Winterthurer Jb. 1973, 39ff.; Eberl, I.,
Lenzburg, LexMA 5 1991, 1874.
Lichtenberg (Herrschaft, Grafschaft). Nach der 1286
erneuerten Burg L. in den Nordvogesen benannte sich eine Familie, die um
Buchsweiler im Unterelsass eine Herrschaft ausbildete. Seit 1249 hatte sie die Vogtei des Hochstifts Straßburg. Nach 1250 erwarb der
ihr entstammende Straßburger Bischof Konrad von L. das ursprünglich zur
alemannischen Grafschaft Mortenau (Ortenau) gehörige rechtsrheinische Gebiet
zwischen Lichtenau und Willstätt mit insgesamt 26 Dörfern, das 1299 an seine
Familie zu Lehen gegeben wurde. 1458 wurde die Herrschaft zur Grafschaft
erhoben. Als die Familie 1480 in männlicher Linie ausstarb, fielen die Güter an
die Gatten der Nichten des letzten Grafen, die Grafen von Hanau (Amt Willstätt)
und die Grafen von Zweibrücken-Bitsch (Amt Lichtenau). Sie wurden überwiegend
von Hanau aus als Kondominat verwaltet. Beim Aussterben der Grafen von
Zweibrücken-Bitsch kamen ihre Güter 1570 an die Grafen von Hanau-Lichtenberg.
(Sie tauschten 1606 von Lothringen ein Gebiet um Pirmasens ein. 1680/1697 kamen
die elsässischen Güter [Buchsweiler, Pfaffenhofen, Westhofen, Wolfisheim,
Offendorf] an Frankreich, so dass die Grafen ihren Sitz von Buchsweiler nach
Rheinbischofsheim verlegen mussten. Um 1800 war die zum oberrheinischen
Reichskreis zählende Herrschaft 5 Quadratmeilen groß und hatte 15000 Einwohner.
S. Hanau-Lichtenberg.)
L.: Wallner 697 OberrheinRK 26; Rathgeber, L., Die Grafschaft
Hanau-Lichtenberg, 1876; Eyer, F., Das Territorium der Herren von Lichtenberg
1202-1480, 1938; Weber, P., Lichtenberg - eine elsässische Herrschaft auf dem
Weg zum Territorialstaat, 1993.
Limburg an der Lahn (Herrschaft). An der
Kreuzung der Straßen Frankfurt-Siegen und Koblenz-Wetzlar sowie dem Übergang
über die Lahn befand sich wohl schon in merowingischer Zeit eine Siedlung. 910
wird L. anlässlich der Errichtung des Kollegiatstiftes Sankt Georg durch die
Grafen des seit 821 genannten Niederlahngaus aus dem Geschlecht der Konradiner
erstmals erwähnt. Das Stift erhielt reiche Schenkungen der sächsischen und
salischen Könige und wurde aus der Grafschaft eximiert. Stiftsvögte waren nach
dem Erlöschen der Konradiner die Pfalzgrafen bei Rhein und seit etwa 1180 die
Grafen von Leiningen. Um 1220 übernahmen die Herren von Isenburg als Erben der
Grafen von Leiningen die Vogtei und die
Herrschaft L. (Burg und Stadt zu je einem Drittel vom Reich, vom Erzstift Mainz
und von den Landgrafen von Hessen zu Lehen). Seit 1232 nannten sie sich
Isenburg-Limburg. Zwischen 1322 und 1332 erlangte das Erzstift Trier die
Lehnshoheit über die Vogtei und kaufte 1344 die
Hälfte der Herrschaft L. Nach 1420 errang es die Landesherrschaft. 1624 erwarb
es von Hessen die zweite Hälfte. 1802/1803 fiel L. bei der Säkularisierung des
Erzstifts Trier an Nassau (Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg), wobei 1821 für
die Katholiken des Herzogtums das Bistum L. errichtet wurde, und mit Nassau
1866 an Preußen. Am 19. 9. 1945 kam es zu Groß-Hessen, das sich am 1. 12. 1946
in Land Hessen umbenannte. S. Isenburg-Limburg.
L.: Wolff 84; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4; Hillebrand,
A., Zur Geschichte der Stadt und Herrschaft Limburg, 1883ff.; Höhler, J.,
Geschichte der Stadt Limburg an der Lahn, 1935; Laut, R., Territorialgeschichte
der Grafschaft Diez samt den Herrschaften Limburg, Schaumburg, Holzappel, 1943;
Schirmacher, E., Limburg an der Lahn, Enstehung und Entwicklung der
mittelalterlichen Stadt, 1963; Füldner, E., (in) Berichte zur deutschen
Landeskunde 37 (1966); Großmann, G., Limburg an der Lahn, 1987; Wolf, K.,
Privatrecht, Prozessrecht und Notariat der Stadt Limburg im Mittelalter, Diss.
jur. Gießen 1988; Struck, W., Zur Verfassung der Stadt Limburg an der Lahn im
Mittelalter, Nassauische Annalen 99 (1988); Schwind, F., Limburg a. d. Lahn,
LexMA 5 1991, 1989; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 347;
Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v.
Speitkamp, W., 2014, 104.
Lindau (Reichsstadt). L. am Bodensee erscheint
erstmals 822 als Damenstift, das vermutlich von Graf Adalbert von Rätien aus
der Familie der Burcharde (Burchardinger) im frühen 9. Jahrhundert gegründet
wurde. Um 1079 verlegte das Reichsstift den Markt vom gegenüberliegenden
Festland auf die Bodenseeinsel. Vor 1216 wurde L. Stadt. Bereits um 1240 galt
diese als reich. Infolge der wirtschaftlichen Notlagen des Reichsstifts
verstärkte sich im 13. Jahrhundert die allmähliche Loslösung aus der Herrschaft
des Stiftes. Unter König Rudolf von Habsburg erlangte die Stadt (1264
Ratsherren) die Stellung einer Reichsstadt (1274/1275 Freiheit von fremden
Gerichten, Schutz vor Verpfändung der Vogtei).
In den Auseinandersetzungen mit dem Kloster vermochte sie bis zur Mitte des 14.
Jahrhunderts im Wesentlichen sich durchzusetzen. 1396 erlangte sie den Blutbann
und die Befreiung vom stiftischen Hochgericht. 1430/1648 gewann sie die
Pfandschaft der Reichsvogtei über die Kelhöfe des Stifts. Kurz vor 1530 trat
sie zur Reformation über. 1803 kam die zum schwäbischen Reichskreis zählende
Stadt mit 1,5 Quadratmeilen Gebiet und 5000-6000 Einwohnern an die Fürsten von
Bretzenheim (Fürstentum L.), dann an Österreich, 1805 an Bayern. Zwischen 1945
und 1955 nahm L. wegen seiner Zugehörigkeit zur französischen Besatzungszone
einerseits und zu Bayern andererseits eine Sonderstellung ein.
L.: Wolff 217; Zeumer 555 III b 15; Wallner 689 SchwäbRK 71; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) C4; Schroeder 427ff.; Wolfart, K.,
Geschichte der Stadt Lindau, 1909, Neudruck 1979; Müller, K., Die
oberschwäbischen Reichsstädte, 1912; Cranach-Sichart, E. v., Lindau, 1929;
Horn, A./Meyer, W., Stadt- und Landkreis Lindau, 1954; Schneiders, T., Lindau
im Bodensee, 4. A. 1965; Rieger, I., Landschaft am Bodensee, 1967; Ott, M.,
Lindau, 1968, (in) Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben; Eitel, P., Die
oberschwäbischen Reichsstädte im Zeitalter der Zunftherrschaft. Untersuchungen
zu ihrer politischen und sozialen Struktur unter besonderer Berücksichtigung der
Städte Lindau, Memmingen, Ravensburg und Überlingen, 1970; Dobras, W.,
Bibliographie zur Geschichte der Stadt Lindau, 1972, Neujahrsbl. des
Museumsvereins Lindau 22; Burbach, R., Die Reformation in den freien
Reichsstädten Lindau und Konstanz, 1983; Niederstätter, A., Kaiser Friedrich
III. und Lindau, 1986; Tönsing, M., Lindau, LexMA 5 1991, 1998; Burmeister, K.,
Die Lindauer Stadtrechtsfamilie, Der Geschichtsfreund 152 (1999), 85.
Lippe (Grafschaft, Fürstentum). 1123 erscheint
im alten Stammesherzogtum Sachsen ein westfälisches Adelsgeschlecht, das die Vogtei über Kloster Geseke und die Grafschaftsrechte
im Hafergau bzw. Havergau, Limgau, Aagau und Thiatmelligau innehatte und sich
nach seinem Allodialgut an der oberen L. edle Herren zur L. nannte. Als
Anhänger Herzog Heinrichs des Löwen vermehrten sie ihre Güter (um 1184/1185
Gründung Lippes bzw. Lippstadts um 1190 Lemgos, 1192 Falkenbergs). 1190
erheirateten sie die Herrschaft Rheda. Weiter erlangten sie Rechte über das
Stift Enger und östlich des Osnings bzw. Öslings. 1323/1325/1358 gewannen sie
durch Heirat einen Großteil der Grafschaft Schwalenberg (Ämter Schwalenberg und
Oldenburg, Kloster Falkenhagen), 1323 durch Kauf das spätere Amt Varenholz und
1399/1400/1405 als Pfand die Grafschaft Sternberg mit Salzuflen. 1365 ging
Rheda als Folge der Landesteilung von 1344 an Tecklenburg verloren, 1376 musste
die Stadt L. (später Lippstadt) verpfändet werden, woraus sich 1445 eine
Gemeinschaftsherrschaft mit Kleve-Mark, später Preußen (bis 1850) ergab. 1449
erlangte Hessen über verschiedene, 1517 über alle Gebiete die Lehnsherrschaft,
1528/1529 erhielten die seit 1413 nachweisbar reichsständischen, seit 1512 dem
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zugehörigen Edelherren den
Reichsgrafenstand. 1530/1536 schloss sich das 1448 etwa 21000 und 1590 etwa
35000 Einwohner zählende Land unter dem Einfluss Hessens der Reformation, 1605
dem Calvinismus an. 1614/1621 entstanden durch Bildung von Nebenlinien die
gräflichen Linien Lippe-Detmold (mit Detmold, Sternberg, Enger, Sassenberg,
Aholz, Schwalenberg, Stoppelberg, Oldenburg, Varenholz, Falkenberg, die Hälfte
Lippstadts]), Lippe-Brake und Lippe-Alverdissen (in der Herrschaft Sternberg
mit Lipperode und Alverdissen), das 1640 über Graf Philipps von der
Lippe-Alverdissen Schwester, die Mutter des letzten, 1640 verstorbenen Grafen
von Schaumburg einen Teil der Grafschaft Schaumburg erlangte und die Grafschaft
Schaumburg-Lippe begründete. Von Lippe-Detmold zweigte sich 1671 ohne
Landeshoheit die Nebenlinie Lippe-Biesterfeld, von dieser 1736/1762
Lippe-Weißenfeld ab. 1687 wurde durch Heirat die Herrschaft Ameiden erworben.
Lippe-Brake erlosch 1709 und fiel an Lippe-Detmold. Die Grafen von
Lippe-Detmold, die dem westfälischem Reichsgrafenkollegium angehörten, wurden
(1720) in den Reichsfürstenstand erhoben, führten diesen Titel aber erst seit
1789. 1763 erwarb Lippe-Detmold durch Kauf die Herrschaften Lippe-Biesterfeld
und Lippe-(Biesterfeld-)Weißenfeld. 1806 und 1815 konnte die Mediatisierung
verhindert werden. Am 8. 6. 1815 trat (Lippe-Detmold als) L. dem Deutschen Bund
bei. 1819/1820 scheiterte der Versuch einer Verfassungsgebung am Widerstand der
Stände. Ein erstes landständisches Grundgesetz kam 1836 zustande, wurde 1849
liberalisiert, 1853 restauriert und 1876 und 1912 modernisiert. 1866 trat L.
dem Norddeutschen Bund bei. Nach dem Aussterben der Detmolder Linie (20. 7.
1895) folgte 1905 nach zehnjährigem Erbfolgestreit mit Schaumburg-Lippe die
verwandtschaftlich nähere Linie Lippe-Biesterfeld. Am 12. 11. 1918 dankte der
Fürst des um 1900 etwa 1215 Quadratkilometer und 138000 Einwohner umfassenden
Staates ab. Am 21. 12. 1920 erhielt L. eine neue Verfassung. 1933 wurde es dem
Gauleiter von Westfalen-Nord unterstellt. Am 21. 1. 1947 wurde es von der
britischen Besatzungsmacht Nordrhein-Westfalen zugeteilt. In dem am 12. 10.
1949 in Detmold eingerichteten Landesverband L. blieb ein Rest lippescher
Eigenstaatlichkeit erhalten.
L.: Wolff 348ff.; Zeumer 554 II b 63, 8; Wallner 702 WestfälRK 11; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) B3;
Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 6, 152; Bauer 1, 293;Lippische
Regesten, bearb. v. Preuss, O./Falkmann, A., Bd. 1ff. 1860ff.; Kiewning, H.,
100 Jahre lippische Verfassung 1819 bis 1919, 1935; Henkel, W., Die Entstehung
des Territoriums Lippe, 1937; Kiewning, H., Lippische Geschichte, 1942; Ebert,
B., Kurzer Abriss einer lippischen Rechtsgeschichte, Mitt. aus der lippischen
Geschichte und Landeskunde 25 (1956), 12ff.; Kittel, E., Geschichte des Landes
Lippe, 1957; Lippesche Bibliographie, hg. v. Landesverband Lippe, 1957;
Hömberg, A., Die Entstehung der Herrschaft Lippe, Lipp. Mitt. 29 (1960);
Reichold, H., Der Streit um die Thronfolge im Fürstentum Lippe 1895-1905, 1967;
Wieder, H. bei der, Schaumburg-Lippesche Genealogie, 1969; Der Anschluss Lippes
an Nordrhein-Westfalen, bearb. v. Niebuhr, H./Scholz, K., 1984; Tewes, L.,
Mittelalter an Lippe und Ruhr, 1988; Wehlt, H., Lippische Regesten, N.F., 1989;
Hemann, F., Lippe, LexMA 5 1991, 2004; Die Grafschaft Lippe im 18. Jahrhundert,
hg. v. Bulst, N., 1993; Bartels-Ishikawa, A., Der Lippische Thronfolgestreit,
1995; Zunker, D., Adel in Westfalen, 2003, 86 (mit genealogischer Übersicht) ;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 430; Schaletzki, A.,
Pragmatismus und Beständigkeit. - Die Verfassung. Diss. jur. Würzburg 2008.
Looz (Grafschaft). Die Grafschaft L. (1040?)
oder Loon lag nordwestlich Lüttichs. Nach ihr nannten sich seit 1015 urkundlich
nachweisbare Grafen, die von den Grafen von Hennegau abstammten. Im 12.
Jahrhundert teilte sich das Geschlecht, das u. a. die Herrschaft
Kolmont-Bilzen, den Fiskus Maastricht, die Grafschaft Duras, die Grafschaft
Chiny und die Vogtei über die Stadt Lüttich
hatte. Die Linien L. und Horn (Looz und Horn) (Horne) links der Maas bei
Roermond starben 1367 bzw. 1541 aus, wobei ihre Güter als erledigte Lehen an
das Hochstift Lüttich heimfielen. Die Linie Agimont-Chiny erlosch im 15.
Jahrhundert. Dagegen bestand die Linie Looz-Corswarem fort.
L.: Wolff 327; Wallner 702 WestfälRK 4; Baerten, J., Het graafschap Looz
(11de-14de eeuw), 1969; Herborn, W., Looz (Loon), LexMA 5 1991, 2109; Escher,
M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 448.
Loßburg (Herrschaft). Die Herrschaft L. bei
Alpirsbach gehörte zunächst den Geroldseck. 1501 wurde sie vom Kloster
Alpirsbach erworben, dessen Vogtei seit Anfang
des 15. Jahrhunderts Württemberg innehatte. Damit kam L. zu Württemberg und
1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Hölzle, Beiwort 30.
Löw von Steinfurth (Reichsritter), Löw von
und zu Steinfurt. Im 18. Jahrhundert zählten die Freiherren L. mit Steinfurth
(Steinfurt) und der Vogtei zu Oberstraßheim,
Staden, Florstadt, Stammheim und Wisselsheim zum Kanton Mittelrheinstrom des
Ritterkreises Rhein.
L.: Genealogischer Kalender 1753, 547; Roth von Schreckenstein 2, 595;
Winkelmann-Holzapfel 155; Löw, W. Frhr. v., Notizen über die Familie derer
Freiherrn Löw von und zu Steinfurth, 1868; Handbuch der hessischen Geschichte
Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 357 (Steinfurth,
Staden).
Luxemburg (Grafschaft, Herzogtum, Großherzogtum,
Residenz). Der nacheinander keltisch, römisch und fränkisch besiedelte Raum an
der Mosel kam 843 zum Reich Kaiser Lothars I. und 959 zum Herzogtum
(Ober-)Lothringen. 963 erwarb Graf Siegfried I. († 997/998) aus dem an der
Mittelmosel beheimateten Adelsgeschlecht der Herzöge von Lothringen (vielleicht
Vater der Kaiserin Kunigunde) von der Trierer Abtei Sankt Maximin die
Lucilinburhuc, nach der sich die Familie (1060/)1083 (Konrad I.) als Grafen von
L. (bis ins 19. Jahrhundert Lützelburg) benannte. 1019 spaltete dieses
Geschlecht die Linien Gleiberg (im 12. Jahrhundert erloschen) und Salm ab. 1136
erloschen die Grafen im Mannesstamm. Ihre Güter kamen an den verwandten Grafen
Heinrich von Namur († 1196). Luxemburg, La Roche, Durbuy und die Vogteien über Echternach und Stablo fielen an seine
spätgeborene Tochter Ermensinde, die 1214 Theobald von Bar und 1226 Walram III.
von Limburg heiratete. Durch die Ehe Ermensindes von Luxemburg gelangten Ort
und Markgrafschaft Arlon (Arel) als Mitgift an Luxemburg. Wenig später kam
durch Heirat die Grafschaft Ligny hinzu. 1270 wurde Sankt Vith gekauft. Als im
Erbfolgestreit um das Herzogtum Limburg 1288 Heinrich VI. bei Worringen fiel,
ging Limburg an Brabant und mussten sich die Grafen auf L. und Arlon
beschränken. Gleichwohl wurde Heinrich VII. 1308 König und 1312 Kaiser. 1310
trat er die Grafschaft an seinen Sohn Johann den Blinden ab, der gleichzeitig
durch Heirat das Königreich Böhmen erwarb. Sein Sohn, Karl IV., verpfändete
sein Stammland 1349 an Trier, übertrug die Grafschaft L. 1353 seinem Bruder
Wenzel und erhob sie 1354 zum Herzogtum. 1355 vereinigte Wenzel L. durch Heirat
mit Brabant, Limburg und der Markgrafschaft Antwerpen, erwarb 1364 durch Kauf
die Grafschaft Chiny und löste die verpfändeten Gebiete wieder ein. Nach seinem
Tod 1388 wurden Brabant, Limburg und Antwerpen wieder von L. getrennt. Als
Herzog in L. folgte König Wenzel, der L. 1388 an seinen Vetter Jobst von Mähren
verpfändete, über den das Pfandrecht an Elisabeth von Görlitz und Herzog Anton
von Brabant und Limburg kam, die es aus Geldnot 1443 an Philipp von Burgund
verkauften, wobei es als Reichslehen im Reich verblieb. Die Familie der Grafen
bzw. Herzöge von L. starb 1437 im Mannesstamm aus. Es folgte der mit König
Sigmunds Tochter Elisabeth verheiratete Habsburger Albrecht (V. bzw.) II., der
1437 König von Ungarn und Böhmen und 1438 König des Heiligen Römischen Reichs
wurde. 1477/1493 kam L. über die Heirat Marias von Burgund mit Maximilian von
Habsburg mit Burgund an Habsburg bzw. Österreich, 1555 an die spanischen
Habsburger, blieb aber als Teil des burgundischen Reichskreises beim Reich.
1659 fiel Südluxemburg von Diedenhofen bis Montmédy an Frankreich, das 1684
auch das restliche Gebiet besetzte. Dieses kam 1714 wieder an Österreich,
1795/1797 aber erneut an Frankreich. 1814 wurde das Gebiet östlich von Mosel,
Sauer und Our Preußen zugeteilt (Bitburg, Sankt Vith). 1815 wurde L.
Großherzogtum und Mitglied des Deutschen Bundes, blieb jedoch bis 1890 als
Entschädigung für den Verlust der nassauischen Erblande mit dem Königreich der
Niederlande in Personalunion verbunden und wurde trotz seiner Souveränität wie
eine niederländische Provinz regiert. Mit L. wurden Teile des früheren
Hochstifts Lüttich und 1821 das Herzogtum Bouillon vereinigt. 1830/1839 wurde
im Gefolge der belgischen Revolution, der sich L. anschloss, der westliche
größere (wallonische) Teil Luxemburgs mit Arel bzw. Arlon an Belgien
abgetreten, das östliche deutschsprachige Gebiet im Vertrag von London als
Großherzogtum wiederhergestellt. 1841 erhielt L. eine landständische, am 9. 7.
1848 eine 1856 und 1868 revidierte demokratische Verfassung. 1866 schied L.,
das von 1842 bis 1919 dem Deutschen Zollverein angehörte, aus dem Deutschen
Bund aus. 1867 wurde L. unter Zustimmung der europäischen Mächte gänzlich
unabhängiger Staat. 1890 starb die ottonische Linie des Hauses Nassau-Oranien
aus. Es folgte Großherzog Adolf aus der 1866 in Nassau entthronten walramischen
Linie Nassau-Weilburg, womit die Personalunion mit den Niederlanden beendet
war. 1912 erlosch auch die walramische Linie im Mannesstamm, doch hatte ein
Hausgesetz von 1907 bereits die weibliche Erbfolge eröffnet (Großherzogin Maria
Adelheid, Großherzogin Charlotte verheiratet mit Prinz Felix von
Bourbon-Parma). Seit 1918 verstärkte sich der Einfluss Frankreichs zusehends.
L.: Wolff 56; Wallner 701 BurgRK1; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789)
F3, II 66 (1378) C/D 3/4, II 78 (1450) F3, III 38 (1789) A/B3; Faden, E.,
Brandenburg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Vekene, E. van der,
Les Cartes géographiques du Duché de Luxembourg, o. J.; Schötter, J.,
Geschichte des Luxemburger Landes, 1882ff.; Hansen, J., Carte historique du
Luxembourg, Paris 1930; Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der
altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, hg. v. Wampach, C.,
Bd. 1-10 Luxemburg 1935ff.; Renn, H., Das erste Luxemburger Grafenhaus
963-1136, 1941; Weber, P., Geschichte des Luxemburger Landes, 3. A. 1948;
Schoos, J., Le développement politique et territorial du pays de Luxembourg
dans la premiére moitiè du 13e siècle, 1950; Meyers, J., Geschichte Luxemburgs,
Luxemburg 1952; Uhlirz, M., Die ersten Grafen von Luxemburg, Deutsches Archiv
12 (1956); Gerlich, A., Habsburg - Luxemburg - Wittelsbach im Kampf um die
deutsche Königskrone, 1960; Weber, P., Histoire du Grand-Duché de Luxembourg,
1961; Goedert, J., La formation territoriale du pays de Luxembourg, 1963; Atlas
du Luxembourg, hg. v. Nationalen Erziehungsministerium, 1971; Ternes, C., Das
römische Luxemburg, 1974; Dostert, P., Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und
nationaler Selbstaufgabe, 1985; Festschrift Balduin von Luxemburg, 1985; Hamer,
P., Überlegungen zu einigen Aspekten der Geschichte Luxemburgs, 1986; Calmes,
C., Die Geschichte des Großherzogtums Luxemburg, 1989; Pauly, M., Luxemburg im
späten Mittelalter, Diss. phil. Trier 1990; Twellenkamp, M., Das Haus der
Luxemburger, (in) Die Salier, Bd. 1 1991, 475ff.; Margue, M., Luxemburg, LexMA
6 1992, 28; Pauly, M., Luxemburg im späten Mittelalter, 1992ff.; Reichert, W.,
Landesherrschaft zwischen Reich und Frankreich, 1993; Schlinker, S., Fürstenamt
und Rezeption, 1999, 151; Hoensch, J., Die Luxemburger, 2000; Franz, N., Die
Stadtgemeinde Luxemburg, 2001; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 154, 839, 1, 2, 351; Escher, M.
u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 453, 2, 373; Weber-Krebs, F., Die
Markgrafen von Baden im Herzogtum Luxemburg (1487-1797), 2007.
Manderscheid (Herren, Grafen[, Herrschaft, Grafschaft]).
In M. bei Wittlich in der Eifel gab es eine Oberburg, die vor 1147 an das
Erzstift Trier kam, und eine Unterburg, die Sitz der Herren von M. war. Die
Herren von M. hatten die Vogtei des Klosters
Echternach und waren Lehnsleute der Grafen von Luxemburg. Ihre Herrschaft fiel
nach dem Aussterben der Familie um 1200 an die Herren von Kerpen bei Daun, die
um 1250 eine besondere Linie Manderscheid-Kerpen gründeten. Die Herren von
Kerpen beerbten im 15. Jahrhundert die Familien Schleiden (1435/1450 bzw. um
1440, Gewinn u. a. Jünkeraths) und Blankenheim (1468/1469, Gewinn u. a.
Gerolsteins). 1457 wurde M. Reichsgrafschaft. 1487 erlangten die Herren seitens
Virneburgs Neuerburg und Kronenburg, um 1500 Teile von Kerpen, Virneburg und
Dollendorf. 1488 teilte sich das Haus M. (und Blankenheim) in den Zweig
Manderscheid-Blankenheim (Blankenheim), den Zweig Manderscheid-Schleiden (
Schleiden) und den Zweig Manderscheid-Kail (Kail). Der Zweig
Manderscheid-Blankenheim zerfiel 1524 in die Linien Manderscheid-Blankenheim
(mit Blankenheim, Jünkerath und einem Anteil an der Herrschaft Mechernich) und
Manderscheid-Gerolstein (mit Gerolstein [bis 1697]). Zu Manderscheid-Schleiden
gehörten Kasselburg, Kerpen (1525), M., Schleiden und Kronenburg sowie
Neuerburg und seit 1545/1554 die Grafschaft Virneburg und die Herrschaft
Saffenburg. Der Zweig Manderscheid-Kail hatte Dorf Salm, Vogtei Lüxem (Luxem) und seit 1527 die Herrschaft
Dollendorf in der Eifel sowie seit 1593 Neuerburg. Nach dem Aussterben der
Linie Manderscheid-Schleiden kam es zu langwierigen Erbstreitigkeiten. Der 1780
erlöschenden Linie Manderscheid-Blankenheim, die 1742 die Linie
Manderscheid-Kail beerbt hatte, folgten die Grafen von Sternberg. 1794 wurde M.
von Frankreich besetzt. 1814 kam es an Preußen, 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 83; Neu, P., Geschichte und Struktur der Eifelterritorien des Hauses
Manderscheid, Rhein. Archiv 80 (1972); Neu, P., Manderscheid und das Reich,
Rhein. Vjbll. 36 (1972), 53ff.; Die Manderscheider, 1990 (Katalog); Janssen,
W., Manderscheid, LexMA 6 1992, 186.
Mariaberg (Kloster). Das Dominikanerinnenkloster
M. bei Sigmaringen wurde wahrscheinlich von den Grafen von Gamertingen im 13.
Jahrhundert gegründet. Ihm gehörte die Vogtei
über das Dorf Bronnen. 1802 kam es an Württemberg und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) C3; Wittmann, W./Wacker, K.,
Mariaberg als Kloster und Anstalt, 1937.
Marienschloss (Kloster). Das Kloster M. bei Friedberg
in Hessen wurde vor 1337 von den Bellersheim genannt Rockenberg gegründet. Die Vogtei ging 1336 auf die den Stiftern verwandten
Herren von Stockheim über. 1803 fiel M. an Hessen-Darmstadt und damit 1945 an
Hessen.
L.: Gesser, J., Rockenberg, 1950.
Mark (Grafschaft, Grafen). Um 1160 (1161?)
spaltete sich von den Grafen von Berg eine mit deren Allodialgut im westlichen
Sauerland an der mittleren Ruhr (einschließlich Hamm) ausgestattete Linie ab,
die sich nach der Burg Altena an der Lenne Grafen von Altena nannte. Seit 1202
wurde zur Unterscheidung von der um 1175 abgespalteten Linie Isenberg-Limburg
die 1198 erworbene Burg M. bei Hamm namengebend. Diese Grafen von der M.
schufen aus verschiedenartigen Bestandteilen (Vogtei
über Essen [1288] und Werden, 1243 Königshof Unna) und in Auseinandersetzung
vor allem mit dem Erzstift Köln (1288 Schlacht von Worringen) ein geschlossenes
Herrschaftsgebiet von Lippe und Emscher bis zum Ebbegebirge und Rothaargebirge
(1318 Herrschaft Ardey), wobei sich das 1226/1227 gegründete Hamm allmählich
zum Vorort entwickelte (bis 1809). 1368 misslang der Erwerb der Grafschaft
Arnsberg. 1392 kam es zur durch Heirat Adolfs III., der deswegen 1364 das Amt
des Kölner Erzbischofs aufgab, ermöglichten Vereinigung mit der Grafschaft
Kleve am Niederrhein. 1444 schloss sich in der Soester Fehde Soest mit der
Soester Börde der Grafschaft an. Andererseits verlor die Grafschaft die
Herrschaft Bilstein und Fredeburg an Köln. Seit 1461 wurden M. und Kleve
gemeinsam verwaltet. 1511 wurden sie durch Heirat in Personalunion mit Jülich,
Berg und Ravensberg verbunden. Im nach Aussterben der Grafen 1609 ausbrechenden
jülich-klevischen Erbfolgestreit (1609-1614) wurden diese Länder wieder
getrennt, wobei Kleve und M. (mit 50 Quadratmeilen und den Kreisen Hamm,
Altena, Hörde und Wetter sowie der Stadt Soest, der Reichsgrafschaft Limburg
und der Hälfte von Lippstadt) an Brandenburg fielen. Brandenburg überließ 1630
die 1614 erlangte Herrschaft Gimborn-Neustadt den Grafen von Schwarzenberg.
Seit 1705 beantragte Preußen wegen M. die Aufnahme in das westfälische
Reichsgrafenkollegium. 1807 wurde die Grafschaft M. mit rund 100000 Einwohnern
und einer seit 1750 stark geförderten Industrie an Frankreich abgegeben und
1808 dem Großherzogtum Berg zugeschlagen, 1813 aber wieder von Preußen besetzt.
1815 bezog Preußen M. in die Provinz Westfalen ein. 1946 kam das Gebiet zu
Nordrhein-Westfalen. Den Titel Grafen von der Mark erhielten zwei Nachkommen
Friedrich Wilhelms II. von Preußen und der Gräfin von Lichtenau.
L.: Wolff 318f.; Zeumer 554 II b 63, 28, 31; Wallner 701 WestfälRK 3; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) C3, III
38 (1789) B2; Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Drachenhausen, A. Frhr., Stammtafeln der Grafen von
der Mark, 1908; Die Grafschaft Mark. Festschrift, hg. v. Meister, A., Bd. 1f.
1909; Rothert, H., Kirchengeschichte der Grafschaft Mark, 1913; Frisch, M., Die
Grafschaft Mark. Der Aufbau und die innere Gliederung, 1937; Zeittafel der
Grafschaft Mark, 1948; Vahrenhold-Huland, U., Grundlagen und Entstehung des Territoriums
der Grafschaft Mark, 1968; Stoob, H., Westfälische Beiträge zum Verhältnis von
Landesherrschaft und Städtewesen, Westfäl. Forsch. 21 (1969), 6; Reimann, N.,
Die Grafen von der Mark und die geistlichen Territorien der Kölner
Kirchenprovinz (1313-1368), 1973; Schleidgen, W., Kleve-Mark. Urkunden
1223-1368, 1983; Timm, W., Schatzbuch der Grafschaft Mark 1486, 1986; Der Tag
bei Worringen, hg. v. Janssen, W./Stehkämper, H., 1988, 407ff.; Kupper, J.,
Mark, LexMA 6 1992, 297; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit,
hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 2 1998; Ribhegge, W., Die Grafen von der
Mark, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 160, 820 (Kleve und Mark); Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 1, 431; Bochum, der Hellwegraum und die Grafschaft
Mark im Mittelalter, hg. v. Pätzold, S., 2009.
Mengen (Herrschaft, reichsstadtähnliche Stadt).
M. nahe der Mündung der Ablach in die Donau wird anlässlich der Übertragung
durch Kaiser Ludwig den Frommen an Buchau 819 erstmals erwähnt. Vor 1257 wurde
vermutlich von den Staufern eine neue Siedlung errichtet. Von 1285 bis 1312
hatten die Habsburger die Vogtei. Danach wurde
M. an habsburgische Amtleute und 1384 an die Truchsessen von Waldburg
verpfändet. Es zählte zum österreichischen Reichskreis. 1680 löste es sich an
Österreich zurück und kam 1805 an Baden, dann an Württemberg und damit
1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 45; Wallner 714 ÖsterreichRK 1; Laub, J., Geschichte der vormaligen
fünf Donaustädte in Schwaben, 1894; Rothmund, P., Die fünf Donaustädte in
Schwäbisch-Österreich, Diss. phil. Tübingen 1955; Mayer, D., Die Grafschaft
Sigmaringen und ihre Grenzen im 16. Jahrhundert, 1959; Der Kreis Saulgau, 1971;
Das alte Mengen, hg. v. Bleicher, W., 1988.
Merenberg (Herren). Die im Auftrag des Reichs
errichtete Burg M. bei Weilburg an der Straße von Köln nach Frankfurt wird 1129
erstmals erwähnt. Nach ihr nannten sich die nach 1050 als Vögte des Stiftes
Limburg zu Neunkirchen und Camberg nachweisbaren Herren von M. Ihre um M. und
Gleiberg südlich der unteren Lahn und um Wetzlar gelegenen, durch die Vogtei über Wetzlar ergänzten Güter fielen bei ihrem
Aussterben (1328) über eine Erbtochter gegen die Heiratsansprüche der Herren
von Westerburg an die Grafen von Nassau-Weilburg (Nassau-Weilburg-Merenberg)
und kamen 1355 an Nassau-Weilburg. Die Herrschaft zählte zum oberrheinischen
Reichskreis. Über Nassau fiel M. 1866 an Preußen und 1945 an Hessen. Von 1868
bis 1965 nannte sich eine Nebenlinie der Herzöge von Nassau Grafen von M.
L.: Wolff 265; Wallner 696 OberrheinRK 12; Handbuch der hessischen Geschichte
Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 122.
Mergentheim (Meistertum des Deutschen Ordens,
Residenz), Bad Mergentheim. Das wahrscheinlich im 8. Jahrhundert entstandene
und vermutlich 720/750 mit einer Kirche ausgestattete M. an der Tauber wird
1058 erstmals als Sitz einer Grafschaft im Taubergau erwähnt. 1219 gaben die
Grafen von Hohenlohe (als Nachfolger der Grafen von Lauda?) M. an den Deutschen
Orden. Von 1525/1526 bis 1809 war M. nach der Zerstörung Hornecks Sitz des
Deutschmeisters, der nach dem Übertritt des Hochmeisters Albrecht von Preußen
zur Reformation auch das Amt des Hochmeisters des Deutschen Ordens übernahm.
Das Meistertum umfasste die Stadt M., die Vogtei
Hüttenheim, die Pflegen Hilsbach, Heuchlingen (Heuchelheim), Kürnbach
(Kirnbach), Stupferich und Weingarten, die Ämter Weinheim, Neckarsulm,
Kirchhausen, Stocksberg, die Kommentureien Horneck am Neckar, Frankfurt, zu
Mainz und zu Speyer, die Kammerkommenturei zu Weißenburg im Elsass und die
Herrschaften Freudenthal in Oberschlesien und Busau (Baussau) in Mähren. 1809
fiel M. an Württemberg und gelangte damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 113; Beschreibung des Oberamts Mergentheim, hg. v. d. Statist.-Topograph.
Bureau, 1880, Neudruck 1968; Carlé, W., Bad Mergentheim, 1957; Diehm, F.,
Geschichte der Stadt Bad Mergentheim, 1963; Hermes, G., Mergentheim und
Umgebung, 1967; Horneck, Königsberg und Mergentheim. Zu Quellen und Ereignissen
in Preußen und im Reich vom 13. bis 19. Jahrhundert, hg. v. Arnold, U., 1980;
Sperling, F., Gerichtsorganisation und Prozesspraxis des Mergentheimer
Stadtgerichts, 1981; Ulshöfer, K., Mergentheim, Stadt in der Geschichte 9
(1982), 26; Fahlbusch, F., Mergentheim, LexMA 6 1992, 537; Klebes, B., Der
Deutsche Orden in der Region Mergentheim im Mittelalter, 2002; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
376.
Meschede (Kloster). In karolingischer Zeit wurde
in M. an der Ruhr von der vermutlich mit Graf Ricdag verwandten Emhildis ein
Kanonissenstift gegründet, das schon vor König Konrad I. (vor 913) in
königlichen Schutz aufgenommen wurde. Mit über 400 Bauernhöfen zählte M. bald
zu den reichsten Klöstern Westfalens, blieb aber unter der Vogtei der Grafen von Werl und Arnsberg. 1810 wurde es
von Hessen aufgehoben. Über Preußen kam M. 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Göbel, B., 1000 Jahre Meschede, 1959; Quellen zur Geschichte von Stift und
Freiheit Meschede, hg. v. d. Stadt Meschede, 1981.
Minden (Hochstift, Fürstbistum, Fürstentum,
Residenz). M. an einem wichtigen Übergang über die Weser wird erstmals 796
genannt (Minda). Um 803/804 (?) wurde dort durch Kaiser Karl den Großen unter
dem um 790 zum Bischof ernannten Erkanbert (von Fulda) ein Bistum mit der
Diözese zwischen Hunte und Aller (Hannover, Celle, Soltau, Dümmersee, Polle,
Nienburg) eingerichtet, das zur Erzdiözese Köln gehörte. 961 erhielt es die
Immunität, 977 Markt, Münze und Zoll. Vögte waren seit etwa 1073/1080 die
billungischen Herzöge von Sachsen bzw. seit etwa 1096 bis 1398 die Herren vom
Berge (Hausberge). M. gewann ein kleines Herrschaftsgebiet (etwa ein Viertel
der Diözese), für das es 1180 nach dem Sturz Herzog Heinrichs des Löwen die
Herzogsgewalt erhielt. Es entsprach nach dem vorübergehenden Erwerb Hamelns von
Fulda (1259-1277, dann an die Welfen) und der Grafschaft Stemwede (Stenvede),
dem Verlust Stolzenaus an die Grafen von Hoya (1336) sowie nach dem Anfall der
Herrschaft der Edlen von (Haus-)Berg (Hausberge) 1398 etwa den Kreisen Lübbecke
und M. (Schlüsselburg, Hausberge, Rahden, Bünde, Oldendorf (Preußisch
Oldendorf), Löhne) und war damit eines der kleinsten geistlichen Fürstentümer
des Reiches. Seine Vogtei stand bis 1397 den
Edlen vom Berge zu. Im Hochstift erlangte die Stadt M. schon in der ersten
Hälfte des 13. Jahrhunderts eine gewisse Selbständigkeit. Im 16. Jahrhundert
kam das früh von der Reformation erfasste, zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zählende M. unter den Einfluss der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel.
1661 starb der letzte Bischof. 1648 wurde es gegen Abfindung der Lüneburger
Welfen mit Osnabrück als Entschädigung für Vorpommern Brandenburg zugesprochen,
das es in ein weltliches Fürstentum umwandelte und 1719 verwaltungsmäßig mit
der Grafschaft Ravensberg verband. Das Domkapitel bestand bis 1810 fort. Das
Fürstentum enthielt die beiden unmittelbaren Städte M. und Lübbecke und die
Ämter Hausberge, Petershagen, Reineberg, Rahden und Schlüsselburg. 1807/1808
ging es im Königreich Westphalen auf, das 1811 die Teile links der Weser mit
der Stadt M. an Frankreich verlor. 1813/1814 nahm es Preußen wieder in Besitz
und gliederte es 1815 der Provinz Westfalen an. 1946 kam das Gebiet zu
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 330f.; Zeumer 553 II b 34; Wallner 702 WestfälRK 12; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38 (1789) C1;
Ledebur, L. v., Das Fürstentum Minden und die Grafschaft Ravensberg, 1825,
Neudruck 2009; Richtering, H./Kittel, E., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Holscher, L., Beschreibung des vormaligen Bistums Minden nach
seinen Grenzen, Archidiakonaten, Gauen und alten Gerichten, 1877, Nachdruck o.
J.; Spannagel, K., Minden-Ravensberg unter brandenburgisch-preußischer
Herrschaft 1648-1719, 1894; Hoogeweg, H., Die Urkunden des Bistums Minden bis
1300, 1898; Frie, B., Die Entwicklung der Landeshoheit der Mindener Bischöfe,
1909; Mindener Geschichtsquellen, hg. v. Löffler, K., Bd. 1ff. 1917ff.;
Blotevogel, H., Die älteste brauchbare Karte des ehemaligen Fürstentums Minden.
Die Schloenbachsche Handschriftenkarte von 1772, Mindener Heimatblätter 6
(1937); Blotevogel, H., Studien zur territorialen Entwicklung des ehemaligen
Fürstentums Minden, Diss. phil. Münster 1939; Krieg, M., Kleine Chronik von
Minden, 1950; Dammeyer, W., Der Grundbesitz des Mindener Domkapitels, 1957;
Scriverius, D., Die weltliche Regierung des Mindener Stifts von 1140 bis 1397,
Bd. 1f. 1966ff.; Assmann, H., Beiträge zur Geschichte des Kreises Minden
1816-1945, (in) Mitt. des Mindener Geschichtsvereins 40 (1968), 79; Köbler, G.,
Gericht und Recht in der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G. Schmelzeisen,
1980, 172; Ausgrabungen in Minden, hg. v. Trier, B., 1987; Leutheusser, H.,
Rechtsanwaltschaft und Justiz in Minden, (1989); Brandt, H./Hengst, K., Victrix
Mindensis ecclesia, 1990; Hemann, F., Minden, LexMA 6 1992, 631; Linnemeier,
B., Jüdisches Leben im alten Reich, 2000: Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 570, 1, 2, 382;
Die Lehnsregister der Bischöfe von Minden bis 1324, bearb. v. Kemkes, H. u. a.,
2010 (768 Belehnungen); Sunderbrink, B., Revolutionäre Neuordnung auf Zeit,
2015.
Molsberg (Herrschaft). Die Burg M. im Westerwald
an der Straße von Köln nach Frankfurt wird 1116 erstmals genannt. Sie gehörte
Edelherren, die bereits vor 1048 die Vogtei von
Sankt Maximin zu Trier um Niederbrechen innehatten. 1273 trugen sie ihren
ausgedehnten Streubesitz dem Erzstift Trier zu Lehen auf. 1364 verpfändeten und
1365 verkauften sie die Güter an Trier, das 1657 den Walderdorff die Güter als
trierische Unterherrschaft überließ. Über Nassau-Weilburg (Nassau) (1803) und
Preußen (1866) kam M. 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987.
Mühlenbach (Herrschaft). 868 gab König Ludwig der
Deutsche M., Arenberg und Immendorf bei Koblenz an das Kloster Herford. 1226
erwarben die Herren von Helfenstein das Erbmeieramt. Sie entwickelten aus der Vogtei und dem Meieramt die Herrschaft M. 1579 erbten
die Rollshausen (Rolshagen), die von Steinkallenfels (Stein-Kallenfels), die
Vogt (bzw. Vögte) von Hunolstein und die Wrede die Herrschaft. Seit 1715 hatten
die Wrede allein die Herrschaft. Das Schutzrecht übte seit 1465/1470/1692 das
Erzstift Trier aus. 1946 kam M. zu Rheinland-Pfalz.
L.: Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987, 326.
Mühlheim (an der Donau) (Herrschaft). 790 wird M.
am Platz einer römischen Siedlung erstmals erwähnt. Die Neugründung durch die
Grafen von Zollern (Hohenzollern) vor 1241 wurde Mittelpunkt einer Herrschaft,
die 1391 mit Bronnen, Kolbingen, Beuron, Irndorf, Buchheim, Worndorf,
Königsheim, Mahlstetten, Böttingen und Stetten sowie der Vogtei über Kloster Beuron an die Herren von Weitingen
und von diesen 1409 samt Nendingen an die Herren von Enzberg verkauft wurde.
Seit 1544 stand vertraglich die hohe Obrigkeit der Grafschaft Hohenberg und
damit Habsburg/Österreich zu. 1806 kam die Herrschaft Enzberg an Württemberg
und damit M. 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 509; Bauser, F., Mühlheim und die Herren von Enzberg, 1909; Blessing,
E., Mühlheim an der Donau, 1985.
Murbach (reichsunmittelbares Kloster,
Reichsabtei, Residenz [auch Schloss Hugstein und Gebweiler/Neuenburg]).
Vermutlich (um) 727 gründete der irische Wanderbischof Pirmin auf Eigengut des
Herzogs Eberhard aus dem Geschlecht der Etichonen nordwestlich von Gebweiler im
Elsass die Benediktinerabtei M., in der wenig später die althochdeutschen
Murbacher Hymnen entstanden. Sie erhielt früh bedeutende königliche Privilegien
(727 Immunität) und gewann reiche Güter vom Breisgau bis zur Schweiz. Nach der
Zerstörung durch die Ungarn (926) wurde sie 959 erneuert. 1228 ist der
reichsfürstliche Rang des königlich gewordenen Klosters erstmals bezeugt. Er
blieb trotz der zeitweilig von Habsburg beanspruchten Vogtei
bewahrt. 1214 gingen Mainzer Güter verloren, 1291 Luzerner Güter, 1456 das
Kloster Luzern und dann auch das Kloster Sankt Amarin, doch wurde 1554 Kloster
Lure (Lüders, Luders) gewonnen. 1536 musste sich M. dem Schutz Habsburgs
unterstellen, wodurch es die Reichsstandschaft verlor. Obwohl 1648 die
Reichszugehörigkeit bekräftigt wurde, ging M. an Frankreich über, das es
1759/1764 in ein weltliches Ritterstift in Gebweiler umwandelte und 1789
aufhob. Die Abtei bestand aus den drei Vogteien
Gebweiler (mit der Stadt Gebweiler und 5 Dörfern), Wattweiler (Watweiler) (mit
der Stadt Wattweiler [Watweiler] und dem Flecken Uffholz [Ufholz]) und Sankt
Amarin (mit der Stadt Sankt Amarin und 14 Dörfern).
L.: Wolff 297; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D5, III 22 (1648) C5;
Gatrio, A., Die Abtei Murbach im Elsass, 1895; Büttner, H., Murbacher Besitz im
Breisgau, Els.-lothring. Jb. 18 (1939); Beyerle, F., Bischof Pirmin und die
Gründung der Abteien Murbach und Reichenau, Zs. f. schweizer. Geschichte 27
(1947); Barth, M., Handbuch der elsässischen Kirchen im Mittelalter, 1960;
Bischoff, G., Recherches sur la puissance temporelle de l’abbaye de Murbach
(1229-1525), 1975; Seibert, H., Murbach, LexMA 6 1992, 939; Höfe und Residenzen
im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 679, 1, 2, 401.
Muri (Abtei). Um 1027 wurde M. an der Bünz
als Eigenkloster der Grafen von Habsburg gegründet und von Einsiedeln aus
besetzt. Güter lagen in Muri, Hermetschwil, Küssnacht, Gersau, Buochs, Thalwil,
Rufach (Ruoffach) und Bellingen (Breisgau). 1415 kam die Vogtei von Habsburg an die Eidgenossen der Schweiz
(gemeine Herrschaft). 1622/1649 wurde das Kloster exemt und 1701 zur Fürstabtei
erhoben. 1706 erwarb es die Herrschaft Glatt. 1798 fielen seine Güter in der
Schweiz an die Helvetische Republik, im Übrigen 1802/1803 an Württemberg und
Hohenzollern-Sigmaringen. 1803 erneuert, wurde es 1841 aufgehoben und 1843/1845
nach Gries bei Bozen verlegt.
L.: Wolff 529; Das Kloster Muri im Kanton Aargau, hg. v. Kiem, M., 1883; Kiem,
M., Geschichte der Benedictinerabtei Muri-Gries, Bd. 1,2 1888, 1891; Rösener,
W., Grundherrschaft im Wandel, 1991; Gilomen-Schenkel, E., Muri, LexMA 6 1992,
943.
Murrhardt (Kloster). In M. an der Murr bestand in
römischer Zeit ein Limeskastell. In dessen Nähe erwuchs im 7. Jahrhundert eine
fränkische Siedlung, die vor 750 eine Holzkirche erhielt. In dem vermutlich 788
erstmals als Murrahart genannten Ort gründete der einer Hochadelsfamilie
angehörige, wahrscheinlich mit Bischof Megingoz von Würzburg und vielleicht
auch mit Kaiser Ludwig dem Frommen verwandte Waltrich am Anfang des 9.
Jahrhunderts das Benediktinerkloster St. Januarius, dessen Ausstattung auf
Königsgut beruhte (verschollene echte Dotationsurkunde Ludwigs des Frommen von
mutmaßlich 816, gefälschte Gründungsurkunde von angeblich 817). 993 errang das
Hochstift Würzburg die Eigenklosterherrschaft. Die Vogtei
über das Kloster stand als Reichslehen den hessonischen Herren bzw. seit 1180
Grafen von Wolfsölden und seit 1230 über die Erbtochter den Grafen von
Löwenstein zu, deren Rechte 1277 durch Verkauf an das Hochstift Würzburg, 1281
aus Geldmangel über König Rudolf von Habsburg an die neuen Grafen von
Löwenstein und 1388/1395 an Württemberg kamen. Im späten 15. Jahrhundert wurde
M. in Württemberg landsässig. 1525 gingen die Urkunden durch Plünderung
verloren. 1552 wurde die Reformation durchgeführt. Das Kloster wurde
aufgehoben. 1808 gingen Stadt M. und das Kloster M. im Oberamt Backnang
Württembergs auf. 1951/1952 kam M. zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 161; Schöpfer, R., Geschichte Murrhardts bis 1900, (in) Backnanger
Heimatbuch 2 (1936); Jäger, G., Murrhardt einst und jetzt, 1955; Störmer, W.,
Schäftlarn, Murrhardt und die Waltriche des 8. und 9. Jahrhunderts, (in) Zs. f.
bay. LG. 28 (1965); Fritz, G., Kloster Murrhardt im Früh- und Hochmittelalter,
1982; Fritz, G., Stadt und Kloster Murrhardt im Spätmittelalter und in der
Reformationszeit, 1990; Eberl, I., Murrhardt, LexMA 6 1992, 994; Wagner, H.,
Die Privilegierung des Klosters Murrhardt durch Ludwig den Frommen, DA 57
(2001), 421.
Nassau (Grafschaft, Herzogtum). Nach der um
1125 von den Grafen von Laurenburg an der unteren Lahn erbauten,
lehnshoheitlich im 12. Jahrhundert von Trier auf das Reich übergehenden Burg N.
(Ort 915 erstmals erwähnt) nannte sich seit 1159/1160 ein Grafengeschlecht, das
sich von dem Vogt Mainzs in Siegen Ruppert (1079-1089) und dessen Sohn Graf
Dudo von Laurenburg herleitete (1117 erstmals sicher bezeugt), 1122/1124 den
Grafen Udalrich von Idstein-Eppstein beerbte und nach 1124 Vogt des Hochstifts
Worms in Weilburg wurde. Durch gezielte Erwerbspolitik gewann es zwischen Main,
Mittelrhein, Sieg und Wetterau ein schmales Herrschaftsgebiet (um 1160 zusammen
mit den Grafen von Katzenelnbogen von den Grafen von Isenburg die ursprünglich
den Grafen von Arnstein zustehende Grafschaft auf dem Einrich, Herborner Mark,
Kalenberger Zent, Westerwald, Lipporn, Miehlen, Marienfels, Idstein,
Bleidenstadt, Ems, Wiesbaden um 1200) mit den Erzstiften Mainz und Trier sowie
den Landgrafen von Hessen als Nachbarn. Am 16. 12. 1255 teilten die Grafen von
N. die Güter längs der Lahn in die nördlich der Lahn gelegenen, wertvolleren
Gebiete mit Siegen, Herborn und Dillenburg sowie den Vogteien
Dietkirchen und Ems (ottonische [jüngere] Linie) und in die südlich der Lahn
gelegenen Gebiete mit den Herrschaften Wiesbaden und Idstein sowie den Vogteien Weilburg und Bleidenstadt (walramische
[ältere] Linie). Gemeinsam blieben die Burg N., der Einrich zwischen unterer
Lahn und Taunus, die Laurenburg, die Pfandschaften und die Lehen. ----- Die
jüngere ottonische Linie, die unter Heinrich († 1343) die Vogteien und Gerichte Dernbach, Eibelshausen
(Eibelsberg, Haiger und Ewersbach [Ebersbach]) hinzuerwarb, spaltete sich 1303
in die Linien Nassau-Hadamar (ältere Linie, bis 1394), Nassau-Siegen und
Nassau-Dillenburg. Nassau-Dillenburg fiel 1328 an Nassau-Siegen, doch blieb
Dillenburg Hauptort. Die Linie teilte sich 1343 in Nassau-Dillenburg und
Nassau-Beilstein (ältere Linie bis 1561). Nassau-(Siegen-)Dillenburg beerbte
1394 Nassau-Hadamar und gewann durch Heiraten 1376/1378 die Reichsgrafschaft
Diez, 1403/1404 Polanen, Leck, Breda und weitere Güter im Gebiet der heutigen
Niederlande sowie 1416/1420 die gemeinsam mit Brüdern beherrschte Grafschaft
Vianden im Herzogtum Luxemburg. Diese Gebiete wurden im 15. Jahrhundert
mehrfach geteilt (1416 vier Linien, 1425 drei Linien: Nassau-Dillenburg-Diez
[bis 1443], Nassau-Haiger-Siegen [bis 1429] und Nassau-Herborn-Breda), doch
waren die nassau-dillenburgischen Güter von 1451 bis 1472 und von 1504 bis 1516
wieder vereinigt. Seit 1507 nannte sich die Linie wegen ihrer vergeblich
geltend gemachten Erbansprüche auf Katzenelnbogen auch Nassau-Katzenelnbogen
und wegen der Heirat mit der Erbtochter des Prinzen/Fürsten von Chalon und
Oranien am Unterlauf der Rhone (1515, Erbfall 1530) auch Nassau-Oranien. Etwa
gleichzeitig wurde die Reformation (zunächst das Luthertum, dann der
Calvinismus) eingeführt. 1559 erfolgte eine erneute Teilung in die
linksrheinischen (Nassau-Oranien) und die rechtsrheinischen (Nassau-Dillenburg)
Güter. 1561 beerbte Nassau-Dillenburg Nassau-Beilstein. 1601/1607 erfolgte eine
Teilung in die Linien Nassau-Dillenburg, Nassau-Hadamar, Nassau-Beilstein,
Nassau-Siegen (1652 in den Reichsfürstenstand erhoben) und Nassau-Diez. Nassau-Dillenburg
mit Dillenburg, Haiger und Herborn wurde 1620 von Nassau-Beilstein beerbt, das
sich seitdem nach Dillenburg Nassau-Dillenburg nannte (1652 in den
Reichsfürstenstand erhoben). Nassau-Hadamar (1650 in den Reichsfürstenstand
erhoben) mit Hadamar und Rennerod kam 1711/1717 an Nassau-Diez. 1739 fiel
Nassau-Dillenburg mit der Herrschaft Schaumburg an Nassau-Diez. Nassau-Siegen
gelangte 1742/1743 an Nassau-Diez, das damit alle rechtsrheinischen Güter der
nassau-ottonischen Linie in sich vereinigte. Weil Nassau-Diez außerdem 1702 die
linksrheinischen Güter der Linie Nassau-Oranien erlangt hatte, nannte sich die
Linie Fürsten von Nassau-Oranien. 1747 verlegte sie ihre Residenz nach Den Haag
und regierte das Stammland über das deutsche Kabinett in Dillenburg.
1795/1797/1801 verlor sie alle linksrheinischen Güter an Frankreich und erhielt
hierfür das Hochstift Fulda, das Schloss Johannisberg (Vollrads bei
Östrich-Winkel), Corvey und Höxter, Dortmund, Weingarten, Sankt Gerold (in
Vorarlberg), Hofen (bei Friedrichshafen), Dietkirchen und Bendern (in
Liechtenstein) als neues Fürstentum Oranien (insgesamt 46 Quadratmeilen mit
120000 Einwohnern). 1806 verlor es durch die Rheinbundakte auch die
rechtsrheinischen Güter, vor allem das Fürstentum Diez an das Herzogtum Nassau
und das Großherzogtum Berg. Nach dem Ende der französischen Vorherrschaft
ergriff der Prinz von Nassau-Oranien am 20. 12. 1813 von seinen Ländern wieder
Besitz. Am 14. 7. 1814 gab das Herzogtum Nassau an Nassau-Oranien das
Fürstentum Diez und weitere Güter zurück. Durch Vertrag vom 31. 5. 1815 trat
der Fürst von Nassau-Oranien, der 1815 König der Niederlande geworden war, alle
deutschen Gebiete an Preußen als Gegenleistung für das ihm durch den Wiener
Kongress zugesprochene Großherzogtum Luxemburg ab. Preußen gab seinerseits
einen Teil der Gebiete (Fürstentum Diez, Hadamar, Dillenburg) an das Herzogtum
Nassau (1806-1866) weiter. 1890 erlosch mit König Wilhelm III. von den
Niederlanden die ottonische Linie im Mannesstamm.-----Die ältere walramische
Linie, aus der König Adolf von N. (1292-1298) stammte, gewann 1328/1333 die
Herrschaft (Reichsgrafschaft) Merenberg, die Herrschaft Lichtenstein und
weitere Güter (pfandweise Neuweilnau, Burg und Stadt Katzenelnbogen,
Altenkirchen, Dietenhausen [Diedenshausen]). 1355 teilte sie sich in die Linien
Nassau-Idstein (mit Idstein und Wiesbaden) und Nassau-Weilburg (1366 gefürstete
Grafen) mit Weilburg und Bleidenstadt. 1381 erlangte die Linie Nassau-Weilburg
infolge Heirat die Grafschaft Saarbrücken, 1393 die Herrschaft Kirchheim und
Stauf, 1405 Neuweilnau (Kauf), Bingenheim, Reichelsheim, Elkerhausen und Teile
von Homburg, Löhnberg, Sonnenberg, Cleeberg bzw. Kleeberg und Mensfelden.
1429/1442 teilte sie sich in die Linien Nassau-Saarbrücken und die Neue Linie
Nassau-Weilburg, wobei die Linie Nassau-Saarbrücken die meisten
linksrheinischen Güter erhielt. Sie erwarb außerdem 1527 die Grafschaft
Saarwerden und das Oberamt Lahr und Mahlberg. Nach ihrem Aussterben (1574)
kamen ihre Güter an die 1561 in Nassau-Weilburg und Nassau-Weilnau geteilte
neue Linie Nassau-Weilburg. Nassau-Weilnau wurde 1602 von Nassau-Weilburg
beerbt. 1605 kam es durch Aussterben der Linie Nassau-Idstein zur
Wiedervereinigung aller nassau-walramischen Güter in der Linie Nassau-Weilburg.
Diese wurde 1629/1651 aufgeteilt in Nassau-Idstein mit Idstein, Wiesbaden und
Lahr, Nassau-Weilburg mit Weilburg, Merenberg und Kirchheim und
Nassau-Saarbrücken (mittlere Linie, 1659 dreigeteilt, mit Saarbrücken,
Saarwerden und Usingen). 1688/1737 wurden die Grafen zu Reichsfürsten erhoben.
Von den verschiedenen Linien starb Nassau-Idstein 1721 aus und vererbte die
Güter an Nassau-Usingen (Nassau-Saarbrücken-Usingen), das außerdem 1723
Nassau-Saarbrücken (Nassau-Saarbrücken-Saarbrücken) und 1728 Nassau-Ottweiler
(Nassau-Saarbrücken-Ottweiler) beerbte. Nassau-Weilburg erheiratete 1799 den
größten Teil der Reichsgrafschaft Sayn-Hachenburg. 1801 verlor es alle
linksrheinischen Gebiete an Frankreich, wurde aber dafür mit Gütern aus dem
Erzstift Trier entschädigt. Nassau-Saarbrücken (mittlere Linie) teilte sich
1659 in die Linien Nassau-Ottweiler, Nassau-Saarbrücken und Nassau-Usingen.
Dieses beerbte 1723 Nassau-Saarbrücken, 1721 Nassau-Idstein und 1728
Nassau-Ottweiler. 1735 wurde es erneut in Nassau-Saarbrücken (jüngere Linie)
und Nassau-Usingen, das 1744 die Residenz von Usingen nach Biebrich und die
Regierung nach Wiesbaden verlegte, geteilt. Nassau-Saarbrücken wurde 1797 von
Nassau-Usingen beerbt. 1793/1801 verlor Nassau-Usingen seine linksrheinischen
Güter, von denen die alte Grafschaft Saarbrücken 1815 an Preußen kam, erhielt
dafür aber Entschädigung vor allem aus dem Erzstift Mainz im Rheingau und am
unteren Main, aus dem Erzstift Trier (Montabaur, Limburg), aus dem Erzstift
Köln (u. a. Deutz, Königswinter), aus Hessen-Darmstadt (Anteil an der
Niedergrafschaft Katzenelnbogen um Braubach), aus Sayn-Altenkirchen und
verschiedenen Klöstern und Stiften sowie Virilstimme im Reichsfürstenrat.-----
Am 30. 8. 1806 schlossen sich die am 31. 7. 1806 dem Rheinbund unter Erhöhung zu
Herzögen beigetretenen Fürsten von Nassau-Weilburg und Nassau-Usingen, das 1816
ausstarb, zu einem vereinten, für unteilbar und souverän erklärten Herzogtum N.
zusammen. Sie bekamen die Grafschaft Wied-Runkel, die Grafschaft Wied-Neuwied,
das Fürstentum Nassau-Oranien mit Grafschaft Diez, die Grafschaft
Solms-Braunfels und andere Güter (Bassenheim, Grafschaft Holzappel, Herrschaft
Schaumburg, Herrschaft Reifenberg, Herrschaft Kransberg, Gebiete der
Reichsritterschaft), mussten aber die ehemals kölnischen Gebiete an das
Großherzogtum Berg sowie Kastel (Mainz-Kastel) und Kostheim an Frankreich
abtreten (Gesamtgebiet 103 Quadratmeilen mit 270000 Einwohnern). 1813 mussten
sie Güter an Nassau-Oranien zurückgeben. Am 1./2. 9. 1814 erhielt das
Herzogtum, um den Widerspruch verschiedener mediatisierter Familien (Ostein,
Schönborn, Waldbott von Bassenheim [Waldbott-Bassenheim], von der Leyen) und
des Freiherren vom Stein zu beseitigen, vor allen anderen deutschen Staaten
eine landständische Verfassung. 1815 tauschte das Herzogtum N. mit Preußen
umfangreiche Gebiete (ehemals hessen-kasselische Niedergrafschaft
Katzenelnbogen, Diez, Dillenburg, Hadamar [gegen die späteren Kreise Neuwied,
Altenkirchen, Wetzlar und den rechtsrheinischen Teil des Kreises Koblenz]).
Seit 1815 war das Herzogtum Mitglied des Deutschen Bundes. Seit 1816 regierte
Nassau-Weilburg allein. 1836 trat N. dem Deutschen Zollverein bei. Am 28. 12.
1849 wurde eine liberale Verfassung erlassen, die im November 1851 aber wieder
aufgehoben wurde. Am 8. 10. 1866 wurde N. wegen seiner Unterstützung
Österreichs von Preußen (in die Provinz Hessen-Nassau) einverleibt und durch
8,5 Millionen Taler und die Schlösser Weilburg und Biebrich
(Wiesbaden-Biebrich) abgefunden. Herzog Adolf von Nassau (aus der walramischen Linie)
wurde 1890 Großherzog von Luxemburg. 1912 starb das Haus N. aus. 1945 kam der
größte Teil Hessen-Nassaus an Hessen.
L.: Wolff 263, 336; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, II 78 (1450)
F3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 234; Arnoldi, J., Geschichte der
oranien-nassauischen Länder, Teil 1ff. 1799ff.; Vogel, C., Beschreibung des
Herzogtums Nassau, 1843; Schliephake, F./Menzel, K., Geschichte von Nassau
walramischen Teils, Bd. 1ff. 1864ff.; Roth, F., Fontes rerum Nassoicarum, Bd.
1ff. 1880ff.; Codex diplomaticus Nassoicus, hg. v. Menzel, K./Sauer, W., Bd.
1ff. 1885ff., Neudruck 1969; Düssell, H., Rechtskarte des Oberlandesgerichts
Frankfurt am Main, hg. v. Sayn, O., 1902; Spielmann, C., Geschichte von Nassau,
Bd. 1ff. 1909ff.; Renkhoff, O., Die Grundlagen der nassau-dillenburgischen
Territorialentwicklung, Korr. Bl. Gesamtverein. 80 (1932); Kleinfeldt,
G./Weirich, H., Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch-nassauischen
Raum, 1937; May, K., Territorialgeschichte des Oberlahnkreises, 1939;
Fritzemeyer, J., Die Ausbildung einer zentralen Behördenorganisation der Grafen
bzw. Fürsten von Nassau, Diss. phil. Frankfurt am Main 1943; Gensicke, H.,
Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987; Demandt, K., Geschichte des
Landes Hessen, 2. A. 1972, Neudruck 1980; Oestreich, G., Grafschaft und
Dynastie Nassau im Zeitalter der konfessionellen Kriege, (in) Bll. f. dt. LG.
96 (1960); Kissel, O., Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes
Hessen, 1961; Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, I, 9,
Territorialname; Demandt, K., Schrifttum zur Geschichte und geschichtlichen
Landeskunde von Hessen, Bd. 1ff. 1965f.; Sante, G. W., Strukturen, Funktionen
und Wandel eines historischen Raumes: Nassau, (in) Nassauische Annalen 85
(1974), 151ff.; Herzogtum Nassau: 1806-1866. Politik, Wirtschaft, Kultur. Eine
Ausstellung des Landes Hessen und der Landeshauptstadt Wiesbaden (Katalog),
Neudruck 1981; Gerlich, A., Nassau in politischen Konstellationen am
Mittelrhein von König Adolf bis Erzbischof Gerlach (1292-1346), Nassauische
Annalen 95 (1984), 1ff.; Renkhoff, O., Nassauische Biographie, 1986; Steubing,
J., Kirchen- und Reformationsgeschichte der Oranien-nassauischen Lande, 1987;
Faber, R., Die Bemühungen im Herzogtum Nassau um die Einführung von
Mündlichkeit und Öffentlichkeit im Zivilprozessverfahren, 1990; Treichel, E.,
Der Primat der Bürokratie, 1991; Gerlich, A., Nassau, LexMA 6 1992, 1035;
Jäger, W., Staatsbildung und Reformpolitik, 1993; Nassauische Parlamentarier,
hg. v. Rösner, C., 1997; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 232;
Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u.
a., 2003, 1, 1, 166; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 479;
Schüler, W., Das Herzogtum Nassau 1806-1866, 2006; Menk, G., Das Haus
Nassau-Oranien in der Neuzeit, 2009; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3
Ritter, Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 3 (mit Übersichtskarte
Nassau im 18. Jh.).
Naumburg (Hochstift, Residenz). An der Mündung
der Unstrut in die Saale erbaute vermutlich Markgraf Ekkehard I. von Meißen in
der Nähe slawischer Vorsiedlungen um 1000 bzw. um 1010 die Burg N. (neue Burg).
Um 1012 wurde das Hauskloster der Markgrafen, zwischen 1028 und 1030 das 968
von Kaiser Otto dem Großen in Zeitz gegründete Bistum (zwischen N., mittlerer
und oberer Weißer Elster, oberer Zwickauer Mulde, Plauen und Erzgebirge) und
wenig später die in Kleinjena bestehende Kaufmannsniederlassung nach N.
verlegt. Die sich entwickelnde Stadt stand unter der Herrschaft des Bischofs.
Die Vogtei über N. hatten die Markgrafen von
Meißen, bis die Bischöfe in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts die
Landeshoheit erwerben konnten. Die Bischöfe wurden im 13. Jahrhundert (1296)
Reichsfürsten. Sie bildeten um N., Zeitz, Krossen (Crossen) und Strehla an der
Elbe ein eigenes Herrschaftsgebiet aus. Beginnend bereits zu dieser Zeit
gerieten sie zunehmend in Abhängigkeit des Hauses Wettin, das aus der
Schirmvogtei Landesherrlichkeit entwickelte. Schon vor 1541 drang die
Reformation ein. 1564 wurde anlässlich der Reformation das dem obersächsischen
Reichskreis angehörige Stift N. in einen Verwaltungsbezirk Sachsens
umgewandelt, der bis 1718 unter der Nebenlinie Sachsen-Zeitz stand. Das
Hochstift umfasste die Ämter und Gerichtsbarkeiten des eigentlichen Stiftes N.
(Stadt und Amt N., Amt St. Georgenkloster, Justizamt Haynsburg [Hainsburg] mit
der Stadt Krossen [Crossen], Propsteigericht N. mit der Stadt Osterfeld) und
die Ämter und Gerichtsbarkeiten des zeitzischen Anteils (Stadt und Amt Zeitz
und Gericht Breitingen). 1815 wurde N. der neuen Provinz Sachsen Preußens
zugeschlagen und kam damit von 1949 bis 1990 zur Deutschen Demokratischen
Republik. S. Sachsen-Anhalt.
L.: Wolff 381; Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) G3; Urkundenbuch des Hochstifts Naumburg, hg. v. Rosenfeld, F., Bd. 1
1925; Borkowsky, E., Naumburg an der Saale. Eine Geschichte deutschen
Bürgertums 1028 bis 1928, 1928; Mitteldeutscher Heimatatlas, 1935ff.; Kaiser,
B., Die Entstehung der Stadt Naumburg an der Saale, 1949 (Mskr.); Schlesinger,
W., Kirchengeschichte Sachsens, Bd. 1f. 1962; Steinberg, H., Funktionswandel
und räumliche Entwicklung der Städte im mittleren Saaletal bis zum Anfang des
19. Jahrhunderts, (in) Berichte zur deutschen Landeskunde 30 (1963), 256;
Blaschke, K. u. a., Die Kirchenorganisation in Naumburg um 1500, 1969; Hermann,
B., Die Herrschaft des Hochstifts Naumburg an der mittleren Elbe, 1970;
Streich, B., Die Bistümer Merseburg, Naumburg und Meißen zwischen
Reichsstandschaft und Landsässigkeit, (in) Mitteldeutsche Bistümer im
Spätmittelalter, 1988; Schubert, E./Hege, F., Naumburg, 1989; Wiessner, H., Die
Anfänge der Stadt Naumburg an der Saale und ihre Entwicklung im Mittelalter,
Bll. f. d. LG. 127 (1991), 115; Das Bistum Naumburg, bearb. v. Wiessner, H.,
Bd. 1 1993; Wiessner, H., Naumburg, LexMA 6 1992, 1055; Das Bistum Naumburg,
bearb. v. Wiessner, H., 1997; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 577, 1, 2, 404.
Neresheim (reichsunmittelbare Abtei, Reichsabtei).
1095 gründeten die Grafen von Dillingen in dem sehr alten Dorf N. zwischen
Heidenheim und Nördlingen ein Chorherrenstift, das wenig später in ein mit
Mönchen aus Petershausen (Petersberg) besetztes Benediktinerkloster umgewandelt
wurde. Nach dem Aussterben der Grafen 1258 kam die Vogtei
über das seit dem 13. Jahrhundert recht begüterte Kloster (1298 sieben Dörfer
und Einkünfte in 71 Orten) an das Hochstift Augsburg und nach Beanspruchung
wegen einer Schuld und anschließendem, aber streitig bleibendem Vergleich 1263
an die Grafen von Oettingen, die deswegen einen Rechtsstreit vor dem
Reichskammergericht begannen., während der Abt eine Klage vor dem Reichshofrat
erhob. 1764 löste der Abt unter weitreichenden Zugeständnissen die zur
Landesherrschaft ausgebauten Rechte Oettingens ab, wurde reichsunmittelbar und
trat den schwäbischen Reichsprälaten bei. Das Gebiet der zum schwäbischen
Reichskreis zählenden Abtei umfasste 1,5 Quadratmeilen bzw. 80 Quadratkilometer
mit 2500 Einwohnern. Es gehörten dazu Stadt und Kloster N., Auernheim, Ebnat,
Elchingen, Großkuchen, Ohmenheim, Ziertheim, die Mariabuchkapelle bei N.
(Mariabuch, die Kapelle bei N.), Dehlingen, Ballmertshofen, Dischingen und
Trugenhofen, die Hofmark Ziertheim und bedeutende Waldungen. Am 25. 2. 1803 fiel
N. an Thurn und Taxis, 1806 an Bayern, 1810 an Württemberg und damit 1951/1952
an Baden-Württemberg. 1920 wurde die Abtei wieder errichtet.
L.: Wolff 177, 194; Zeumer 552 II a 36, 17; Wallner 689 SchwäbRK 66; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D3; Erzberger, M., Die Säkularisation in
Württemberg 1802-1810, 1902; Weißenberger, P., Neresheim, 1958; Neresheim,
1975, (in) Germania Benedictina Bd. 5 Baden-Württemberg; Reden-Dohna, A. v.,
Reichsstandschaft und Klosterherrschaft. Die schwäbischen Reichsprälaten im
Zeitalter des Barock, 1982; Eberl, I., Neresheim, LexMA 6 1992, 1094;
Müller-Ueltzhöffer, B., Der 500jährige Rechtsstreit des Klosters Neresheim um
die Erlangung der Reichsunmittelbarkeit, 2003.
Neuenheerse (Kloster). Um 868 gründete Bischof
Liuthard von Paderborn das Kanonissenstift Heerse an der Nethequelle. 871 nahm
König Ludwig der Deutsche die Stiftung in seinen Schutz. Die Vogtei hatten im 12. Jahrhundert die Edelherren von Eberschütz-Schöneberg
als Lehen des Stiftes inne. Bei ihrem Aussterben 1429 ging sie auf einen Herzog
von Braunschweig-Lüneburg und 1438 auf die Landgrafen von Hessen über. 1810
wurde das 1803 in Preußen umgewandelte Stift im Königreich Westphalen aufgehoben.
1815 kam N. an Preußen und 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Gemmeke, A., Geschichte des adeligen Damenstifts zu Neuenheerse, 1931.
Nievern (Herrschaft). In der Sponheimer Vogtei N. bei Ems (Bad Ems) an der Lahn am Westerwald
setzten die von der Arken und ihre Ganerben zu Ende des 14. Jahrhunderts
Landeshoheit durch. Später kam das zum Kanton Mittelrheinstrom des
Ritterkreises Rhein zählende N. an Nassau und damit 1866 an Preußen (Hessen-Nassau)
und 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 516; Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987,
327.
Northeim (Grafen). In N. an der Mündung der Rhume
in die Leine bestand schon an der Zeitenwende und in frühmerowingischer Zeit
eine Siedlung. Um 800 gab der edle Nidhart Güter an Fulda. Ein Grafengeschlecht
von N. wird im 10. Jahrhundert (982) erkennbar. Graf Otto (um 1025-1083) wurde
1061 Herzog von Bayern (bis 1070). Die Güter der Grafen von N. an der oberen
Leine, Werra, Weser, Diemel, Nethe und der unteren Elbe (Boyneburg, Vogtei über Corvey, Gandersheim, Helmarshausen,
Hausklöster Northeim, Bursfelde, Amelungsborn, Oldisleben (Oldesleben) kamen
nach dem Tod der Kaiserin Richenza (1141) und Siegfrieds IV. von Boyneburg
(1144) bzw. Hermanns von Winzenburg (1152) auf Grund der Heirat Gertruds von
Süpplingenburg, der Tochter König Lothars von Süpplingenburg und Richenzas von
N., mit Heinrich dem Stolzen an die Welfen (Heinrich den Löwen).
L.: Wolff 437; Lange, K., Der Herrschaftsbereich der Grafen von Northeim, 1969;
Pischke, G., Herrschaftsbereiche der Billunger, der Grafen von Stade, der
Grafen von Northeim und Lothars von Süpplingenburg, 1984; Hindte, H. v.,
Northeim, LexMA 6 1993, 1253; Pischke, G., Die Grafen von Northeim, Z. d. V. f.
hess. Gesch. 103 (1998), 3; Borchert, S., Herzog Otto von Northeim (um
1025-1083), 2005; Borchert, S., Herzog Otto von Northeim (um 1025-1083), 2005.
Odenheim (Reichsdorf). Am 18. 7. 1330 verpfändete
Kaiser Ludwig der Bayer dem Albrecht Hofwart von Kirchheim unter anderem die Vogtei über das Kloster O. und das Dorf O. bei
Bruchsal. S. a. Odenheim und Bruchsal.
L.: Hugo 263, 462, 452.
Odenheim (bzw. Odenheim und Bruchsal)
(Reichspropstei). In O. (Otenheim) bei Bruchsal war früh das Kloster Lorsch
begütert. Zu Anfang des 12. Jahrhunderts stiftete der den Grafen von Lauffen
zugehörige Erzbischof Bruno von Trier auf Erbgut das Kloster Wigoldisberg. Nach
dem Aussterben der Grafen von Lauffen gelangte die Vogtei
über das Kloster 1219 an die Staufer und danach an Speyer. 1494 wurde das
Kloster in ein Kollegiatstift umgewandelt. 1507 verlegte der Konvent des
Ritterstifts O. aus Sicherheitsgründen seinen Sitz nach Bruchsal. Am Ende des
18. Jahrhunderts gehörte das etwa 1 Quadratmeile mit sieben bzw. acht Dörfern
(Odenheim, Eichelberg, Tiefenbach, Landshausen, Rohrbach a. G., Kondominat in
Waldangelloch, Großgartach) umfassende O. (und Bruchsal) zu den rheinischen
Prälaten der geistlichen Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags und hatte
Sitz und Stimme im oberrheinischen Reichskreis. 1803 fiel O. (und Bruchsal) an
Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 242; Zeumer 552 II a 37, 4; Wallner 699 OberrheinRK 51; Rössler, A.,
Geschichte der Stadt Bruchsal, 2. A. 1894; Herzer, F./Maas, H., Bruchsaler Heimatgeschichte,
1955; Hodecker, F., Odenheimer Geschichte, 1962; Fetzer, R.,
Untertanenkonflikte im Ritterstift Odenheim, 2002.
Oettingen (Grafen, Fürsten). 987 wird ein
Fridericus comes und 1007 dessen Sohn Sigehardus comes in pago Riezzin
(Riesgau) erwähnt. Von ihnen leiten sich möglicherweise Grafen von O. ab, die
1147/1150 (um 1140) als staufische Grafen im Eichstätter Bannforst erstmals
genannt wurden. Vielleicht sind sie aber auch von den Riesgaugrafen
verschiedene edelfreie Amtsträger der Staufer. Sie gewannen mittels des
Landgerichts im Riesgau und des Erwerbs wichtiger Regalien vom 12. bis 14.
Jahrhundert das größte weltliche Herrschaftsgebiet in Ostschwaben, das sie
zeitweise bis an den oberen Main auszudehnen vermochten. 1418 schwächte eine
Teilung (Oettingen-Wallerstein [bis 1486], Oettingen-Flochberg [bis 1549],
Oettingen-Oettingen) das politische Gewicht, doch gelang im Zuge der
reformatorischen Säkularisation die vorteilhafte Abrundung der Güter. 1442 und
1485 wurde ebenfalls geteilt. 1522 erfolgte die Teilung der zum schwäbischen
Reichskreis zählenden Grafen in die evangelische Linie Oettingen-Oettingen
(sieben Zwölftel der Güter) und die katholische Linie Oettingen-Wallerstein
(fünf Zwölftel der Güter und das Erbe von Oettingen-Flochberg). 1623/1694
teilte sich Oettingen-Wallerstein in Oettingen-Spielberg (1734 gefürstet),
Oettingen-Wallerstein (1774 gefürstet) und Oettingen-Baldern (bis 1798). Nach
dem Aussterben Oettingen-Oettingens (1731) fielen dessen Güter überwiegend an
Oettingen-Wallerstein sowie zu einem Drittel an Oettingen-Spielberg, das durch
Heirat 1689 auch die Herrschaft Schwendi erwarb. Weitere Erwerbungen waren die
Herrschaften Bissingen (1661), Burgberg, Seifriedsberg (Seifridsberg) (1667)
und Diemantstein (1777) (Vorderösterreich, österreichischer Reichskreis,
Reichsritterschaft), Hochaltingen (1764) und Altenberg (1799). 1764
verzichteten die Fürsten auf die Vogtei über
Kloster Neresheim. Oettingen-Wallerstein erlangte 1798 auch die Güter der Linie
Oettingen-Baldern. Oettingen-Spielberg kam 1796 zu einem Gebietsausgleich mit
Preußen in Franken und erhielt 1802 fünf Klöster als Entschädigung für seine
verlorenen elsässischen Güter. 1806 fiel O. mit insgesamt 17 Quadratmeilen (850
Quadratkilometern) und rund 60000 Einwohnern an Bayern. Bayern musste 1810 den
westlichen Teil (Grafschaft Baldern und weitere Teile) an Württemberg abtreten,
der damit 1951/1952 an Baden-Württemberg gelangte.
L.: Wolff 176; Zeumer 553 II b 61, 4; Wallner 685 SchwäbRK 8, 11; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) F4, III 22 (1648) E4; Lang, K., Beiträge
zur Kenntnis des öttingischen Vaterlands, 1786; Löffelholz von Kolberg,
Oettingiana, 1883; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reichs,
1938; Grünenwald, E., Oettingen, 1962; Hofmann, H., Territorienbildung in
Franken im 14. Jahrhundert, Z. f. bay. LG. 31 (1968); Hopfenzitz, J., Kommende
Öttingen Teutschen Ordens, Diss. Würzburg 1973 (masch.schr.); Grünenwald, E.,
Das älteste Lehenbuch der Grafschaft Oettingen, Einleitung, 1975; Kudorfer, D.,
Die Grafschaft Oettingen, 1985; Kudorfer, D., Die Entstehung der Grafschaft
Oettingen, (in) Rieser Kulturtage, Dokumentation 6,1, 1987; Wendehorst, A.,
Oettingen, LexMA 6 1993, 1365; Handbuch der baden-württembergischen Geschichte,
Bd. 2 1995, 395; Die ländlichen Rechtsquellen aus der Grafschaft Oettingen, hg.
v. Kiessling, R. u. a., 2005.
Öhringen (Stift). In der schon vorgeschichtlich
besiedelten Hohenloher Ebene im oberen Ohrntal errichteten die Römer 150 n.
Chr. den vicus Aurelianus mit zwei Kastellen. Im Mittelalter erscheint O.
erstmals 1037 (Orengowe), als die Mutter Kaiser Konrads II. die Pfarrkirche in
ein Kollegiatstift umwandeln ließ. Über die Vogtei
erlangten die Herren von Hohenlohe um 1250 den 1253 als Stadt bezeichneten Ort.
Nach der Reformation fiel das Stift an die Grafen. Nach 1551/1555 stand O. den
beiden Hauptlinien Hohenlohe-Neuenstein und Hohenlohe-Waldenburg gemeinsam zu.
1677 wurde es Residenz einer eigenen Linie. 1782 kam es ausschließlich an
Hohenlohe-Neuenstein-Öhringen. 1806 gelangte es an Württemberg und damit
1951/1952 an Baden-Württemberg. S. Hohenlohe-Öhringen.
L.: Wolff 119; Mattes, W., Öhringer Heimatbuch, 1929, Neudruck 1987; Schumm,
K., Geschichte der städtischen Verfassung in Öhringen, 1953; Knoblauch, E., Die
Baugeschichte der Stadt Öhringen bis zum Ausgang des Mittelalters, 1970; Der
Landkreis Öhringen. Amtliche Kreisbeschreibung, Bd. 1, 2 1961ff.; Öhringen, hg.
v. d. Stadt Öhringen, 1988.
Oldenburg (Grafschaft, Herzogtum, Großherzogtum).
Bereits um 800 bestand eine Siedlung im heutigen Stadtkern von O. 1108 wird O.
(urspr. Ommeresburg, Ammerburg) erstmals erwähnt (str., erste Hälfte 12. Jh.
Burg entstanden?). Im Schutze der Burg entstand eine um das Jahr 1270 ummauerte
Siedlung, die 1345 Stadtrecht von Bremen erhielt. Seit der Mitte des 12.
Jahrhunderts war O. Mittelpunkt der im alten Stammesherzogtum Sachsen gelegenen
Grafschaft O., die sich in Kämpfen mit den Friesen allmählich erweiterte. Die
Grafen selbst stammten möglicherweise von der Familie Widukinds von Sachsen ab.
Viele ihrer später sichtbaren Güter lagen im Osnabrücker Nordland. Ihr erster
bekannter Vertreter (Egilmar um 1091-1108) erscheint um 1100 (1108) als comes
in confinio Saxoniae et Frisiae. Seit dem (frühen) 12. Jahrhundert hatten die
Grafen vielleicht aus widukindischem Erbe die Vogtei
ihres Hausklosters Rastede (1124) und des Stiftes Wildeshausen (um 1100) inne.
1180 erhielten sie die Grafschaft als umstrittenes Reichslehen. Vielleicht
schon um 1150 wurde die Linie Oldenburg-Wildeshausen mit Wildeshausen, Gütern
im östlichen Lerigau und Ammerland, Friesland und der Vogtei
Rastede (1388 erloschen) von der Hauptlinie (mit O., Landwürden und Gütern im
westlichen Lerigau und im Hasegau, 1180 Grafenrechte im Ammergau) abgetrennt,
von der sich um 1220 Grafen von Oldenburg-Bruchhausen abspalteten. Ihre später
mehrfach geteilten Güter kamen 1252 an das Hochstift Münster (Vechta),
1270/1355/1384 an das Erzstift Bremen (Wildeshausen), die Grafen von
Tecklenburg (Altbruchhausen) und die Grafen von Hoya. Das im Kampf mit den
Stedinger Bauern eroberte, 1247/1259 durch die Burg Delmenhorst gesicherte Land
(Süderbrok [Söderbrok], Holle, Berne, Hammelwarden, Elsfleth/Weser) fiel
1278/1281 an die Seitenlinie Oldenburg-Delmenhorst, kam aber 1436/1447 beim
Erlöschen der Linie trotz kurzfristiger Übertragung an das Erzstift Bremen
(1421-1434) bzw. Braunschweig-Lüneburg an die Hauptlinie zurück. In dieser
hinterließ Graf Dietrich 1440 aus seiner Ehe mit Herzogin Hedwig von Holstein
drei Söhne, von denen der älteste (Christian) 1448 König von Dänemark, Norwegen
und Schweden wurde und 1459 das Herzogtum Schleswig und die Grafschaften
Schleswig und Holstein erbte, während der jüngste die Grafschaft O. erlangte.
Die Linie verlor 1482 Delmenhorst an Münster (bis zur Eroberung von 1547) und
1500 Dithmarschen, gewann bis 1514/1523 Stadland-Butjadingen und 1517 die
Herrschaft Jever, die aber bis 1575 wieder Ostfriesland überlassen werden
musste. 1531 wurde O. geringeres Reichslehen. Graf Anton I. (1529-1573) führte
die Reformation ein. 1667 kam die zum westfälischen Reichsgrafenkollegium
zählende Grafschaft beim Tod des ohne erbberechtigte Nachkommen verstorbenen
Grafen Anton Günther durch Erbvertrag von 1649 unter Aufgabe von O. als
Residenz an Dänemark (und bis 1676 Holstein-Gottorp [Gottorf] dann Abfindung
durch das Amt Traventhal [Travendahl]), doch fiel die 1575 erworbene Herrschaft
Jever an Anhalt-Zerbst und über Katharina II. (1793) an Russland und gingen
Delmenhorst, Varel sowie die 1623/1624 durch Kauf erlangte Herrschaft
Kniphausen als Fideikommiss an den Sohn Anton Günthers, den bis dahin
illegitimen Reichsgrafen von Aldenburg, 1733 durch Heirat an die Grafen von
Bentinck. 1774 wurde O. (unter Holstein-Gottorp [Gottorf] in den
Reichsfürstenstand erhoben. O. umfasste zu dieser Zeit die beiden im
Reichsfürstenrat vertretenen Reichsgrafschaften O. und Delmenhorst mit rund
70000 Einwohnern. Durch Ländertausch im Hause Gottorp (Gottorf) kam die von
Statthaltern Dänemarks regierte Grafschaft O. 1773/1777 von Dänemark an
Holstein-Gottorp (Gottorf), das 1762 den Thron in Russland bestiegen hatte, und
innerhalb dieses Hauses an (die jüngere Linie bzw.) das reformierte Fürstbistum
Lübeck(-Eutin), wofür Holstein-Gottorp an Dänemark abgegeben wurde. 1774 wurde
die Grafschaft Herzogtum. Von 1774 bis 1918/1919 war wieder die Stadt O.
Residenz. 1803 erhielt O. durch § 8 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25.
2. 1803 für den verlorenen, 1623 gegen Bremen eingerichteten Elsflether
Weserzoll und einige Dörfer (das Erbfürstentum Lübeck) die Ämter Cloppenburg
und Vechta aus dem Niederstift Münster und das seit 1700/1719 hannoversche
Wildeshausen. Am 10. 12. 1810 wurde es bis auf das Fürstentum Lübeck von
Frankreich annektiert (bis 1813). 1815 stieg es zum Großherzogtum auf und wurde
geringfügig um die Ämter Damme und Neuenkirchen vergrößert. Mit dem ihm danach
überlassenen Fürstentum Birkenfeld an der Nahe (20000 Einwohner) trat es in
Personalunion, so dass das Land nunmehr aus drei Teilen bestand. 1818/1823
erlangte es durch Abtretung die Herrschaft Jever von Russland zurück. Am 18. 2.
1849 erhielt es eine Verfassung. Am 1. 12. 1853 wurde das Gebiet um
Wilhelmshaven an Preußen veräußert, umgekehrt 1854 die Herrschaft Kniphausen
erworben. 1864 verzichtete O. auf seine 1866 gegen Abtretung von Ahrensbök und
Zahlung von 1 Million Taler abgefundenen Erbansprüche in Holstein, 1867 beim
Eintritt in den Norddeutschen Bund gegen Gebietserweiterung und Geldausgleich
auf die Elbherzogtümer. 1918 wurde O. Freistaat. 1932 erhielten die
Nationalsozialisten die Mehrheit. Das Fürstentum Birkenfeld kam 1937 an Preußen
(Rheinprovinz). Ebenso gelangte Lübeck an Preußen, das seinerseits das 1853
erhaltene Wilhelmshaven abgab. Der Freistaat O. ging 1946 als Verwaltungsbezirk
in Niedersachsen auf. S. a. Holstein-Oldenburg, Holstein-Gottorp-Oldenburg.
L.: Wolff 341ff.; Zeumer 554 II b 63,7; Wallner 702 WestfälRK 9; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, II 78 (1450) F3, III 22 (1648) D2, III
38 (1789) C1; Schnath, G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte
der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 6, 130; Bauer 1, 409;
Corpus constitutionum Oldenburgicarum, hg. v. Oetken, J. v./Schloifer, H., Bd.
1ff. Oldenburg 1792ff.; Halen, G. v., Geschichte des Herzogtums Oldenburg, Bd.
1ff. 1794ff., Neudruck 1974; Rüthning, G., Oldenburger Geschichte, Bd. 1f.
1911ff.; Oldenburger Urkundenbuch, Bd. 1ff. 1914ff.; Sello, G., Die
territoriale Entwicklung des Herzogtums Oldenburg, 1923; Kohl, D., Geschichte
der Stadt Oldenburg, 1925; Kohl, D., Das Oldenburger Stadtrecht, (in)
Oldenburger Jahrbuch 34 (1930); Niedersachsen um 1780, Lief. 1 u. a.
Emden-Oldenburg, hg. v. Prinz, J., 1938; Lübbing, H., Oldenburgische
Landesgeschichte, 1953; Boy, H., Die Stadtlandschaft Oldenburg, 1954; Wietek,
G., Oldenburger Land, 1956; Hannemann, M., Der Landkreis Oldenburg, 1956;
Oldenburgische Städte, A1-5 Oldenburg, (in) Niedersächsischer Städteatlas, hg.
v. Lübbing, H./Harms, O., 1960-1968; Hanisch, W., Südoldenburg, 1962;
Knollmann, W., Das Verfassungsrecht der Stadt Oldenburg im 19. Jahrhundert,
1969; Last, M., Adel und Grafen in Oldenburg während des Mittelalters, 1969;
Hülle, W., Geschichte des höchsten Landesgerichts von Oldenburg (1573-1935),
1974; Seeber, E., Die Oldenburger Bauerbriefe. Untersuchungen zur bäuerlichen
Selbstverwaltung in der Grafschaft Oldenburg von 1518-1810, 1975; Historisches
Gemeindeverzeichnis für das Oldenburger Land, bearb. v. Raykowski, H., 1981;
Parteien und Wahlen in Oldenburg, hg. v. Günther, W., 1984; Rössler, L., Die
Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung im Großherzogtum Oldenburg, 1985;
Koolman, E., Oldenburgische Bibliographie (16. Jh.-1907), 1987; Geschichte des
Landes Oldenburg, hg. v. Eckhardt, A. u. a., 3. A. 1988; Hinrichs, E., Die
Wirtschaft des Landes Oldenburg in vorindustrieller Zeit, 1988; Die
Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst nach der Steuererhebung von 1744, hg. v.
Krüger, K., 1988; Hummerich, A., Historische Streifzüge durch das Ammerland,
1989; Friedl, H., Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg,
1992; Schmidt, H., Oldenburg, LexMA 6 1993, 1390; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 170;
Harms, H., Oldenburgische Kartographie, 2004; Pauly, M., Stammtafeln der
Großherzöge von Oldenburg und verwandter Fürstenhäuser in Europa, 2004;
Strauch, D., Birkenfeld, Lichtenberg, Meisenheim etc. (in) Engagierte
Verwaltung für die Wissenschaft, 2007, 487; Schmidt, H., Oldenburg 1108,
Oldenburger Jb. 107 (2007), 11ff. (Aldenburg 1108 auf eine Wallanlage in Drielake
bezogen?); Dee Gerichtsbarkeit wird ausgeübt durch Amtsgerichte - 150 Jahre
Amtsgerichte im Oldenburger Land, red. v. Welp, J., 2008; Steinwascher, G., Das
Haus Oldenburg, 2011.
Oldenburg-Wildeshausen (Grafen). Wildeshausen am Übergang einer
Straße von Westfalen nach Bremen über die Hunte wird 851 erstmals erwähnt
(Wigaldinghus). Graf Waltbert, Enkel des sächsischen Herzogs Widukind, gab den
Ort 872 an das von ihm dort gegründete Alexanderstift. Im 11. Jahrhundert
unterstand der Ort den Billungern, welche die Vogteirechte
um 1100 den Grafen von Oldenburg übertrugen, während die Welfen dem Domkapitel
von Bremen das Propsteigut überließen. Um 1150 gründete Graf Heinrich von
Oldenburg die Burg Wildeshausen. Eine der Linien der Grafen wurde in
Wildeshausen ansässig und verband mit ihrem Amt Wildeshausen vorübergehend die
Grafschaften Vlotho und Tecklenburg. Nach dem Aussterben der Grafen
1270/1335/1384 ergriff das Erzstift Bremen 1270 Besitz von Wildeshausen,
während andere Güter an die Grafen von Hoya fielen. W. zählte zum
niedersächsischen Reichskreis. Im Dreißigjährigen Krieg kam es an Schweden,
1700 an Hannover, 1803 mit 2,3 Quadratmeilen Gebiet an Oldenburg und 1946 mit
diesem zu Niedersachsen. S. Wildeshausen.
L.: Wallner 707 NiedersächsRK 25; Haase, C., Mittelalterliche Rechtsquellen der
Stadt Wildeshausen, 1953; 1270-1970. 700 Jahre Stadt Wildeshausen, hg. v.
Boning, H., 1970; Lübbing, H./Jäkel, W., Geschichte der Stadt Wildeshausen,
1970.
Oppurg (Herrschaft). 1074 gab Erzbischof Anno
von Köln unter aus Reichsgut stammenden Ländereien O. (Opult) bei Pössneck an
die Abtei Saalfeld. Über weitergegebene Vogteirechte
der Grafen von Schwarzburg und der Grafen von Orlamünde über die Abteigüter
erlangten die Ritter von Brandenstein die Herrschaft O. Da sie infolge
zahlreicher Erbteilungen und sonstiger Umstände im 17. Jahrhundert verarmten,
musste die Herrschaft 1672 an Graf Johann Albrecht von Ronow verkauft werden.
1703 kam sie an die Familie Einsiedel, 1745 an die Grafen Hoym, 1782 erbweise
an die Fürsten von Hohenlohe-Ingelfingen. Sie gehörte über die Markgrafschaft
Meißen Sachsens dem obersächsischen Reichskreis an. Über Thüringen (1920) fiel
O. von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik.
L.: Wolff 380; Wallner 708 ObersächsRK 2; Dedié, F., Oppurg und seine Besitzer
im Laufe der Jahrhunderte, 1939.
Osnabrück (Hochstift, Residenz). In O. an der Hase
wurde im Zuge der Christianisierung Sachsens vor 787 (780?, 785?) eine dem
Bistum Lüttich unterstehende Kirche und vor 803 (?) ein der Erzdiözese Köln
zugehöriges, 803 erstmals genanntes Bistum (Bischof Wiho) gegründet, das
zwischen Wiehengebirge und Teutoburger Wald von der Ems bis zur Hunte und von
Oldenburg bis zum Weserbergland reichte (Tecklenburg, Ravensburg, Niederstift
Münster) und das besonders durch den Streit mit Corvey und Herford um den
Zehnten (1068) und die hierfür erstellten Urkundenfälschungen hervortrat. 1236
gelang dem Bischof der Rückkauf der Vogtei über
das Kirchengut einschließlich der Stadt O. von den Grafen von Tecklenburg, die
seit etwa 1180 die Vogtei innegehabt hatten. Die
weltliche Herrschaft erlangten die Bischöfe vor allem im frühen 13. Jahrhundert
in der Umgebung Osnabrücks, im sog. Osnabrücker Nordland mit Fürstenau und
Bersenbrück sowie um Iburg und Wiedenbrück (Amt Reckenberg). Gegenüber dem
größten Umfang um 1250 traten Verluste des um 1400 in die Ämter Fürstenau,
Vörden, Hunteburg, Wittlage, Grönenberg (Grönenburg), Iburg und Reckenberg
gegliederten Hochstifts dadurch ein, dass das Niederstift Münster (1667) an
Münster fiel und Grafschaften unabhängig wurden. Die Stadt O. löste sich
teilweise aus der Herrschaft des Bischofs und konnte bis in das 17. Jahrhundert
ihre Stellung einer fast reichsunmittelbaren Stadt bewahren. Im Wesentlichen
verblieb dem Hochstift der südöstliche Teil der Diözese (Osnabrück,
Bersenbrück, Melle, Wittlage sowie die Exklave Reckenberg). 1543 führte der
Bischof eine lutherische Kirchenordnung ein, Residenz wurde Fürstenau. 1559
wurde die Diözese durch Zuweisung der Grafschaft Lingen an das Bistum Deventer
und 1667 durch Abtrennung der zum Niederstift Münster gehörigen Gebiete
verkleinert. Auf Grund des westfälischen Friedens wurden die Pfarreien des
Hochstifts 1650 auf die lutherische (20 Pfarreien) und die katholische (30
Pfarreien und 6 Klöster) Konfession verteilt. Im Hochstift, das zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählte, regierten seit 1648
abwechselnd ein katholischer Fürstbischof und ein lutherischer Prinz aus dem
Hause Braunschweig-Lüneburg. 1802/1803 fiel das Hochstift mit 56 Quadratmeilen
und 116000 Einwohnern an Hannover, das Bistum wurde aufgelöst, 1824/1857 in
größerem Umfang neu errichtet und 1929 Köln unterstellt. 1807 kam O. an das
Königreich Westphalen und am 10. 12. 1810 zu Frankreich. 1813/1815 fiel es
wieder an Hannover zurück (1823 Landdrostei O. einschließlich der ehemals münsterischen
Güter im Emsland, der Grafschaft Bentheim und der Niedergrafschaft Lingen). Mit
Hannover kam O. 1866 an Preußen, das 1885 einen Regierungsbezirk O. bildete.
Dieser ging 1946 im Land Niedersachsen auf. 1824 wurde erneut ein Bistum O.
eingerichtet, das 1929 Köln unterstellt wurde.
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Herrschaft, bäuerlicher Widerstand und territorialgeschichtliche Souveränität,
2011 (Freiheit Gesmold).
Österreich (Mark, Herzogtum, Kaisertum, Republik).
Das Gebiet zwischen mittlerer Donau und Alpen (sowie Inn und March bzw. Leitha)
wurde zunächst von Kelten, seit 29/15 v. Chr. von Römern (Noricum), seit dem 5.
Jahrhundert von durchziehenden Stämmen der Germanen, dann zumindest teilweise
von Slawen und spätestens seit dem 8. Jahrhundert von den 788 unter die
Herrschaft der Franken gelangten Bayern (um 660 im Wienerwald) beherrscht. Nach
dem Tod des bayerischen praefectus Gerold 799 wurde der Kern des späteren Ö.
(zwischen Enns und Wienerwald) als Mark eingerichtet, neben der es eine Mark
Oberpannonien gab. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts (881) wurden die
karolingischen Marken im Südosten von den Ungarn angegriffen und beseitigt
(907). Nach der Schlacht gegen die Ungarn auf dem Lechfeld (955) erscheint 970
erneut ein Markgraf im Südosten. 976 wird die Mark (Markgrafschaft) den
Babenbergern gegeben. In einer Urkunde Kaiser Ottos III. vom 1. 11. 996 für das
Hochstift Freising begegnet Ö. (Ostarrichi, 998 Ostarriche) erstmals als Name
für ein um Neuhofen an der Ybbs liegendes, nicht sicher bestimmbares Gebiet
(„Ostland“, Ostreich, Osten). Um die Mitte des 11. Jahrhunderts erreichte die
Mark Thaya und Leitha. Ab 1147 wurde die Mark auch als Austria bezeichnet.
Hauptort wurde zwischen 1141 und 1177 Wien. 1139 entzog der 1138 im Wettbewerb
mit dem welfischen Herzog der Bayern und Sachsen zum deutschen König gewählte
Staufer Konrad III. den übermächtigen Welfen (Heinrich dem Stolzen) das Herzogtum
der Bayern mit der Begründung, dass kein Herzog zwei Herzogtümer gleichzeitig
haben könne, und gab es als Lehen an seinen Stiefbruder, den babenbergischen
Markgrafen Leopold IV., der damit vom Grafen einer Mark zum Herzog des gesamten
Herzogtums (Stammesherzogtums) der Bayern aufstieg. Als sich der seinen Vater
Heinrich den Stolzen beerbende Welfe Heinrich der Löwe mit diesem Verlust nicht
abfinden wollte, gab sein um Ausgleich bemühter Vetter, Kaiser Friedrich I.
Barbarossa, 1156 das Herzogtum Bayern an die Welfen zurück (bis 1180), löste
aber im seit dem 19. Jahrhundert so genannten privilegium minus die Mark vom
Herzogtum Bayern und erhob sie zum eigenen, dadurch von Bayern getrennten
Herzogtum (Territorialherzogtum) Ö. (Weiberlehen), in dem der Herzog die
grundsätzlich oberste Gerichtsgewalt innehatte. 1180 wurde auch die
karantanische Mark ein Herzogtum (Steiermark). 1192 fiel durch Erbvertrag
(Georgenberger Handfeste) von 1186 das Herzogtum Steiermark von den Traungauern
(Otakaren) an die Babenberger. 1246 starben die Babenberger im Mannesstamm aus.
Der mit einer Erbtochter verheiratete Ottokar II. von Böhmen und Bela IV. von
Ungarn teilten sich 1254 das Erbe. Dabei gelangten Ö. und der Traungau an
Böhmen. Seit etwa dieser Zeit (1252/1254/1264) wurde von der provincia super
Anasum (Land ob der Enns) oder von der Austria superior gesprochen, von wo aus
es allmählich zur Benennung des Herzogtums Ö. als Land unter der Enns
(Niederösterreich) kam, obwohl beide Länder bis 1806 nur ein einheitliches Reichslehen
bildeten und weitgehend gemeinsame Wege gingen. Über diese beiden Länder hinaus
errang Ottokar II. von Böhmen 1260 die Steiermark sowie 1269 Kärnten und Krain,
nachdem schon 1192 und 1198 unter den Babenbergern eine Personalunion zwischen
Ö. und Steiermark bestanden hatte. Nach dem Sieg über Ottokar 1276/1278
belehnte König Rudolf von Habsburg 1282 seine Söhne mit Ö., das während des 13.
Jahrhunderts zwei eigene Landrechte erhielt, Steiermark und Krain, von denen
Krain aber bis 1335/1374 als Pfandschaft an die in Friaul, Istrien und Krain
sowie in Tirol (1248) begüterten Grafen von Görz kam, die auch das Herzogtum
Kärnten erhalten hatten. Von diesen übernahmen die Herzöge von Ö., die (durch
Rudolf IV.) 1358/1359 zwecks Angleichung ihrer minderen Rechtsstellung an
diejenige der Kurfürsten das im 19. Jahrhundert sog. privilegium maius als
Fälschung herstellen ließen und 1365 in Wien eine Universität gründeten, 1335
Kärnten, Teile Krains und der Windischen Mark, 1363/1364 Tirol, 1374 Istrien
und weitere Teile Krains sowie 1500 schließlich die vordere und hintere
Grafschaft Görz. Dazu kamen 1368 der Breisgau mit Freiburg sowie die
Reichslandvogtei in Schwaben und die Reichsgrafschaft Hohenberg, 1375
Herrschaften westlich des Arlbergs (Feldkirch, Bregenz), 1382 Triest und 1471
Sankt Veit/Pflaum (Fiume). 1379 wurden diese Gebiete zwischen Herzog Albrecht
III. (Ö. ob der Enns und Ö. unter der Enns, außer Pitten-Wiener Neustadt) und
seinem Bruder Leopold II. (übrige Länder Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Gebiete
vor dem Arlberg) geteilt. Die leopoldinische Linie wurde ab 1396 mehrmals
geteilt, wobei eigene Linien für Tirol (und das Gebiet westlich vor dem
Arlberg, Vorderösterreich) und die schwäbisch-alemannischen Herrschaften
entstanden. Albert VII. (als König [1438] Albrecht II.) erlangte als
Schwiegersohn und Erbe König Sigmunds dessen Güter und den Königsthron. Unter
Friedrich III. wurde infolge Anerkennung des gefälschten privilegium maius Ö.
Erzherzogtum bzw. Pfalzerzherzogtum. 1457 kam das albertinische Erbe an die
Leopoldiner, die aber im Westen (Schweiz), im Süden (Friaul) und vorübergehend
im Osten (Böhmen, Ungarn, 1485/1487-1490 Wien und Niederösterreich) Güter
verloren. Nach dem Aussterben der übrigen Linien vereinigte die leopoldinische
Linie unter Maximilian I. alle Herrschaften (einschließlich Burgunds mit rund
2000 Quadratmeilen), die nunmehr in ”niederösterreichische” Länder (Ö. ob der
Enns und Ö. unter der Enns, Steiermark, Kärnten, Krain) und
”oberösterreichische” Länder (Tirol, Vorderösterreich) eingeteilt wurden, mit
denen Württemberg (von 1519 bis 1534) und das 1477 erworbene Burgund in
Personalunion verbunden waren. Dazu kamen 1500 Görz, um 1505 als Gewinn aus dem
bayerischen Erbfolgekrieg die drei unterinntalischen Gerichte Rattenberg, Kufstein,
Kitzbühel, Landvogtei Hagenau und Ortenau (1551/1556 Lösung des Pfands
Fürstenbergs) sowie 1516 venetianische Gebiete (Ampezzo, Rovereto u. a.).
1519/1521/1522 fiel der Herrschaftskomplex dieses Hauses Ö. (Oberösterreich und
Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol, Vorderösterreich,
Württemberg), der im Wesentlichen den 1512 geschaffenen österreichischen
Reichskreis bildete, vertraglich (von Karl V.) an Ferdinand I. Dieser erwarb
gemäß dem Hausgrundsatz bella gerant alii, tu felix Austria nube (Mögen andere
Kriege führen, du, glückliches Ö., heirate) nach dem Tod des Königs von Ungarn
1526 das Königreich Böhmen mit seinen Nebenländern sowie einen Teil Ungarns.
1564 wurde dann weiter aufgeteilt in eine oberösterreichische Ländergruppe (mit
Tirol, Vorderösterreich) mit der Residenz Innsbruck, eine innerösterreichische
Ländergruppe (Steiermark, Kärnten, Krain) mit der Residenz in Graz sowie Ö. ob
der Enns und Ö. unter der Enns mit Böhmen und dem restlichen Ungarn und der
Residenz in Prag bzw. Wien. 1648 gingen das Elsass an Frankreich und die
Lausitz an Sachsen verloren. Mit dem Aussterben der jüngeren Tiroler Linie, die
in der oberösterreichischen Ländergruppe nachgefolgt war, kamen deren Güter
1665 an die innerösterreichische Linie. Ihr gelangen in den Türkenkriegen
1683-1699 und 1715-1718 erhebliche Erweiterungen (Ungarn, Siebenbürgen, Banat,
Kleine Walachei, Teile Serbiens mit Belgrad). Am Ende des um das Erbe der
spanischen Habsburger (Karl II. † 1. 11. 1700) geführten spanischen Erbfolgekriegs
erhielt Karl (VI.) 1713/1714 bei Verzicht auf Spanien, das an Philipp V. von
Frankreich fiel, die (Reste der) spanischen Niederlande, Mailand (mit den
Grafschaften Pavia und Angleria und den Markgrafschaften Castro und Malgrate),
Mantua, Mirandola, Neapel und Sardinien, das er 1720 gegen Sizilien, das an
Savoyen gefallen war, tauschte. 1735/1738 wurde Neapel-Sizilien gegen das 1748
zusammen mit dem 1729 eingezogenen Guastalla wieder verlorene Parma-Piacenza
ausgetauscht sowie das Herzogtum Lothringen, das Franz Stefan, der Gemahl Maria
Theresias, eingebracht hatte, gegen die Toskana, wobei die Niederlande, Ungarn,
Siebenbürgen, die Militärgrenzbezirke sowie die ab 1713 in Italien erworbenen
Gebiete (beansprucht u. a. Mailand, Generalvikariat Siena, Finale, Piombino mit
Elba, Correggio) nicht dem Heiligen Römischen Reich angehörten. 1713 erhielt
die sog. monarchische Union in der Pragmatischen Sanktion erstmals ein
Grundgesetz, das die unteilbare Einheit (unio indivisibilis et inseparabilis),
die Primogeniturnachfolge und die subsidiäre weibliche Erbfolge festschrieb.
Erster gemeinsamer Landesfürst war Karls VI. Tochter Maria Theresia
(1740-1780), unter der als Auswirkung des Absolutismus das Behördenwesen in der
Form sachlich gegliederter Zentralbehörden reformiert wurde, zugleich aber im
schlesischen Erbfolgekrieg Schlesien mit Ausnahme Jägerndorf-Teschens an
Preußen verloren ging. Unter ihren Nachfolgern, Joseph II. und Leopold II.,
wurde aus der monarchischen Union, die vor allem als Folge der Aufteilung
Polens 1772 um Ostgalizien mit Lodomerien, 1775 um die Bukowina, 1779 um das
Innviertel und 1795 um Westgalizien erweitert wurde, ein Staat im Sinne des
aufgeklärten Absolutismus, in dem bisher von den Ländern ausgeübte
Hoheitsrechte der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung auf
Zentralbehörden übergingen. Folgerichtig entstanden ein einheitliches
Strafgesetzbuch (1787) und ein für die deutschen Erbländer gültiges Allgemeines
Bürgerliches Gesetzbuch (1811). 1804 erhielt der Staat nach dem Vorbild
Frankreichs auch durch die Annahme des Titels eines erblichen Kaisers von Ö.
einen einheitlichen, in seinem Umfang aber bis 1867 nicht ganz klaren Namen.
Infolge der Kriege mit Frankreich gingen 1797 die (verbliebenen)
österreichischen Niederlande und die Lombardei verloren, doch wurden von der
1797 durch Frankreich aufgelösten Republik Venedig Venetien, das istrianische
Küstenland und Dalmatien erworben. Im § 1 des Reichsdeputationshauptschlusses
vom 25. 2. 1803 erhielt Ö. für die Abtretung der Landvogtei Ortenau die
Bistümer Trient und Brixen und die in beiden Bistümern gelegenen Kapitel,
Abteien und Klöster. Weiteres kam an Toskana und Modena. 1805 musste auf
Venetien, das istrianische Küstenland und Dalmatien bzw. Vorderösterreich und
Tirol (zu Bayern) verzichtet werden, doch konnte das 1803 an Toskana gelangte
Erzstift Salzburg mit Berchtesgaden eingegliedert werden. 1809 mussten
Salzburg, Westgalizien, Teile Österreichs ob der Enns und Kärntens, Krain und
das Küstenland mit Triest abgegeben werden. 1815 wurde dann der Stand von 1797
mit Ausnahme der Niederlande, Vorderösterreichs und Westgaliziens
wiederhergestellt. Zugleich begann die Mitgliedschaft Österreichs mit seinen
ehemaligen Reichsländern im Deutschen Bund als Präsidialmacht. 1816 wurde von Bayern
gegen Marktredwitz Vils im Außerfern gewonnen. Im Gefolge der Unruhen von 1848
erhielt Ö. am 25. 4. 1848 eine vom Kaiser durch Oktroi in Kraft gesetzte
Verfassung, die abgelehnt und am 31. 12. 1851 unter Rückkehr zum Absolutismus
(Neoabsolutismus) wieder aufgehoben wurde. Nach § 1 der österreichischen
oktroyierten Verfassung vom 4. 3. 1849 bestand zu dieser Zeit das Kaisertum Ö.
aus folgenden Kronländern: Erzherzogtum Ö. ob der Enns, Ö. unter der Enns,
Herzogtum Salzburg, Herzogtum Steiermark, Königreich Illyrien (Herzogtum
Kärnten, Herzogtum Krain, gefürstete Grafschaft Görz und Gradisca [Gradiska],
Markgrafschaft Istrien und Stadt Triest mit ihrem Gebiet), gefürstete
Grafschaft Tirol und Vorarlberg, Königreich Böhmen, Markgrafschaft Mähren,
Herzogtum Oberschlesien und Niederschlesien (Schlesien), (Königreich Galizien
und Lodomerien [mit den Herzogtümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogtum
Krakau], Herzogtum Bukowina, Königreich Dalmatien, Kroatien, Slawonien, Ungarn,
Großfürstentum Siebenbürgen, Militärgrenzbezirke, lombardisch-venetianisches
Königreich (lombardo-venezianisches Königreich), wobei nach dem 5. 3. 1860
diese strikte Terminologie zugunsten von Königreichen und Ländern aufgegeben
wurde. 1859 ging infolge der Niederlage gegen Sardinien und Frankreich die
Lombardei an Sardinien (1861 Italien) verloren. 1861 wurde erneut eine wenig
eindrucksvolle Verfassung geschaffen. 1866 fiel infolge der Niederlage gegen
Preußen und Italien Venetien an das 1861 aus Sardinien neu entstandene Italien.
Außerdem musste Ö. der Auflösung des Deutschen Bundes und der Begründung des
Norddeutschen Bundes zustimmen. 1867 mussten im sog. Ausgleich Ungarn besondere
Rechte zugestanden werden, so dass aus dem Kaisertum Ö. die
österreichisch-ungarische Doppelmonarchie (Transleithanien und Zisleithanien,
seit 1915 Ungarn und Ö.) erwuchs. Da Ungarn seit 1848 eine Verfassung hatte,
führte dies im Dezember 1867 zugleich in Erweiterung der Reichsverfassung von
1861 zu einer konstitutionellen Verfassung. Die weitere Entwicklung wurde von
den Nationalitätenproblemen bestimmt. Die sich aus der fehlenden
Übereinstimmung von Staat und Nation ergebenden Spannungen verschärften sich
durch die Okkupation (1878) und die Annexion (1908) Bosniens und der
Herzegowina aus dem zuvor osmanisch-türkischen Herrschaftsbereich. Sie führten
schließlich in den durch das Attentat auf den österreichischen Thronfolger
Franz Ferdinand (Sarajewo 18. 6. 1914) ausgelösten ersten Weltkrieg. Nach der
militärischen Niederlage und nach dem missglückten Versuch der Umwandlung
Zisleithaniens in einen Nationalitätenstaat (17. 10. 1918) verzichtete der
Kaiser von Ö. am 11. 11. 1918 auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Schon
zuvor hatten sich nichtdeutsche nationale Bestandteile von Ö. abgelöst
(Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien). Neben Tschechen, Südslawen und
Ukrainern begründeten am 21. 10. 1918 auch die deutschen Abgeordneten des
Reichsrates als provisorische Nationalversammlung den eigenen Staat
Deutschösterreich (Deutsch-Österreich), in den die deutschen Siedlungsgebiete
Österreich-Ungarns einbezogen werden sollten, dem Deutsch-Böhmen, Sudetenland,
Südtirol sowie kleinere Teile Kärntens und Deutsch-Westungarns aber verloren
gingen und der auf Druck der nichtdeutschen Mächte auf die Verbindung mit dem Deutschen
Reich verzichten und den Namen Ö. annehmen musste. Am 1. 10. 1920 erhielt die
neue Republik Ö. eine Verfassung. 1933/1934 kam es in ihr zu einem
schrittweisen Staatsstreich durch das Kabinett Dollfuß, das am 1. 5. 1934 eine
neue Verfassung (ständischer Bundesstaat) erließ, und am 11. 3. 1938 zum 1918
von den Alliierten verwehrten, von dem in Braunau am Inn in Oberösterreich
geborenen deutschen Reichskanzler Adolf Hitler ultimativ geforderten Anschluss
an das Deutsche Reich, dem in einer Volksabstimmung vom 10. 4. 1938 99,73% der
Österreicher zustimmten. Durch das Ostmarkgesetz vom 14.4.1939 wurde Ö. bis
1945 in die sieben Reichsgaue Wien, Kärnten, Niederdonau, Oberdonau, Salzburg,
Steiermark und Tirol gegliedert. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde Ö.
wiederhergestellt und wurde durch Verfassungsüberleitungsgesetz vom 1. 5. 1945
am 19. 12. 1945 die Verfassung von 1920 wieder in Kraft gesetzt. 1955 endete
mit dem Abschluss eines Staatsvertrages (15. 5. 1955) mit den alliierten
Siegermächten gegen Zusicherung der Neutralität die Besatzungszeit.
Wirtschaftlich an Deutschland orientiert trat Ö. unter äußerlicher Wahrung der
Neutralität zum 1. 1. 1995 der Europäischen Union bei. S. a. Habsburg,
Ostarrihhi II.
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in 10 Bänden, hg. v. Wolfram, H., 1994ff.; Brunner, K., Österreichiche
Geschichte 907-1156, 1994; Wolfram, H., Salzburg, Bayern, Österreich, 1996;
Dopsch, H., Die Länder und das Reich, 1999; Österreichische Wirtschafts- und
Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Eigner, P. u. a., 1999;
Wiesflecker, H., Österreich im Zeitalter Maximilians I., 1999; Scheuch, M.,
Österreich im 20. Jahrhundert, 2000; Brauneder, W., Deutschösterreich 1918,
2000; Urban, O., Der lange Weg zur Geschichte, 2000; Vocelka, K., Geschichte
Österreichs, 2000; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 846; Kulenkampff, A., Österreich und das alte Reich,
2005; Beller, S., Geschichte Österreichs, 2007; Die Geburt Österreichs, hg. v.
Schmid, P. u. a., 2007.
Osterspai (reichsritterschaftliche Herrschaft). In
O. südöstlich von Koblenz hatte im 10. Jahrhundert das Kloster Oeren in Trier
Güter, daneben das Stift Sankt Kunibert in Köln und Sankt Florin in Koblenz.
1227 hatten die Herren von Isenburg die Vogtei
O. Sie kam erbweise über das Haus Bolanden an Graf Heinrich von
Sponheim-Dannenfels, der 1294 und 1295 je eine Hälfte als Lehen Triers an die
Sterrenberg verkaufte. Von 1470 bis 1631 hatten die Liebenstein drei Viertel
und Nassau-Saarbrücken ein Viertel von O. 1637 kam das Lehen an die Waldenburg
gen. Schenkern, 1793 an die ritterschaftlichen Freiherren von Preuschen. 1806
fiel O. an Nassau, 1866 an Preußen (Hessen-Nassau) und 1946 an Rheinland-Pfalz.
L.: Geschichtlicher Atlas von Hessen, Karte 18.
Ottobeuren (Abtei, Reichsstift). Das
Benediktinerkloster O. südöstlich Memmingens wurde vielleicht 764 als
Familienstiftung begründet. Durch Kaiser Otto I. wurde das Stift 972 von allen
Reichslasten befreit. 1152 wurde es unter den Schutz des Papstes gestellt. 1299
wurde der Abt Reichsfürst, verlor diesen Rang aber im 15. Jahrhundert, nachdem
1356 das Hochstift Augsburg die Vogtei erworben
hatte. 1626 verzichtete der Bischof von Augsburg auf Grund eines Spruches des
Reichskammergerichts von 1624 auf seine Ansprüche und veräußerte 1710 die noch
verbliebenen Schirmgerechtigkeiten an den Abt, der zwar dem Reichsfürstenrat
angehörte, aber weder beim schwäbischen Reichskreis noch im schwäbischen
Reichsprälatenkollegium Sitz und Stimme hatte. 1802/1803 kam O. mit einem
weitgehend geschlossenen Stiftsgebiet (3,3 Quadratmeilen, 12000 Einwohner) und
Anteilen an den Herrschaften Stein, Ronsberg und Erkheim an Bayern.
L.: Wolff 227; Wallner 687 SchwäbRK 38; Großer Historischer Weltatlas III 38
(1789) D4; Schwarzmaier, H., Königtum, Adel und Klöster im Gebiet zwischen
oberer Iller und Lech, 1961; Ottobeuren 764-1964, 1964; Kolb, Ä./Tüchle, H.,
Ottobeuren, Festschrift, 1964; Blickle, P., Memmingen, 1967, (in) Historischer
Atlas von Bayern, Teil Schwaben; Ottobeuren, hg. v. Kolb, A., 1986; Die
Urkunden des Reichsstiftes Ottobeuren 764-1460, bearb. v. Hoffmann, H., 1991;
Sreenivasan, G., The Peasants of Ottobeuren 1487-1726, 2004; Faust, U., Zur
Reichsunmittelbarkeit Ottobeurens und Buxheims (in) Suevia Sacra, hg. v.
Liebhart, W. u. a. 2001.
Paderborn (Hochstift, Fürststift, Residenz). An
den mehr als 200 Quellen der Pader am Eggegebirge befand sich (neben
Keramikscherben wohl des 4. Jh.s in einer Schwemmsandschicht des westlichen
Kirchenvorplatzes der späteren Klosterkirche Abdinghof) eine sächsische
Siedlung, die nach ihrer Eroberung durch König Karl den Großen seit 777 Ort
mehrerer Reichstage war. Um 800 (799?, 806?) wurde der ursprünglich Würzburger
Missionsstützpunkt (beim Zusammentreffen von Karl dem Großen und Papst Leo III.
799) zum Bischofssitz (Bischof Hathumar 806-815) erhoben. Das Bistum wurde der
Kirchenprovinz Mainz zugeordnet. Dem bedeutenden Bischof Meinwerk (1009-1036) gelang
der Erwerb fast aller Grafenrechte in der sich von der Diemel bis zur Werre
längs der Weser erstreckenden Diözese (spätere Gebiete von Lippe, Waldeck,
Ravensberg, Hessen und Braunschweig). Danach standen die Welfen und die
Erzbischöfe von Köln weiteren Erwerbungen im Wege. Im 14. Jahrhundert wurden
Teile der Grafschaften Everstein und Schwalenberg (1325/1358) sowie der
Herrschaft Büren (1335/1660) gewonnen, doch blieb das (um Brakel und die
Grafschaft Dringen erweiterte) weltliche Herrschaftsgebiet um P. (Büren,
Warburg und Höxter) insgesamt bescheiden. Der Übergang zum Luthertum durch
Bischof Erich von Braunschweig-Grubenhagen (1508/1532) wurde 1601-1604
rückgängig gemacht, doch verlor das Bistum in der Reformationszeit die
Grafschaft Ravensberg und weitgehend alle Gebiete rechts der Weser. 1614
gründete der die Gegenreformation erfolgreich als Kampf um die Landesherrschaft
verwendende Bischof (Dietrich von Fürstenberg) eine bis 1844 bestehende
Universität in P. 1802/1803 fiel das zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis zählende Hochstift mit 54 Quadratmeilen, 96000 Einwohnern, 23
Städten und 150 Dörfern (Ämter Schloss Neuhaus, Delbrück, Boke [Böke],
Lichtenau, Wewelsburg [Wevelsburg], Wünnenberg [sogenannter vorwaldischer oder
unterwaldischer Distrikt] und der oberwaldische Distrikt mit dem Oberamt
Dringenberg, der Frei- und Gaugrafschaft Warburg, der Gaugrafschaft Brakel, der
Landvogtei Peckelsheim, den Städten und Richtereien Borgentreich [Borgentrick],
Borgholz [Borchholz], Nieheim [Neheim], der Vogtei
Driburg, den Ämtern Steinheim, Beverungen, Lügde [Lüdge], [gemeinsam mit
Lippe], die Ämter Oldenburg, Stoppelberg [Stapelberg], Schwalenberg, die
Gerichte Hagedorn [Hagendorf] und Ottenhausen [Odenhausen] und die Propstei
Sankt Jakobsberg, die dem Domkapitel gehörigen Städte Lippspringe und
Bredenborn und das adlige Gericht Holzhausen und Erwitzen) an Preußen. Von 1807
bis 1813 wurde es vorübergehend in das Königreich Westphalen einbezogen. 1946
kam es von Preußen (Provinz Westfalen) an Nordrhein-Westfalen. Das Bistum wurde
1821 um Minden, Halberstadt, Magdeburg, Merseburg und Naumburg vergrößert und
der Erzdiözese Köln unterstellt sowie 1929 zum Erzbistum mit den Diözesen
Hildesheim und Fulda erhoben. 1992/1994 wurden Erfurt, Fulda und Magdeburg Diözesen.
L.: Wolff 325; Zeumer 552 II a 15; Wallner 702 WestfälRK 6; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3; Richtering,
H./Kittel, F., Westfalen-Lippe, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Die Territorien des Reichs 3, 148; Bauer 1, 451; Bessen, G., Geschichte des
Bistums Paderborn, Bd. 1f. 1820; Holscher, L., Die ältere Diözese Paderborn
nach ihren Grenzen, 1886; Rechter, W., Geschichte der Stadt Paderborn, 1889ff.;
Tenckhoff, F., Die Paderborner Bischöfe von Hathumar bis Rethar, 1900; Schultz,
F., Beiträge zur Geschichte der Landeshoheit im Bistum Paderborn bis zur Mitte
des 14. Jahrhunderts, 1903; Aubin, H., Die Verwaltungsorganisation des
Fürstbistums Paderborn im Mittelalter, 1911; Deppe, H., Die Paderbornschen
Besitzungen in Südhannover, Westfäl. Zs. 90/2 (1934), 171ff.; Die Erzdiözese
Paderborn, 1930; Jacobs, F., Die Paderborner Landstände im 17. und 18.
Jahrhundert, 1937; Klasen, T., Die territorialen Beziehungen zwischen Paderborn
und Köln im Mittelalter, Diss. phil. Münster 1940; Schoppe, K., Das
karolingische Paderborn, 1967; Schoppmeyer, H., Der Bischof von Paderborn und
seine Städte, 1968; Leesch, W. u. a., Heimatchronik des Kreises Paderborn,
1970; Winkelmann, W., Die Königspfalz und die Bischofspfalz des 11. und 12.
Jahrhunderts in Paderborn, Frühmittelalterliche Studien 4 (1970), 398ff.;
Paderborn, hg. v. Spörhase, R. u. a., 1972; Heggen, Staat und Wirtschaft im
Fürstentum Paderborn im 18. Jahrhundert, 1978; Westfälisches Urkundenbuch, Bd.
(1, 2, 4, 5, 1,) 9: Die Urkunden des Bistums Paderborn 1301-1325, bearb. v.
Prinz, J., Lief. 3 1982; Schoppmeyer, H., Die Entstehung der Landstände im
Hochstift Paderborn, Westf. Zs. 136, (1986); Meier, G., Die Bischöfe von
Paderborn und ihr Bistum im Hochmittelalter, 1987; Brandt, H. u. a., Das
Erzbistum Paderborn, 1989; Schoppmeyer, H., Paderborn, LexMA 6 1993, 1613;
Paderborn, hg. v. Jarnut, J., 1999; Paderborn, hg. v. Göttmann, F. u. a., Bd.
1ff. 1999; Splendor palatii, hg. v. Fenske, L. u. a., 2002; Brandt, H. u. a.,
Das Bistum Paderborn im Mittelalter, 2002; Lotterer, J., Gegenreformation als
Kampf um die Landesherrschaft, 2003; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 587, 1, 2, 439;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 427, 2, 484.
Pfalz (Pfalzgrafschaft bei Rhein,
Kurfürstentum, Regierungsbezirk, Landesteil). Die P. (Kurpfalz, Rheinpfalz,
untere Pfalz) entstand durch die Verlagerung der wohl spätestens im 10.
Jahrhundert entstandenen, fränkischen Pfalzgrafschaft Lothringen vom Niederrhein
(Aachen, Köln, mit Gütern bei Bacharach und Vogteirechten
über Trier und Jülich) über die Mosel zum Mittelrhein und Oberrhein. 1093 wird
Heinrich von Laach, der dritte Gatte der Witwe (Adelheid von Orlamünde) des
letzten lothringischen Pfalzgrafen aus dem Haus der Hezeliniden (Hermann), nach
kaiserlicher Übertragung des Pfalzgrafenamtes (1085) als comes palatinus Rheni
(Pfalzgrafschaft bei Rhein) erstmals genannt. Mit dieser an wechselnde Familien
gelangten Pfalzgrafschaft belehnte 1155/1156 Kaiser Friedrich I. Barbarossa
seinen Stiefbruder Konrad von Staufen und erhob ihn zum Reichsfürsten. Zur
Pfalzgrafschaft kamen Hausgut, Lehnsrechte und Vogteirechte
über Speyer, Worms und Lorsch sowie zunächst auch Trier. 1195 fiel die P. über
Konrads Tochter Agnes vorübergehend an die Welfen. 1214 übertrug sie König
Friedrich II. nach dem kinderlosen Tod des Welfen Heinrich des Jüngeren (1213)
an Ludwig I. von Bayern, dessen Sohn (Otto II.) über die welfische Erbtochter
Agnes auch die Eigengüter der Pfalzgrafen erwarb. (Pforzheim gelangte über eine
weitere Erbtochter an Baden.) Schwerpunkte des Gutes waren Bacharach (12./13.
Jahrhundert) und Alzey (1214 vom König erhalten). Vom Bischof von Speyer nahm
der Pfalzgraf Neustadt, vom Bischof von Worms Heidelberg (1225) zu Lehen.
Weiter erlangte er die Herrschaft über die Klöster Schönau und Otterberg.
Andere Güter wurden nach der Aufhebung Lorschs (1232) 1247/1344 gewonnen. 1255
kamen durch Teilung Oberbayern (westliche Teile mit München) und die P. an
Herzog Ludwig von Bayern, während Niederbayern mit Landshut an Heinrich XIII.
fiel. 1266/1268 wurden die staufischen Güter um Sulzbach, 1277/1289 Kaub mit
dem dortigen Rheinzoll erworben. Ludwig II. war somit angesehenster Reichsfürst
und wirkte bereits 1257 als Kurfürst mit. 1329 bestimmte der wittelsbachische
Hausvertrag von Pavia die Trennung der (unteren) P. und der oberen P. im
bayerischen Nordgau (Oberpfalz) zwischen Regensburg und Fichtelgebirge, die der
älteren pfälzischen Linie zugesprochen wurden, von Bayern, das an die jüngere
bayerische Hauptlinie kam, wobei die Kurwürde zwischen P. und Bayern wechseln
sollte, was die Goldene Bulle 1356 zugunsten der P. aufhob. Unter Kurfürst
Ruprecht I. gewann die Pfalz, die 1329 die Pfandschaft der Stadt Mosbach (1330
Mosbach, Eberbach, Sinsheim, Neckargemünd, Germersheim, Annweiler, Trifels)
erlangt hatte, unter anderem 1349 Bretten, 1354 Simmern, 1375 Ingelheim,
Kaiserslautern, Odernheim, Nierstein und Oppenheim sowie 1385 die Grafschaft
Zweibrücken mit Bergzabern, gab aber 1355 Teile der Oberpfalz für einige Zeit
an Böhmen (Neuböhmen). 1386 wurde die Universität Heidelberg gegründet.
Ruprecht II. strebte in der sog. Rupertinischen Konstitution die Unteilbarkeit
der Pfalz an. Nach dem Tod des 1400 zum König gewählten Ruprecht III. (1410),
der die an Böhmen gegebenen Teile der Oberpfalz zurückgewann und die
Grafschaften Kirchberg am Hunsrück sowie (die Vordere Grafschaft) Sponheim (zu
einem Fünftel) und die Reichsvogtei im Elsass (1408) erlangte, wurde die P. in
die vier Linien Kurpfalz (Heidelberg, Amberg, Nabburg), Pfalz-Neumarkt
(restliche Oberpfalz), Pfalz-Simmern (bzw. Pfalz-Zweibrücken-Simmern) (bis
1685) mit der Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken (bis 1731) und Pfalz-Mosbach
geteilt. Von diesen Linien starb die Linie Pfalz-Neumarkt (Oberpfalz) 1443 aus
und wurde von Pfalz-Mosbach und Pfalz-Simmern beerbt. 1499 erlosch die Linie
Pfalz-Mosbach und wurde von der Kurpfalz beerbt. Unter Friedrich I. (1449-1476)
wurde die Vormacht der P. am Oberrhein (Erwerb der Reichsgrafschaft Lützelstein
[1492] und Rappolstein, der Reichslandvogtei Hagenau, von Bischweiler, Selz,
Kleeburg und Gebieten an Nahe und Bergstraße [1462], der Grafschaft Löwenstein
[1461/1464]) begründet und die Kurpfalz modern organisiert. 1503 gingen im
bayerischen Erbfolgekrieg die Güter im Elsass an Habsburg, die Grafschaft
Löwenstein an Württemberg und Lauf, Hersbruck und Altdorf an Nürnberg verloren,
doch wurde die neue Linie Pfalz-Neuburg 1508 noch mit Gütern Bayern-Landshuts
ausgestattet. 1556 führte Otto Heinrich (Ottheinrich) die Reformation in seinem
sehr zersplitterten Herrschaftsgebiet ein. 1559 starb mit Ottheinrich von
Pfalz-Neuburg die alte Linie Kurpfalz aus und wurde (1556) in Pfalz-Neuburg von
Pfalz-Zweibrücken (Wolfgang) und in den Kurlanden von Pfalz-Simmern (Friedrich
III.) als mittlerer Kurlinie beerbt. Der neue Kurfürst führte dort sofort den
Calvinismus ein. Infolge der Wahl zum König des aufständischen Böhmen (1619)
verlor Friedrich V. Land und Kurwürde 1623 an Herzog Maximilian von Bayern,
wobei weitere Güter an Habsburg und Hessen-Darmstadt kamen. Friedrichs Sohn
erhielt 1648 die P. und eine neue achte Kurwürde, während die Oberpfalz und die
alte Kurwürde bei Bayern verblieben. 1685 erlosch die Linie Pfalz-Simmern. Ihr
folgte die aus Pfalz-Zweibrücken hervorgegangene katholische Linie
Pfalz-Neuburg. Da auch König Ludwig XIV. von Frankreich für die Frau seines
Bruders, Liselotte von der P., Erbansprüche auf Simmern, Kaiserslautern,
Germersheim und Sponheim erhob, kam es zum pfälzischen Erbfolgekrieg (1688/1697)
und der Verwüstung der Pfalz (1697) durch Frankreich, das Straßburg und
Saarlouis behielt, Lothringen aber verlor. Pfalz-Neuburg vermochte sich - mit
Ausnahme Germersheims - zu behaupten. Vorübergehend wurden die alten Kurrechte
und die Oberpfalz zurückgewonnen. Zeitweise gehörte die P. dem Kanton Odenwald
des Ritterkreises Franken an. 1720 wurde die Residenz von Heidelberg nach
Mannheim verlegt und zwischen 1743 und 1748 eine Sommerresidenz in dem 1200
erlangten Schwetzingen eingerichtet. 1742 erlosch die Linie Pfalz-Neuburg. Sie
wurde von Karl Theodor aus der Linie Pfalz-Sulzbach beerbt, der durch Tausch
die Herrschaften Zwingenberg und Ebernburg erlangte und zur Finanzierung seiner
Hofhaltung die Industrie förderte. Wegen Udenheim gehörte unter ihm die P. seit
1788 zum Kanton Oberrheinstrom des Ritterkreises Rhein. 1777 fiel ihm Bayern
an. Als Folge hiervon wurde der Hof von Mannheim 1778 nach München verlegt. Der
Versuch, Bayern gegen die habsburgischen Niederlande an Österreich abzugeben,
scheiterte 1778/1779 und 1784/1785 an dem Widerstand Preußens. Am Ende seines
Bestehens umfasste das niemals geschlossene, in bunter Gemengelage mit anderen
Herrschaften liegende, von Germersheim bis Bacharach und von Kaiserslautern bis
Mosbach reichende Gebiet der zum kurrheinischen Reichskreis zählenden P. 8200
Quadratkilometer (bzw. 76 Quadratmeilen) mit rund 300000 Einwohnern. 1801
musste Maximilian I. Joseph aus der 1799 erbenden Linie
Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld die Abtretung der linksrheinischen, seit 1792 besetzten
Gebiete an Frankreich (Departement Donnersberg) anerkennen. Das
rechtsrheinische Gebiet wurde 1803 an Baden, Hessen-Darmstadt, Nassau-Usingen
(Nassau) und Leiningen verteilt. 1815 kamen die linksrheinischen Teile von
Frankreich zurück und fielen 1816 weitgehend und um Gebiete Sickingens,
Nassaus, von der Leyens, Leiningens usw. erweitert als Ersatz für Salzburg,
Innviertel und Hausruckviertel an Bayern, im Übrigen an Hessen und Preußen. Der
bayerische Teil bildete zunächst die königlich bayerischen Lande am Rhein, seit
1836 den bayerischen, von Speyer aus verwalteten Regierungsbezirk P. (seit 1838
Rheinpfalz). Von Dezember 1918 bis Juni 1930 war die Pfalz von Frankreich
besetzt. (1919 bzw.) 1920 gelangten Teile der Westpfalz (Homburg, Sankt
Ingbert, Blieskastel, insgesamt 418 Quadratkilometer mit 100000 Einwohnern) zum
Saargebiet. Bereits 1940 wurde die P. aus der Verwaltung Bayerns gelöst und kam
nicht mehr zurück. 1945 gehörte die P. zur französischen Besatzungszone und
wurde 1946 wie Rheinhessen und Koblenz-Trier Teil des Landes Rheinland-Pfalz,
wobei sie bis 1968 eigener Regierungsbezirk war (seit 1968 Rheinhessen-Pfalz).
L.: Wolff 88; Zeumer 552 I 5; Wallner 699 KurrheinRK 4; Großer Historischer
Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, II 66 (1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38
(1789) C3; Winkelmann-Holzapfel 158; Riedenauer 129; Neumaier 49f., 125, 127,
140; Haselier, G./Sante, G., Die Pfalz - Das Saarland, (in) Geschichte der
deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 8; Tolner, C., Codex
diplomaticus palatinus, 1700; Widder, J., Versuch einer vollständigen
geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz am Rheine,
1786ff.; Frey, M., Versuch einer geographisch-historisch-statistischen
Beschreibung des königlich baierischen Rheinkreises, Bd. 1ff. 1836ff.; Häusser,
L., Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. 1f. 1845, 2. A. 1856, Neudruck 1970;
Koch, A. u. a., Regesten der Pfalzgrafen am Rhein, Bd. 1f. 1894ff.; Haberle,
D., Pfälzische Bibliographie, Bd. 1ff. 1907ff.; Schreibmüller, H., Bayern und
Pfalz 1816-1916, 1916; Raumer, K. v., Die Zerstörung der Pfalz 1689, 1930;
Pfälzischer Geschichtsatlas, hg. v. Winkler, W., 1935; Stamer, C.,
Kirchengeschichte der Pfalz, Bd. 1ff. 1936ff.; Zimmermann, F., Die Weistümer
und der Ausbau der Landeshoheit in der Kurpfalz, 1937; Gerstner, R., Die
Geschichte der lothringischen und rheinischen Pfalzgrafschaft von ihren
Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums Pfalz, 1941; Christmann, E.,
Die Siedlungsnamen der Pfalz, Bd. 1ff. 1952ff.; Schütze, C., Die territoriale
Entwicklung der rheinischen Pfalz im 14. Jh., Diss. phil. Heidelberg 1955;
Vogt, W., Untersuchungen zur Geschichte der Stadt Kreuznach und der
benachbarten Territorien im frühen und hohen Mittelalter, 1956; Böhm, G. F.,
Beiträge zur Territorialgeschichte des Landkreises Alzey, 1956; Weizsäcker, W.,
Pfälzische Weistümer, 1957ff.; Trautz, F., Die Pfalz am Rhein in der deutschen
Geschichte, 1959; Karst, T., Das kurpfälzische Oberamt Neustadt an der Haardt,
1960; Schmidt, H., Die Kurpfalz unter den Kurfürsten der Häuser Neuburg und
Sulzbach 1665-1799, (in) Mannheimer Hefte 1962; Hess-Gotthold, J., Hausmacht
und Politik Friedrich Barbarossas im Raume des heutigen Pfälzer Waldes, 1962;
Pfalzatlas, hg. v. Alter, W., 1963ff. (u. a. Schaab, M./Moraw, P., Territoriale
Entwicklung der Kurpfalz von 1156-1792); Cohn, H., The Government of the Rhine
Palatinate in the 15th century, 1965; Territorialverhältnisse der Gemeinden in
Rheinland-Pfalz von 1789 bis zur Bildung des Landes, Statistik von Rheinland-Pfalz
172 (1967); Haas, R., Die Pfalz am Rhein, 1967, 2. A. 1968; Weiden, A. v. d.,
Erste Landesaufnahme in unserem Landesgebiet und Veröffentlichung des danach
gefertigten topographischen Kartenwerks aus den Jahren 1804-1820,
Nachrichtenblatt der Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz 12
(1969); Press, V., Calvinismus und Territorialstaat. Regierung und
Zentralbehörden der Kurpfalz 1559-1619, 1970; Topographische Aufnahme
pfälzischer Gebiete durch Offiziere des kgl. bayerischen Generalstabes 1836-1837,
hg. v. Landesvermessungsamt des Saarlandes, 1973-197474; Spieß, K., Lehnsrecht,
Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafschaft bei Rhein im
Spätmittelalter, 1978; Spieß, K., Das älteste Lehnsbuch der Pfalzgrafen bei
Rhein vom Jahr 1401, 1981; Haas, R./Probst, H., Die Pfalz am Rhein, 4. A. 1984;
Moersch, K., Geschichte der Pfalz, 1987; Schaab, M., Geschichte der Kurpfalz,
Bd. 1f. (Mittelalter) 1988ff.; Hesse, W., Hier Wittelsbach, hier Pfalz. Die
Geschichte der pfälzischen Wittelsbacher von 1214 bis 1803, 1989; Handbuch der
baden-württembergischen Geschichte, hg. v. d. Komm.f. gesch. Landeskunde in
Baden-Württemberg, Bd. 1ff. 1990ff.; Maier, F., Die baierische Unterpfalz,
1990; Heimann, H., Hausordnung und Staatsbildung, 1993; Schaab, M., Pfalzgrafschaft
bei Rhein, LexMA 6 1993, 2013; Kurpfalz, hg. v. Schweickert, A., 1997;
Ausgewählte Urkunden zur Territorialgeschichte der Kurpfalz 1156-1505, hg. v.
Schaab, M., 1998; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, hg. v.
Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Die Pfalz im 20. Jahrhundert, hg. v.
Schwarzmüller, T. u. a., 1999; … so geht hervor’ ein neue Zeit, hg. v. Kohnle,
A. u. a, 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 440; Kohnle, A., Kleine Geschichte der Kurpfalz, 2005;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 497; Reinhardt, C., Fürstliche
Autorität versus städtische Autonomie, 2012; Peltzer, J., Der Rang der
Pfalzgrafen bei Rhein, 2013; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter,
Grafen und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 156.
Philippsthal (Schloss, Herrschaft). In P. an der Werra wurde vermutlich kurz vor 1191 das Benediktinerinnenkloster Kreuzberg gegründet, das im Bauernkrieg (1526/1527) zerstört wurde. Seine Güter gelangten nach Abfindung des letzten Propstes an den Landgrafen von Hessen. 1686 gab Landgraf Karl von Hessen-Kassel die aus den Gütern des zerstörten Klosters Kreuzberg an der Werra gebildete Vogtei Kreuzberg seinem Bruder Philipp, der das Kloster zum Schloss P. umbaute. Es wurde Sitz der Linie Hessen-Philippsthal. S. Hessen-Philippsthal.
Plain (Grafschaft). Nach der um 1000 erbauten
Burg P. östlich Salzburgs nannten sich seit 1108 Grafen von P. Sie hatten als
Nachfolger der Peilsteiner Vogteirechte
(Frauenchiemsee, Michaelbeuern [Michaelbeuren]) und Grafschaftsrechte
(Kuchltal, Chiemgau, Unterpinzgau) inne. Bei ihrem Aussterben fiel 1260 die
Grafschaft an das Erzstift Salzburg und über dieses 1805 an Österreich. Ein
Teil der Erbgüter kam an die Schaunberger.
L.: Thaller, C., Die Grafen von Plain und Hardeck, (in) Genealogisches Handbuch
zur bairisch-österreichischen Geschichte, 1931, 66ff.; Gründler, J., Die
Herkunft der Grafen von Plain, Unsere Heimat 57 (1986), 219ff.; Dopsch, H.,
Plain, LexMA 6 1993, 2195.
Quedlinburg (Abtei, Residenz). In Q. an der Bode im
nordöstlichen Harzvorland bestand schon in karolingischer Zeit neben einer
vermutlich am Ende des 8. Jahrhunderts errichteten Hersfelder Missionskirche
eine Burg, die König Heinrich I. zu seiner wichtigsten Pfalz ausbaute. 922 ist
ein daran anschließender Ort mit Königshof (Quitilingaburg) erstmals erwähnt.
936/7 gründete die Königinwitwe Mathilde mit Zustimmung ihres Sohnes Otto des
Großen auf der Burg das Kanonissenstift Sankt Servatius, das mit bedeutenden
Privilegien ausgestattet wurde (994 Marktprivileg, Münzprivileg und
Zollprivileg für die Kaufleute, Güter bis ins Eichsfeld, Vogtland und
Havelland) und dem eine besondere Stellung als fürstliche Reichsabtei zugedacht
war. Der Ort Q. stand unter der Herschaft der Äbtissin, die nach einem Verzicht
auf die Herrschaftsrechte über die Stadt (1358) 1477 den Versuch der zu dieser
Zeit etwa 5000 Einwohner zählenden Stadt vereitelte, die Reichsunmittelbarkeit
zu erlangen. Die Vogtei über das Stift gewannen
in der Mitte des 12. Jahrhunderts die Grafen des Harzgaus, 1273 die Grafen von
Regenstein und 1477 die Wettiner (Sachsen), deren albertinische Linie 1485 die
Schutzherrschaft erhielt. 1539 wurde Q., das zum obersächsischen Reichskreis
zählte, ein evangelisches freies weltliches Stift. 1697 trat Sachsen
(Kursachsen) die Rechte der Schutzvogtei an Brandenburg ab, an das 1648 das
umgebende Hochstift Halberstadt gekommen war. 1803/1813 fiel das Fürstentum Q.,
dessen Äbtissin zu den rheinischen Prälaten zählte, (mit der Stadt Q. und dem
Flecken Ditfurt bzw. Dithfurth ein Gebiet von 2 Quadratmeilen,) an Preußen. Von
1807 bis 1813 gehörte Q., dessen Stift 1810 aufgelöst wurde, zum Königreich
Westphalen, nach 1815 zur preußischen Provinz Sachsen. Von 1949 bis 1990 kam es
damit in Sachsen-Anhalt zur Deutschen Demokratischen Republik.
L.: Wolff 408f.; Zeumer 552ff. II a 37, 12; Wallner 710 ObersächsRK 24; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Gringmuth-Dallmer,
H., Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1;
Geschichte zur Tausendjahrfeier der Stadt Quedlinburg, Bd. 1f. 1922; Lorenz,
H./Kleemann, S., Quedlinburgische Geschichte, Bd. 1f. 1922; Lorenz, H.,
Werdegang der 1000jährigen Kaiserstadt Quedlinburg, 1925; Kleemann, S.,
Quedlinburg, 10. A. 1927; Weirauch, H., Der Grundbesitz des Stiftes Quedlinburg
im Mittelalter, Sachsen und Anhalt 14 (1938); Speer, E., Quedlinburg, 2. A.
1954; Speer, E., Quedlinburg und seine Kirchen, 3. A. 1972; Militzer,
K./Przybilla, P., Stadtentstehung, Bürgertum und Rat. Halberstadt und
Quedlinburg bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1980; Schauer, H., Quedlinburg.
Das städtebauliche Denkmal und seine Fachwerkbauten, 1990; Blaschke, K.,
Quedlinburg, LexMA 7 1994, 359; Deutsche Königspfalzen, Bd. 4, 1996; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 720,
1, 2, 469; Reuling, U., Quedlinburg, 2006; Kayserlich - frey - weltlich, hg. v.
Bley, C., 2009; Kasper, P., Das Reichsstift Quedlinburg (936-1810), 2014;
Schröder-Stapper, T., Fürstäbtissinnen, 2015.
Regensburg (Hochstift, Residenz). Vermutlich war
das 179 n. Chr. an der Mündung von Regen (und Naab) in die Donau errichtete
römische Castra Regina bzw. Reginum bereits Sitz eines Bischofs, der zur
Erzdiözese Aquileja gehörte. In den ersten Jahrzehnten des 8. Jahrhunderts ließ
sich dann in R. ein Landesbischof für Bayern nieder (Emmeram, Rupert u. a.).
Bonifatius erneuerte 739 das Bistum, das 798 der Erzdiözese Salzburg zugeordnet
wurde und seinen Sprengel von Niederbayern über das Egerland bis Böhmen
ausdehnte, allerdings durch die Gründung des Bistums Prag 972/973 Böhmen
verlor. Das Hochstift R., dessen 810 bezeugte und um die Mitte des 11.
Jahrhunderts erblich gewordene Vogtei bis 1148
bei den Grafen von Bogen lag, war eines der kleinsten Bayerns. In der Stadt
gehörte zu ihm nur der Dombezirk, im Land vor allem die reichsunmittelbare
Herrschaften Donaustauf (von 1481 bis 1715 an Bayern verpfändet), seit dem 10.
Jahrhundert Wörth sowie Hohenburg auf dem Nordgau (1248), wozu als mittelbare
Güter noch die Herrschaften Hohenburg/Inn, Pöchlarn (seit 832) und andere
kamen. Durch die Reformation erlitt es Verluste, die teilweise später wieder
ausgeglichen wurden. Das Hochstift hatte Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat
und beim bayerischen Reichskreis. 1802/1803 wurde es (mit 330 Quadratkilometern
und 11000 Einwohnern) mit der Reichsstadt Regensburg und den Klöstern und
Reichsstiften Sankt Emmeram, Obermünster und Niedermünster unter Fürstprimas
Karl Theodor von Dalberg zum Fürstentum Regensburg vereinigt und das Erzbistum Mainz
nach R. übertragen. 1810 kam es, nachdem 1809 der Code Napoléon eingeführt
worden war, an Bayern. Das Bistum wurde 1817/1821 in neuer Umgrenzung Suffragan
der Erzdiözese München-Freising.
L.: Wolff 142; Zeumer 552 II a 17; Wallner 712 BayRK 10; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) G4, III 22 (1648) F4, III 38 (1789) D3; Die Territorien
des Reichs 6, 36; Janner, F., Geschichte der Bischöfe von Regensburg, Bd. 1ff.
1883ff.; 1200 Jahre Bistum Regensburg, hg. v. Buchberger, M., 1939; Widemann,
J., Die Traditionen des Hochstifts Regensburg und des Klosters St. Emmeram,
1943; Staber, I., Kirchengeschichte des Bistums Regensburg, 1966; Hausberger,
K., Geschichte des Bistums Regensburg, Bd. 1f. 1989; Ratisbona sacra. Das
Bistum Regensburg im Mittelalter, hg. v. Morsbach, P., 1989; Schmidt, A.,
Regensburg, 1995; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 602, 1, 2, 474.
Regensburg, Obermünster (gefürstete Abtei,
Reichsstift, Residenz). Das im Südwesten des ehemaligen römischen Legionslagers
nahe dem Benediktinerkloster Sankt Emmeram gelegene Frauenstift Obermünster in
Regensburg wurde vermutlich im 8. Jahrhundert gegründet und ist 866 erstmals
sicher bezeugt. Nach 1002 erhielt es Königsschutz, 1229 päpstlichen Schutz. In
der Mitte des 12. Jahrhunderts stand die Vogtei
den Grafen von Scheyern-Wittelsbach zu. Nach 1654 gehörte die Fürstäbtissin zu
den rheinischen Reichsprälaten und zum bayerischen Reichskreis. 1802/1803 wurde
das im Burgfrieden Regensburgs gelegene reichsunmittelbare Gebiet des
Reichsstifts mit der Reichsstadt Regensburg, dem Hochstift Regensburg. und den
Reichsstiften Sankt Emmeram und Niedermünster zum Fürstentum Regensburg
vereinigt. 1810 kam es an Bayern.
L.: Wolff 149; Zeumer 553 II a 37, 16; Wallner 713 BayRK 21; Die Territorien
des Reichs 6, 36; Schlaich, H., Das Ende der Regensburger Reichsstifte Sankt
Emmeram, Ober- und Niedermünster, Verh. d. hist. Ver. f. Oberpfalz und
Regensburg 97 (1956); Hable, G., Geschichte Regensburgs, 1970; Hausberger, K.,
Geschichte des Bistums Regensburg, Bd. 1f. 1989; Wanderwitz, H., Die
Reichsstifte Nieder- und Obermünster bis ins 11. Jahrhundert, FS Kraus, A.,
1992, 51; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 719, 1, 2, 428; Schröder-Stapper, T.,
Fürstäbtissinnen, 2015.
Rheda (Herrschaft). Die um R. (Burg im 11.
Jahrhundert?) an der Ems südwestlich Bielefelds gebildete Herrschaft kam nach
1190 erbweise von den um 1170 erscheinenden Herren von R., die das Freigericht
bei R. und die Vogtei über die Klöster
Freckenhorst und Liesborn hatten, an Bernhard II. zur Lippe. 1365 fiel sie über
die Erbtochter an die Grafen von Tecklenburg. Durch Heirat Everwins III. von
Bentheim (1562) kam die Herrschaft R. wie Tecklenburg 1557 an die Grafen von
Bentheim. 1565 gewannen die Grafen nach langem Grenzstreit die Herrschaft über
das vorher fürstbischöflich-osnabrückische Gütersloh. 1606/1609 fiel R. der
Linie Bentheim-Tecklenburg(-Rheda) zu. Diese erbte 1618 die Grafschaft Limburg,
verlor aber um 1700 Tecklenburg. Am Ende des 18. Jahrhunderts gehörte R., für
das die Inhaber 1770 die Aufnahme in das westfälische Reichsgrafenkollegium
beantragten, mit einem Gebiet von 3 Quadratmeilen (160 Quadratkilometer, 1786
mit 9674 Einwohnern, Kirchspiele Rheda, Clarholz, Herzebrock, Gütersloh, Lette)
zu den nicht eingekreisten Reichsteilen des Heiligen Römischen Reiches. 1808
wurde R. dem Großherzogtum Berg einverleibt. 1813/1815 kam R. an Preußen
(Provinz Westfalen), 1946 zu Nordrhein-Westfalen. Das Grafenhaus gewann 1817
den Fürstenstand in Preußen.
L.: Wolff 495; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 38 (1789) B3;
Eickhoff, H., Der Kreis Wiedenbrück in Vergangenheit und Gegenwart, 1921;
Richter, H., Chronik der Stadt Gütersloh, 1933; Aders, G., Urkunden und Akten
der Neuenahrer Herrschaften und Besitzungen Alpen, Bedburg, Hackenbroich,
Helpenstein, Linnep, Wevelingshoven und Wülfrath sowie der Erbvogtei Köln,
1977; Meier, J./Ossenbrink, J., Die Herrschaft Rheda, 1999; Escher, M. u. a.,
Die urbanen Zentren, 2005, 2, 500; Schaub, H., Die Herrschaft Rheda und ihre
Residenzstadt, 2006.
Rhodt (Herrschaft). R. bei Landau war seit dem
14. Jahrhundert eine Vogtei Württembergs. 1603
kam die Herrschaft an Baden-Durlach und nach der Herrschaft Frankreichs an
Bayern (Rhodt unter Rietburg). 1946 gelangte das Gebiet zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 165; Runck, H., Geschichte Rhodts, 1889.
Roden (Grafen). Die nach der Burg Lauenrode an der Leine als Grafen von R. oder nach anderen Gütern als Grafen von Limmer bzw. Grafen von Wunstorf bezeichnete, kurz nach 1100 nachweisbare Adelsfamilie hatte Vogtei- und Gerichtsrechte zwischen Hannover und der mittleren Weser. 1215 verlor sie die Grafschaft Nienburg an die Grafen von Hoya, 1241 Hannover und die Vogtei Lauenrode an die welfischen Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, 1446 durch Verkauf Wunstorf über das Hochstift Hildesheim ebenfalls an die Welfen. 1533 erlosch das Geschlecht.
Roggenburg (reichsunmittelbare Abtei, Reichsstift).
Vielleicht 1126 wurde das Prämonstratenserkloster R. bei Messhofen südöstlich
Ulms im bayerischen Schwaben von den Herren von Bibereck (bzw. Biberegg) als
Doppelkloster (bis 1178) gestiftet, wohl um 1130 von Ursberg aus gegründet und
mit den Orten Messhofen, Breitenthal, Ebershausen, Ingstetten und Schießen
ausgestattet. Von den Stiftern kam die Vogtei
als Reichslehen an die Reisensburg, dann an die Reichsstadt Ulm (1412), nach
1477 zeitweise an Bayern und nach 1548 an Österreich. Das Kloster wurde 1444
Abtei, gewann 1406 die niedere Gerichtsbarkeit und 1513 die hohe
Gerichtsbarkeit (Blutbann) und war von 1544 an reichsunmittelbar. Es gehörte
den schwäbischen Reichsprälaten des Reichstags und dem schwäbischen Reichskreis
an und gewann ein eigenes Herrschaftsgebiet mit vier Ämtern (R., Breitenthal,
Nordholz und Wiesenbach). 1803 kam es mit 2-2,5 Quadratmeilen Gebiet im
Bibertal und im Günztal und 3500-5000 Einwohnern an Bayern.
L.: Wolff 186; Zeumer 552 II a 36, 8; Wallner 688 SchwäbRK 49; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D3; Groll, E., das Prämonstratenserstift
Roggenburg im Beginn der Neuzeit (1450-1600), 1944; Tuscher, F., Das
Reichsstift Roggenburg im 18. Jahrhundert, 1976; Kießling, R., Roggenburg,
LexMA 7 1995, 946.
Rot (an der Rot), Roth, Münchroth
(Reichsstift, Reichsabtei). Um 1130 (1126?) wurde von Hemma von Wildenberg in
Graubünden, die vielleicht dem oberschwäbischen Geschlecht der Herren von
Wolfertschwenden entstammte, in R. (Rota) bei Biberach das älteste
Prämonstratenserkloster Schwabens gegründet, das vermutlich von Anfang an dem
Papst unmittelbar unterstellt und keinem Vogt untergeben war (1140 Abtei), so
dass es 1179 Kaiser Friedrich I. Barbarossa in seine Vogtei
nehmen konnte. Es war seit 1376 reichsunmittelbar (Reichsstift) und erlangte
1619 auch die Hochgerichtsbarkeit. Es hatte Sitz und Stimme im schwäbischen
Reichsprälatenkollegium des Reichstags und im schwäbischen Reichskreis. 1803
kam es mit Gütern in 15 Dörfern und Weilern und der 1604 erworbenen Herrschaft
Kirchdorf (insgesamt 1,5 Quadratmeilen Gebiet und 2871 Einwohnern in 456
Familien und einem geschätzten Ertrag von 58000 Gulden jährlich) an die Grafen
von Wartenberg, welche die Abtei für ihre Grafschaft in der Pfalz erhielten und
das Gebiet zur Reichsgrafschaft Wartenberg-Rot (Wartenberg-Roth) erhoben, 1806
an Württemberg (und 1909 im Erbgang an die Grafen von Erbach) sowie 1951/1952
an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 44, 187; Zeumer 552 II a 36, 9; Wallner 689 SchwäbRK 65; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) D3; Erzberger, M., Die Säkularisation in
Württemberg von 1802-1810, 1902; Walser, A., Das Prämonstratenserkloster Rot,
1926; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938;
Nuber, W., Studien zur Besitz- und Rechtsgeschichte des Klosters Rot an der
Rot, Diss. phil. Tübingen 1960; Tüchle, H./Schahl, A., 850 Jahre Rot an der
Rot, Geschichte und Gestalt, 1976; Eberl, I., Rot an der Rot, LexMA 7 1995,
1048.
Rothenburg, Rothenburg ob der Tauber (Reichsstadt).
Auf der Bergnase oberhalb des 970 von den Grafen von Comburg (Komburg) mit
einer Kirche versehenen Dorfes Detwang (Dettwang) im Taubertal errichteten die
Grafen von Comburg (Komburg) die rothe Burg, nach der sie sich im 11.
Jahrhundert ebenfalls benannten. Beim Aussterben der Grafen von
Rothenburg-Comburg (Rothenburg-Komburg) 1116 fiel sie zusammen mit dem
Herzogtum Franken und der Grafschaft im Kochergau an die Staufer, als deren Gut
sie 1144 erstmals genannt wird (Reichsburg nach 1142?). Vor 1241 erhielt der
sich anschließende Ort Stadtrecht (1172?). 1273 zog König Rudolf von Habsburg
ihn an das Reich. Ab 1274 war er Reichsstadt und löste sich von der
Reichslandvogtei. R. gewann trotz zeitweiliger Verpfändung an die Herren von
Hohenlohe vom 14. bis zum 16. Jahrhundert ein ansehnliches, auf drei Seiten
eingezäuntes und befestigtes Landgebiet (Landhege), wurde aber wegen des
Widerstands des Patriziats nie Fernhandelsstadt. 1355 gab Kaiser Karl IV. das
Privileg der Unverpfändbarkeit. 1544 wurde die Reformation eingeführt. Die
Herrschaft der mit Sitz und Stimme im schwäbischen Reichsstädtekollegiums des
Reichstags und im fränkischen Reichskreis vertretenen Stadt umfasste am Ende
des 18. Jahrhunderts die Landvogtei im Gau rechts der Tauber und die kleine
Landvogtei links der Tauber (Teile von Gebsattel, Herrschaft Nordenberg mit
Reichsamt Detwang [Dettwang] und der Hinterburg, Bannerschaft Endsee, Burgen
Gammesfeld [Gammersfeld] und Insingen [Inzingen] mit Zubehör, Burg und
Herrschaft Lichtel [Liental], Burg und Vogtei
Seldeneck, Burg und Herrschaft Gailnau mit Vogtei
Wettringen und Gericht zu Brettheim, Oberstetten, Oestheim, Teile von
Archshofen, Burg Diebach und das Deutschordenshaus Rothenburg mit Gütern). Mit
Teilen von Pfahlenheim war R. im Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken
immatrikuliert. 1802/1803 kam es mit 5 Quadratmeilen bzw. 370 Quadratkilometern
Gebiet, 180 Ortschaften und 24000 Einwohnern an Bayern, 1810 der westliche Teil
des Landgebiets an Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 128; Zeumer 555 III b 8; Wallner 693 FränkRK 18; Großer Historischer
Weltatlas II 66 (1378) F4, II 78 (1450) G4, III 22 (1648) E4, III 38 (1789) D3;
Winkelmann-Holzapfel 160; Riedenauer 129; Schroeder 241ff.; Bensen, W.,
Beschreibung und Geschichte der Stadt Rothenburg, 1856; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Bosl, K., Rothenburg im
Stauferstaat, 1947; Holstein, K., Rothenburger Stadtgeschichte, 1953;
Woltering, W., Die Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber und ihre Herrschaft
über die Landwehr, Bd. 1 1965, Bd. 2 1971; Schnelbögl, F., Die fränkischen
Reichsstädte, Zs. f. bay. LG. 31 (1968); Schnurrer, L., Rothenburg im
schwäbischen Städtebund, 1969, Esslinger Studien 15; Ziegler, P., Die
Dorfordnungen im Gebiet der Reichsstadt Rothenburg, Diss. jur. Würzburg, 1977;
Fränkische Reichsstädte, hg. v. Buhl, W., 1987, 187; Borchardt, K., Die
geistlichen Institutionen in der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber und dem
zugehörigen Landgebiet von den Anfängen bis zur Reformation, 1988; Wendehorst,
A., Rothenburg, LexMA 7 1995, 1050.
Rottenbuch (Reichsstift). Am 27. 12. 1075
begründeten Herzog Welf IV. von Bayern und seine Gemahlin Judith südlich
Peitings im Ammergau an der Stelle einer wenig älteren Einsiedelei das
Augustinerchorherrenstift R. 1090 wurde es dem heiligen Petrus in Rom
übergeben. 1191/1192 hatten die Staufer die Vogtei.
1268 entstand hieraus eine Reichsvogtei. Ludwig der Bayer zog R. an Bayern.
L.: Rottenbuch, hg. v. Pörnbacher, H., 1980; Weinfurter, S., Rottenbuch, LexMA
7 1995, 1055.
Saalfeld (Reichsabtei?, Stadt). 899 gab König
Arnulf dem Babenberger Poppo II. von Thüringen S. an der Saale zurück. 1014
übertrug Kaiser Heinrich II. S. an Pfalzgraf Ezzo von Lothringen. 1056 kam S.
von dessen Tochter Richeza (von Polen) an das Erzstift Köln, das 1074 in der
ehemaligen ottonischen Reichsburg auf dem Petersberg das Benediktinerkloster
Sankt Peter in S. gründete. Dessen Vogtei hatte
vermutlich seit 1180 der König, seit 1208 der Graf von Schwarzburg, danach auch
der Graf von Orlamünde, seit 1344/1345 Wettin. Seit 1208 war die Rechtsstellung
Saalfelds unklar. 1475 und 1497 zählte der Abt zu den Reichsfürsten. 1536 wurde
das im Orlaland, Frankenwald und in Coburg reich begüterte Kloster dem Grafen
von Mansfeld übertragen, von dem es 1533 an Sachsen (Kursachsen) gelangte. S.
selbst wurde 1361 Lehen Böhmens der Grafen von Schwarzburg. 1389 verkauften sie
es an die Wettiner, innerhalb deren es 1485 an die Ernestiner, 1572 an
Sachsen-Weimar, 1603 an Sachsen-Altenburg, 1673 an Sachsen-Gotha, 1680 an
Sachsen-Saalfeld, 1735 an Sachsen-Coburg-Saalfeld und 1826 an Sachsen-Meiningen
kam. 1920 fiel es an Thüringen und mit diesem von 1949 bis 1990 an die Deutsche
Demokratische Republik. S. Sachsen-Saalfeld.
L.: Wolff 398; Schamelius, J. M., Historische Beschreibung der vormaligen Abtei
und des Benediktinerklosters zu Saalfeld, 1729; Krauß, E., Die städtebauliche
Entwicklung der Stadt Saalfeld an der Saale, 1934 (Diss. Braunschweig 1933);
Heinemeyer, K., Saalfeld, LexMA 7 1995, 1209; Civitas Salevelt. Geburt einer Stadt6
(1180-1314), 2008.
Saarbrücken (Grafschaft). Die im ersten
nachchristlichen Jahrhundert an der Kreuzung zweier wichtiger Straßen an einem
Saarübergang beginnenden Siedlungsspuren (vicus Saravus) endeten im 5.
Jahrhundert. 999 wurde die Burg S. anlässlich der Übertragung durch Kaiser Otto
III. an das Hochstift Metz erstmals erwähnt. Sie war seit dem 12. Jahrhundert
Sitz der mit ihr durch die Bischöfe von Metz belehnten, 1080 anlässlich des Empfanges
des Königshofs Wadgassen erstmals genannten Grafen (Graf Sigibert im Saargau).
Sie nannten sich, nachdem 1120 die Güter im Elsass von den Gütern an Saar und
Rhein getrennt worden waren, seit 1123 nach S. Sie waren mit den Staufern
verschwägert, hatten zeitweise die Vogtei über
das Hochstift Worms inne und waren vor allem zu beiden Seiten der Saar sowie im
Elsass begütert. 1180/1190 wurden die Güter an Saar und Rhein auf die Linien S.
und Zweibrücken verteilt. Von der Linie S. spaltete sich 1214 Leiningen ab, von
Zweibrücken (1385/1394 an die Pfalzgrafen) 1297 die Linie Bitsch (1570 an
Lothringen). Die dadurch auf Güter um S. beschränkten Grafen von S. starben
1274 aus und wurden infolge Verheiratung Mathildes von S. mit Simon von
Commercy von den Grafen von Saarbrücken-Commercy beerbt. Bei deren Aussterben
fiel die Grafschaft in weiblicher Erbfolge 1381 an die walramische Linie
Nassau-Weilburg der Grafen von Nassau, welche die Güter an Saar und Blies mit
den nassauischen Gütern an Lahn und Main verband. 1442 wurde in eine
linksrheinische Linie (Nassau-Saarbrücken) und eine rechtsrheinische Linie
(Neue Linie Nassau-Weilburg) geteilt. 1527 erbte Nassau-Saarbrücken die
Grafschaft Saarwerden und die Herrschaft Lahr von den Grafen von
Moers-Saarwerden. 1574 zog Lothringen die Grafschaft Saarwerden als wegen
Einführung der Reformation (1. 1. 1574) erledigtes Lehen ein. Ebenso gingen die
Lehen des Hochstifts Metz verloren. Von 1574 an war die seit 1442 abgeteilte
Grafschaft wieder mit Nassau-Weilburg vereinigt. Danach kam sie an die Linie
Ottweiler (Nassau-Ottweiler). 1629 wurde erneut geteilt. Nach vorübergehender
Besetzung von 1681 bis 1697 und Grenzbereinigungen von 1766 kam S. 1793/1801 an
Frankreich, 1815/1816 zu Preußen (Rheinprovinz), 1919 und 1945/1946 zum
Saargebiet sowie 1957 zum Saarland. S. Nassau-Saarbrücken.
L.: Wolff 265; Großer Historischer Weltatlas III 22 (1648) C4; Ruppersberg, A.,
Geschichte der ehemaligen Grafschaft Saarbrücken, Teil 1ff. 2. A. 1908ff.;
Werke, H., Die Machtstellung des Saarbrücker Hauses am Mittel- und Oberrhein im
12. Jahrhundert, Saarbrücker Hefte 5 (1957); Festschrift zur 650jährigen
Verleihung des Freiheitsbriefes an Saarbrücken und St. Johann, hg. v. Herrmann,
H./Klein, H., 1971; Geschichtliche Landeskunde des Saarlands, Bd. 2 1977;
Thomes, P., Kommunale Wirtschaft, 1995; Herrmann, H., Saarbrücken, LexMA 7
1995, 1210; Burg, P., Saarbrücken 1789-1860, 1999; Escher, M. u. a., Die
urbanen Zentren, 2005, 2, 535.
Saarwerden (Grafschaft), frz. Sarre-Union. Die
kleine Grafschaft S. an der oberen Saar war zunächst in den Händen der 1131
erstmals nachweisbaren Grafen von S., einer Zweiglinie der Grafen von
Metz-Lunéville bzw. der Grafen von Blieskastel. Sie bestand aus dem Reichslehen
Kirkel, S. und Bockenheim als Lehen des Bischofs von Metz und der Vogtei über Klostergut von Weißenburg und Herbitzheim
an der oberen Saar. Vom Anfang des 13. Jahrhunderts bis 1251 nannten sie sich
nach der Burg Kirkel, dann nach S. 1397/1399 kam die Grafschaft über die
Schwester des letzten Grafen an die Herren von Moers, welche die Linie
Moers-Saarwerden (1418-1527) begründeten. Als 1527 die Grafen von
Moers-Saarwerden ausstarben, fielen die Grafschaft Saarwerden und ihre
Herrschaft Lahr (ohne Finstingen und die niederrheinischen Gebiete) als Erbteil
aus einer Heirat des Jahres 1507 (Katharina von Moers-Saarwerden mit Johann
Ludwig I. von Nassau-Saarbrücken) an Nassau-Saarbrücken. Beim Aussterben
Nassau-Saarbrückens (1574) zog Lothringen S. als wegen Einführung der
Reformation (zum 1. 1. 1574) erledigtes Lehen ein. Auf Grund eines Urteils des
Reichskammergerichts erhielt Nassau-Weilburg als Erbe Nassau-Saarbrückens 1629
die Grafschaft S. (verkleinert um die bei Lothringen verbleibenden Dörfer
Saarwerden und Bockenheim sowie das Schloss S.) zurück. 1745 kam das Dorf
Herbitzheim dazu. Ebenfalls bereits im 18. Jahrhundert gehörten Diemeringen mit
Altmatt, Neumatt und dem Eisenhammer des Dorfes Griesbach zu S. Innerhalb
Nassaus erhielt 1629 die Linie Nassau-Weilburg ein Drittel, die Linie
Nassau-Usingen zwei Drittel. 1793 wurde die dem oberrheinischen Reichskreis
angehörige Grafschaft von Frankreich besetzt und durch Aufsplitterung ihrer
Bestandteile aufgelöst. S. Moers-Saarwerden.
L.: Wolff 265; Wallner 696 OberrheinRK 12; Herrmann, H., Geschichte der
Grafschaft Saarwerden bis 1527, 1957; Herrmann, H., Saarwerden, LexMA 7 1995,
1211.
Sachsen-Zeitz (Herzogtum). Die ursprünglich slawische
Burg Zeitz an einem alten Übergang über die Weiße Elster wird erstmals 967
genannt. 968 gründete Kaiser Otto I. in Zeitz ein Bistum für die Slawenmission.
1228/30 wurde dessen Sitz nach Naumburg verlegt. 1140 kam die Vogtei über Zeitz an die Markgrafen von Meißen. 1286
nahmen die Bischöfe von Naumburg ihren Sitz in Zeitz. Von 1663 bis 1718 war
Zeitz Residenz der albertinischen, zum obersächsischen Reichskreis zählenden
Linie S. (1657-1718, Naumburg, Zeitz, Neustadt, Schleusingen, Suhl). 1815 fiel
Zeitz an Preußen und damit innerhalb Sachsen-Anhalts (1947) von 1949 bis 1990
an die Deutsche Demokratische Republik.
L.: Wolff 381; Wallner 708 ObersächsRK 2; Gringmuth-Dallmer, H.,
Magdeburg-Wittenberg, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Wilcke, M.,
Zeitzer Heimatbuch, Bd. 1f. 1925; Schlesinger, W., Kirchengeschichte Sachsens
im Mittelalter, Bd. 1ff. 1962; Müller, A., Geschriebene und gedruckte Quellen
zur Geschichte von Zeitz, 1967; Pappe, O., Tausend Jahre Stadt und Kirche
Zeitz, 1967.
Säckingen (Abtei, Residenz). 522 (?, 7. Jh.?)
gründete der irische Mönch Fridolin auf einer später abgegangenen Insel des
Hochrheins nördlich Basels auf altem Siedlungsboden eine klösterliche, wohl von
Poitiers beeinflusste Zelle, die älteste mönchische Niederlassung bei den
Alemannen. 878 erscheint die Frauenabtei Seckinga. Ihre Laienäbte erweisen S.
zu dieser Zeit als Königskloster. Umfangreiche Güter bestanden in Churrätien
und in Glarus. Im 11. Jahrhundert wurde S. Kanonissenstift. 1173 kam S. nach
dem Aussterben der Grafen von Lenzburg unter die Oberherrschaft (Vogtei) der Grafen von Habsburg. Die 1307 gefürstete
Äbtissin blieb aber Herrin des Ortes, der vor 1250 Stadtrecht erhalten hatte.
Bis 1805 war S. eine der vier vorderösterreichischen Waldstädte. 1805/1806
wurde die Abtei aufgehoben und S. kam an Baden und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg. S. Waldstädte.
L.: Wolff 41; Malzacher, J., Geschichte von Säckingen, 1911; Vorderösterreich,
hg. v. Metz, F., 3. A. 1978; Jehle, F., Die Geschichte des Stiftes Säckingen,
2.A 1984; Zotz, T., Säckingen, LexMA 7 1995, 1244f. ; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 723, 1, 2, 503;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 542.
Saffenburg (Herren, Herrschaft, Reichsherrschaft).
Um die wohl am Ende des 11. Jahrhunderts (um 1080) erbaute Burg S. an der Ahr
bei Ahrweiler bildete sich eine aus wenigen Orten (u. a. Mayschoß) bestehende
Reichsherrschaft der Herren von S., die sich bis in die zweite Hälfte des 11.
Jahrhunderts (1081, 1094 Grafen) zurückverfolgen lassen und die bis 1172 die Vogtei über das Erzstift Köln innehatten. Nach deren
Aussterben wurde die Herrschaft geteilt. Am Ende des 12. Jahrhunderts gehörte
die Burg je zur Hälfte Albert II. und seiner Base Agnes. Über ihre Tochter
Adelheid kam die eine Hälfte an die Grafen von Sponheim und von diesen infolge
Verheiratung an Dietrich VI. von Kleve bzw. Mark. Die andere Hälfte gelangte
infolge Verheiratung über die Herren von Heinsberg an Wilhelm von Arenberg,
danach an Johann von Neuenahr. 1424 fiel die Herrschaft an die Herren bzw.
Grafen von Virneburg, um 1546 an das Haus Manderscheid-Schleiden, 1593 an die
Grafen von der Mark (Mark-Schleiden) und 1773 an die Herzöge von Arenberg,
wobei die Burg bereits 1704 geschleift wurde. Am Ende des 18. Jahrhunderts
ergriff Frankreich den Besitz der Herrschaft, wegen der die Grafen von der Mark
(Mark-Schleiden) und später Arenberg zu den westfälischen Grafen der weltlichen
Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags zählten. 1815 kam das Gebiet an
Preußen (Rheinprovinz), 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 500; Zeumer 554 II b 63, 31; Möller, W., Stammtafeln westdeutscher
Adelsgeschlechter im Mittelalter, Bd. 2 1933; Walter, H., Saffenburg, LexMA 7
1995, 1250.
Sankt Blasien (Reichsabtei, gefürstete Abtei).
Das Benediktinerkloster S. südlich des Feldbergs im Hochschwarzwald, das
vermutlich von Rheinau aus im 9. Jahrhundert als Cella Alba gegründet wurde,
wird 858 erstmals greifbar. Am Ende des 9. Jahrhunderts erhielt es die
Reliquien des heiligen Blasius. 983 wurde es selbständig, erwarb reiche Güter
bis zur Albquelle am Feldberg und zum Schluchsee (u. a. von den Herren von
Krenkingen), erlangte 1065 ein Immunitätsprivileg König Heinrichs IV. und kam
1218, nach dem Aussterben der nach Lösung aus der Vogtei
des Bischofs von Basel seit 1125 amtierenden zähringischen Schutzvögte, unter
die Schutzherrschaft des Reiches, das sie unter Konrad IV. an Habsburg
(Schutzvogtei und Kastvogtei) verpfändete. Bemühungen um die Reichsunmittelbarkeit
blieben erfolglos. 1361 fiel S. unter die Landeshoheit Österreichs. Wegen der
1613 gekauften Herrschaft Bonndorf zählte der Abt zu den schwäbischen
Reichsgrafen. 1729 wurden Oberried und Kappel (bei Freiburg) erworben, daneben
als Lehen Österreichs die Herrschaft Staufen und Kirchhofen in der
Oberrheinebene. 1746 wurde der Abt in den Reichsfürstenstand erhoben. Durch §
26 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. 2. 1803 kam die Abtei an den
Johanniterorden (Malteserorden). Nach der Säkularisation fiel S. 1806 an Baden
und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg. Der größte Teil der Mönche
übersiedelte nach Sankt Paul in Kärnten.
L.: Wolff 41; Zeumer 553 II b 61, 15; Großer Historischer Weltatlas III 38
(1789) C4; Rieder, K., Die Aufhebung des Klosters Sankt Blasien, 1907;
Schmieder, J., Das Benediktinerkloster Sankt Blasien, 2. A. 1936; Hölzle, E.,
Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Büttner, H., Sankt
Blasien und das Elsass, 1939; Ott, H., Studien zur Geschichte des Klosters
Sankt Blasien im hohen und späten Mittelalter, 1963; Ott, H., Die
Klostergrundherrschaft Sankt Blasien im Mittelalter, 1969; Ott, H., Sankt
Blasien, 1975, (in) Germania Benedictina V: Baden-Württemberg; Ott, H., Sankt
Blasien, LexMA 7 1995, 1136f.; Urkundenbuch des Klosters St. Blasien im
Schwarzwald, hg. v. Braun, J., 2003.
Sankt Florian (Stift). Das im 8. Jahrhundert
von Passau aus im Traungau entstandene Kloster (Eigenstift des Bischofs) bei
Linz wurde 1071 in ein Chorherrenstift umgewandelt. Die Hauptvogtei übten nach
den Herren von Perg die Herzöge von Österreich aus.
L.: Wolff 27; Kirchner-Doberer, E., Stift Sankt Florian, 1948; Erbe und
Vermächtnis, 1971; Reichert, F., Landesherrschaft, Adel und Vogtei, 1985; Haider, S., Sankt Florian, LexMA 7 1995,
1151f.
Sankt Gallen (Reichsabtei, Kanton; Residenz).
612/613 gründete der heilige Gallus eine Niederlassung iroschottischer Mönche
im Steinachtal, die 719/720 in ein Kloster verwandelt wurde (Neugründung,
747/748 Benediktinerkloster). 818 löste Kaiser Ludwig der Fromme das Kloster
vom Hochstift Konstanz (endgültige Zinsfreiheit 854) und erhob es unter
Verleihung der Immunität zum königlichen Kloster. Dieses wurde eine der
wichtigsten Stätten früher deutscher Kultur (Notker von S., umfassende
Bibliothek), der reiche Güter zuflossen (160000 Morgen Land). Seit 1180 hatte
das Reich die Vogtei. 1206 wurde der Abt zum
Reichsfürsten erhoben. In der Folge gewann die Abtei ein ansehnliches
Herrschaftsgebiet mit der Stadt S., dem sog. Fürstenland und Appenzell (bis zum
Anfang des 15. Jahrhunderts), wozu 1468 durch Kauf noch die Grafschaft
Toggenburg kam. 1345/1379 erwarb sie die Vogtei
in den Niedergerichtsbezirken des Klosters. Zwischen 1401 und 1408/1411
errangen die Untertanen in Appenzell mit Unterstützung der Eidgenossen der
Schweiz ihre Unabhängigkeit. 1437 schloss der Abt ein Landrecht mit Schwyz.
1451 wurde der Fürstabt durch Vertrag mit Zürich, Luzern, Schwyz und Glarus
zugewandter Ort der Eidgenossenschaft. 1457 verzichtete er auf die Herrschaft
in der Stadt S. 1521 verlegte er seinen Sitz nach Rorschach. In der seit 1524
eindringenden Reformation erwarb die Stadt S. rechtswidrig (von Zürich und
Glarus) alle Klosterrechte und verlor Toggenburg, doch wurde das damit
säkularisierte Kloster 1531/1532 mit Toggenburg wiederhergestellt. 1798 wurde
das Stift, dessen Abt an der Stellung als Reichsfürst festhielt und das wegen
Mooweiler (Untermooweiler, Unter-Mooweiler, Mohweiler) zum Kanton Hegau
(Hegau-Allgäu-Bodensee, Bezirk Allgäu-Bodensee) des Ritterkreises Schwaben
zählte, säkularisiert und zur Helvetischen Republik geschlagen (Kantone Säntis,
Linth). Die Herrschaft Neuravensburg in Oberschwaben, über die das Kloster 1699
den Blutbann erlangt hatte, fiel 1803 als Entschädigung für Tarasp an den
Fürsten Dietrichstein und kam 1806 an Württemberg und das Gebiet damit
1951/1952 zu Baden-Württemberg. Am 3. 5. 1805 wurde das Kloster vom großen Rat
(Parlament) des 1803(/1815) gebildeten Kantons S. aufgehoben. Der Kanton S.
bestand aus den Herrschaftsgebieten der Abtei S., der Stadt S., den gemeinen
Herrschaften bzw. Landvogteien Uznach und Gaster mit Gams (gemeine Herrschaft
von Schwyz und Glarus seit 1436), Sargans (gemeine Herrschaft von Zürich,
Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus seit 1482/1483 sowie von Bern
seit 1712), Werdenberg mit Wartau (Herrschaft von Glarus seit 1517), Sax
(Herrschaft Zürichs seit 1615), Rheintal mit Rheineck (gemeine Herrschaft von
Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus seit 1491 sowie von
Appenzell seit 1500 und Bern seit 1712) sowie der autonomen Stadt Rapperswil,
die seit 1464 unter der Schutzherrschaft von Uri, Schwyz, Unterwalden und Glarus
sowie seit 1712 von Glarus, Zürich und Bern gestanden hatte.
L.: Wolff 532; Ruch Anhang 82; Urkundenbuch der Abtei Sankt Gallen, hg. v.
Wartmann, H. u. a., Bd. 1ff. 1863ff.; Die Rechtsquellen des Kantons Sankt
Gallen, hg. v. Gmür, M. u. a., Bd. 1ff. 1903ff.; Ehrenzeller, W., Sankt Galler
Geschichte, Spätmittelalter und Reformation, Bd. 1f. 1931ff.; Thürer, G., Sankt
Galler Geschichte, Bd. 1f. 1953ff.; Duft, J., Die Stiftsbibliothek Sankt
Gallen, 1961; Chartularium Sangallense, hg. v. d. Herausgeber- und
Verlagsgemeinschaft Chartularium Sangallense, bearb. v. Clavadetscher, O., Bd.
3 1983; Duft, J./Gössi, A., Die Abtei St. Gallen, 1986; Rösener, W., Der
Strukturwandel der St. Galler Grundherrschaft vom 12.-14. Jahrhundert, ZGO 137
(1989); Ziegler, E., Sitte und Moral in früheren Zeiten, 1991; Die Kultur der
Abtei Sankt Gallen, hg. v. Vogler, W., 1993; Robinson, P., Die Fürstabtei St.
Gallen und ihr Territorium 1463-1529, 1995; Vogler, W., Sankt Gallen, LexMA 7
1995, 1153ff.; Das Kloster St. Gallen im Mittelalter, hg. v. Ochsenbein, P.,
1999; St. Gallen, hg. v. Wunderlich, W., 1999; Schaab, R., Mönch in Sankt
Gallen, 2003.; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W., 2003, 1, 689, 1, 2, 545; Marquardt, B., Die alte Eidgenossenschaft
und das Heilige römische Reich, 2007; Vita sancti Galli vetustissima, hg. v. d.
Stiftsbibliothek, 2012.
Sankt Georgen (im Schwarzwald)
(Reichskloster). Die Adligen Hezelo (Vogt Reichenaus), Hesso und Konrad
gründeten 1083 ein Benediktinerkloster in Königseggwald bei Saulgau (Walda),
verlegten es aber auf Verlangen des Hirsauer Abtes 1084 nach S. im Quellgebiet
der Brigach. Vögte des Klosters waren (nach einem päpstlichen Privileg der freien
Vogtswahl von 1095) spätestens seit 1104 die Herzöge von Zähringen. Nach ihrem
Aussterben war S. reichsunmittelbar. Danach wurden die Herren von Falkenstein
von König Friedrich II. mit der Vogtei belehnt.
Sie verkauften einen Teil ihrer Rechte 1444 an die Grafen von Württemberg und
vererbten den anderen Teil an Hans von Rechberg, dessen Erben ihn 1532 an König
Ferdinand, den damaligen Herrn Württembergs, gaben. Ungeachtet einer
Bestätigung der Reichsunmittelbarkeit durch Kaiser Karl V. von 1521 führte
Württemberg 1536 die Reformation durch und wandelte die Vogtei in Landeshoheit um. Die Mönche zogen 1536 nach Rottweil und
danach nach Villingen. 1548 kehrten sie zurück, zogen aber 1648 erneut nach
Villingen. 1810 kam S. an Baden und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 162; Kalchschmidt, K., Geschichte des Klosters Sankt Georgen, 1895;
Heinemann, B., Geschichte von Sankt Georgen im Schwarzwald, 1939; Ruhrmann, J.,
Das Benediktinerkloster Sankt Georgen 1500-1655, Diss. phil. Freiburg 1961; Wollasch,
H., Die Anfänge des Klosters Sankt Georgen im Schwarzwald, 1964; Stockburger,
E., Sankt Georgen, 1972; Zettler, A., Sankt Georgen, LexMA 7 1995, 1158f.
Sankt Pölten (Bistum). S. geht auf ein im
Gebiet des römischen municipium Cetium (erste Hälfte des 2. Jahrhunderts) um
800 (?) von Tegernsee aus gegründetes Kloster (11. Jahrhundert Kollegiatstift,
um 1081 Augustinerchorherren) zurück. Seit etwa 1120 hatten die Babenberger die
Vogtei über das Eigenkloster des Bischofs von
Passau. Seit 1494 galt die Stadt Sankt Pölten als den Herzögen von Österreich
gehörig. Am 28. 1. 1785 wurde an Stelle des aufgehobenen Bistums Wiener
Neustadt das Bistum S. errichtet.
L.: Wolff 26; Kerschbaumer, A., Geschichte des Bistums Sankt Pölten, 1875/1876;
Wodka, J., Das Bistum Sankt Pölten, 1950; Schragl, F. Geschichte der Diözese
St. Pölten, 1985; Beiträge zur Geschichte der Diözese Sankt Pölten, Jahrbuch
für Landeskunde von Niederösterreich N.F. 52 (1986); Gutkas, K., Sankt Pölten,
LexMA 7 1995, 1194f.
Sankt Trudpert (Kloster). S. südlich Freiburgs
im Breisgau wurde vermutlich 643 vom heiligen Trudpert als ältestes
rechtsrheinisches Kloster gegründet. Um 900 wurde das Kloster dem Grafen des
Elsass unterstellt. Die Vogtei war seit Anfang
des 13. Jahrhunderts in den Händen der Herren von Staufen, die von 1277 bis zu
ihrem Aussterben 1602 Untervögte der Grafen von Habsburg waren. 1806 fiel das
Kloster, das durch geschicktes Vorgehen die Grundherrschaft über das ganze
Münstertal erlangte, an Baden, von dem es aufgehoben wurde. 1951/1952 kamen die
Gebiete zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 41; Großer Historischer Weltatlas III 39 (1803) B4; Mayer, T.,
Beiträge zur Geschichte von Sankt Trudpert, 1937.
Saulgau (Herrschaft, reichsstadtähnliche Stadt).
819 gab Kaiser Ludwig der Fromme die Kirche von S. im oberschwäbischen
Alpenvorland an das Reichsstift Buchau. Ab 1171 erscheinen Herren von S. als
Reichsministeriale, deren Rechte in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts an
die Herren von Sießen-Strahlegg gefallen sein dürften. Vermutlich über die
Staufer kam die Vogtei zu Beginn des 13.
Jahrhunderts an die Truchsessen von Waldburg, die den Ort um 1230/1239 zur
Stadt erhoben (1288 Stadtrecht von Lindau). 1299 fiel S., das im 14./15.
Jahrhundert die Gerichtshoheit, das Ammannsamt und die Herrschaft über drei
Dörfer erwarb, an Habsburg, das die Herrschaft nach mehreren Verpfändungen 1386
an die Truchsessen von Waldburg verpfändete. Mit Mengen, Munderkingen,
Riedlingen und Waldsee (Donaustädte) kaufte sich das zum österreichischen
Reichskreis zählende S. 1680 an Österreich zurück. 1806 kam es an Württemberg
und damit 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 45; Wallner 714 ÖsterreichRK 1; Laub, J., Geschichte der vormaligen
fünf Donaustädte in Schwaben, 1894; Rothmund, P., Die fünf Donaustädte in
Schwäbisch-Österreich, Diss. phil. Tübingen, 1955; Vorderösterreich, hg. v.
Metz, F., Bd. 1, 2 3. A. 1978; Der Kreis Saulgau, hg. v. Steuer, W./Theiss, K.,
1971.
Sayn (Grafen, Grafschaft). Nach der im
10./11. Jahrhundert erbauten Burg S. bei Bendorf nannten sich aus dem Auelgau
erwachsene, seit 1139 belegte Grafen von S. Von S. aus erwarb die Familie Güter
im Westerwald, an der Sieg (Herrschaft Freusberg) und am Niederrhein
(spätestens 1174 Vogtei über Bonn). Nach dem
Aussterben der älteren Grafen von S. (1246) kamen die meisten Güter über
Adelheid von S. 1247 an die Grafen von Sponheim, die sie teilten. Dabei
erhielten die jüngeren Grafen von S. vor allem Güter im Westerwald und im
bergischen Land (Homburg). 1294 wurde weiter geteilt. Eine Linie
(Engelbertlinie) beerbte infolge Heirat 1357/1358/1361 die Grafschaft
Wittgenstein an der oberen Lahn (Sayn-Wittgenstein). 1605/1607 teilte sich das
zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende Haus Sayn-Wittgenstein
in die drei Hauptlinien Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Sayn-Wittgenstein-Sayn und
Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein). 1606 beerbte die
Engelbertlinie auch die andere Linie (Johannlinie) des Hauses S.
L.: Wolff 345ff.; Zeumer 554 II b 60, 14, 15; Wallner 703 WestfälRK 28 a, b;
Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) D3, III 22 (1648) C3, III 38 (1789)
B2; Dahlhoff, M., Geschichte der Grafschaft Sayn, 1874, Neudruck 1972; Wrede,
G., Territorialgeschichte der Grafschaft Wittgenstein, 1927; Gensicke, H.,
Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987; Sayn-Wittgenstein-Sayn, A.,
Fürst zu, Sayn, 1979; Spies, H., Sayn, LexMA 7 1995, 1423f.; Halbekann, J., Die
älteren Grafen von Sayn, 1997; Bohn, T., Gräfin Mechthild von Sayn
(1200/03-1285), 2002; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 478.
Sayn-Hachenburg ([Grafen,] Grafschaft). Vermutlich am
Ende des 12. Jahrhunderts errichteten die Grafen von Sayn zum Schutz einer
alten Handelsstraße die 1222 erstmals genannte Burg Hachenburg im Westerwald.
Sie war bald Verwaltungsmittelpunkt der Grafschaft. Nach dem Erlöschen der
älteren Linie der Grafen 1606 kam Hachenburg über eine Erbtochter an die
stammverwandten Grafen von Sayn-Wittgenstein-Sayn. Bei deren Aussterben im
Mannesstamm 1636 fiel es nach langem Streit mit dem Erzstift Köln 1649/1652
über eine Erbtochter an die Grafen von Manderscheid-Blankenheim, von dort über
eine Erbtochter 1714 an die Burggrafen von Kirchberg und 1799 über eine
Erbtochter an Nassau-Weilburg. Um 1800 umfasste die zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis und zum westfälischen
Reichsgrafenkollegium zählende Grafschaft S. zusammen mit Sayn-Altenkirchen ein
Gebiet von 5 Quadratmeilen und hatte 12000 Einwohner. Das Gebiet von S.
enthielt die Stadt Hachenburg, die Vogtei
Roßbach (Rossbach, Rosbach), die Kirchspiele Alpenrod, Kirburg, Altstadt,
Birnbach, Kroppach, Flammersfeld, Hamm, Höchstenbach, Schöneberg, den
sogenannten Bann Maxsain (Maxsayn), den mit Nassau-Siegen gemeinschaftlichen
Grund Burbach (Freier Grund, Hickengrund) und die Zisterzienserabtei
Marienstatt. Über Nassau kam Hachenburg 1866 an Preußen und 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 346f.; Zeumer 554 II b 63, 2; Wallner 703 WestfälRK 28 b; Söhngen,
W., Geschichte der Stadt Hachenburg, 1914; Gensicke, H., Landesgeschichte des
Westerwaldes, 2. A. 1987; 650 Jahre Stadt Hachenburg, Festschrift 1964; Müller,
M., Gemeinden und Staat in der Reichsgrafschaft Sayn-Hachenburg 1652-1799,
2005.
Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein (Grafen, Fürsten). 1605/1607 entstand
durch Teilung der Grafschaft Sayn-Wittgenstein die Linie Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein.
Wegen der von 1649 bis 1699 als Lehen Brandenburgs innegehabten Herrschaften
Lohra und Klettenberg innerhalb der Grafschaft Hohnstein am Harz nannte sie
sich auch Sayn-Wittgenstein-Hohenstein. Mit Teilen der Reichsgrafschaft
Wittgenstein zählte sie zum wetterauischen Reichsgrafenkollegium und wurde 1801
in den Reichsfürstenstand erhoben. Das Gebiet des fürstlichen Hauses S.
umfasste drei Fünftel der Grafschaft Wittgenstein mit Schloss Wittgenstein, die
Stadt Laasphe, vier Viertel Banfe bzw. Banf, Feudingen (bzw. Faidingen), Arfeld
(bzw. Altfelden) und Vogtei Elsoff (bzw. Elhoff)
und die unter Oberhoheit Triers stehende Herrschaft Vallendar. S.
Sayn-Wittgenstein, Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.
L.: Wolff 285.
Schaffhausen (Kanton). Nach dem Übergang der Güter
des Klosters Allerheiligen, des Kloster Sankt Agnes und des
Franziskanerklosters an die Stadt S. 1529 ließ diese sie durch Landvögte
verwalten. Nach der französischen Revolution wurde die Stadt der Helvetischen
Republik einverleibt. 1803 wurde der aus drei nicht zusammenhängenden Teilen
bestehende Kanton S. mit der Hauptstadt S. gebildet. S. Schaffhausen
(Reichskloster), Schaffhausen (Reichsstadt).
L.: Wolff 526; Urkundenregister für den Kanton Schaffhausen 987-1530, Bd. 1,2
1906; Hedinger, G., Landgrafschaften und Vogteien
im Gebiet des Kantons Schaffhausen, 1922; Bächtold, K., Beiträge zur Verwaltung
des Stadtstaates Schaffhausen von der Reformation bis zur Revolution, 1947; Schib,
K., Geschichte der Stadt und Landschaft Schaffhausen, 1972; Schulthess, M.,
Institutionen und Ämterorganisation in der Stadt Schaffhausen 1400-1550, 2006.
Schaffhausen (Reichsstadt). An wichtigen Handelswegen
entstand um 1045 der Handelsplatz S. am Rhein. 1080 wurde der Ort dem 1049/1050
von Graf Eberhard von Nellenburg auf Eigengut gegründeten Benediktinerkloster
Allerheiligen übertragen, dessen Vogtei seit
1198 die Herzöge von Zähringen und seit 1218 als deren Nachfolger die Staufer
innehatten. 1190 bzw. 1218 erlangte der zur Stadt gewordene Ort
Reichsunmittelbarkeit, 1277 eigene Gerichtsbarkeit. Von 1330 bis 1415 war S.,
das 1407 vom Kloster das Schultheißenamt erwarb, an Habsburg verpfändet, kaufte
sich aber nach dem Zunftaufstand von 1411 im Jahre 1415 wieder frei. 1454
schloss es sich der Eidgenossenschaft der Schweiz als zugewandter Ort an und
trat ihr 1501 als zwölfter Ort bei. 1491 erwarb die Stadt von den Landgrafen im
Klettgau die Blutgerichtsbarkeit über die meisten Vogteien
im Mundat am Randen (Mundat von Randen) und 1525 vom Hochstift Konstanz die
Herrschaft Neunkirch-Hallau. 1529 wurde die Reformation eingeführt und das
Kloster Allerheiligen, das seine Herrschaftsrechte im 15. Jahrhundert an die
Stadt abgetreten hatte, säkularisiert. 1656/1657 gewann S. von den Grafen von
Sulz die Hochgerichtsbarkeit über den oberen Klettgau, 1651/1723 von Österreich
die Hochgerichtsbarkeit über einige Vogteien im
Hegau. 1798 wurde S. Teil der Helvetischen Republik, 1803/1815 Hauptstadt des
neuen Kantons S. S. Schaffhausen (Kanton), Schaffhausen (Reichskloster).
L.: Wolff 526; Großer Historischer Weltatlas II 72 b (bis 1797) F1; Früh, K.,
Beiträge zur Stadtgeographie Schaffhausens, Diss. phil. Zürich 1950; Schib, K.,
Geschichte der Stadt und Landschaft Schaffhausen, 1972; Zotz, T., Schaffhausen,
LexMA 7 1995, 1434f.; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 546;
Schultheiss, M., Institutionen und Ämterorganisation der Stadt Schaffhausen 1400-1550,
2006.
Schaumburg (Grafschaft). Die Burg S. oder
Schauenburg bei Rinteln an der mittleren Weser wurde am Anfang des 12.
Jahrhunderts von einem vielleicht aus dem Magdeburger Raum (Sandersleben)
stammenden Grafengeschlecht erbaut, das um 1030 mit der Grafschaft zwischen
Rinteln und Hameln belehnt war und sich nach der Burg nannte, jedenfalls
bereits seit Jahren bzw. Jahrzehnten im Mindener Raum bzw. an der Mittelweser
verwurzelt erscheint. 1110 (1111) wurden die Grafen von S. nach dem gewaltsamen
Tode des Grafen Gottfried von dem sächsischen Herzog Lothar von Süpplingenburg
mit der Grafschaft Holstein und Stormarn (Nordalbingien) belehnt. Zwischen
1201/1205 und 1224/1247 mussten die Grafen zugunsten Dänemarks auf Holstein
verzichten. 1241/1273 teilte sich das Haus in eine Kieler, vor allem in
Holstein und Stormarn begüterte, 1315 ausgestorbene Linie und eine Itzehoer
Linie. 1295/1297 wurden die Grafschaften S. und Holstein der Itzehoer Linie auf
zwei Linien verteilt, neben denen noch eine 1390 ausgestorbene Linie Plön
bestand. Die holsteinische bzw. Rendsburger Linie (Herzogslinie) vereinigte
nach und nach alle Güter mit Ausnahme der Stammgrafschaft S. und der Herrschaft
Pinneberg und erwarb zeitweise Schleswig tatsächlich, 1375/1386 als Lehen
Dänemarks. Bei ihrem Aussterben 1459 kamen Schleswig und Holstein auf Grund des
Vertrages von Ripen an das Haus Oldenburg, das 1448 den Thron in Dänemark
bestiegen hatte. Die Schauenburger (Schaumburger) bzw. Holstein-Schauenburger
(Holstein-Schaumburger) Linie (jüngeres Haus S.), welche die zum
niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende, sich am Ende des 14.
Jahrhunderts zwischen Steinhuder Meer, Weserbergland, Weser und Deister
erstreckende Stammgrafschaft S. und 1307/1314 die holsteinische Herrschaft
Pinneberg erhalten, 1377 die seit 1399 an Lippe verpfändete, im 16. Jahrhundert
endgültig verlorene Grafschaft Sternberg, 1492 durch Heirat bzw. Erbfall die
bis 1635 gewahrte Herrschaft Gemen mit dem Pfand am Vest Recklinghausen (bis
1573) und 1573 durch Erbfall die Herrlichkeit Bergen in Nordholland erworben
hatte (1641 verkauft), starb 1622 in der Hauptlinie und 1640 in der Nebenlinie
Gemen kurz nach der Gründung der Universität Rinteln (1619 Stadthagen, 1621
Rinteln, 1810 aufgehoben) und der Verlegung der Residenz nach Bückeburg aus.
Ihre Ansprüche auf die Güter der 1390 ausgestorbenen Linie von Plön bzw. auf
Holstein waren 1459 durch Geldleistungen und den Behalt von Pinneberg
abgefunden worden. (Die neben dem Herzogtum H. bestehende Grafschaft Holstein
wurde nach dem Aussterben der Grafen von Holstein und Stormarn 1640 an den
König von Dänemark verkauft). 1643 kam die Herrschaft Pinneberg an die
Landesherren von Holstein, König Christian IV. von Dänemark und Herzog
Friedrich III. von Holstein-Gottorp (Gottorf). Die Grafschaft S. wurde
1647/1648 aufgeteilt, wobei Braunschweig-Lüneburg einige Vogteien mit Lauenau und Bokeloh, Hessen-Kassel als in
Personalunion verbundene Grafschaft S. die Ämter S., Rodenberg und das halbe
Amt Sachsenhagen (insgesamt 8,5 Quadratmeilen Gebiet) sowie das Haus
Lippe-Alverdissen (Lippe) über die Mutter des letzten Grafen von S. die übrigen
Gebiete (Bückeburg, Stadthagen, Hagenburg, Arensburg und das halbe Amt
Sachsenhagen, insgesamt 8 Quadratmeilen mit 20000 Einwohnern) unter nomineller
Oberhoheit Hessen-Kassels erhielt (Schaumburg-Lippe). Der hessische Anteil mit
Rinteln, der seit 1821 als Exklave der Provinz Niederhessen zugeteilt war, kam
1866 an Preußen (Provinz Hessen-Nassau, 1932 Provinz Hannover) und 1946 an
Niedersachsen. Schaumburg-Lippe bestand bis 1946. Zum 1. 11. 1946 ging das
Gebiet der gesamten alten Grafschaft S., die dem westfälischen
Reichsgrafenkollegium angehört hatte, über Preußen in Niedersachsen auf.
L.: Wolff 347f.; Zeumer 554 II b 63, 6; Wallner 703 WestfälRK 19, 22; Schnath,
G./Lübbing, H./Engel, F., Niedersachsen, (in) Geschichte der deutschen Länder,
Bd. 1; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E2, III 22 (1648) D2, III 38
(1789) C1; Die Territorien des Reichs 6, 152; Schmidt, G., Die alte Grafschaft
Schaumburg, 1920; Möller, H., Studien zur Rechtsgeschichte der
„Schauenburgischen Lande“ in Holstein, 1939; Engel, F., Geschichte der
Grafschaft Schaumburg, (in) Geschichte des Landes Niedersachsen, ein Überblick,
1962; Busch, F., Schaumburgische Bibliographie, 1964; Maack, W., Die Grafschaft
Schaumburg, 2. A. 1964; Wieden, H. bei der, Schaumburgische Genealogie, 1966;
Maack, W., Die Geschichte der Grafschaft Schaumburg, 1986; Steinwascher, G., Die
frühe Geschichte des Klosters Rinteln und ihre Bedeutung für den Aufbau der
Grafschaft Schaumburg, Niedersächs. Jb. f. LG. N.F. 58 (1986); Laur, W., Die
Ortsnamen in Schaumburg, 1993; Hemann, F., Schaumburg, LexMA 7 1995, 1443;
Husmeier, G., Geschichtliches Ortsverzeichnis für Schaumburg, 2008; Eick, S.,
Die Kanzlei und das Urkundenwesen der Grafen von Holstein-Schaumburg zwischen
1189 und 1209, 2008; Schaumburg im Mittelalter, hg. v. Brüdermann, S., 2013.
Scheyern (Kloster). Nach der Burg S. im Hügelland
der Ilm nannten sich seit 1079 Grafen von S., die in der zweiten Hälfte des 11.
Jahrhunderts die Vogtei über das Hochstift
Freising erhielten. Seit 1115 gab die Burg Wittelsbach ihnen den Namen.
1119/1123 wurde S. Benediktinerkloster. Dieses wurde 1803 aufgehoben, 1838 aber
wiederhergestellt.
L.: Hartig, M., Scheyern, 1939; Stephan, M., Die Traditionen des Klosters
Scheyern, 1986; Stephan, M., Die Urkunden und die ältesten Urbare des Klosters Scheyern,
1988; Reichhold, A., Das Kloster Scheyern als Grundherr, (in) Studien und
Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 106 (1995), 247; Störmer,
W., Scheyern, LexMA 7 1995, 1452.
Schlüchtern (Kloster, Grafschaft). Vermutlich im
frühen 9. Jahrhundert wurde in S. (993 Sluohderin) an der oberen Kinzig ein
wohl mit Fulda verbundenes Kloster gegründet. 993 ließ sich das Hochstift
Würzburg von König Otto III. Ansprüche auf S. bestätigen. Würzburgs Einfluss
wurde seit dem 12. Jahrhundert durch die Vogtei
der Herren von Grumbach zurückgedrängt. 1243 kam die nördliche Hälfte des Vogteigebiets an die Herren von Trimberg, die südliche
Hälfte an die Herren von Steckelberg, 1307 an die Grafen von Rieneck-Rothenfels.
1316 erlangten die Herren bzw. Grafen von Hanau die südliche und 1371 auch die
nördliche Hälfte (Grafschaft S.). 1656 verzichtete Würzburg auf seine Rechte,
nachdem das Kloster 1539 zur Reformation übergeführt worden war. 1609 wurde die
Klosterverfassung aufgehoben. Über Hanau kam S. an Hessen-Kassel, Preußen
(1866) und Hessen (1945).
L.: Wolff 270; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3; Schiele, F., Die
Reformation des Klosters Schlüchtern, 1907; Zimmermann, E., Hanau, Stadt und
Land, 2. A. 1917; Nistahl, M., Studien zur Geschichte des Klosters Schlüchtern
im Mittelalter, 1986; Müller, H., Geschichte und Geschichten aus Schlüchtern,
1994.
Schönau (Kloster). 1117/1126 gründete der Graf
von Laurenburg unter Mitwirkung des Klosters Allerheiligen in Schaffhausen auf
seinem Eigengut Lipporn eine Benediktinerabtei bei Strüth und übertrug 1132 das
Kloster unter dem Namen S. dem Erzstift Mainz unter Vorbehalt der Vogtei. 1803 wurde das Kloster zugunsten von
Nassau-Weilburg (Nassau) aufgehoben. 1866 kam S. zu Preußen, 1946 zu
Rheinland-Pfalz.
L.: Heinemeyer, K., Schönau, LexMA 7 1995, 1530f.
Schöntal (reichsunmittelbare Abtei, Reichsabtei).
Nach der Mitte des 12. Jahrhunderts (1153?, vor 1157) gründete der fränkische
Ritter Wolfram von Bebenburg auf seinem Gut Neusaß an der Jagst das
Zisterzienserkloster Neusaß, das vor 1163 nach S. (Hoefelden) verlegt und
dementsprechend umbenannt wurde. 1157 erhielt es die Bestätigung des Kaisers
und 1176/1177 die des Papstes. 1418 erlangte es die Reichsunmittelbarkeit,
wurde aber 1495 durch Übertragung der Vogtei
seitens Königs Maximilian dem Erzstift Mainz unterstellt. 1671 erwarb S. die im
Kanton Odenwald des Ritterkreises Franken immatrikulierte
reichsritterschaftliche Herrschaft Aschhausen mit Teilen von Bieringen und
Teilen von Sershof, gewann jedoch weder Reichsstandschaft noch
Kreisstandschaft. Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste das unmittelbare Gebiet
der Abtei 0,5 Quadratmeilen mit 300 Einwohnern. Sie hatte insgesamt noch
folgende Güter: S., Aschhausen, Bieringen mit Weltersberg, Diebach, Oberkessach
mit Hopfengarten und Weigental (Weigenthal), Westernhausen, halb Berlichingen,
die Höfe Büschelhof, Eichelshof, Halberg, Halsberg, Muthof, Neuhof, Neusaß,
Sershof, Schleierhof, Spitzenhof, den Propsteihof zu Mergentheim, den
Schöntaler Hof in Heilbronn und über 4500 Morgen Land. Um 1800 zählte S. zum
Kanton Odenwald. 1802/1803 kam es mit sieben Dörfern und etwa 3100 Einwohnern
an Württemberg und wurde aufgehoben. 1951/1952 fiel S. über Württemberg an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 101, 493; Winkelmann-Holzapfel 162; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) E4; Riedenauer 129; Erzberger, M., Die Säkularisation in Württemberg
von 1802-1810, 1902; Betzendörfer, W., Kloster Schöntal, 1937; Hölzle, E., Der
deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Die Kunstdenkmäler in
Württemberg. Ehemaliges Oberamt Künzelsau, bearb. v. Himmelheber, G., 1962;
Mellentin, E., Kloster Schöntal, 1964; 825 Jahre Kloster Schöntal, 1982; Eberl,
I., Schöntal, LexMA 7 1995, 1539f.
Schwaben (Herzogtum, Reichslandvogtei
Oberschwaben und Niederschwaben). Das nach der germanischen Völkerschaft der
Sweben bezeichnete S. umfasste ursprünglich die (spätere) deutsche Schweiz, das
Elsass, Südbaden, Südwürttemberg und das Gebiet bis zum Lech und wurde zunächst
von den swebischen Alemannen besiedelt und nach ihnen benannt. Das ältere, seit
dem 6. Jahrhundert ausgebildete Herzogtum der Alemannen wurde 746 von den
Franken beseitigt. 843 kam Alemannien zum ostfränkischen Reich, in dem es
zunehmend als S. bezeichnet wurde. Mehrere Geschlechter rangen miteinander um
die Macht (Hunfridinger, Alaholfinger). Nach dem Aussterben der ostfränkischen
Karolinger wechselte die Würde des Herzogs von S. zwischen verschiedenen
Familien (Hunfridinger/Burchardinger, Konradiner, Babenberger/Liudolfinger).
Heinrich IV. übertrug sie 1079 seinem Schwiegersohn Friedrich von Büren bzw.
Staufen, dessen Geschlecht die durch Anfall welfischer, Pfullendorfer,
Lenzburger und zähringischer Güter vermehrte Würde bis 1268 (Herzog Konradin)
innehatte. Nach Aussterben der Familie bereicherten sich die Großen des Landes,
vor allem die Grafen von Württemberg, am Reichsgut und Herzogsgut und
verhinderten die Wiederherstellung des Herzogtums S. durch König Rudolf von
Habsburg, der zwar das Herzogtum seinem Sohn Rudolf († 1290) verlieh, unter dessen
Enkel Johann Parricida aber der Titel erlosch. Immerhin vereinigte Rudolf von
Habsburg die Reste des Reichsgutes in Reichslandsvogteien. Von diesen verlor
die nördlich der Donau gelegene Reichslandvogtei Niederschwaben rasch an
Bedeutung. Dagegen vermochte die südlich der Donau gelegene Reichslandvogtei
Oberschwaben, gestützt auf ursprünglich welfisch-staufische Rechte um
Ravensburg und seit 1415 auf das Gebiet der sog. Freien auf der Leutkircher
Heide, sich zu behaupten. 1378 wurde ihr die Reichslandvogtei Niederschwaben
zugeschlagen. Sitz der Landvogtei (Reichslandvogtei in Oberschwaben und
Niederschwaben) war die Ravensburg, seit 1647 Altdorf (Weingarten). Eine
umfassende Wiedergewinnung der alten Reichsrechte gelang freilich nicht.
Lediglich um Altdorf (Weingarten) blieb ein bescheidenes Herrschaftsgebiet
bestehen. Die Landvogtei wurde mehrfach verpfändet. 1541 kam sie als
Reichspfandschaft endgültig an Österreich (Schwäbisch-Österreich). Ihre
Landeshoheit erfasste rund 25000 Einwohner, doch bestanden Geleitsrechte,
Forstrechte, Gerichtsrechte und Vogteirechte
auch gegenüber vielen anderen oberschwäbischen Reichsständen. 1805 kam die zum
österreichischen Reichskreis zählende Vogtei an
Württemberg. Das Gebiet der Freien auf der Leutkircher Heide (Amt Gebrazhofen)
fiel 1805 an Bayern und 1810 an Württemberg und damit 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 43, 136; Wallner 713 ÖsterreichRK 1; Großer Historischer Weltatlas II
34 (1138-1254) F4; Gönner, E./Zorn, W., Schwaben, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Stälin, P., Geschichte Württembergs, Bd. 1 1882ff.; Baumann, F.,
Forschungen zur schwäbischen Geschichte, 1898; Schröder, A./Schröder, H., Die
Herrschaftsgebiete im heutigen Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg nach dem
Stand von Mitte 1801, Z. hist. Ver. Schwaben und Neuburg 32 (1906); Schröder,
A., Die staatsrechtlichen Verhältnisse im Bayerischen Schwaben um 1801, Jb.
Hist. Ver. Dillingen 19 (1906); Weller, K., Die freien Bauern in Schwaben, ZRG
54 (1934); Ernst, F., Zur Geschichte Schwabens im ausgehenden Mittelalter, (in)
Festgabe Bohnenberger, 1938; Weller, K./Weller, A., Besiedlungsgeschichte
Württembergs vom 3. bis 13. Jahrhundert, 1938; Bader, K., Der deutsche
Südwesten in seiner territorialstaatlichen Entwicklung, 2. unv. A. 1978; Tüchle,
H., Kirchengeschichte Schwabens, Bd. 1f. 1950ff.; Historisches Ortsnamenbuch
von Bayern, hg. v. der Komm. f. bay. LG. (1952ff.), Teil Schwaben; Zorn, W.,
Historischer Atlas von Schwaben, Schwäbische Bll. 4 (1953); Historischer Atlas
von Bayerisch Schwaben, hg. v. Zorn, W., 1955; Gönner, E./Müller, M., Die
Landvogtei Schwaben, (in) Vorderösterreich, hg. v. Metz, F., 3. A. 1978;
Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, II, 22, 51, 52, 94, III,
27, Swabun, Volksname, Landname, Swabolant, Svavaland, Swabo richi, Suevia,
Schwaben; Lautenbacher, G., Bayerisch Schwaben, 1968; Weller, K./Weller, A.,
Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum, 8. A. 1975; Maurer, H.,
Der Herzog von Schwaben, 1978; Blickle, P./Blickle, R., Schwaben von 1268 bis
1803, 1979; Hofacker, H., Die schwäbischen Reichslandvogteien im späten
Mittelalter, 1980; Fried, P./Lengle, P., Schwaben von den Anfängen bis 1268,
1988; Früh- und hochmittelalterlicher Adel in Schwaben und Bayern, hg. v.
Eberl, I., 1988; Graf, K., Das Land Schwaben im späten Mittelalter, (in)
Regionale Identität und soziale Gruppen im deutschen Mittelalter, 1992, 127;
Baum, W., Die Habsburger in den Vorlanden, 1993; Zotz, T., Schwaben, LexMA 7
1995, 1598ff.; Handbuch der bayerischen Geschichte, hg. v. Spindler, M., Bd. 3,
3 3. A. 1997; Geschichte Schwabens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, hg. v.
Kraus, A., 2001; Zettler, A., Geschichte des Herzogtums Schwaben, 2003; Das
Reich in der Region während des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, hg. v.
Kießling, R. u. a., 2005; Adel im Wandel, hg. v. Bumiller, C. u. a., 2006; Die
Integration in den modernen Staat, hg. v. Hoffmann, C. u. a., 2007.
Schwalenberg (Grafen, Grafschaft). Nach der von
Oldenburg an die obere Weser verlegten, 1225 zuerst genannten Burg S. nannte
sich seit 1127 ein seit 1101 fassbares Adelsgeschlecht (Widukind I.), das
vermutlich aus einem engrischen Grafengeschlecht hervorging. Es hatte Eigen und
Lehen zwischen Herford und Höxter sowie um Korbach und Waldeck. Es erwarb neben
anderen Rechten die Vogtei über das Hochstift
Paderborn (1124-1189), die Vizevogtei über das Stift Corvey und die Vogtei über Höxter. Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen
1180 gewann es eine beherrschende, fast reichsunmittelbare Stellung zwischen
Herford und Höxter. Wenig später spaltete es die Linien Pyrmont (1194-1494),
Waldeck (1219 bzw. 1228/1229 bzw. vor 1231) und Sternberg (um 1240, 1243-1377)
ab. Das gegen 1300 in zwei Teile zerfallene restliche Herrschaftsgebiet (u. a.
Schieder) gelangte 1365 nach dem Aussterben des Hauses an Lippe (drei Viertel)
und Paderborn (ein Viertel). Bis 1762 wurde S. von lippischen Nebenlinien
genutzt. 1808 kam S. an Lippe, Oldenburg und Stoppelberg an das Königreich
Westphalen als Nachfolger des Hochstifts Paderborn. Mit Lippe fiel S. 1947 an
Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 326,349; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 38 (1789)
B3; Rasch, H., Stadt und Land Schwalenberg, 1957; Forwick, F., Die staatsrechtliche
Stellung der ehemaligen Grafen von Schwalenberg, 1963; Johanek, P.,
Schwalenberg, LexMA 7 1995, 1610; Zunker, D., Adel in Westfalen, 2003, 146 (mit
genealogischer Übersicht).
Soden, (Reichsdorf) (seit 1947 Bad Soden am
Taunus). 1035 gab Kaiser Konrad II. dem Kloster Limburg an der Haardt (Hardt)
den königlichen Hof zu Sulzbach mit Teilen des Gebiets der später zur Vogtei Sulzbach gehörenden Dörfer Altenhain,
Neuenhain, Schneidhain (Schneidenhain) und S. Die freien Bauern wurden hiervon
nicht betroffen. 1191 wird S. am Taunus erstmals erwähnt. 1282 stellten sich
die freien Bauern von S. und Sulzbach unter den Schutz der Stadt Frankfurt am
Main und verpflichteten sich dafür zur Heeresfolge. Die Dörfer Neuenhain,
Altenhain und Schneidhain (Schneidenhain) gerieten dagegen unter die Herrschaft
der Vögte des Klosters Limburg für die Güter der Vogtei
Sulzbach, nämlich der Herren von Eppstein, später der Grafen von
Stolberg-Königstein. 1450 gelangten S. und Sulzbach auf Grund eines Frankfurter
Darlehens pfandweise ganz unter die Herrschaft Frankfurts, das zeitweilig auch
den Limburger Fronhof erwarb. Als das Kloster Limburg 1561 an die Pfalz
(Kurpfalz) fiel, musste Frankfurt den Fronhof an die Pfalz herausgeben und in
eine Teilung der hohen Obrigkeit in den Dörfern einwilligen. 1613 gelang es S.
und Sulzbach, sich durch Rückzahlung von 800 Gulden rechtlich von der
Frankfurter Herrschaft zu befreien. 1650 trat die Pfalz die Vogtei Sulzbach an das Erzstift Mainz ab. 1656
einigten sich Frankfurt und das Erzstift Mainz über die Rechte der gemeinsamen
Herrschaft in Sulzbach und S. 1803 fielen Sulzbach und S. an Nassau-Usingen
(Nassau) und damit 1866 an Preußen und 1945 an Hessen.
L.: Hugo 462; Wolff 506; Moser, K. v., Die Reichsfreiheit der Gerichte und
Gemeinden Sulzbach und Soden, 1753; Straub, V., Aktenmäßige Deduktion und
rechtsgründliche Widerlegung auf das Impressum: Die Reichfreiheit deren
Gerichten und Gemeinden in Sulzbach und Soden, 1754 ungedruckt; Kaufmann, E.,
Geschichte und Verfassung der Reichsdörfer Soden und Sulzbach, 2. A. 1981.
Söflingen (Reichsabtei). 1258 verlegte ein um 1237
in Ulm gegründeter Klarissenkonvent seinen Sitz nach S. Die Vogtei über dieses vor allem von den Grafen von
Dillingen rasch Güter erwerbende Kloster gab Kaiser Karl IV. 1357 an die
Reichsstadt Ulm. Nach langen Auseinandersetzungen löste die Abtei 1773 durch
Güterabtretungen die Rechte Ulms ab und wurde reichsunmittelbar. Seit 1775
gehörte die Äbtissin des den Bettelorden zuzurechnenden Klarissenklosters zu
den schwäbischen Prälaten der geistlichen Bank des Reichsfürstenrats des
Reichstags und zum schwäbischen Reichskreis. Das Gebiet der Abtei umfasste 2
Quadratmeilen bzw. rund 110 Quadratkilometer mit 4000 Einwohnern. Dazu gehörten
die Orte S., Harthausen, Ermingen, Eggingen, Schaffelkingen, Burlafingen und
einzeln stehende Häuser und Höfe. 1802 kam es an Bayern, 1810 (bis auf
Burlafingen) an Württemberg und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Zeumer 552 II a 36, 22; Großer Historischer Weltatlas III 38 (1789) C3;
Erzberger, M., Die Säkularisation in Württemberg von 1802-1810, 1902; Hölzle,
E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Miller, M., Die
Söflinger Briefe und das Klarissenkloster Söflingen bei Ulm im Spätmittelalter,
1940; Frank, K., Das Klarissenkloster Söflingen, 1980.
Solothurn (Reichsstadt, Kanton). An der Stelle
einer bisher archäologisch nicht erwiesenen keltischen Siedlung errichteten die
Römer das keltisch bezeichnete Kastell Salodurum. Das danach im Osten von
Alemannen und im Westen von Burgundern besetzte Gebiet kam 888 an das
Königreich Burgund und 1032 mit diesem an das Reich. Seit 1127 unterstand es
der Vogtei der Herzöge von Zähringen und wurde
nach deren Aussterben 1218 Reichsstadt. Von 1295 an verbündete diese sich mit
Bern und erwarb seit 1389 Gebiete im Aaretal und im Jura (Herrschaften Buchegg
1391, Falkenstein 1402/1420, Olten 1426, Gösgen [Obergösgen, Niedergösgen]
1458), nachdem sie von Kaiser Ludwig dem Bayern 1344 das
Stadtschultheißenwahlrecht und die Verfügung über Münze und Zoll sowie von
Kaiser Karl IV. 1360 das Stadtschultheißenamt und 1365 die Hochgerichtsbarkeit
erworben hatte. 1481 wurde S. in die Eidgenossenschaft der Schweiz aufgenommen,
nachdem es 1353 durch den Eintritt Berns in die Eidgenossenschaft bereits
zugewandter Ort geworden war. 1803 wurde das stets katholisch und aristokratisch-oligarchisch
gesinnte, territorial zerrissene S. Kanton der Schweiz (791 Quadratkilometer).
Verfassungsänderungen erfolgten 1814, 1830, 1856, 1875 und 1887.
L.: Wolff 525f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) D2; Meyer, K.,
Solothurnische Verfassungszustände zur Zeit des Patriziates, 1921; Amiet, B.,
Die solothurnische Territorialpolitik von 1344 bis 1532, 1929; Amiet, B.,
Solothurnische Geschichte, Bd. 1ff. 1952ff.; Solothurner Urkundenbuch, bearb.
v. Kocher, A., Bd. 1, 2 1952ff.; Sigrist, H. u. a., Solothurn, 3. A. 1972;
Solothurn, bearb. v. Schubinger, B., 1990; Noser, O., Solothurn, LexMA 7 1995,
2038f.
Sommerschenburg (Pfalzgrafen). Seit 1129 nannten sich
die Pfalzgrafen von Sachsen nach der Burg S. (Somerischenborg) südöstlich
Helmstedts. Sie hatten Eigengut an der oberen Aller und am Lappwald,
Grafenrechte im Hosgau (Hassegau) und um Seehausen sowie die Vogtei u. a. über Helmstedt (1145), Schöningen (1120),
Quedlinburg (vor 1137-1179) und Gandersheim (nach 1152). Als Anhänger Heinrichs
des Löwen verloren die Pfalzgrafen 1180 ihre Rechte an Wettin (Seehausen) und
an die Landgrafen von Thüringen (Pfalzgrafschaft, Hassegaugrafschaft) bzw.
verkauften sie 1179 an den Erzbischof von Magdeburg (S.).
L.: Wolff 428; Petke, W., Sommerschenburg, LexMA 7 1995, 2042.
Steinfurt (Herrschaft, Grafschaft). Nach der 1129
erwähnten Burg S. (Stenvorde, Burgsteinfurt) an der Aa im Norden der
Münsterschen Bucht nannten sich Edelherren von S., die eine aus Grundrechten, Vogteirechten und Gerichtsrechten bestehende
Herrschaft aufbauten (Kirchspiel Steinfurt, Vogtei
über Borghorst ab 1270, Freigrafschaft Laer, Amt Rüschau ab 1279, Gronau 1365).
1357 wurde Laer an das Reich aufgetragen. Nach dem Aussterben der Herren fiel
die Herrschaft S. über die Erbtochter 1421 an Everwin von Götterswick, der im
gleichen Jahr die Grafschaft Bentheim erbte, und damit an die Grafen von Bentheim.
1454 wurden Bentheim und S. in zwei Linien verselbständigt. 1495 wurde S. zum
Schutz vor dem Hochstift Münster dem Reich als Lehen aufgetragen und zur
Reichsgrafschaft erhoben. Sie zählte, vermindert um das im 16. Jahrhundert an
das Hochstift Münster gelangte Amt Rüschau, zum niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis und zum westfälischen Reichsgrafenkollegium. 1716 wurde sie nach
einem 1547 eingeleiteten Prozess auf Stadt und Kirchspiel Burgsteinfurt
beschränkt. 1804 wurde Bentheim durch die Linie S. (Bentheim-Steinfurt) wieder
mit ihr vereinigt. 1806 kam sie mit 1,5 Quadratmeilen Gebiet zum Großherzogtum
Berg, 1811 an Frankreich, 1815 an Preußen. 1946 gelangte Burgsteinfurt an
Nordrhein-Westfalen. S. Bentheim-Steinfurt.
L.: Wolff 312, 351f.; Wallner 704 WestfälRK 41; Großer Historischer Weltatlas
III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B1; Die Territorien des Reichs 3, 182;
Castelle, F., Unse stat to Stenvorde, 1947; Köbler, G., Gericht und Recht in
der Provinz Westfalen (1815-1945), FS G. Schmelzeisen, 1981, 171; Steinfurt.
Bibliographie, hg. v. Pries, H., 1989; Hemann, F., Steinfurt, LexMA 8 1996, 99.
Straßburg (Hochstift, Residenz des Bischofs). Die
Römer errichteten um 16 n. Chr. an der Mündung der Ill in den Rhein das Lager
Argentorate, aus dem sich ein bedeutender Handelsort entwickelte, in dem seit
dem 4. Jahrhundert, urkundlich seit 614, ein Bischofssitz bezeugt ist. In
fränkischer Zeit kam das Bistum, welches das Unterelsass ohne Weißenburg, ein
kleines Stück des Oberelsass um Rufach sowie rechtsrheinisch das Gebiet
zwischen Elz und Baden-Baden bis zum Schwarzwaldkamm umfasste, zur Erzdiözese
Mainz, bei der es bis 1801 verblieb (1822 Besançon, 1871 exemt). Zwischen 1223
und 1260 gelang den Bischöfen die Ausbildung eines weltlichen, freilich sehr
zersplitterten Herrschaftsgebiets zwischen Landau in der Pfalz und dem Bieler
See (Rufach, Zabern, Ettenheim [810 erstmals erwähnt, bald Mittelpunkt der
oberen bischöflichen Herrschaft rechts des Rheins], Oberkirch [1303]), das in
der Mitte des 14. Jahrhunderts etwa 1400 Quadratkilometer umfasste. 1262
verloren sie allerdings die 974/982 gewonnene Herrschaft über die Stadt S. 1359
erhielt der Bischof, der seit 1444 meist in Zabern, von 1789 bis 1803 in Ettenheim,
das schon länger Sitz des bischöflichen Amtes gewesen war, residierte, infolge
Ankaufs der Landgrafschaft Elsass (Unterelsass) den Titel Landgraf des Elsass.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts standen nach einer Aufteilung von 1595 dem
Domkapitel das Gebiet um die Burg Frankenburg mit neun Dörfern, das Amt Börsch
mit vier und das Amt Erstein mit drei Dörfern zu, dem Bischof die Ämter
Benfeld, Dachstein, Kochersberg, Markolsheim, Schirmeck, Wanzenau (Wengenau)
und Zabern im Unterelsass, das Amt Rufach, die Vogtei
Obersulz und die Lehen Freundstein (Freudstein) und Herlisheim im Oberelsass
sowie rechtsrheinisch die Ämter Ettenheim, Oberkirch und die Herrschaft in der
Oppenau. 1648 musste der Bischof die Lehnshoheit Frankreichs über die
linksrheinischen Gebiete des zum oberrheinischen Reichskreis zählenden
Hochstifts anerkennen, blieb aber Reichsfürst. 1680 kamen die linksrheinischen
Gebiete an Frankreich und wurden 1789/1792 säkularisiert. Die rechtsrheinischen
Gebiete fielen 1803 an Baden (Fürstentum Ettenheim mit 6,5 Quadratmeilen und
60000 Einwohnern) und von dort 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 235; Zeumer 552 II a 11; Wallner 697 OberrheinRK 21; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D4, III 22 (1648) C4, III 38 (1789) C3; Die
Territorien des Reichs 5, 72; Fritz, J., Das Territorium des Bistums Straßburg,
1885; Kiener, F., Studien zur Verfassungsgeschichte des Territoriums des
Bistums Straßburg, 1912; Meyer, O., La régence épiscopale de Saverne, 1935;
Burg, A. M., Histoire de l’Eglise d’Alsace, 1946; Wunder, G., Das Straßburger
Landgebiet, 1967; Strasbourg, hg. v. Rapp, F., 1982; Rapp, F., Straßburg, LexMA
8 1996, 213ff.; Bauer, T., Lotharingien als historischer Raum, 1997; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 615,
1, 2, 564; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 494.
Sulzbach (Grafen, Grafschaft). Zu Anfang des 11.
Jahrhunderts entstand auf einem felsigen Kalkberg die Burg S., nach der sich
seit 1071 Grafen von S. nannten, die von dem Babenberger Herzog Ernst I. von
Schwaben († 1015) und der Konradinerin Gisela abstammen und deren Stammvater
Berengar 1003 Graf im Nordgau war. Neben Eigen hatten sie Lehen Bambergs im westlichen
Nordgau und in Österreich sowie die Vogtei über
das Hochstift Bamberg. 1057 gewannen sie weitere Güter aus dem Erbe der
ausgestorbenen Grafen von Schweinfurt. 1071 wurden sie erstmals als Grafen
genannt. 1188 erlosch das Geschlecht. Seine Güter fielen an die Staufer und
verwandte bayerische Adelsgeschlechter, vor allem die Grafen von Hirschberg.
Die Grafschaft S. kam 1269 teilweise, nach dem Aussterben der Grafen von
Hirschberg 1305 vollständig an die wittelsbachischen Herzöge von Bayern, 1329
an deren pfälzische Linie. Von 1349/1353 bis 1373 war S. unter Karl IV.
Hauptort der luxemburgischen Güter der Krone Böhmens in der Oberpfalz
(Neuböhmen), kam dann aber wieder an Bayern zurück. 1505 wurde es nach dem
Landshuter Erbfolgekrieg Teil Pfalz-Neuburgs, von 1610/1616/1656 bis 1742 Sitz
des Fürstentums Pfalz-Sulzbach. Danach fiel das zum bayerischen Reichskreis
zählende) S. infolge (der Beerbung der Pfalz bzw. Pfalz-Neuburgs durch
Pfalz-Sulzbach 1742 und) der Beerbung Bayerns durch die Pfalz 1777 (Pfalz-Sulzbach)
wieder mit Bayern zusammen. S. Pfalz-Sulzbach.
L.: Wolff 141; Wallner 712 BayRK 5; Gack, G., Geschichte des Herzogthums
Sulzbach, Neudruck 1988; Pfeiffer, R./Wiedemann, H., Sulzbach in der deutschen
Geschichte, 1965; Piendl, M., Herzogtum Sulzbach, Landrichteramt Sulzbach,
Oberpfälzer Heimat 14 (1970); Sturm, H., Das wittelsbachische Herzogtum
Sulzbach, 1980; Schmid, A., Sulzbach, LexMA 8 1996, 304; Dendorfer, J., Adelige
Gruppenbildung und Königsherrschaft, 2004; Hochmittelalterliche Adelsfamilien
in Altbayern, Franken und Schwaben, hg. v. Kramer, F. u. a., 2005.
Sulzbach (Reichsdorf). 1035 gab Kaiser Konrad II.
dem Kloster Limburg an der Haardt (Hardt) bei Dürkheim (Bad Dürkheim) an der
Weinstraße den königlichen Hof zu S. mit Teilen des Gebiets der später zur Vogtei S. gehörenden Dörfer Altenhain, Neuenhain,
Schneidhain und Soden im Taunus. Die freien Bauern wurden hiervon nicht
betroffen. 1282 stellten sich die freien Bauern von Soden und S. unter den
Schutz der Stadt Frankfurt am Main und verpflichteten sich dafür zur
Heeresfolge. 1450 gerieten Soden und S. auf Grund eines Frankfurter Darlehens
pfandweise ganz unter die Herrschaft Frankfurts. Als das Kloster Limburg 1561
an die Pfalz (Kurpfalz) fiel, musste Frankfurt in eine Teilung der hohen
Obrigkeit einwilligen. 1613 gelang es Soden und S., sich durch Rückzahlung
rechtlich von der Frankfurter Herrschaft zu befreien. 1650 trat die Pfalz die Vogtei S. an das Erzstift Mainz ab. 1656 einigten sich
Frankfurt und das Erzstift Mainz über die Rechte der gemeinsamen Herrschaft in
S. und Soden. 1803 fielen S. und Soden an Nassau-Usingen (Nassau) und damit
1866 an Preußen und 1945 an Hessen.
L.: Hugo 463; Wolff 506; Kaufmann, E., Geschichte und Verfassung der
Reichsdörfer Soden und Sulzbach, 2. A. 1981.
Teck (Herzöge). Die Burg T. in der
Schwäbischen Alb ist erstmals 1152 bezeugt. Sie war Sitz einer vor 1187
entstandenen Nebenlinie der Herzöge von Zähringen, die sich seit (etwa 1186
bzw.) 1187 Herzöge von T. nannte, sich 1218 beim Aussterben der Herzöge von
Zähringen mit einer Geldabfindung zufriedengab und sich am Ende des 13.
Jahrhunderts in die Linien Oberndorf mit Gütern im Neckargau und Owen mit
Gütern um T. teilte. Schon früh musste die Vogtei
über das Reichsgut Rottweil an den König zurückgegeben werden. 1303 verkaufte
die Linie Oberndorf ihre Hälfte der Herrschaft an Habsburg bzw. Österreich. Im
Wettstreit mit Habsburg kauften die Grafen von Württemberg 1317 die Herrschaft
Rosenfeld von der Linie Oberndorf, die 1363 verarmt ausstarb, und gewannen von
1319 bis 1323 pfandweise und 1381/1386 endgültig das Gebiet um T. (T.,
Kirchheim, Verkauf der Hälfte der Herrschaft T. durch die jüngere Linie
1381/1385). Die Linie Owen erwarb 1365 die Herrschaft Mindelheim und veräußerte
1374 die 1363 ererbte Herrschaft Oberndorf an die Grafen von Hohenberg. Mit
Ludwig von T., Patriarch von Aquileja, starb das Geschlecht 1439 aus. 1495
verlieh König Maximilian I. wegen der von den T. stammenden Güter den Grafen
von Württemberg den Titel Herzog von T. Das Herzogtum Württemberg und T.
gehörte am Ende des 18. Jahrhunderts zum schwäbischen Reichskreis. Der Sohn
Alexanders von Württemberg, Graf Franz von Hohenstein (1837-1900) erhielt 1863
den Titel Fürst von T., 1871 Herzog von T.
L.: Wolff 159; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4; Die schwäbische
Alb, hg. v. Wagner, G., 1958; Gründer, I., Studien zur Geschichte der
Herrschaft Teck, 1963; Wolf, A., König für einen Tag, 2. A. 1995; Wolf, A.,
Teck, LexMA 8 1996, 517f.; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999, 40;
Götz, R., Die Herzöge von Teck, 2009.
Tecklenburg (Grafschaft). Die Burg T. südwestlich
Osnabrücks im westlichen Teutoburger Wald wurde um 1100 vermutlich von den
Grafen von Zutphen erbaut. 1129 ist der vielleicht aus dem Mittelrheingebiet
stammende, aus der Familie der die Grafen von Zutphen beerbenden Grafen von Saarbrücken
kommende Graf Ekbert bzw. Egbert, 1184 der Name T. bezeugt. 1184 wurde die Burg
T. an das Erzstift Köln verkauft und als Lehen zurückgenommen. Obwohl 1173 die Vogtei über das Hochstift Münster und 1236 die seit
etwa 1180 gehaltene Vogtei über das Hochstift
Osnabrück aufgegeben werden mussten, gewannen die Grafen eine ansehnliche
Herrschaft zwischen Hunte und Ems (1189 Ibbenbüren). 1248 wurden Güter um
Vechta und im Emsland an das Hochstift Münster verkauft. 1263 starben die
ekbertinischen Grafen von T. aus. Ihre Güter fielen über eine Erbtochter
(Heilwig) an die jüngere Linie der Grafen von Holland, die sich seit dem Erwerb
der Obergrafschaft Bentheim 1154/1165 Grafen von Bentheim nannte und vor 1309
das Recht ihrer Dienstmannen besonders aufzeichnete. 1327/1328 kam T. an die
landfremden verwandten Grafen von Schwerin, die (zwischen 1343 und) 1358
Schwerin an Mecklenburg verkauften und den Namen T. fortführten. Um 1375
umfasste das Herrschaftsgebiet neben der an der oberen Ems gesondert liegenden,
1365 erworbenen Grafschaft Rheda südwestlich Bielefelds einen breiten Streifen
auf dem rechten Emsufer zwischen Münster und Lingen und Gebiete des südlichen
Oldenburg mit Cloppenburg, Friesoythe einschließlich des Saterlandes und des
Hümmlings. 1385 wurde Iburg gewonnen. Um 1400 verlor T. in Auseinandersetzungen
mit den Hochstiften Münster und Osnabrück und dem Erzstift Köln mit
Cloppenburg, Friesoythe und Bevergern bei Rheine etwa die Hälfte seines Gebiets
an Münster und wurde auf zwei nur durch einen schmalen Landstreifen verbundene
Teile um Lingen und um T. beschränkt. 1493 wurde in T. (mit Rheda) und Lingen
geteilt. 1548 wurde wegen der Zugehörigkeit des letzten Grafen der Schweriner
Linie zum Schmalkaldischen Bund Lingen entzogen und an Kaiser Karl V. als
Herzog von Geldern gegeben (1632/1633 an Oranien, 1702 an Brandenburg). 1557
kam das zum niederrheinisch-westfälischen Reichskreis zählende T. (mit Rheda)
über eine Erbtochter wieder an Bentheim. Dieses wurde 1606/1610 in die Linien
Bentheim-Tecklenburg mit T., Rheda und Limburg (Hohenlimburg) und Bentheim und
Steinfurt geteilt. 1696 kam es zur Wiederaufnahme von bereits 1576 vor dem
Reichskammergericht begonnenen Erbstreitigkeiten mit den Grafen von
Solms-Braunfels, die durch Urteil den größten Teil der Grafschaft T. erhielten.
1707/1729 fiel das zum westfälischen Reichsgrafenkollegium zählende T.
(Bentheim-Tecklenburg) unter Abfindung der Grafen von Solms-Braunfels und der
Grafen von Bentheim-Tecklenburg, denen die Herrschaft Rheda verblieb, an Preußen.
1807/1808 kam T., das mit der Reichsgrafschaft Lingen ein Gebiet von 14
Quadratmeilen mit 45000 Einwohnern umfasste (die Städte T., Lengerich und
Kappeln (Westerkappeln) und die Kirchspiele Lengerich, Kappeln (Westerkappeln),
Lienen [Linen], Ladbergen, Wersen, Lotte, Leeden, Ledde und Schale), zum
Großherzogtum Berg, 1810-1813 zu Frankreich. Danach fiel es mit der
Obergrafschaft Lingen an Preußen (Provinz Westfalen) zurück und damit 1946 an
Nordrhein-Westfalen. Die Niedergrafschaft Lingen gelangte über Hannover 1866 an
Preußen (Provinz Hannover) und damit 1946 zu Niedersachsen.
L.: Wolff 352f.; Zeumer 554 II b 63, 3; Wallner 703 WestfälRK 16; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) D2, III 22 (1648) C2, III 38 (1789) B1; Die
Territorien des Reichs 3, 182; Holsche, A. K.,
Historisch-topographisch-statistische Beschreibung der Grafschaft Tecklenburg,
1788; Reismann-Grone, T., Geschichte der Grafschaft Tecklenburg bis zum
Untergang der Egbertiner 1263, 1894; Fressel, R., Das Ministerialenrecht der
Grafen von Tecklenburg, Diss. jur. Münster 1907; Gertzen, B., Die alte
Grafschaft Tecklenburg 1400, 1939 (Diss. phil. Münster); Hunsche, F., 250 Jahre
Landkreis Tecklenburg, 1957; Hillebrand, W., Besitz- und Standesverhältnisse
des Osnabrücker Adels, 1961; Gladen, A., Der Kreis Tecklenburg an der Schwelle
des Zeitalters der Industrialisierung, 1970; Köbler, G., Gericht und Recht in
der Provinz Westfalen (1815-1945), FS Schmelzeisen, G. 1980, 169; Köln
Westfalen 1180-1980, 1980; Mersiowsky, M., Tecklenburg, LexMA 8 1996, 518; 850
Jahre Ibbenbüren, 1996; Zunker, D., Adel in Westfalen, 2003, 198 (mit
genealogischer Übersicht).
Thüringen (Landgrafschaft, Land, Freistaat). Das
Gebiet zwischen Harz, Thüringer Wald, (Unstrut,) Werra und Saale wurde in der
Nachfolge anderer germanischer Völkerschaften im 5. Jahrhundert n. Chr. von den
vielleicht im Namen an die Hermunduren anknüpfenden Thüringern eingenommen, die
erstmals im letzten Drittel des 4. Jahrhunderts (um 400 bei Vegetius) als (von
Grahn-Hoek auf die gotischen Terwinger zurückgeführte) Toringi erscheinen. Ihr
sich noch darüberhinaus erstreckendes Reich zwischen Donau, Main, Werra und Elbe
wurde 531/533/534 von den Franken und Sachsen vernichtet und seine Angehörigen
unter fränkische Herrschaft gebracht (634-717/719 Herzogtum) und
christianisiert. Die Klöster Fulda und Hersfeld sowie das Erzstift Mainz
(Erfurt) erwarben umfangreiche Güter. Mit dem Übergang des deutschen Königtums
auf die sächsischen Liudolfinger und der Bildung weiter östlich liegender
Marken wurde T. vom Grenzland zu einem Kerngebiet des Reiches mit Pfalzen in
Nordhausen, Merseburg, Arnstadt, Ohrdruf, Wechmar, Heiligenstadt, Mühlhausen?,
Gebesee, Saalfeld, Dornburg, Kirchberg (bei Jena), Erfurt, Tilleda, Wallhausen
und Allstedt. Unter den gräflichen Geschlechtern gewannen die aus einer
Seitenlinie der Grafen von Rieneck in Mainfranken stammenden, auf der 1044
erbauten Schauenburg bei Friedrichroda ansässigen, am Pass der Hohen Sonne des
Thüringerwaldes sowie um Sangerhausen begüterten Ludowinger (1039 Ludwig der
Bärtige) die Vorherrschaft und wurden von König Lothar III. um 1130 (1130/1131)
mit dem Titel Landgrafen ausgezeichnet. 1122/1137 erlangten sie aus der Heirat
mit der Erbtochter (Hedwig) der Gisonen (Grafen von Gudensberg) Güter in Hessen
um Marburg und Gudensberg südwestlich von Kassel. 1180 erwarben sie beim Sturz
Heinrichs des Löwen zu ihren thüringischen und hessischen Gütern die
Pfalzgrafschaft Sachsen (Hosgau bzw. Hassegau) als Reichslehen und Güter an der
Werra, oberen Weser und Leine (bis 1247). Sie erbauten schon vor 1080 auf
fuldisch-hersfeldischem Gut die Wartburg, später die Neuenburg (Neuburg) an der
unteren Unstrut, die Runneburg (Weißensee) und die Marburg an der Lahn, doch
gelang ihnen die Zusammenfassung ihrer Güter nicht. 1247 starben sie mit
Heinrich Raspe im Mannesstamm aus. T. fiel (endgültig 1263/1264) über eine
Schwester Heinrich Raspes auf Grund einer Eventualbelehnung von 1243 an die in
weiblicher Linie mit den Ludowingern verwandten wettinischen Markgrafen von
Meißen, Hessen über eine Erbtochter (Sophie) an die Grafen von Brabant
(Landgrafen von Hessen), womit einerseits die Trennung von Thüringen und Hessen
und andererseits die Aufgabe der selbständigen Einheit T. eingeleitet wurde.
1265 überließ der Wettiner Heinrich der Erlauchte T. an seinen Sohn Albrecht
den Entarteten. 1293/1294 verkaufte Markgraf Albrecht der Entartete von Meißen
T. an König Adolf von Nassau, doch konnten die Markgrafen von Meißen 1307 in
der Schlacht bei Lucka die Mark Meißen und T. zurückgewinnen. Seitdem
erweiterten sie ihre Herrschaft in T. zu Lasten der Grafen und des Reichs (Vogtei über die Reichsstädte Mühlhausen und
Nordhausen, Erwerb der Herrschaft Coburg 1347/1353 sowie von fünf
hennebergischen Ämtern mit Hildburghausen 1374 und des Pleißenlandes mit
Altenburg 1310/1372/1373), doch blieben die Herrschaftsgebiete von Schwarzburg,
Henneberg, Gleichen und Reuß (Vögte von Weida, Gera und Plauen), Erfurt,
Mühlhausen und Nordhausen sowie die Güter des Deutschen Ordens bestehen.
Dementsprechend hatten die Markgrafen von Meißen, die von 1379 bis 1440 einen
eigenen landgräflich-thüringischen Zweig abteilten, im Norden einen langen
Streifen von der Elster über Weißenfels und Freyburg bis Langensalza, weiter
ein Gebiet um Eisenach, Salzungen, Gotha und Zella-Mehlis und schließlich fast
den gesamten Süden des Landes. 1423 gewann die Meißener Linie der Wettiner das
Herzogtum Sachsen-Wittenberg und die damit verbundene Kurfürstenwürde. Seitdem
nannten sich alle Wettiner Herzöge (von Sachsen), wie dies auch Herzog Wilhelm
tat, unter dem T. nochmals von 1445 bis 1482 eigenständig wurde. 1485 teilte
das Haus Wettin in die Kurlinie der Ernestiner, die das südliche Gebiet
zwischen Eisenach, Sonnewalde, Zwickau, Coburg und Wittenberg bzw. Buttstädt
erhielt, und die Linie der Albertiner, an die das nördliche Gebiet von
Groitzsch bis Treffurt (Weißensee, Freyburg, Sangerhausen, Langensalza,
Tennstedt, Thamsbrück, Laucha, Nebra) fiel. 1547 verlor die ernestinische Linie
die Kurwürde an die albertinische Linie und wurde auf das inzwischen zur
Reformation übergetretene Gebiet von T. beschränkt, für das sie 1548 die
Universität Jena gründete. Seit 1572 wurde T. bzw. Sachsen immer weiter
aufgeteilt und zersplitterte allmählich vollständig. Nach dem Aussterben der
verschuldeten Grafen von Henneberg verwalteten die Albertiner und Ernestiner
deren Gebiete zunächst gemeinsam, teilten sie aber 1660 auf. Von 1657 bis 1746
bildete der sog. Thüringer Kreis um Weißenfels den Hauptbestandteil von
Sachsen-Weißenfels, von 1657 bis 1718 das 1564 gewonnene Hochstift Naumburg mit
den ehemals hennebergischen Gütern (Schleusingen, Suhl) den Hauptbestandteil von
Sachsen-Zeitz. Am Ende des 17. Jahrhunderts bestanden im Rahmen des
obersächsischen Reichskreises zehn Linien der Ernestiner, neun der Reuß und
drei der Schwarzburg in T. Außerdem hatte das Erzstift Mainz die Herrschaft
über Erfurt und einen Teil des Eichsfeldes gewonnen und war Brandenburg mit dem
Saalkreis nach T. vorgedrungen. 1803 fielen Erfurt, das Eichsfeld, Nordhausen
und Mühlhausen, 1806 die albertinischen Teile an Preußen. 1807 verlor Preußen
alle linkselbischen Gebiete. Von 1807 bis 1813 gehörten Mühlhausen, Nordhausen
und das Eichsfeld zum Königreich Westphalen, Erfurt mit seinem Gebiet zu
Frankreich. 1815 erlangte Preußen die verlorenen Gebiete zurück und gewann die
albertinischen Teile Thüringens, die es 1816 auf die Bezirke der Regierung in Thüringen
zu Erfurt (Weißensee, Langensalza, Tennstedt) und der Regierung des Herzogtums
Sachsen zu Merseburg (Weißenfels, Freyburg, Eckartsberga, Heldrungen,
Sachsenburg, Sittichenbach, Wendelstein, Sangerhausen) aufteilte (1. 4. 1816
preußische Provinz Sachsen mit Herzogtum Magdeburg, Altmark, Fürstentum
Halberstadt, Wernigerode, Hohnstein, Mansfeld, Nordhausen, Mühlhausen,
Eichsfeld, Erfurt, Wittenberg, Torgau, Merseburg, Naumburg-Zeitz, Stolberg,
Querfurt, Barby, Ziegenrück, Schleusingen, Heringen, Kelbra, Hauptstadt
Magdeburg, Sitz der Provinzialselbstverwaltung in Merseburg, Gliederung in die
Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg und Erfurt). Insgesamt bestanden 1815 im
thüringischen Raum neben umfangreichen Gütern Preußens und Exklaven und
Enklaven die zwölf kleinen Staaten Sachsen-Weimar-Eisenach,
Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen,
Sachsen-Coburg-Saalfeld, Schwarzburg-Rudolstadt, Schwarzburg-Sondershausen,
Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie zu Gera (Reuß-Gera), Ebersdorf
(Reuß-Ebersdorf), Schleiz (Reuß-Schleiz) und Lobenstein (Reuß-Lobenstein). Am
13. 11. 1826 erfolgte, nachdem Sachsen-Weimar-Eisenach bereits 1815 zum
Großherzogtum erhoben worden war (seit 1877 Großherzogtum Sachsen), durch
Schiedsspruch König Friedrich Augusts I. von Sachsen die Neugliederung in die
sächsischen Herzogtümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg sowie
Sachsen-Coburg und Gotha. Nach Abdankung der Fürsten im November 1918
entstanden acht Freistaaten (vier der Ernestiner, zwei der Schwarzburg, zwei
der Reuß). Sie schlossen sich mit Ausnahme Coburgs, das zu Bayern kam, am 30.
4./1. 5. 1920 entgegen den Wünschen Preußens zum Land T. mit der Hauptstadt
Weimar zusammen, das sich am 11. 2. 1921 eine Verfassung gab. Der Name T.
begann nunmehr über das ursprüngliche Gebiet zwischen Werra, Saale, Harz und
Thüringer Wald hinaus Gebiete östlich der Saale und südlich des Thüringer
Waldes zu umfassen (Herrschaftsgebiete der ernestinischen Wettiner). 1933 wurde
die Landesregierung einem Reichsstatthalter unterstellt. Am 1. 7. 1944 wurde
der bisher zur Provinz Hessen-Nassau (Preußens) gehörige Kreis Schmalkalden in
den Regierungsbezirk Erfurt umgegliedert und der Reichsstatthalter in Thüringen
mit der Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Oberpräsidenten in der
staatlichen Verwaltung des Regierungsbezirks Erfurt beauftragt. In diesem
Umfang fiel T. im April 1945 unter amerikanische, am 1. 7. 1945 unter
sowjetische Besatzungsverwaltung. Am 17. 9. 1945 kamen auf Grund des sog.
Wanfrieder Abkommens zur Sicherung von Transporten auf der Eisenbahnlinie
Göttingen-Bebra die hessischen Dörfer Sickenberg, Asbach, Vatterode, Weidenbach
und Hennigerode östlich der Bahnlinie an die sowjetische Besatzungszone
(Thüringen), Werleshausen und Neuseesen westlich der Bahnlinie samt einem
östlich der Bahnlinie verlaufenden Geländestreifen an die amerikanische
Besatzungszone (Hessen). Am 20. 12. 1946 erhielt T. eine Verfassung. 1948 wurde
der Regierungssitz von Weimar nach Erfurt verlegt. Von 1949 bis 1990 war T.
Teil der Deutschen Demokratischen Republik. Am 23. 7. 1952 ging es in den
Bezirken Erfurt, Gera und Suhl auf (str.), wurde aber am 3. 10. 1990 (mit rund
2700000 Einwohnern) wiederhergestellt (einschließlich der Kreise Altenburg,
Artern und Schmölln). Hauptstadt wurde Erfurt.
L.: Wallner 708 ObersächsRK 2; Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254)
G3, II 66 (1378) F3; Eberhardt, H., Thüringen, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 4, 8; Thüringische Geschichtsquellen,
Bd. 1ff. 1854ff.; Cassel, P., Thüringische Ortsnamen, 1856 und 1858, Neudruck
1983; Süssmilch-Hörnig, M. v., Historisch-geographischer Atlas von Sachsen und
Thüringen, 1861f.; Werneburg, A., Die Namen der Ortschaften und Wüstungen
Thüringens, 1884, Neudruck 1983; Regesta diplomatica necnon epistolaria
historiae Thuringiae, bearb. v. Dobenecker, O., Bd. 1ff. 1896ff.; Hantzsch, V.,
Die ältesten gedruckten Karten der sächsisch-thüringischen Länder 1550-1593,
1906; Beschorner, H., Oeder und Thüringen, Beitr. Thür.-sächs. Gesch., FS O.
Dobenecker, 1929; Schneider, F./Tille, A., Einführung in die thüringische
Geschichte, 1931; Kaiser, E., Landeskunde von Thüringen, 1933; Pasold, A.,
Geschichte der reußischen Landesteilungen von der Mitte des 16. Jh. bis zur
Einführung der Primogenitur im Jahre 1690, 1934; Mentz, G., Ein Jahrhundert
thüringischer Geschichtsforschung, 1937; Maschke, E., Thüringen in der
Reichsgeschichte, Zs. d. Ver. f. thür. Gesch. u. Altertumskunde 32 (1937);
Lauter, K., Die Entstehung der Exklave Ostheim vor der Rhön, 1941; Lehmann, J.,
Beiträge zu einer Geschichte der thüringischen Kartographie bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts, Diss. Greifswald 1932, und Jb. der Kartographie 1941 (1942);
Brather, H., Die ernestinischen Landesteilungen des 16. und 17. Jahrhunderts,
1951; Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes, hg. v. Schlüter, O./August,
O., Teil 1ff. 2. A. 1959ff.; Koerner, F., Die Lage und die Besitzstetigkeit der
Machtkerne in Thüringen während des ausgehenden Mittelalters, 1960; Patze, H.,
Die Entstehung der Landesherrschaft in Thüringen, 1962; Patze, H.,
Bibliographie zur thüringischen Geschichte, Bd. 1f. 1965ff.; Geschichte
Thüringens, hg. v. Patze, H./Schlesinger, W., Bd. 1ff. 1967ff.; Handbuch der
historischen Stätten: Thüringen, hg. v. Patze, H., 1968; Klein, T., Thüringen,
1983; Geschichte Thüringens. Politische Geschichte der Neuzeit, hg. v. Patze,
H., 1984; Hess, U., Geschichte Thüringens 1866-1914, hg. v. Wahl, V., 1991;
Historische Landeskunde Mitteldeutschlands – Thüringen, hg. v. Heckmann, H., 3.
A. 1991; Bühner, P., Kurzer Abriss über die Geschichte des albertinischen
Thüringen, Mühlhäuser Beiträge 14 (1991), 31; Petersohn, J., De ortu principum
Thuringie, DA 48 (1992), 585; Hessen und Thüringen, 1992; Hess, U., Geschiche
der Behördenorganisation der thüringischen Staaten, 1993; Kleinstaaten und
Kultur in Thüringen, hg. v. John, J., 1994; Werner, M., Thüringen, LexMA 8
1996, 747ff.; Schildt, B., Bauer – Gemeinde – Nachbarschaft, 1996; Assing, H.,
Brandenburg, Anhalt und Thüringen im Mittelalter, 1997, Thüringen-Handbuch, hg.
v. Post, B. u. a., 1999; Grahn-Hoek, H., Stamm und Reich der frühen Thüringer,
Zs. d. Ver. f. thür. Geschichte 56 (2002), 7; Müller, C., Landgräfliche Städte
in Thüringen, 2003; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2005; Hoffmann,
R., Die Domänenfrage in Thüringen, 2006; Landstände in Thüringen, hg, v.
Thüringer Landtag, 2008; Wittmann, H., Im Schatten der Landgrafen, 2008 (Herren
von Heldrungen, Grafen von Buch, Grafen von Wartburg-Brandenburg)Fleischhauer,
M., Der NS-Gau Thüringen 1939-1945, 2009; .Zusammenschlüsse und Neubildungen
deutscher Länder im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Kretzschmar, R. u. a.,
2013, 125ff.
Tiefenbach (Reichsdorf). Am 18. 7. 1330 verpfändete
Kaiser Ludwig der Bayer unter anderem die Vogtei
über T. bei Bruchsal an Albrecht Hofwart von Kirchheim. Später kam T. an Baden
und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Hugo 463, 452; Wolff 243.
Tirol (Grafschaft, Bundesland). Das Einzugsgebiet von Lech, Inn, Drau und Etsch in den Alpen war zunächst von Kelten bewohnt. Seit 16/15 v. Chr. gliederten es die Römer den Provinzen Rätien, Noricum (östlich des Ziller) und Venetia et Histria ein. Später drangen Alemannen, Langobarden und Slawen ein, die aber im 6. bis 8. Jahrhundert von den Bayern verdrängt wurden. 788 kam das Gebiet bis Bozen und ins Pustertal mit Bayern an die Franken und wurde eingedeutscht. 952 schuf König Otto der Große die Mark Verona und unterstellte sie dem Herzog von Bayern, der sie 976 an das Herzogtum Kärnten verlor. Cadore fiel an das Hochstift Freising (973-1510), das Unterinntal an das Hochstift Regensburg. 1004/1027/1091 kamen die Grafschaften um den Brennerpass an die Hochstifte Brixen (oberes Eisacktal, Inntal, Pustertal, vorderes Zillertal) und Trient (Etschtal, Vinschgau, unteres Eisacktal). Die Bischöfe von Brixen und Trient galten im 13. Jahrhundert als Reichsfürsten, doch verloren sie zahlreiche Rechte an ihre Vögte. Von den miteinander konkurrierenden Adelsgeschlechtern der Grafen von Eppan, Andechs und T. (ab 1141) setzten sich die nach der Burg T. (ältester erhaltener Balken von 1106, Brand um 1300) bei Meran benannten, zunächst mit der Grafschaft im Vinschgau belehnten Grafen von T. durch und erlangten in der Mitte des 12. Jahrhunderts (um 1150) die Vogtei des Hochstifts Trient und damit seit dem 13. Jahrhundert allmählich Bozen, 1210 nach den Grafen von Andechs die Vogtei des Hochstifts Brixen sowie 1248 die Grafenrechte der Grafen bzw. Herzöge von Andechs-Meranien und nach 1250 der Grafen von Eppan. 1253 starben sie aus und vererbten über die Tochter Albrechts III. von T. die Grafschaft T. an die Grafen von Görz. Diese teilten 1267/1271 ihre Güter in eine Görzer und eine Tiroler Linie. In der Tiroler Linie sicherte Graf Meinhard II. (1249-1295) mit Gewalt, Geschick, Geld und Glück eine vergrößerte Grafschaft T. zwischen Ziller, Arlberg, Avisio und Mühlbacher Klause. 1363 gab Margarete Maultasch trotz je einer Heiratsverbindung mit den Luxemburgern und Wittelsbachern das vielerseits begehrte T., das seit 1330 als Reichslehen galt, an ihren Vetter Herzog Rudolf IV. von Österreich, der zugleich die Vogtei über das Hochstift Trient gewann. 1379 kam T., das durch Salzburg und Görz von den anderen habsburgischen Ländern getrennt war, an die leopoldinische Linie der Habsburger. 1373 wurde Primiero, 1396 Lodron, 1412 Valsugana und 1440 Arco gewonnen. Bereits 1379 bzw. von 1400 ab war Schloss Tirol Sitz einer Tiroler Nebenlinie Habsburgs. 1420 verlegte Herzog Friedrich IV. von Tirol bzw. Österreich die Residenz von Meran nach Innsbruck. König Maximilian (I.), der 1490 T. von der Seitenlinie zurückerlangt hatte, erwarb 1500 das Erbe der Grafen von Görz (vordere Grafschaft Görz, Osttirol), 1504/1505 von Bayern nach dem Landshuter Erbfolgekrieg die Landgerichte Kitzbühel, Kufstein und Rattenberg sowie 1509/1511 und 1521/1523 von Venedig Ampezzo, Ala, Mori, Riva und Rovereto. Seit dem 16. Jahrhundert wurde T. vielleicht wegen des Alters seiner Grafschaften als gefürstete Grafschaft bezeichnet. 1564 bildete sich erneut eine tirolische Linie des Hauses Habsburg, die 1648 das Elsass an Frankreich verlor und bis zu ihrem Aussterben 1665, bei dem das zum österreichischen Reichskreis zählende T. wieder an die Hauptlinie Österreich bzw. Habsburg zurückfiel, in Innsbruck, das 1669 eine gegenreformatorische Universität erhielt, residierte. Im 17. Jahrhundert gab der Bischof von Chur seine Leute im Vinschgau an T. ab. Tarasp blieb bei T. (1684 Fürsten von Dietrichstein). 1803 wurden die Hochstifte Trient und Brixen säkularisiert und mit T. vereinigt. 1805 fiel T. an Bayern. Nach dem erfolglosen, in Absprache mit Habsburg erfolgten Freiheitskampf Andreas Hofers gegen Bayern und Frankreich 1809 wurde T. geteilt, wobei der Norden bis Meran und Klausen an Bayern kam, der Süden an das Königreich Italien, der Osten (östliches Pustertal, Lienz) zu den illyrischen Provinzen. 1814 fiel ganz T. wieder an Österreich. 1815 erhielt es die ehemaligen Gerichte Salzburgs im Zillertal, Brixental und Iseltal (mit Windisch-Matrei) (Matrei in Osttirol), wurde 1919 aber wieder geteilt, wobei Nordtirol und Osttirol (Lienz) zum österreichischen Bundesland T. wurden, das zu 97 % deutschsprachige Südtirol bis zum Brenner dagegen an Italien kam. Von 1938 bis 1945 umfasste der Reichsgau Tirol auch Vorarlberg und seit 1943 Bozen, Trient und Belluno, der Reichsgau Kärnten auch Osttirol.
Toul (Hochstift, Residenz des Bischofs).
Vielleicht im späten 4. Jahrhundert wurde in T. (Tullum Leucorum) an der oberen
Mosel ein Bistum, das dem Erzbistum Trier unterstand, gegründet. 879/925 kam T.
zum ostfränkischen Reich. Die Bischöfe wurden vielfach privilegiert (927, 974).
Das Bistum T. reichte von den Vogesen und Sichelbergen bis in die Nähe der
Marne. 1261 ging die Grafschaft T. an den Bischof über. 1286 erlangten die
Herzöge von Lothringen durch den Bischof die Schirmvogtei über das Bistum und
beherrschten damit das weltliche Herrschaftsgebiet weitgehend. Zugleich fiel
das Besetzungsrecht des Bischofsstuhls bis zum Ende des Mittelalters an den
Papst. Nachdem sich die Stadt T. aus der bischöflichen Herrschaft gelöst hatte,
verlegte der Bischof seine Residenz nach Liverdun (Liverdon). Unter Kaiser
Maximilian I. leistete das Hochstift dann wieder Abgaben an das Reich. 1552
besetzte der König von Frankreich T. als Reichsvikar. 1648 trat das Reich das
Hochstift an Frankreich ab. Das Bistum bestand aus sechs Vogteien (u. a. mit Liverdun [Liverdon] an der Mosel
und Vicherey). 1801 wurde das Bistum aufgehoben, 1817 als neues Bistum mit dem
1777 abgetrennten Nancy vereinigt.
L.: Wolff 301f.; Die Territorien des Reichs 5, 96; Pimodan, G. de, La réunion
de Toul à la France et les derniers évêques-comtes souverains, 1885; Martin,
E., Histoire des diocèses de Toul, Nancy et St. Dié, Bd. 1ff. 1900ff.; Morret,
B., Stand und Herkunft der Bischöfe von Metz, Toul und Verdun im Mittelalter,
1911; Choux, J., Recherches sur le diocèse de Toul, 1952; Bönnen, G., Toul,
LexMA 8 1996, 906f.; Bauer, T., Lotharingien als politischer Raum, 1997;
Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 466; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 617, 1, 2, 584;
Petry, C., Faire des sujets du roi, 2006.
Truhendingen (Grafen), Trüdingen. 1248/1260 erlangten
die im Schwäbischen begüterten Grafen (seit 1264) von T. (Altentrüdingen), die
möglicherweise am Ende des 11. Jahrhunderts auf Grund des Hochstifts Eichstätt
die Stammburg Hohentrüdingen bei Gunzenhausen erbauten und seit 1129 in
Eichstätter und Würzburger Urkunden häufig auftraten, beim Aussterben der ihnen
verschwägerten Herzöge von Andechs-Meranien das Gebiet um Scheßlitz und Baunach
am oberen Main (Giech, Staffelstein). 1390 wurden diese Güter an das Hochstift
Bamberg verkauft. Die Stammgüter an Altmühl und Wörnitz (Altentrüdingen,
Hohentrüdingen, Pfäfflingen, Dürrenzimmern, Wechingen), zu denen noch die Vogtei über Solnhofen, über Heidenheim und über Güter
des Hochstifts Eichstätt und des Klosters Ellwangen gekommen waren, wurden von
den Burggrafen von Nürnberg gekauft, die schon Markt Bergel (Marktbergel) und
Burg Colmberg an sich gebracht hatten. Im 15. Jahrhundert (1458) starb das
Geschlecht aus. Die Güter kamen später zu Bayern.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) F3/4; Scherzer, C., Franken,
1959; Ruß, H., Die Edelfreien und Grafen von Truhendingen, 1992; Wendehorst,
A., Truhendingen, LexMA 8 1996, 1071.
Tübingen (Grafen, Pfalzgrafen, Residenz des
Grafen bzw. Pfalzgrafen). In der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts bestand an
der Stelle von T. ein alemannisches Dorf. Ihm folgte ein Herrenhof mit
Pfarrkirche. Um die Mitte des 11. Jahrhunderts wurde eine 1078 Castrum Twingia
genannte Burg errichtet, nach der sich die Grafen im Nagoldgau und Sülchgau am
Ende des 11. Jahrhunderts Grafen von T. nannten. Sie waren um T., im Nagoldgau
und um Blaubeuren begütert. Spätestens seit 1146 waren diese Grafen an Stelle
der Grafen von Dillingen Pfalzgrafen von Schwaben. Um 1150/1167 beerbten sie
die Grafen von Bregenz (Bregenzer Linie der Udalrichinger), von denen sie die
Grafschaften Bregenz (überwiegend) und Churrätien (bis 1167?) erlangten, die
aber am Beginn des 13. Jahrhunderts durch die Teilung in eine pfalzgräfliche
Linie und eine Linie Montfort wieder getrennt wurden. Zu ihren weiteren Gütern
zählten außer T. Herrenberg, Böblingen, Sindelfingen sowie der alte Reichsforst
Schönbuch, die Vogtei über Blaubeuren (bis 1277)
und außerdem auf Grund weiblicher Erbfolge Gießen, das 1265 an die Landgrafen
von Hessen verkauft wurde. Mit weiteren Teilungen nach 1219 (Linien Horb bis
1293 [um 1294], Herrenberg bis um 1391 bzw. 1667, Asperg bis nach 1357,
Böblingen bis 1377) kamen diese Güter an das Kloster Bebenhausen und vor allem
an die Grafen von Württemberg (Asperg 1308, Beilstein 1340). 1342 fiel T. durch
Kauf für 20000 Pfund Heller an Württemberg, das 1477 die
Eberhard-Karls-Universität in T. gründete. 1381 wurde die letzte der alten
Herrschaften (Herrenberg) veräußert. 1634 starb die letzte Linie auf der in der
Mitte des 14. Jahrhunderts erheirateten Burg Lichteneck im Breisgau aus. Von
1945 bis 1952 war T. Hauptstadt des Landes Württemberg-Hohenzollern, mit dem es
1951/1952 an Baden-Württemberg kam.
L.: Wolff 161; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4; Schmid, L.,
Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen, 1853; Beschreibung des Oberamts
Tübingen, 1867; Stälin, P., Geschichte Württembergs, Bd. 1 1882; Haller, J.,
Die Anfänge der Universität Tübingen 1477-1537, 1927ff.; Eimer, M., Tübingen.
Burg und Stadt bis 1600, 1945; Herding, O./Zeller, B., Grundherrn, Gerichte und
Pfarreien im Tübinger Raum zu Beginn der Neuzeit, 1954; Seigel, R., Gericht und
Rat in Tübingen, 1960; Huber, R., Die Universitätsstadt Tübingen, 3. A. 1968;
Jänichen, H., Herrschafts- und Territorialverhältnisse um Tübingen und
Rottenburg im 11. und 12. Jahrhundert, 1964; Der Landkreis Tübingen, Bd. 1ff.
1967ff.; Sydow, J., Geschichte der Stadt Tübingen, Bd. 1ff. 1974ff.;
Festschrift 500 Jahre Eberhard-Karls-Universität Tübingen 1477-1977, hg. v.
Decker-Hauff, H. u. a., Bd. 1ff. 1977ff.; Sydow, J., Bilder zur Geschichte der
Stadt Tübingen, 1980; Die Pfalzgrafen von Tübingen. Städtepolitik,
Pfalzgrafenamt, Adelsherrschaft im Breisgau, hg. v. Decker-Hauff, H. u. a.,
1981; Tübingen 1995; Eberl, I., Tübingen, LexMA 8 1996, 1075ff.; Das älteste
Tübinger Ehebuch (1553-1614), hg. v. Schieck, S. u. a., 2000; Höfe und
Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 2,
592.
Überlingen (Reichsstadt). Vielleicht schon am
Anfang des siebten Jahrhunderts, jedenfalls aber 770 erscheint Ü. (Iburingia)
am Nordrand des Bodensees im Linzgau als Sitz eines alemannischen Großen aus
dem Geschlecht der Udalrichinger. 918 fiel es an das Herzogtum Schwaben. Um
1200 wurde Ü., das wohl von den Grafen von Bregenz in der Mitte des 12.
Jahrhunderts an die Grafen von Pfullendorf und um 1180 von den Grafen von
Pfullendorf an Kaiser Friedrich I. Barbarossa kam, zur Stadt erhoben. 1241/1268
war es Reichsstadt und gehörte später zur schwäbischen Städtebank des
Reichstags und zum schwäbischen Reichskreis. Bis zum Ende des Mittelalters
erwarb Ü. Güter in nahezu 100 Orten. Im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert
erlangte Ü. pfandweise das Ammannamt und lehnweise den Blutbann sowie Münze und
Zoll. Am Ende des 18. Jahrhunderts umfasste sein etwa 4,6 Quadratmeilen großes
Gebiet die städtischen Vogteien Hohenbodman und
Ramsberg, die spitalischen Ämter Bambergen, Deisendorf, Denkingen,
Ebratsweiler, Ernatsreute, Rickenbach und Sohl, Bonndorf mit Mahlspüren,
Nesselwangen, Seelfingen und Sernatingen. 1803 fiel Ü. an Baden und kam damit
1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 214; Zeumer 555 III b 11; Wallner 687 SchwäbRK 31; Großer
Historischer Weltatlas II 78 (1450) F4, III 22 (1648) D5, III 38 (1789) C4;
Schroeder 288ff.; Staiger, X., Die Stadt Überlingen, 1859; Schäfer, F.,
Wirtschafts- und Finanzgeschichte der Stadt Überlingen am Bodensee, 1893;
Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Semler, A.,
Bilder aus der Geschichte einer kleinen Reichsstadt, 1949; Ginter, H.,
Überlingen am Bodensee, 1950; Semler, A., Abriss der Geschichte der Stadt
Überlingen, 1953; Harzendorf, F., Überlinger Einwohnerbuch 1444-1800, Bd. 1ff.
1954ff.; Eitel, P., Die oberschwäbischen Reichsstädte im Zeitalter der
Zunftherrschaft, 1970; Überlingen und der Linzgau am Bodensee, 1972; Zotz, T.,
Überlingen, LexMA 8 1996, 1147.
Unterwalden (Kanton). Im Mittelalter bestanden in
den schon vorgeschichtlich besiedelten Gebieten südlich des Vierwaldstätter
Sees Grundherrschaften der Klöster Beromünster, Luzern, Muri und Sankt Blasien,
über die seit 1173 die Grafen von Lenzburg die Vogtei
innehatten. 1240 schloss das Gebiet nid dem Wald ([Kernwald,] U./Nidwalden) ein
Bündnis mit Luzern, 1291 ein Bündnis (Bund der Waldstätte) mit Uri und Schwyz,
dem auch das Gebiet ob dem Wald (U./Obwalden) beitrat, gegen die Grafen von
Habsburg als Nachfolger der Grafen von Lenzburg. 1309/1324 erhielt ganz U. die
Anerkennung der Reichsunmittelbarkeit, trennte sich aber wieder in Nidwalden
und Obwalden, die in der Eidgenossenschaft allerdings einheitlich auftreten
mussten. 1432 löste Nidwalden alle weltlichen Rechte auswärtiger Herren ab. Im
15. Jahrhundert nahm U. an der Eroberung des Tessin durch Uri teil und gewann
Mitherrschaft in einigen Vogteien im Süden des
Sankt Gotthard. 1798 wurden Uri, Schwyz, Zug und U. zum Kanton Waldstätte der
Helvetischen Republik vereinigt. 1803/1815 wurden Nidwalden und Obwalden als
Halbkantone wiederhergestellt. Dabei erhielt Nidwalden 1803 das Gebiet der
Abtei Engelberg südlich von Nidwalden, das aber 1815 an Obwalden gelangte. 1845
trat U. dem katholischen Sonderbund bei. 1850 erlangten die Halbkantone neue
Verfassungen, die mehrfach geändert wurden (u. a. 1965/1968).
L.: Wolff 522f.; Großer Historischer Weltatlas II 72 (bis 1797) E3; Amrein, W.,
Urgeschichte des Vierwaldstätter Sees und der Innerschweiz, 1939; Vokinger, K.,
Nidwalden, Land und Leute, 1958; Innerschweiz und frühe Eidgenossenschaft, Bd.
2 1990; Hitz, F., Unterwalden, LexMA 8 1996, 1273; Garovi, A., Obwaldner
Geschichte, 2000.
Ursberg, Ursperg (Abtei, Reichsstift, Kloster).
Zwischen 1119 und 1125 gab Werner IV. von Schwabegg U. an der Mindel bei
Bayersried dem Prämonstratenserorden, der dort (als Doppelstift) sein erstes,
bereits 1143 in den Schutz des Königs aufgenommenes Kloster in Deutschland
gründete, in dem 1229/1230 Burchard von U. seine Chronik verfasste und das um
1350 zur Abtei erhoben wurde. Die Vogtei war
seit dem 13. Jahrhundert Reichslehen. Seit 1301 gehörte U. zur Markgrafschaft
Burgau. 1792 zählte U., das ein geschlossenes Herrschaftsgebiet mit 10 Dörfern
(1775 Tiefenried) mit etwa 17,5 Quadratmeilen und 3500 Einwohnern hatte, zu den
schwäbischen Prälaten der geistlichen Bank des Reichsfürstenrats des Reichstags
und zum schwäbischen Reichskreis. 1802/1803 wurde U. von Bayern säkularisiert.
L.: Wolff 185; Zeumer 552 II a 36, 6; Prim, F., Das Reichsgotteshaus Ursberg,
1960; Peters, W., Die Gründung des Prämonstratenserstifts Ursberg, Zs. f. bay.
LG. 43 (1980), 575; Lohmüller, A., Das Reichsstift Ursberg, 1987; Seibert, U.,
Ursberg, LexMA 8 1996, 1329f.; Kreuzer, G., Das Prämonstratenserstift Ursberg
(in) Suevia Sacra, hg. v. Liebhart, W. u. a., 2001.
Veldenz (Grafen, Fürstentum). Nach V. bei
Bernkastel, einem Lehen des Hochstifts Verdun, nannte sich seit 1115 (1134?)
ein um 1113/1134 gegründeter Zweig der Grafen des Nahegaus (bzw. Wildgrafen,
Emichonen). Ihm standen die Vogtei über die
Güter des Klosters Tholey und als Lehen der Pfalzgrafen bei Rhein die Vogtei über die Güter des Klosters Saint Remi in Reims
(Remigiusland bei Kusel) und über das Hochstift Verdun sowie Lehen des Erzstifts
Mainz und des Hochstifts Worms zu. Herrschaftsmittelpunkte waren die Burg
Lichtenberg bei Kusel und Meisenheim am Glan. Die Grafen von V. starben 1259 im
Mannesstamm aus. Die Grafschaft V., die sich bis zu Nahe und Glan erstreckte,
fiel durch Heirat der Erbtochter Agnes 1268/1270 gegen Ansprüche der Wildgrafen
an die Herren von Geroldseck (Hohengeroldseck) (jüngere, 1343/1377, 1387/1393
mehrfach geteilte und wieder vereinte Linie der Grafen von V.), die ihr Lehen
zur Landesherrschaft erweitern und außerdem 1425/1437 noch Anteile an der
hinteren Grafschaft Sponheim gewinnen konnten, und 1419/1438/1444 über die
Erbtochter Anna an Pfalz-Simmern bzw. 1444/1459 Pfalz-Zweibrücken. Von 1543 bis
1694 bestand die Linie Pfalz-Veldenz, deren Burg V. 1680 von Frankreich, das
alte Rechte Verduns aufgriff, zerstört wurde. Die Güter von Pfalz-Veldenz kamen
1733 größtenteils an die Pfalz (Kurpfalz). Um 1800 war das Fürstentum etwa 5
Quadratmeilen groß. Über Bayern kam V. 1946 zu Rheinland-Pfalz.
L.: Wolff 246; Wallner 697 OberrheinRK 23; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) D4, III 38 (1789) B3; Fabricius, W., Die Grafschaft Veldenz, ein Beitrag
zur geschichtlichen Landeskunde des ehemaligen Nahegaus, Mitt. d. hist. Ver. d.
Pfalz 33 (1913); Pöhlmann, C., Regesten der Lehensurkunden der Grafen von
Veldenz, 1928; Hübinger, P., Die weltlichen Beziehungen der Kirche von Verdun
zu den Rheinlanden, 1935; Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes, Bd. 2
1977, 332; Andermann, K., Veldenz, LexMA 8 1996, 1450; Dotzauer, W., Geschichte
des Nahe-Hunsrück-Raumes, 2001.
Verdun (Hochstift, Residenz des Bischofs), mhd.
Virten. Um 350 gründete Sanctinus das stets klein bleibende (ca. 3000
Quadratkilometer) Bistum V. an der Maas. Unter dem merowingischen König
Dagobert I. erhielt es reiche Güter. In der Mitte des 9. Jahrhunderts wurde es
dem Erzbistum Trier unterstellt. 879 kam es zu Ostfranken. 997 bestätigte
Kaiser Otto III. dem Hochstift die Übertragung der Grafschaft V. durch die
bisherigen Grafen (Reichsunmittelbarkeit). Die Vogtei
fiel in der Mitte des 12. Jahrhunderts von den Grafen von Bar an die Stadt V.
bzw. an das Patriziat. Das Bistum geriet danach aber in starke Abhängigkeit vom
Papst. Nach dem Aufstieg Verduns zur Reichsstadt wählte der Bischof
Hattonchâtel zum Verwaltungssitz seines nicht sehr großen, im Kern der Diözese
an der oberen Maas gelegenen weltlichen Herrschaftsgebiets, das bald deutlich
von Lothringen abhängig wurde. 1552 besetzte Frankreich, dem Moritz von Sachsen
ohne Legitimation die Schutzherrschaft über das Hochstift eingeräumt hatte, als
Reichsvikar die calvinistisch gewordene Stadt und später das Hochstift. 1648
kamen beide an Frankreich. Bis 1711 blieb V. als Bistum Trier unterstellt.
L.: Wolff 302; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4; Die Territorien
des Reichs 5, 96; Roussel, N., Histoire ecclésiastique et civile de Verdun, Bd.
1f. 2. A. 1864/1865; Clouet, M., Histoire de Verdun et du pays Verdunois, Bd.
1ff. 1867ff.; Morret, B., Stand und Herkunft der Bischöfe von Metz, Toul und
Verdun, 1911; Hübinger, P., Die weltlichen Beziehungen der Kirche von Verdun zu
den Rheinlanden, 1935; (Polenz, P. v., Landschafts- und Bezirksnamen, 1961,
309, Virdunensis, comitatus, pagus, territorium;) Histoire de Verdun, hg. v.
Girardot, 1982; Hirschmann, F., Verdun, LexMA 8 1996, 1505ff.; Bauer, T.,
Lotharingien als historischer Raum, 1997; Puhl, R., Die Gaue und Grafschaften
des frühen Mittelalters im Saar-Mosel-Raum, 1999, 369 (Verdungau) ; Escher, M.
u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 465; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 630, 1, 2, 607;
Petry, C., Faire des sujets du roi, 2006.
Verdun (Reichsstadt), mhd. Virten. Bereits in
keltischer Zeit bestand eine Siedlung Virodunum (Verodunum) (starke Festung) an
der Maas. Der Ort kam 880/925 an das ostfränkische Reich. V. stand zunächst
unter der Herrschaft des Bischofs von V. In der Mitte des 12. Jahrhunderts
wurde die Vogtei des Hochstifts nach schweren
Kämpfen in der Stadt dem Patriziat übertragen, womit der Anfang des Aufstiegs
zur Reichsfreiheit gelegt war. 1552 besetzte Frankreich die Reichsstadt. 1648
gliederte es sie sich ein.
L.: Wolff 309; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) C4; Clouet, M.,
Histoire de Verdun et du pays Verdunois, Bd. 1ff. 1867ff.; Hirschmann, F.,
Verdun im hohen Mittelalter, 1995; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005,
2, 633.
Virneburg (Grafen, Grafschaft). Die nach der Burg
V. am Nitzbach benannte Grafschaft V. in der Eifel gehörte den Pfalzgrafen. Die
Pfalzgrafen gaben die Grafschaft den Grafen von Sayn zu Lehen. Als Afterlehen
übertrugen die Grafen von Sayn die Güter den seit der Mitte des 11.
Jahrhunderts belegten Herren und späteren Grafen (um 1100) von V., welche die
Herrschaft im 13. Jahrhundert durch den Erwerb zahlreicher Vogteien erweiterten. 1445 kam es zu einer Teilung.
Nach dem Aussterben der Grafen von V. 1545 fiel die Grafschaft in weiblicher
Erbfolge an die Grafen von Manderscheid-Schleiden, die 1554 Monreal an der Elz
(Eltz) und die sog. große und kleine Pallenz bzw. Pellenz um Mayen an das
Erzstift Trier abgeben und das restliche Herrschaftsgebiet in der Eifel
westlich von Mainz als Lehen Triers nehmen mussten. 1600/1615/1623 kam die
Grafschaft erbweise an die Grafen von Löwenstein-Wertheim. Um 1790 war die im
westfälischen Reichsgrafenkollegium des Reichstags und im niederrheinisch-westfälischen
Reichskreis vertretene Grafschaft 1,3 Quadratmeilen groß und hatte 2600
Einwohner. Mit der Besetzung durch Frankreich ging sie 1794 unter. Die 1684
zerstörte Burg fiel 1815 an Preußen und 1946 an Rheinland-Pfalz. S. a.
Löwenstein-Wertheim-Virneburg.
L.: Wolff 356; Zeumer 554 II b 63, 13; Wallner 705 WestfälRK 48; Großer
Historischer Weltatlas III 38 (1789) B2; Iwanski, W., Geschichte der Grafen von
Virneburg, Diss. phil. Bonn 1912; Klapperich, K., Die Geschichte des
Grafengeschlechtes der Virneburger, Diss. phil. Bonn 1920; Herborn, W.,
Virneburg, LexMA 8 1996, 1713; Stockert, H., Adel im Übergang, 2000;
Löwenstein-Wertheim-Freudenbergsches Archiv, Grafschaft Virneburg, Inventar des
Bestands F US 6, bearb. v. Eder-Stein, I. u. a., 2000.
Vogtland (Reichsland). Das Gebiet an der oberen
Weißen Elster zwischen oberer Saale und dem Quellgebiet der Zwickauer Mulde,
das nach dem Abrücken der Germanen vom 6. bis 9. Jahrhundert von Sorben besetzt
wurde, wurde seit dem 10. Jahrhundert als Teil des Reiches angesehen. 1122
wurde Plauen kirchlicher Mittelpunkt. Vermutlich setzte bereits Kaiser
Friedrich I. Barbarossa Vögte (Vogtei über
Kirchengut Quedlinburgs um Gera?) als Verwalter ein. Seit 1209 nannte sich ein
Geschlecht, das vielleicht aus der Gegend von Mühlhausen (oder aus der Gegend
von Zeitz) stammte, ursprünglich zur Ministerialität der Welfen gehörte und
bereits seit 1122 in Weida die Reichsrechte verwaltete, Vögte (advocati) von
Weida. Die von den Vögten geleitete Ansiedlung ostfränkischer, bayerischer und
thüringischer Bauern nahm die slawische Vorbevölkerung in sich auf. Den Vögten
gelang die allmähliche Umwandlung ihres Reichsamts in Reichslehen. Ihr
Herrschaftsgebiet um Pausa, Voigtsberg (Vogtsberg), Weida, Gera und Plauen
erhielt den Namen V. (1317 woyte lande, 1343 terra advocatorum). Es erstreckte
sich zwischen der oberen Saale (Ziegenrück, Saalburg, Lobenstein), der Regnitz
(Hof), dem Egerland (Asch, Selb, Adorf), der Pleiße (Werdau, Schmölln), Gera
und Ronneburg. In ihm lagen auch Güter etwa der Grafen von Everstein, der
Grafen von Lobdeburg, der Grafen von Orlamünde und der Markgrafen von Meißen.
Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts strebten sowohl die Markgrafen von
Meißen wie auch die Könige von Böhmen nach der Herrschaft über das Gebiet. Seit
der Mitte des 14. Jahrhunderts gingen die Güter dem durch häufige Erbteilungen
geschwächten Geschlecht zunehmend verloren (Voigtsberg [Vogtsberg] 1357, Mylau
1367, Wiesenburg bis 1394, Schönfels-Werdau bis 1398, Weida 1404-1427). 1373
wurden Hof und das Regnitzland an die Burggrafen von Nürnberg verkauft,
1459/1466 nahmen die Wettiner (Kursachsen) das V. vom König von Böhmen zu
erblichem Lehen. 1466 zogen sie die Herrschaft Plauen von einer als Burggrafen
von Meißen titulierten Linie der Vögte an sich. 1485 kam das V. an die
ernestinische Linie der Wettiner. Nur Güter um Greiz, Schleiz und Lobenstein
blieben in der Hand der von den Vögten abstammenden Grafen von Reuß. 1547 musste
Plauen von der ernestinischen Linie mit anderen böhmischen Lehen an Burggraf
Heinrich IV. von Meißen aus dem Hause Plauen (Heinrich V. von Plauen, Kanzler
von Böhmen) zurückgegeben werden, fiel aber 1559 als Pfand, 1575 endgültig beim
Aussterben der Burggrafen an Sachsen (seit 1602 vogtländischer Kreis) und kam
damit von 1949 bis 1990 an die Deutsche Demokratische Republik.
L.: Großer Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) G3, II 66 (1378) F/G3;
Biedermann, J., Geschlechts-Register der loeblichen Ritterschafft im
Voigtlande, 1752, Neudruck 1989; Vogel, W., Über den Titel ”Advocatus” der
Herren von Weida, Gera und Plauen, Diss. phil. Jena 1905; Schmid, B.,
Geschichte des Reußenlandes, Bd. 1f. 1923ff.; Leipoldt, J., Die Geschichte der
ostdeutschen Kolonisation im Vogtland, Diss. phil. Leipzig 1927, Mitt. d. Ver.
f. vogtländ. Gesch. und Altertumskunde 26 (1928); Flach, W., Die Urkunden der
Vögte von Weida, Gera und Plauen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, 1930;
Schlesinger, W., Egerland, Vogtland, Pleißenland, (in) Forschungen zur
Geschichte Sachsens und Böhmens, hg. v. Kötzschke, R., 1937; Kötzschke, R., Das
Vogtland als Grenzraum in der deutschen Geschichte, 1940; Wille, H./Pritsche,
W., Vogtland, 1961; Werner, M., Vogtland, LexMA 8 1996, 1815; Neumeister, P.,
Beobachtungen und Überlegungen zur Herkunft der Vögte, N. A. f. sächs. Gesch.
68 (1997), 1; Billig, G., Pleißenland – Vogtland, 2002; Das nördliche Vogtland
um Greiz, hg. v. Hempel, G. u. a., 2006.
Waldeck (Grafschaft, Fürstentum, Freistaat). Die
Burg W. (1120 Waldekke) über der Eder im alten Stammesherzogtum Sachsen kam vor
1180 vermutlich von den Grafen von Ziegenhain an die seit Anfang des 11.
Jahrhunderts nachweisbaren Grafen von Schwalenberg (südöstlich Detmolds). Sie
wurde Mittelpunkt von Gütern um Arolsen, die durch Heirat von den Herren von
Itter angefallen oder aus der Vogtei des
Hochstifts Paderborn gewonnen worden waren. Nach dem Sturz des Lehnsherren
Heinrich des Löwen 1180 nannten sich die Grafen auch Grafen von W. Für eine
Linie wurde 1219 bzw. 1228/1229 das Gebiet an der mittleren Eder um W. und
Korbach von der Grafschaft Schwalenberg (Schwalenberg-Sternberg) abgetrennt.
Umgeben von den Erzstiften Köln und Mainz sowie der Landgrafschaft Hessen gelang
den zum wetterauischen Reichsgrafenkollegium zugeordneten Grafen bis zur Mitte
des 14. Jahrhunderts der Ausbau der Herrschaft (1263/1294 Gericht Wildungen,
1288 Burg Lichtenfels mit Fürstenberg und Sachsenberg, 1414/1415 Gogericht
Flechtdorf von den Padberg). 1349 wurde W. Reichslehen und damit als
reichsunmittelbar anerkannt. 1431/1438 kam es in den 1397 entstandenen Linien
Landau (südöstlich Arolsens) und W. unter Landeshoheit und Lehnshoheit Hessens
(später Hessen-Kassels). 1495 beerbte die Linie W. die Linie Landau. Danach
wurde das seit 1525 allmählich lutherische W. mehrfach (1507 drei Linien, 1607
zwei Linien) (Eisenberg, Wildungen) geteilt, errang aber 1625 durch Erbvertrag
die zum westfälischen Reichsgrafenkollegium gehörige, ursprünglich schwalenbergische
Grafschaft Pyrmont an der mittleren Weser und 1639/1648 die Herrschaften
Cuylenburg (Kuilenburg, niederl. Culemborg) und Tonna sowie 1648 die
Landeshoheit und 1682 (Georg Friedrich v. W.)/1711 (Hauptlinie) die
Reichsfürstenwürde (1719 Virilstimme im Reichsfürstenrat) und wurde beim
Aussterben der Linie Eisenberg unter der Linie Wildungen 1692 vereinigt (seit
1728 Residenz in Arolsen). Das Haus kam nicht in den Reichsfürstenrat. Es
zählte zum oberrheinischen Reichskreis (Fürstenbank). Durch den Beitritt zum
Rheinbund erhielt es, ebenso wie das für die Zeit von 1805/1806-1813 für einen
Bruder des Fürsten geschaffene Fürstentum Waldeck-Pyrmont, 1807 die
Souveränität. Im Januar 1814 gab Fürst Friedrich dem Land eine Verfassung, die
jedoch infolge des Widerspruchs der Stände nicht in Kraft trat. Nach Beitritt
zum Deutschen Bund am 8. 6. 1815 erhielt W. am 19. 4. 1816 eine neue
Verfassung. Das Fürstentum umfasste die 13 Städte Korbach, Niederwildungen,
Mengeringhausen, Sachsenhausen, Rhoden, Sachsenberg, Landau, Freienhagen,
Waldeck, Züschen, Fürstenberg, Altwildungen und Arolsen und die Ämter
Eisenberg, Arolsen, Waldeck, Wildungen und Lichtenfels. 1847 wurde durch
Schiedsspruch des Deutschen Bundes endgültig Hessen-Kassels Lehnshoheit
aufgehoben. Im Krieg von 1866 unterstützte W. Preußen, auf das es in einem
Akzessionsvertrag 1867 zum 1. 1. 1868 auch die Verwaltung des Landes (z. B. der
Justiz mit Amtsgerichten in Arolsen, Bad Wildungen und Korbach sowie dem
zuständigen Landgericht und Oberlandesgericht in Kassel) übertrug, so dass
neben einem preußischen Landesdirektor der Fürst nur den Ertrag der Domänen,
das Begnadigungsrecht, das Kirchenregiment und ein Zustimmungsrecht zu Gesetzen
des fortbestehenden Landtags behielt. Prinzessin Emma von W. heiratete den
letzten König der Niederlande aus dem Hause Oranien. Am 13. 11. 1918 wurde W.
Freistaat (Waldeck-Pyrmont) mit einer vorläufigen Verfassung vom 15. 4. 1919.
1922 wurde Pyrmont mit der Provinz Hannover Preußens vereinigt, nach der 1926
seitens Preußens erfolgten Kündigung des Akzessionsvertrags am 1. 4. 1929 auf
Grund einer Volksabstimmung auch das Hauptland W. (mit drei Landkreisen und
rund 60000 Einwohnern) in die Provinzen Hannover bzw. Hessen-Nassau Preußens
eingegliedert. 1945 kam W. als Kreis zu Hessen.
L.: Wolff 268; Zeumer 554 II b 63, 15; Wallner 695 OberrheinRK 9; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E3, III 22 (1648) D3, III 38 (1789) B3;
Klein 160; Curtze, C., Geschichte und Beschreibung des Fürstentums Waldeck,
1850; Schultze, V., Waldeckische Landeskunde, 2. A. 1929; Bockshammer, U.,
Ältere Territorialgeschichte der Grafschaft Waldeck, 1958; Kissel, R. O.,
Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes Hessen, 1961; Engelhard,
K., Die Entwicklung der Kulturlandschaft des nördlichen Waldeck seit dem späten
Mittelalter, 1967; Waldeckische Landeskunde, hg. v. Martin, B./Wetekam, R.,
1971; Klein, T., Waldeck, (in) Mitteldeutschland, hg. v. Klein, T., 1981; Menk,
G., Grundzüge der Geschichte Waldecks in der Neuzeit, Perspektiven und Perseveranz
kleinstaatlicher Politik, Hess. Jb. für LG. 37 (1987); Murk, K., Vom
Reichsterritorium zum Rheinbundstaat, 1995; Murk, K., Waldeck, LexMA 8 1996,
1946; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 433; Menk, G., Waldeck im
Dritten Reich, 2010; Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen
und Fürsten hg. v. Speitkamp, W., 2014, 425.
Walkenried (Stift, Reichsstift). Um 1127 (1129?)
gründete die Gräfin Adelheid von Klettenberg am Südrand des Harzes die
Zisterzienserabtei W. Sie wurde rasch zum reichsten Zisterzienserkloster
Norddeutschlands (mit Gütern vor allem in der Goldenen Aue bei Nordhausen und
in der Mark Brandenburg [seit 1236]) und beanspruchte wegen ihres geschlossenen
Herrschaftsgebiets (u. a. mit Mönchpfiffel, Schauen bei Osterwieck) Stimmrecht
im obersächsischen Reichskreis, war aber nicht im Reichstag vertreten. Sie
wurde 1525 im Bauernkrieg zerstört. 1546 wurde die Reformation eingeführt. Die Vogtei über das Kloster war Lehen Sachsens an die
Grafen von Hohnstein, von denen sie auf Grund eines Vertrags von 1574 an das
Hochstift Halberstadt überging. Nach dem Aussterben der älteren Grafen von
Hohnstein 1593 belehnte Halberstadt die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. 1648
wurde das Kloster säkularisiert und kam 1648/1673/1694 an die Linie
Braunschweig-Wolfenbüttel. Um 1800 umfasste sein Gebiet etwa 3 Quadratmeilen.
Über Braunschweig kam W. 1946 an Niedersachsen.
L.: Wolff 410; Wallner 710 ObersächsRK 21; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) F3; Niebelschütz, E. v., Kloster Walkenried, 1924; Kirchner, J., Das
Reichsstift Walkenried, 1971; Heutger, N., 850 Jahre Kloster Walkenried, 1977;
Germania Benedictina, Bd. 12, hg. v. Faust, U., 1994; Petke, W., Walkenried,
LexMA 8 1996, 1976; Urkundenbuch des Klosters Walkenried, Bd. 1 bearb. v.
Dolle, J., 2002.
Wangen (Reichsstadt). W. im Allgäu ist 815 in
einer Gabe an Sankt Gallen erstmals bezeugt. Wahrscheinlich im 12. Jahrhundert
gründete das Kloster Sankt Gallen am Schnittpunkt zweier Fernstraßen hier einen
Markt. Vermutlich 1216/1217 wurde W. durch Kaiser Friedrich II. als Vogt Sankt
Gallens zur Stadt erhoben. 1273 zog König Rudolf von Habsburg Wangen, dessen Vogtei nach 1251 mehrfach verpfändet wurde, an sich
und verlieh ihm 1286 das Stadtrecht Überlingens. Aus erneuten Verpfändungen an
Sankt Gallen (1298) und die Grafen von Montfort (1330) löste sich die zu dieser
Zeit auf 700 Einwohner geschätzte Stadt (1347). 1394 erwarb sie das Ammannamt
und 1402 den Blutbann und war damit trotz bis 1608 bestehender grundherrlicher
Rechte Sankt Gallens Reichsstadt. Diese hatte Sitz und Stimme auf dem Reichstag
und beim schwäbischen Reichskreis. Die Stadt war Sitz der Kanzlei des Kantons
Hegau (Hegau-Allgäu-Bodensee) des Ritterkreises Schwaben. 1802/1803 fiel sie
mit 1,5 Quadratmeilen bzw. 50 Quadratkilometern (Deuchelried mit Haldenberg und
Oflings, Wohmbrechts-Thann, Niederwangen, Eglofs [1516-1582], Neuravensburg [1586-1608])
und 4500 Einwohnern an Bayern, 1810 mit einem Teil des Gebiets an Württemberg,
wo sie Sitz eines Oberamts wurde, und gelangte so 1951/1952 an
Baden-Württemberg.
L.: Wolff 221; Zeumer 555 III b 24; Wallner 689 SchwäbRK 72; Schroeder 233ff.;
Scheurle, A., Wangen im Allgäu. Das Werden und Wachsen der Stadt, 2. A. 1975;
Walchner, K., Alt Wangener Erinnerungen, 1955, 1960; Der Kreis Wangen 1962;
Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Bd. 2 1995; Lorenz, S.,
Wangen, LexMA 8 1996, 2030.
Weida (Vögte, Herrschaft). 1122 wird die Burg
W. (Withaa) an der Weida bei Gera erstmals erwähnt. Sie war Sitz der von W. im
Unstrutgebiet kommenden, bald aber an die mittlere und obere Elster wechselnden,
zunächst herzoglich-sächsisch-ministerialischen, seit 1220
reichsministerialischen Herren von W., die sich seit 1209 wohl nach
Quedlinburger Vogteirechten um Gera als Vögte
benannten, sich (1209 sowie) 1244 in die Vögte von W. mit Sitz in W. (bis
1531/1535), die Vögte von Gera (bis 1550) und die Vögte von Plauen teilten und
deren sämtliche männliche Abkömmlinge zu Ehren Kaiser Heinrichs VI.
ausschließlich den Namen Heinrich erhielten. 1329 bestätigte ihnen Kaiser
Ludwig der Bayer Reichsunmittelbarkeit und fürstengleichen Rang. Seit der
zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begann ein unaufhaltsamer Niedergang der
Vögte von W. Dabei ging das Gebiet um Hof an die Burggrafen von Nürnberg
verloren (1373 Verkauf des nach 1193 erworbenen Landes an der Regnitz). 1354
mussten die Vögte von W. die Lehnshoheit des Hauses Wettin, an das dann
Triptis, Ronneburg, Werdau, Schmölln und andere Güter gelangten, für das
Stammland anerkennen. 1427 kam die Herrschaft W. durch Verkauf an das Haus
Wettin, 1485 an dessen ernestinische Linie, 1567/1571 an die albertinische
Linie, 1815 an Preußen, 1816 an Sachsen-Weimar-Eisenach und 1920 an das Land
Thüringen. Dieses gehörte 1945 zur sowjetischen Besatzungszone und wurde am 23.
7. 1952 innerhalb der 1949 entstandenen Deutschen Demokratischen Republik
aufgelöst (str.), zum 3. 10. 1990 mit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen
Republik zur Bundesrepublik Deutschland aber wieder begründet. Die übrigen
Güter der Vögte von W. fielen 1531 bei ihrem Aussterben an die Vögte von Gera
und die Vögte von Plauen.
L.: Wolff 380; Geschichte der Stadt Weida in Einzeldarstellungen, Bd. 1ff.
1926ff.; Flach, W., Die Urkunden der Vögte von Weida, Gera und Plauen bis zur
Mitte des 14. Jahrhunderts, 1930; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat, 1955;
Geschichte Thüringens, hg. v. Patze, H. u. a., Bd. 2,1 1974; Blaschke, K.,
Geschiche Sachsens, 1990.
Weil der Stadt, Weil (Reichsstadt). W. (bei
der villa) bei Böblingen kam wohl über Welf VI. an die Staufer und wurde
vermutlich zwischen 1223 und 1235 durch die Staufer zur Stadt erhoben. Seit
etwa 1275 war es Reichsstadt, die zuerst unter dem Schutz der Pfalz, dann
Badens stand. 1374 verlieh Kaiser Karl IV. ihr das Nichtevokationsrecht. 1398
gewann sie Blutbann und Vogtei, 1404 pfandweise
das Schultheißenamt. Der Erwerb eines eigenen Herrschaftsgebiets gelang infolge
der Umschließung durch Württemberg nicht. Die Stadt hatte Sitz und Stimme auf
dem Reichstag und beim schwäbischen Reichskreis. Die Reformation wurde von 1590
an wieder rückgängig gemacht. 1802/1803 kam die Stadt mit 0,4 Quadratmeilen
Gebiet und rund 1800 Einwohnern an Württemberg, wo W. bis 1808 Sitz eines
Oberamts war, 1951/1952 zu Baden-Württemberg.
L.: Wolff 220; Zeumer 555 III b 23; Wallner 690 SchwäbRK 92; Großer
Historischer Weltatlas III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3; Schroeder 366ff.;
Beschreibung des Oberamts Leonberg, 2. A. 1930; Grieger, S., Weil der Stadts
Werdegang bis zur Erhebung zur freien Reichsstadt, (in) Mitt. d. Heimatvereins
Weil der Stadt 1950/1951; Press, V., Weil der Stadt, Zs. f. württemberg. LG. 54
(1995), 11; Lorenz, S., Weil der Stadt, LexMA 8 1996, 2115.
Werl (Grafen). Die reichsunmittelbaren, aus
dem Raum Meschede stammenden Grafen von W. (spätestens 1024 Sitz in W., 1116
Werle) in Westfalen hatten im 10. und 11. Jahrhundert Grafschaftsrechte vom
Sauerland bis nach Friesland sowie Vogteirechte
über das Hochstift Paderborn und das Stift Werden an der Ruhr inne. Seit der
Mitte des 11. Jahrhunderts wurden sie auf Westfalen beschränkt. Dort
errichteten sie um 1060 die Burg Arnsberg an der Ruhr. 1102 verloren sie im
engeren Gebiet um Werl, am Hellweg und im Sauerland die halbe Grafschaft an das
Erzstift Köln. Beim Erlöschen der Grafen 1124 kam Arnsberg in weiblicher
Erbfolge an die Grafen von Arnsberg. W. selbst gelangte 1802 an
Hessen-Darmstadt, 1816 an Preußen und 1946 an Nordrhein-Westfalen.
L.: Wolff 86; Mehler, F., Geschichte der Stadt Werl, 1891, Neudruck 1983, 1988;
Hömberg, A., Geschichte der Comitate des Werler Grafenhauses, Westfäl. Zs. 100
(1950); Leidinger, P., Untersuchungen zur Geschichte der Grafen von Werl, 1965;
Wouters, S., Bibliographie zur Werler Stadtgeschichte, 1981; Halekotte, W.,
Stadt und Kreuz, 1987; Werl, hg.v. Roher, A. u. a., 1994; Janssen,W., Werl,
LexMA 8 1996, 2208; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 2, 668;
Leidinger, P., Die Grafen von Werl und Werl-Arnsberg (ca. 980-1124). (in) Das
Herzogtum Westfalen 2009, 119; Gosmann, M., Die Grafen von Arnsberg und ihre
Grafschaft, (in) Das Herzogtum Westfalen, 2009, 119.
Wernigerode (Grafschaft). 1121 verlegten die aus dem
Süden stammenden Grafen von Haimar (Haymar) bei Hildesheim, die neben
Grafschaftsrechten auch die Verwaltung des Reichsforstes am Nordostharz
innehatten, ihren Sitz auf die 1213 erstmals genannte, einer bedeutsamen
Straßenkreuzung benachbarte Burg W. am nördlichen Harz. Sie erlangten die Vogtei über die Klöster Drübeck und Ilsenburg und 1343
von den Grafen von Regenstein die Grafschaftsrechte um W. 1268 trugen sie W.
den Markgrafen von Brandenburg zu Lehen auf, 1381 dem Erzstift Magdeburg. 1429
ging die Grafschaft nach dem Aussterben des Geschlechts an die Grafen von
Stolberg über. 1449 kam die Lehnsherrschaft von Magdeburg wieder an
Brandenburg. Seit 1645 nannte sich eine der Linien der früh der Reformation
angeschlossenen Grafen von Stolberg Stolberg-Wernigerode. Nach 1680 kamen die
landesherrlichen Rechte mehr und mehr an Brandenburg/Preußen. 1714 wurden die
zum obersächsischen Reichskreis zählenden Grafen durch Übergang der Militär-
und Steuerhoheit zugunsten Preußens mediatisiert, behielten aber zunächst noch
einige Hoheitsrechte. 1807 kam die Grafschaft an das Königreich Westphalen,
1814/1822 wieder an Preußen. Bis 1876/1869/1931 behielten die 1890 in den
Fürstenstand erhobenen Grafen, deren Grafschaft 1876 Preußen gänzlich
inkorporiert wurde, standesherrliche Vorrechte. W. fiel über die Provinz
Sachsen Preußens von 1949 bis 1990 (in Sachsen-Anhalt) an die Deutsche
Demokratische Republik. S. a. Stolberg-Wernigerode.
L.: Wolff 415ff.; Wallner 710 ObersächsRK 17 c; Großer Historischer Weltatlas
II 66 (1378) F3, III 22 (1648) E3, III 38 (1789) D2; Drees, H., Geschichte der
Grafschaft Wernigerode, 1916; Grosse, W., Geschichte der Stadt und Grafschaft
Wernigerode, 1929; Oelsner, M. u. a., Wernigerode, 2. A. 1964; Blaschke, K.,
Wernigerode, LexMA 9 1998, 11.
Wertheim (Grafschaft). 779/795 erscheint das
rechtsmainische Dorf Kreuzwertheim (W.) am Main, das 1009 ein Marktprivileg
erhielt. Die in ihrer Herkunft ungewissen, 1132 erstmals bezeugten Grafen von
W., die sich (ursprünglich vielleicht nach einer Burg Walm am Untermain? und)
seit 1132 nach der linksmainischen Höhenburg W. nannten und nach der Niederlage
der Grafen von Henneberg gegen das Hochstift Würzburg von diesem die zuvor in
den Händen der Henneberger befindliche Grafschaft als Lehen erhielten, bauten
auf Zentrechte und Vogteirechte gegründet eine
ansehnliche Herrschaft beiderseits des Mains und an der unteren Tauber auf und
legten zwischen 1192 und 1244 die Stadt W. an. 1327 gewannen sie Teile der
Herrschaft Breuberg, die 1407 einer 1497 die Hauptlinie beerbenden Nebenlinie
zugeteilt wurde. Unter Kaiser Karl IV. nahmen die Grafen 1362 ihre Güter von
Böhmen zu Lehen. Unter Graf Georg II. (1521-1530) führten sie die Reformation
ein. Nach dem Aussterben des zum fränkischen Reichsgrafenkollegium gehörigen
Geschlechts 1556/1574 fielen die Güter zum kleineren Teil an die verwandten
Erbach, zum größeren Teil an die verschwägerten Grafen von
Stolberg(-Königstein-Rochefort). Über deren jüngste Erbtochter Anna kam die
Grafschaft 1598/1600 großenteils an die nach Jahren gemeinsamer Herrschaft
(seit 1574) ihre Mitregenten ausschaltenden Grafen von Löwenstein, die sich
seitdem Grafen von Löwenstein-Wertheim nannten, aber in schweren Kämpfen mit
dem Hochstift Würzburg bis 1670/1667 fast alle wertheimischen Güter außerhalb
der Grafschaft verloren. Sie besaßen in der Grafschaft die Stadt W., jeweils
einen Teil der Ämter Remlingen und Schwanberg, die Ämter Königheim, Laudenbach,
Kleinheubach und die Herrschaft Breuberg. 1806 kam die Grafschaft, die Sitz und
Stimme beim fränkischen Reichsgrafenkollegium und beim fränkischen Reichskreis
hatte und etwa 12 Quadratmeilen (abzüglich umstrittener Gebiete 5 Quadratmeilen
oder 282 Quadratkilometer) und 13739 Einwohner [1803] in der Stadt Wertheim und
knapp 30 Dörfern und Flecken umfasste, mit den Gütern links des Mains (W.) an
Baden, im Übrigen an das Fürstentum Aschaffenburg, 1810 an das Großherzogtum
Frankfurt und 1814 an Bayern. S. a. Löwenstein-Wertheim.
L.: Wolff 121; Zeumer 554 II b 62, 4; Wallner 692 FränkRK 10; Großer
Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, III 38 (1789) C3; Die Territorien des
Reichs 4, 214; Ortmann, W., Die Stadt Wertheim am Main, Diss. Darmstadt, 1950;
Mader, K., Entstehung und Entwicklung der Stadt Wertheim, Mainfrk. Jb. 4
(1952); Friese, A., Der Lehenhof der Grafen von Wertheim im späten Mittelalter,
Mainfränk. Hefte 21 (1955); Ehmer, H., Wertheim im Großherzogtum Baden, 1979;
Ehmer, H., Geschichte der Grafschaft Wertheim, 1989; Wendehorst, A., Wertheim,
LexMA 9 1998, 12; Stockert, H., Adel im Übergang, 2000; Bachmann, M., Lehenhöfe
von Grafen und Herren im ausgehenden Mittelalter. Das Beispiel Rieneck,
Wertheim und Castell, 2000; Gläser, S., Die Mediatisierung der Grafschaft
Wertheim, 2006; Rückert, P., Stadt - Land - Heimat. Wertheim und seine
Grafschaft, Wertheimer Jb. 2006/2007, 17ff.
Westerburg (Herrschaft). 1209 wird W. im Westerwald
erstmals genannt. Es war Stammburg der Herren von W. und bereits im 12.
Jahrhundert Sitz der Vögte des Stiftes Gemünden. Durch Heirat einer Gräfin von
Leiningen erlangte Siegfried von Runkel W. und die Vogtei
Gemünden. Eine aus der Stammburg Runkel im 13. Jahrhundert verdrängte Linie,
der 1288 W. bestätigt wurde, nannte sich fortan W. Zur Herrschaft W., die im
14. und 15. Jahrhundert durch das Hochstift Trier und die Grafen von Nassau und
Katzenelnbogen bedrängt wurde, kam 1467 über eine Erbtochter die Grafschaft
Leiningen. Von der Herrschaft W. hatten am Ende des 18. Jahrhunderts die
gräflichen Linien Leiningen-Westerburg-Altleiningen und
Leiningen-Westerburg-Neuleiningen gemeinsam die Stadt W. und die Herrschaften
Schadeck und Weltersburg. Innerhalb Westerburg-Leiningens zählte W. zum
oberrheinischen Reichskreis. W. kam 1806 an das Großherzogtum Berg, 1813/1815
an Nassau, 1866 an Preußen und 1946 an Rheinland-Pfalz. S.
Leiningen-Westerburg.
L.: Wolff 282; Zeumer 552ff. II b 60, 20, 60, 21; Wallner 698 OberrheinRK 40 a,
b; Gensicke, H., Landesgeschichte des Westerwaldes, 2. A. 1987; Wagner, E.,
Westerburg, (in) Berichte zur deutsche Landeskunde 33, 1 (1964), 134; Mehr, W.,
Kleine Stadtgeschichte, 1985; Gensicke, H., Westerburg, Nassauische Annalen 99
(1988).
Wettiner (Geschlecht). Die W. stammen vielleicht
von einem 822 genannten Grafen Rikbert in Sachsen oder von Herzog Burchard
(Burkhard) von Schwaben ab. Sie waren vermutlich zuerst im Liesgau und im
Harzgau (erster sicherer Ahnherr Graf Friedrich im Harzgau 875, dessen
Nachkommen mit den aus Schwaben stammenden Burchardingern (Burkhardingern) im
frühen 10. Jahrhundert in Verbindung traten,) begütert, wechselten bis zur
Jahrtausendwende aber in den Hosgau an der Saale. Danach wurden Eilenburg an
der Mulde, um 1030 als Lehen die Ostmark (Niederlausitz) und um 1050 Camburg
erlangt. Noch vor 1100 nannten sie sich nach der Burg Wettin bei Halle an der
Saale. 1089 erhielt Heinrich I. von Eilenburg die Markgrafschaft Meißen als
Lehen. Seit 1123 kam das Erbe des Hauses Groitzsch hinzu (Grafschaft Groitzsch
1143). Nach der Teilung von 1156 in die fünf Teilherrschaften Niederlausitz
(bis 1185), Wettin (bis 1217), Groitzsch (bis 1210), Brehna (bis 1290) und
Meißen wurden die meisten Güter bis 1290 in der Linie Meißen wieder vereinigt,
wobei die Grafschaft Brehna aber an Sachsen, die Grafschaft Wettin 1217 an
Brehna, 1288 an das Erzstift Magdeburg und damit 1680 an Brandenburg und die
Grafschaft Groitzsch durch Verkauf an das Hochstift Merseburg kamen. Markgraf
Heinrich III. gewann im thüringisch-hessischen Erbfolgekrieg 1247/1264
Thüringen. 1307 konnte das gesamte noch vorhandene Gebiet in der Schlacht bei
Lucka gegen König Albrecht von Habsburg verteidigt werden. 1344 wurde die
Grafschaft Orlamünde erworben. 1379/1382 wurde vorübergehend in drei Teile
geteilt (Osterland[, dazu 1353 Coburg], Thüringen[, dazu 1385 Grafschaft
Käfernburg sowie durch Heirat Hildburghausen und Heldburg], Meißen [dazu der
größte Teil des Vogtlands]). Hinzu kamen Gebiete in Böhmen und die Vogtei über Quedlinburg. Friedrich (IV. bzw.) I. der
Streitbare erhielt 1423 nach dem Aussterben der Askanier als Lohn für seine
Hilfe gegen die Hussiten das Herzogtum Sachsen-Wittenberg mit der Kurwürde.
1446 kam es zu einer weiteren Teilung. 1485 wurde in die ernestinische Linie
und die albertinische Linie geteilt.
L.: Blaschke, K./Kretzschmar, H., (Ober-)Sachsen und die Lausitzen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Eberhardt, H., Thüringen, (in)
Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Hofmeister, G., Das Haus Wettin, 1889;
Posse, O., Die Wettiner, 1897; Posse, O., Die Wettiner Genealogie, erg. v.
Kobuch, M., 1994; Helbig, H., Der wettinische Ständestaat, 1980; Streich, B.,
Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung. Der wettinische Hof im späten
Mittelalter, 1989; Sachsen, A. Herzog zu, Die albertinischen Wettiner,
Geschichte des sächsischen Königshauses, 1763-1932, 1989; 900-Jahr-Feier des
Hauses Wettin, Regensburg 26. 4.-1. 5. 1989, 1089-1989. Festschrift des Vereins
zur Vorbereitung der 900-Jahr-Feier des Hauses Wettin, hg. v. Polenz, H.
v./Seydewitz, G. v., 1989; Philippi, H., Die Wettiner in Sachsen und Thüringen,
1989; Blaschke, K., Geschichte Sachsens im Mittelalter, 1990; Pätzold, S., Die
frühen Wettiner, Diss. phil. Göttingen 1996; Pätzold, S., Die frühen Wettiner,
1997; Marquis, B., Meißnische Geschichtsschreibung des späten Mittelalters,
1998; Blaschke, K., Wettiner, LexMA 9 1998, 50; Leisering, E., Die Rechte der
Wettiner als Reichsfürsten, N. A. f. sächs. Gesch. 69 (1999), 233; Rogge, J.,
Herrschaftsweitergabe, 2002; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen
Reich, hg. v. Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 213; Weller, T., Die
Heiratspolitik, 2004; Rogge, J., Die Wettiner, 2005; Die Wettiner und ihre
Herrschaftsgebiete, bearb. v. Leisering, E., 2006; Gross, R., Die Wettiner,
2007; Wejwoda, M.Kirche und Landesherrschaft - das Hochstift Meißen und die
Wettiner im 13. Jahrhundert, 2007 (Magisterarbeit); Winkel, H., Herrschaft und
Memoria. Die Wettiner und ihre Hausklöster im Mittelalter, 2010; Kaiser, U.,
Das Amt Leuchtenburg 1479-1705, 2011.
Wiblingen (Kloster, Herrschaft). 1093 gründeten
die Grafen von Kirchberg das Benediktinerkloster W. bei Ulm. Im 15. Jahrhundert
versuchte W. vergeblich, die Vogteirechte
zurückzugewinnen. 1701 kam W. mit seinem kleinen Herrschaftsgebiet unter die
Landeshoheit Österreichs, über das die Herrschaft W. dem österreichischen
Reichskreis angehörte. 1806 fiel es nach seiner Aufhebung (1803) an Württemberg
und damit 1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 45; Wallner 714 ÖsterreichRK 1; Der Stadtkreis Ulm, 1977, 392ff.;
Breitenbruch, B., Schule, Studium und Wissenschaft, (in) Studien und
Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens 106 (1995), 175; Eberl, I.,
Wiblingen, LexMA 9 1998, 59.
Wildeshausen (Stift, Herrschaft). W. an der Hunte
südöstlich Oldenburgs wird anlässlich der Gründung des Alexanderstifts W. durch
Graf Waltpert, einen Enkel Herzog Wídukinds von Sachsen, erstmals erwähnt
(Wigaldinghus). 855 gewährte König Ludwig der Deutsche Immunität und
königlichen Schutz. 872 gab Graf Waltpert den Ort W. an das Stift. Im 11.
Jahrhundert unterstand der Ort den Billungern, die um 1100 die Vogteirechte einem Zweig der Grafen von Oldenburg
übertrugen, während die Welfen dem Domkapitel von Bremen das Propsteigut
überließen. Um 1150 erbaute Graf Heinrich von Oldenburg die Burg W. Eine Linie
der Grafen von Oldenburg wurde in W. ansässig (Oldenburg-Wildeshausen9 und
verband mit ihrem Amt vorübergehend die Grafschaften Vlotho und Tecklenburg.
1270 kam W. beim Aussterben der Grafen als erledigtes Lehen an das Erzstift
Bremen, während andere Güter an die Grafen von Hoya fielen. Um 1500 gelangte W.
infolge mehrfacher Verpfändungen (1429-1465 Münster, 1493 Wilhelm von dem
Bussche bzw. Wilhelm von dem Busche) unter den Einfluss des Hochstifts Münster,
(im niedersächsischen Reichskreis) 1634 an Schweden, 1649 zum Herzogtum Bremen
und Verden Schwedens, 1675 an das Hochstift Münster, 1699 nach Ablösung erneut
an Schweden, 1700 als Pfand und 1714 zu Eigentum an Hannover sowie 1803
vorübergehend, 1813/1826 endgültig an Oldenburg und damit 1946 an
Niedersachsen. S. Oldenburg-Wildeshausen.
L.: Wolff 431; Wallner 706 NiedersächsRK 25; Großer Historischer Weltatlas III
38 (1789) C1; Haase, C., Mittelalterliche Rechtsquellen der Stadt Wildeshausen,
1953; Lübbing, H./Jäkel, W., Geschichte der Stadt Wildeshausen, 1970;
1270-1970. 700 Jahre Stadt Wildeshausen, hg. v. Boning, H., 1970; Streich, G.,
Klöster, Stifte und Kommenden, 1986; Eckhardt, A., Beiträge zur Geschichte der
Stadt Wildeshausen, 1995; Schindler, R., Wildeshausen, LexMA 9 1998, 115;
Eckhardt, W., Wildeshausen, 1999.
Wilgartswiesen (Reichsdorf). 828 gab Wiligart den Hof
W. (Wiligartawisa) bei Annweiler und Bergzabern an das Kloster Hornbach. Die Vogteirechte standen der Herrschaft Falkenburg zu.
Falkenburg wird 1246 als Reichsburg erwähnt. Am 22. 1. 1379 verpfändete König
Wenzel dem Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz unter anderem das Reichsdorf W.
bei Annweiler, das dieser von Graf Emich von Leiningen ausgelöst hatte. Später
war die Pflege Falkenburg Leiningen und Pfalz bzw. Pfalz-Zweibrücken gemeinsam.
Der Anteil Leiningens kam an Leiningen-Dagsburg-Falkenburg, 1774 an
Leiningen-Hartenburg, 1785 Zweibrücken. Über Bayern gelangte W. 1946 an
Rheinland-Pfalz.
L.: Hugo 469, 465; Munzinger, H., Wilgartswiesen und Falkenburg, 1928.
Wismar (Herrschaft). W. (1167 aqua Wissemara)
geht in seinen städtischen Anfängen auf flandrisch-sächsische Siedlung am Ende
des 12. Jahrhunderts zurück. 1211 ist ein Hafen belegt. 1229 wird W. an der
Ostsee als Stadt lübischen Rechts erstmals erwähnt. Sie unterstand trotz großer
Selbständigkeit (1229 burgenses, 1241 Rat, 1308/1373 Erwerb der Vogtei) der Herrschaft Mecklenburgs. Von 1256/1257 bis
1358 war sie Residenz. Von 1555 bis 1621 gehörte sie zu Mecklenburg-Schwerin.
1648 kam sie als Reichslehen an Schweden, wobei die Mitgliedschaft für W. (3,3
Quadratmeilen mit 9600 Einwohnern) im niedersächsischen Reichskreis
zwischenzeitlich ruhte, wurde aber 1803 von Mecklenburg-Schwerin pfandweise und
1903 infolge Verzichts auf das Einlösungsrecht seitens Schwedens endgültig
zurückgewonnen. Mit Mecklenburg kam W. 1945 zur sowjetischen Besatzungszone. In
dieser gelangte es in Mecklenburg von 1949 bis 1990 zur Deutschen
Demokratischen Republik (Bezirk Rostock).
L.: Wolff 443; Wallner 707 NiedersächsRK 24; Die Territorien des Reichs 6, 114;
Witte, H., Wismar unter dem Pfandvertrage 1803-1903, 1903; Techen, F.,
Geschichte der Seestadt Wismar, 1929; Kleiminger, R., Das Heiligengeisthospital
von Wismar, 1962; Nitsche, K./Düsing, A., Wismar. Geschichte und Gesicht einer
Stadt, 2. A. Leipzig 1971; Bandis, K. u. a., Wismar 1229-1979, 1979; Fahlbusch,
F,. Wismar, LexMA 9 1998, 258.
Worms (Hochstift, Residenz des Bischofs). Seit
346 (?), sicher bezeugt seit 614, ist die ursprünglich keltische, dann
germanische, dann römische Siedlung Borbetomagus/Vormatia Sitz eines Bischofs,
der im 8. Jahrhundert dem Erzbistum Mainz eingegliedert war. Seine Diözese zog
sich sichelförmig vom Saargebiet bzw. Kaiserslautern nach Guntersblum/Oppenheim
und dem unteren Neckar (Ladenburg, Wimpfen). Die Vogtei
lag bis 1156 bei den Grafen von Saarbrücken, danach bei den Pfalzgrafen bei
Rhein. Dem Bischof gelang trotz erheblicher Bedeutung in der Stauferzeit nur
der Erwerb eines kleinen Herrschaftsgebiets im Westen. Seit etwa 1330 stieg der
Einfluss der Pfalzgrafen auf das Hochstift. Residenz wurde bald Ladenburg. In
der Reformation ging mehr als die Hälfte der Pfarreien der Diözese verloren.
Seit 1648 war das Bistum meist in Personalunion mit Mainz oder Trier verbunden.
Um 1790 war der Bischof von W. wegen Neckarsteinach, Darsberg, Grein und Teilen
von Langenthal (Langental) Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises
Franken. 1797/1801 fielen die linksrheinischen Güter des zuletzt 8
Quadratmeilen mit 20000 Einwohnern und 85000 Gulden Einkünften umfassenden, zum
oberrheinischen Reichskreis zählenden Hochstifts an Frankreich, 1803 die
rechtsrheinischen Teile an Baden und Hessen-Darmstadt. 1805 wurde das Bistum
aufgelöst und 1817/1821 sein Sprengel auf Mainz, Speyer, Freiburg und
Rottenburg aufgeteilt. 1814 kamen die linksrheinischen Teile an Bayern und
Hessen-Darmstadt.
L.: Wolff 232; Zeumer 552 II a 8; Wallner 696 OberrheinRK 14; Großer
Historischer Weltatlas II 34 (1138-1254) F4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789)
C3; Winkelmann-Holzapfel 169; Schannat, J., Historia episcopatus Wormatiensis,
Bd. 1f. Frankfurt 1734; Wormatia Sacra, 1925; Seiler, A., Das Hochstift Worms
im Mittelalter, Diss. phil. Gießen 1936; Sofsky, G., Die verfassungsrechtliche
Lage des Hochstifts Worms, 1955; Schaab, M., Die Diözese Worms im Mittelalter,
Freiburger Diözesanarchiv 86 (1966); Friedmann, A., Die Beziehungen der
Bistümer Worms und Speyer zu den ottonischen und salischen Königen, 1994; Das
Bistum Worms, hg. v. Jürgensmeier, F., 1997; Bönnen, G., Worms, LexMA 9 1998,
330; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 636, 1, 2, 645; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 491.
Wunstorf (Reichsstadt?). Um 865 gründete der
Bischof von Minden auf seinem Eigengut Uonheresthorp ein Kanonissenstift, das
König Ludwig der Deutsche 871 seinem Schutz unterstellte. Im 12. Jahrhundert
belehnte der Bischof von Minden die Grafen von Roden mit der Vogtei über das Stift und die 1181 als civitas
erwähnte bürgerliche Siedlung, welche die Vögte allmählich so weit aus der
Stiftsherrschaft lösten, dass 1247 eine Gesamtherrschaft vereinbart wurde. 1261
wurde W. Stadt mit Mindener Recht (1290 Rat). 1446 verkauften die Grafen von
Roden ihren Anteil an das Hochstift Hildesheim. 1447 ging er an die Herzöge von
Braunschweig-Lüneburg (1494 Calenberg). Insgesamt nahm W. eine eigentümliche
Stellung zwischen Landstandschaft und Amtsässigkeit ein. 1521 und 1776 erscheint
es in der Reichsmatrikel. Seit dem 17. Jahrhundert bezog der Landesherr die
Stadt immer stärker in das Land ein. Über Hannover und Preußen (1866) kam sie
1946 an Niedersachsen. Das Stift W. blieb stets vom Bischof abhängig.
L.: Gumpelzhaimer 190; Wolff 436; Leyser, P., Historia comitum Wunstorpiensium,
2. A. 1726, hg. v. Kaus, E./Krause, R., 2000; Geschichte der Grafen von
Wunstorf s. Ohlendorf, H., Geschichte der Stadt Wunstorf, hg. v. Hartmann, W.,
1957; Gercke, A., Die Altstadt Wunstorf, 1965; Simon, H., Wunstorf, 1969;
Eickels, K. van, Wunstorf, LexMA 9 1998, 369.
Württemberg (Grafen, Herzogtum, Königreich, Land,
Landesteil). 1081/1083/1092 erscheint die neu errichtete Burg Wirtinisberc auf
dem Rotenberg zwischen Esslingen und Cannstatt im alten Stammesherzogtum
Schwaben. Nach ihr nannten sich (fränkische?, von dem salischen Herzog Konrad
von Kärnten abstammende?) Herren von W. (1081/1083 Konrad, 1089/1092 Conradus
de Wirtineberc), die seit 1135/1139 als Grafen (Grafschaft im Remstal)
auftraten, zunächst im mittleren Neckartal und Remstal begütert waren und -
vielleicht nach einer Unterbrechung um 1150 - zu Beginn des 13. Jahrhunderts
das ganze mittlere und untere Remstal mit Waiblingen und Schorndorf erlangt
hatten. Wichtigste Grundlagen der Herrschaftsbildung wurden Leibeigenschaft,
Mannsteuer, Ortsherrschaft und Steuer. Durch Heirat erwarben sie um 1245 von
den Markgrafen von Baden Stuttgart (stuot-gart), das im 14. Jahrhundert (1321)
Sitz des Hofes und Mittelpunkt der Grafschaft und ab 1482 offiziell Hauptstadt
und Residenzstadt wurde. Dazu kamen Zollrechte und Geleitsrechte an wichtigen
Straßen wie der Fernstraße von Speyer nach Ulm. Nach dem Untergang der Staufer
rissen sie Reichsgut im erheblichen Umfang an sich (Waiblingen). 1259 wurde
Graf Ulrich I. Marschall des Reiches über ganz Schwaben und kaufte die
Grafschaft Urach (Urach, Münsingen, Pfullingen, Nürtingen). Eberhard I. gewann
1298 die Landvogtei Schwaben und vergrößerte das Herrschaftsgebiet um fast die
Hälfte (Backnang, Calw [1308], Göppingen [1319], Hohenstaufen [1319],
Dornstetten [1320], Neuffen, Rosenfeld, Neuenbürg, Glemsgaugrafschaft mit
Hohenasperg). 1324/1325 kamen durch Kauf Reichenweier und Horburg im Elsass,
1330 Landvogtei Wimpfen, 1336 Markgröningen, 1339 Vaihingen, 1343 Tübingen mit
dem Reichsforst Schönbuch, die halbe Herrschaft Teck mit Kirchheim, Winnenden,
die Grafschaft Aichelberg, Grötzingen und 1381 von den Herzögen von Teck
(Verkauf der zweiten Hälfte) Kirchheim hinzu. Eberhard III. erhielt die
Herrschaft Schalksburg mit Balingen und Onstmettingen sowie dem Rest von
Bietigheim. Eberhard IV. erwarb durch Heirat 1397/1409 die Grafschaft
Mömpelgard (bis 1796/1802). 1420 umfasste W. als die größte Grafschaft des Reiches
nach einem Verzeichnis der württembergischen Lehen und Eigengüter als
Reichslehen die Grafschaft W. mit den Städten Stuttgart, Cannstatt (Canstatt,
Cannstadt), Leonberg, Waiblingen und Schorndorf, den Zoll zu Göppingen, die
Grafschaft Aichelberg mit der Stadt Weilheim und die Vogtei
zu Jesingen, das Herzogtum Teck mit den Städten und Schlössern Kirchheim,
Gutenberg, Wielandstein und Hahnenkamm, die Grafschaft Neuffen, die Grafschaft
Urach mit den Städten Urach, Wittlingen und Münsingen, die Pfalzgrafschaft
Tübingen mit den Städten Tübingen, Herrenberg, Böblingen, Sindelfingen und dem
Forst Schönbuch, die Grafschaft Calw mit Stadt Calw, Wildbad und Zavelstein,
die Grafschaft Vaihingen mit den Städten Vaihingen, Oberriexingen (Riexingen),
Horrheim und Hohenhaslach (Haslach), die Herrschaft Magenheim mit der Stadt
Brackenheim, die Stadt Markgröningen als ein Fahnlehen, die Grafschaft Asperg,
die Herrschaft Horburg und die Grafschaft Wickisau (Willisau) mit der Stadt
Reichenweier im Elsass, die auf der rechten Rheinseite oberhalb Breisach
gelegene Burgfeste Sponeck, die Herrschaft Waldhausen bei Welzheim, die
Herrschaft Nagold mit den Städten Nagold und Haiterbach (Haitersbach), die
Herrschaft Urslingen mit dem Städtchen Rosenfeld, zeitweise die Grafschaft
Sigmaringen mit der gleichnamigen Stadt und die Feste und die Hälfte von
Herrschaft und Stadt Hornberg. Eigengüter lagen zu Tuttlingen (Wittlingen),
Nürtingen, Grötzingen, Waldenbuch, Lichtenstein, Leofels, Schiltach, Dornhan,
Fautsberg (Vogtsberg), Großgartach und Kleingartach (Gartach), Güglingen,
Lauffen (Laufen), Backnang, Winnenden, Marbach, Göppingen, Schülzburg
(Schilzburg), Hundersingen, Sternenfels, Bilstein bei Reichenweier, Ramstein,
Ebersberg, Reichenberg, Waldenstein, Bittenfeld, Hoheneck, Schalksburg,
Balingen, Blankenhorn, Bietigheim, Blankenstein, halb Rechtenstein, Ingersheim,
Ebingen, Veringen, Achalm, Hohenstaufen, Lauterburg, Rosenstein, Gundelfingen,
Oberndorf und Wasseneck. Dazu kamen als Lehen von der Krone Böhmens: Burg und
Stadt Neuenbürg (Neuenburg), Burg und Stadt Beilstein, Lichtenberg und
Großbottwar (Bottwar) und als ein Lehen des Hochstifts Bamberg Dornstetten.
1441/1442 wurde das damit bereits große, aber in sich noch recht uneinheitliche
Land geteilt. Ludwig I. begründete die Linie Urach, Ulrich V. die Linie Neuffen
bzw. Stuttgart (mit Nebenlinie Württemberg-Mömpelgard ab 1498, die 1593 die
Hauptlinie beerbte). 1471/1473 wurde der Erwerb der Grafschaft Sulz
abgeschlossen. 1482 stellte Eberhard V. im Bart von der Uracher Linie (1450-1496),
der Gründer der Universität Tübingen (1477), die Einheit des Landes wieder her
(Vertrag von Münsingen), erließ eine Landesordnung (1495) und erreichte 1495
vom Kaiser für die größte Grafschaft des Reichs die Erhebung zum Herzog und die
Einordnung des Landes als Reichslehen, womit zugleich eine Vereinheitlichung
der unterschiedlichen Besitzrechte gegeben war. Nach seinem Tode gewann zwar W.
1504 noch das Maulbronner Klostergut, die Reichsgrafschaft Löwenstein und die
Ämter Besigheim, Weinsberg, Neuenstadt, Möckmühl und Heidenheim, doch erlangte
der Landtag wachsenden Einfluss (1514), fiel W. wegen der Annexion Reutlingens
von 1520 bis 1534 überhaupt an das Reich (1520-1522) bzw. Österreich und musste
danach bis 1599 die Lehnshoheit Österreichs (Reichsafterlehen) anerkennen. Um
1535 wurde die Reformation eingeführt, 1555 ein romanistisch geprägtes
Landrecht erlassen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das zum schwäbischen
Reichskreis zählende Land zweimal besetzt, verlor (zeitweilig ein Drittel seines
Gebiets und) zwei Drittel seiner ursprünglichen 450000 Einwohner und geriet
danach in einen allgemeinen Niedergang. 1617 wurde in eine Hauptlinie und die
Nebenlinien Württemberg-Mömpelgard (bis 1723) und Württemberg-Weiltingen (bis
1705) geteilt. 1649 spaltete sich Württemberg-Neuenstadt, 1674
Württemberg-Winnental ab. Im 18. Jahrhundert gelang die weitgehende Entmachtung
des Landtags. 1733 übernahm die 1674 entstandene Nebenlinie
Württemberg-Winnental die Nachfolge der ausgestorbenen Hauptlinie. Territorial
kamen Justingen (1751), Bönnigheim und Sterneck, sowie die halbe
Reichsgrafschaft Limpurg (nach 1781) hinzu, so dass das Land nunmehr 9400
Quadratkilometer mit 620000 Einwohnern umfasste. Wegen Untereisesheim war der
Herzog Mitglied des Kantons Kraichgau des Ritterkreises Schwaben, wegen
weiterer Güter auch Mitglied des Kantons Odenwald des Ritterkreises Franken.
1803 wurde der Herzog Kurfürst. Als Entschädigung für den Verlust
linksrheinischer Güter an Frankreich 1796/1801 (Mömpelgard, Gebiete im Elsass [Horburg,
Reichenweier], Freigrafschaft Burgund, 7 Quadratmeilen mit 14000 Einwohnern)
bekam er 1803 durch § 6 des Reichsdeputationshauptschlusses unter der Auflage
verschiedener Renten die Propstei Ellwangen, die Abteien Schöntal und
Zwiefalten, fünf Klöster und Stifte (Comburg, Rottenmünster, Heiligkreuztal,
Oberstenfeld, Margarethausen) sowie die neun Reichsstädte Reutlingen,
Esslingen, Rottweil, Heilbronn, Giengen, Aalen, Weil der Stadt, Schwäbisch Hall
und Schwäbisch Gmünd nebst dem Dorf Dürrenmettstetten, insgesamt 29
Quadratmeilen mit 120000 Einwohnern). Außerdem erhielt W. an geistlichen
Gütern: Im Jahre 1803 vier Klöster in Schwäbisch Gmünd, Kloster Gotteszell, das
Karmeliterkloster in Heilbronn und das Benediktinerinnenkloster Mariaberg, drei
Klöster in Rottweil und das Augustinerkloster in Weil der Stadt. Im Jahre 1804
fielen das Kapuzinerkloster in Rottweil und 1805 die Johanniterkommenden
Affaltrach, Hemmendorf, Rottweil und Dätzingen und die Deutschordenskommende
Heilbronn an W. 1806 folgten die Deutschordenskommenden Altshausen und
Kapfenburg, das Kapuzinerkloster Bartenstein, das Bruderhaus in Bernstein, das
Dominikanerinnenkloster Binsdorf, das Chorherrenstift Ehingen-Rottenburg, das
Kollegiatstift und das Dominikanerinnenkloster in Horb, die Dominikanerinnenklöster
Kirchberg, Löwental (Löwenthal) bei Friedrichshafen und Oberndorf, das
Wilhemiten- bzw. Benediktinerkloster in Mengen, die Kapuzinerklöster
Michaelsberg (Michelsberg), Pfedelbach und Rottenburg, das Karmelitenkloster in
Rottenburg, die Franziskanerklöster Oeffingen und Waldsee, das
Benediktinerkloster Wiblingen und das Benediktinerinnenkloster Urspring. 1807
gelangte das Franziskanerinnenkloster Neuhausen, 1809 das gleiche Ordenskloster
in Schwäbisch Gmünd und Mergentheim, die Kapuzinerklöster in Mergentheim und
Wurmlingen an W. 1810 erhielt es die Kapuzinerklöster in Biberach, Schwäbisch
Gmünd und Weil der Stadt, das Klarissinnenkloster in Heilbronn und das
Franziskanerkloster Saulgau, 1811 die Kapuzinerklöster in Langenargen und Neckarsulm
und das Franziskanerinnenkloster in Wiesensteig und schließlich 1830 die
Kapuzinerklöster in Ellwangen, Riedlingen und Wangen. Mit der Anlehnung an
Frankreich wurden 1805/1806 die Königswürde (30. 12. 1805), die
österreichischen Güter in Oberschwaben (Landvogtei mit Sitz in Altdorf) und
mehrere Grafschaften gewonnen. Der König trat dem Rheinbund bei und
verheiratete seine Tochter 1807 an Jerôme Bonaparte. 1809 erhielt er das
Deutschmeistergebiet von Mergentheim, 1810 Ulm und andere Reichsstädte, so dass
das Land nach verschiedenen Grenzausgleichsverträgen mit Baden, Bayern und
Hohenzollern-Hechingen (1806-1813) 19511 Quadratkilometer mit 1,1 Millionen
Einwohnern umfasste. Eine im März 1815 erlassene Verfassung scheiterte. 1816
trat der König dem Deutschen Bund bei. Sein Nachfolger gewährte am 25. 9. 1819
eine Verfassung. Durch Vereinbarung vom 25. 11. 1870 wurde der Beitritt zum
Deutschen Reich unter Wahrung von Sonderrechten für Post, Eisenbahn, Biersteuer
und Branntweinsteuer vorbereitet und bald vollzogen. Am 30. 11. 1918 legte der
König die Krone nieder (Erlöschen der Hauptlinie 1921). Am 26. 4./25. 9. 1919
trat eine neue Verfassung in Kraft. Im März 1933 übernahmen die
Nationalsozialisten die Regierung. Im September/Oktober 1945 wurde W. in die Länder
Württemberg-Hohenzollern (französische Besatzungszone) und Württemberg-Baden
(amerikanische Besatzungszone) aufgeteilt. Nach der Volksabstimmung vom 9. 12.
1951 gingen beide Länder in Baden-Württemberg auf. S. a. Neuwürttemberg.
L.: Wolff 159; Zeumer 553 II b 26; Wallner 684 SchwäbRK 1; Winkelmann-Holzapfel
169; Großer Historischer Weltatlas II 66 (1378) E4, II 78 (1450) F4, III 22
(1648) D4, III 38 (1789) C3; Riedenauer 129; Gönner, E./Zorn, W., Schwaben,
(in) Geschichte der deutschen Länder, Bd. 1; Die Territorien des Reichs 5, 168;
Sattler, C., Geschichte des Herzogtums Würtenberg unter der Regierung der
Graven und Herzöge, 1777; Stälin, C., Wirtembergische Geschichte, Bd. 1ff.
1841ff.; Die württembergischen Oberamtsbeschreibungen, 1844ff.; Gaisberg-Schöckingen,
F. v., Das Königshaus und der Adel von Württemberg, 1910; Wirtembergisches
Urkundenbuch, hg. v. königlichen Staatsarchiv in Stuttgart, Bd. 1ff. 1849ff.;
Stälin, P., Geschichte Wirtembergs, Bd. 1f. 1882ff.; Württembergische
Geschichtsquellen, hg. v. d. Komm. f. Landesgeschichte, Bd. 1ff. 1894ff.;
Bibliographie der württembergischen Geschichte, hg. v. Heyd, W., Bd. 1ff.
1895ff.; Mock, A., Die Entstehung der Landeshoheit der Grafen von Wirtemberg,
1927; Hertlein, F. u. a., Die Römer in Württemberg, Bd. 1ff. 1928ff.; Veeck,
W., Die Alamannen in Württemberg, 1931; Weller, K., Die Grafschaft Württemberg
und das Reich bis zum Ende des 14. Jahrhunderts, Württemberg.
Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 38 (1932); Hölzle, E., Württemberg im
Zeitalter Napoleons, 1937; Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten
Reichs, 1938; Bader, K., Der deutsche Südwesten, 2. unv. A. 1978; Dehlinger,
A., Württembergs Staatswesen in seiner geschichtlichen Entwicklung bis heute,
Bd. 1f. 1950ff.; Deutsches Städtebuch, hg. v. Keyser, E./Stoob, H., 1939-1974,
Bd. 4 Teilband 2; Müller, E., Kleine Geschichte Württembergs, 1963; Miller,
M./Sauer, P., Die württembergische Geschichte. Von der Reichsgründung bis
heute, 1971; Jänichen, H./Schröder, K., 150 Jahre amtliche Landesbeschreibung
in Baden-Württemberg, Zs. für württemberg. LG. 38 (1974); Weller, K./Weller,
A., Württembergische Geschichte im südwestdeutschen Raum, 10. A. 1989;
Philippe, R., Württemberg und der westfälische Friede, 1976; Kann, J., The
Making of a State: Württemberg 1593-1793, London 1984; Wicki, H., Das
Königreich Württemberg im ersten Weltkrieg, 1984; 900 Jahre Haus Württemberg,
hg. v. Uhland, R., 3. A. 1985; Vann, J., Die Entwicklung eines Staates,
Württemberg 1593-1793 (Aus d. Engl. übers. v. Nicolai, K./Nicolai, H.), 1986;
Barth, C., Geschichte von Württemberg, 1986; Haas, E., Württemberg, oh deine
Herren! Ein Streifzug durch die württembergische Geschichte, 1986; Buszello,
H., Der Oberrhein in Geschichte und Gegenwart, Von der Römerzeit bis zur Gründung
des Landes Baden-Württemberg, 1986; Beiträge zur Geschichte der Landkreise in
Baden und Württemberg, hg. v. Landkreis Baden-Württemberg, 1987; Saurer, P.,
Napoleons Adler über Württemberg, Baden und Hohenzollern, 1987; Gerner, J.,
Vorgeschichte und Entstehung der württembergischen Verfassung im Spiegel der
Quellen (1815-1819), 1989; Frey, S., Das württembergische Hofgericht
(1460-1618), 1989; Stievermann, D., Landesherrschaft und Klosterwesen im
spätmittelalterlichen Württemberg, 1989; Handbuch der baden-württembergischen
Geschichte, hg. v. d. Komm. f. geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg,
Bd. 1ff. 1990ff.; Holzgerlingen, 1995; Molitor, S., 1495: Württemberg wird
Herzogtum, 1995; Eberl, I., Württemberg, LexMA 9 1998, 375; Regesten zur Geschichte
von Württemberg 1325-1392, 1998; Repertorium der Policeyordnungen der frühen
Neuzeit, hg. v. Härter, K./Stolleis, M., Bd. 3 1999; Schlinker, S., Fürstenamt
und Rezeption, 1999, 182; Keitel, C., Herrschaft über Land und Leute, 2000;
Schnabel, T., Geschichte von Baden und Württemberg 1900-1952, 2001;
Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815-1933,
bearb. v. Raberg, F., 2001; Württembergisches Klosterbuch, hg. v. Zimmermann,
W., 2003; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v.
Paravicini, W. u. a., 2003, 1, 1, 225, 909 (Württemberg mit Mömpelgard);
Württemberg 1797-1816/19, bearb. v. Paul, I., 2004; Hesse, C., Amtsträger der
Fürsten im spätmittelalterlichen Reich, 2005; Mann, B., Kleine Geschichte des
Königreichs Württemberg, 2006; Der württembergische Hof im 15. Jahrhundert, hg.
v. Rückert, P., 2006; Das Herzogtum Württemberg zur Zeit des Dreißigjährigen
Krieges im Spiegel von Steuer- und Kriegsschadensberichten 1629-1655, hg. v.
Hippel, W. v., 2007; 1806 – Souveränität für Baden und Württemberg. Beginn der
Modernisierung?, hg. v. Schindling, A. u. a., 2007; Weber, R., Kleine
Geschichte der Länder Baden und Württemberg 1918-1945, 2008; Die Protokolle der
Regierung des Volksstaates Württemberg, bearb. v. Baumann, A. u.a., Bd. 1 2013.
Württemberg-Baden (Land). Nach der Besetzung Deutschlands
wurde Württemberg im September/Oktober 1945 in die Länder
Württemberg-Hohenzollern und W. geteilt. W. umfasste den amerikanisch besetzten
Nordwesten Württembergs. Nach der Volksabstimmung vom 9. 12. 1951 gingen beide
Länder 1951/1952 in Baden-Württemberg auf.
L.: Metz, F., Ländergrenzen im Südwesten, 1951 (FDLK 60); Grube, W., Vogteien, Ämter, Landkreise in der Geschichte
Südwestdeutschlands, hg. v. Landkreistag Baden-Württemberg, 1960, Neuauflage
1975; Historischer Atlas von Baden-Württemberg, hg. v. d. Kommission für gesch.
Landeskunde, Gesamtleitung Miller, M./Schröder, K., 1972ff.
Zähringen (Herzog). Möglicherweise von den bis 746
als alemannische Herzöge auftretenden Alaholfingern (Bertholden) stammt das
alemannische Geschlecht der Bertholde (um 1000 Berthold Graf im Thurgau, 999
Marktrecht, Münzrecht und Zollrecht für Villingen, unter Kaiser Heinrich II.
Graf im Breisgau) ab, das einen Teil der Baar und Grafschaften im
Oberrheingebiet innehatte. Vermutlich war es in weiblicher Linie auch mit den
Staufern verwandt. Der um 1037/1038 in Italien in königlichem Auftrag tätige
Berthold erwarb wohl durch Heirat der Tochter (Richwara) des Herzogs von
Schwaben Güter um Weilheim/Limburg im Neckargau. Berthold I. wurde von 1061 bis
1077 Herzog von Kärnten mit der Mark Verona. Nach seinem Tode (1078) spaltete
sich unter seinem Sohn Hermann die Linie (der Markgrafen von) Baden ab.
Berthold II. († 1111) war von 1092 bis 1097/1098 Gegenherzog von Schwaben gegen
den Staufer Friedrich II. Er behielt auch nach dem 1098 gegen Überlassung
Zürichs als Reichslehen erfolgten Verzicht auf Schwaben den Titel eines Herzogs
bei, nannte sich aber nach der Übernahme des Erbes der Grafen von Rheinfelden
(vor allem in Burgund) nach der wohl nach 1078 erbauten Burg Z. bei
Gundelfingen nahe Freiburg im Breisgau. Nach der Aussöhnung mit dem Kaiser
(1098) bauten die Herzöge durch den Erwerb von Klostervogteien (Sankt Peter,
Sankt Georgen, Sankt Blasien, Hochstift Bamberg), des Rektorats über Burgund
(1127, danach Herzogstitel) (1156 Vogteien über
die Hochstifte Genf, Lausanne und Sitten), der Reichsvogtei über Zürich, durch
Rodung im südlichen Schwarzwald und Gründung von Städten (Freiburg im Breisgau
1120?, Freiburg im Üchtland 1157, Bern 1160/1191) ein von Offenburg bis in die
spätere Westschweiz reichendes, durch Städtegründungen und Klosterstiftungen
verdichtetes Herrschaftsgebiet auf (1173 Teile des Erbes der Grafen von
Lenzburg). 1187 spaltete sich die Linie der Herzöge von Teck ab. 1198 wurden
die Vogtei über Schaffhausen und die Hälfte von
Breisach gewonnen. Nach dem Aussterben im Mannesstamm 1218 fielen die Güter an
die Grafen von Urach (Grafen von Freiburg, Grafen von Fürstenberg), die Grafen
von Kiburg (Kyburg) und die Herzöge von Teck. Andere Teile wurden Reichsgut.
Wichtigste Nachfolgeherrschaften waren danach Fürstenberg, Baden,
Vorderösterreich und die Eidgenossenschaft der Schweiz.
L.: Haselier, G., Die Oberrheinlande, (in) Geschichte der deutschen Länder, Bd.
1; Caspart, J., Die Urheimat der Zähringer auf der schwäbischen Alb, (in)
Württemberg. Vjh. 3 (1880); Heyck, E., Geschichte der Herzöge von Zähringen,
1891, Neudruck 1980; Krüger, E., Zur Herkunft der Zähringer, ZGO N.F. 6 (1891),
7 (1892); Heyck, E., Urkunden, Siegel und Wappen der Herzöge von Zähringen,
1892; Flamm, H., Der Titel Herzog von Zähringen, ZGO N.F. 30 (1915); Hamm, E.,
Die Städtegründungen der Herzöge von Zähringen in Südwestdeutschland, 1932;
Hölzle, E., Der deutsche Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Mayer, T.,
Der Staat der Herzöge von Zähringen, (1935), (in) Mayer, T., Mittelalterliche
Studien, 1959; Sütterlin, B., Geschichte Badens, Bd. 1 1965; Die Zähringer, hg.
v. Schmid, K./Schadek, H., 1986; Die Zähringer. Eine Tradition und ihre
Erforschung, hg. v. Schmid, K., 1986; Die Zähringer. Anstoß und Wirkung, hg. v.
Schadek, H./Schmid, K., 1990; Die Zähringer, Schweizer Vorträge und neue
Forschungen, hg. v. Schmid, K., 1990; Zotz, T., Zähringer, LexMA 9 1998, 466;.
Parlow, U., Die Zähringer, 1999; Schlinker, S., Fürstenamt und Rezeption, 1999,
31; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Escher, M. u. a., Die urbanen
Zentren, 2005, 1, 505.
Ziegenhain (Grafschaft). An einem Übergang über die
mittlere Schwalm zwischen Burgwald und Knüll entstand im 10. oder 11.
Jahrhundert die Burg Z. Nach ihr nannte sich seit 1144 ein seit dem 9.
Jahrhundert nachweisbares, ab 1090 sicher bezeugtes Geschlecht (Grafen von
Reichenbach und Wegebach, 1062 Gozmar, 1101 Graf Rudolf). Im 12. Jahrhundert
bauten die Grafen von Z. auf der Grundlage einer Stiftsvogtei Fuldas sowie von
Allod, Reichsgut und Mainzer, Fuldaer und Hersfelder Lehen ein geschlossenes
Herrschaftsgebiet zwischen Burgwald und Knüll auf, das Niederhessen (um Kassel)
fast völlig von Oberhessen (um Marburg) trennte. Um 1200 (vor 1206) erbten sie die
Grafschaft Nidda in der Wetterau. Von 1258 bis 1311 war die Grafschaft geteilt.
1279 ging die Vogtei über Fulda an Fulda und
1294 das Amt Neustadt östlich von Marburg an das Erzstift Mainz verloren. Nach
dem Sieg Hessens über Mainz 1427 musste der Graf 1437 die Grafschaft von Hessen
zu Lehen nehmen. Nach seinem erbenlosen Tod fiel die Grafschaft 1450 an Hessen
heim und verband Niederhessen mit Oberhessen. Bis 1495 war Hessen allerdings in
Auseinandersetzungen mit den Grafen von Hohenlohe verstrickt, denen Kaiser
Friedrich III. Z. als Reichslehen verliehen hatte. Über Hessen-Kassel und
Preußen (1866) kam das zum oberrheinischen Reichskreis zählende Z. 1945 an
Hessen.
L.: Wolff 254; Wallner 694 OberrheinRK 1; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) E3; Demandt, K., Die Mittelrheinlande, (in) Geschichte der deutschen
Länder, Bd. 1; Heußner, R., Geschichte der Stadt und Festung Ziegenhain, 1888;
Wolff, W., Zur Geschichte der Stadt Ziegenhain in Hessen, 1907; Brauer, F., Die
Grafschaft Ziegenhain, 1934; Heinemeyer, K., Ziegenhain, LexMA 9 (1998), 603;
Handbuch der hessischen Geschichte Bd. 3 Ritter, Grafen und Fürsten hg. v.
Speitkamp, W., 2014, 404.
Zürich, Fraumünster Frauenmünster (Reichsabtei,
Residenz). Am Ort des römischen Turicum gründete Ludwig der Deutsche 853 die
Reichsabtei Fraumünster (Frauenmünster). Sie stand später bis 1218 unter der Vogtei der Herzöge von Zähringen. Danach wurde die
Äbtissin Reichsfürstin. Am Ende des 13. Jahrhunderts geriet die Abtei unter die
Herrschaft der Reichsstadt Zürich.
L.: Escher, K., Die beiden Zürcher Münster, 1928; Gabathuler, M., Die Kanoniker
am Großmünster und Frauenmünster, 1998; Höfe und Residenzen im
spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W., 2003, 1, 712, 1, 2, 187.
Zürich, Großmünster (Reichsstift). Am Ort des
römischen Turicum gründete Karl der Große um 800 das Chorherrenstift
Großmünster. Dieses stand später bis 1218 unter der Vogtei
der Herzöge von Zähringen. Am Ende des 13. Jahrhunderts geriet es unter die
Herrschaft der Reichsstadt Zürich.
L.: Escher, K., Die beiden Zürcher Münster, 1928; Gabathuler, M., Die Kanoniker
am Großmünster und Frauenmünster, 1998.
Zutphen, Zütphen (Grafschaft). Z. (Sudveno) an
der Mündung der Berkel in das Ijsselmeer war (1064 Immunität des Bischofs von
Utrecht? und danach) Allod der Herren von Z. und Mittelpunkt einer Grafschaft mit
zeitweiser Vogtei über Corvey. Die Grafschaft
kam im 12. Jahrhundert (1138) an die Grafen von Geldern. Ihre Güter fielen 1371
an die Grafen von Jülich, 1423 an Egmond und im gelderischen Erbfolgestreit von
1538-1543 an Habsburg. Innerhalb der spanischen Niederlande wurde Z. 1591 von
der Republik Niederlande erobert.
L.: Wolff 68; Großer Historischer Weltatlas II 78 (1450) F3; Polenz, P. v.,
Landschafts- und Bezirksnamen, 1961, IV, 20, Sudveno, comes de, zum Ortsnamen
Zutphen; Kries, W. de, De opkomst van Zutphen, Arnheim 1960;
Doornink-Hoogenrad, M., Kleine Historie von Zutphen, 1962; Brand, H., Zutphen,
LexMA 8 (1998), 713; Verortete Herrschaft, hg. v. Lieven, J., 2014, 29ff.153.
Zweibrücken (Grafschaft[, Herzogtum], Residenz des
Pfalzgrafen von Pfalz-Zweibrücken). An der Fernstraße von Lothringen zum Rhein
erscheint um 1170 die Burg Z. am Schwarzbach der Grafen von Saarbrücken. Sie
war ab 1182/1188 bzw. 1185/1190Sitz der von Saarbrücken abgeteilten Grafschaft
Z. (u. a. mit Lichtenberg und Meisenheim von der früheren Grafschaft Veldenz,
Neukastel oder Bergzabern, Pirmasens [1182-1570], Vogtei
über Hornbach und Altenmünster in Mainz). Hinzu kam aus dem Erbe der Grafen von
Eberstein Stauf am Donnersberg und die sog. Rheindörfer. Allod in Lothringen
(Linder, Mörsberg, Saargemünd) wurde 1297/1302 gegen das Lehen Bitsch an die
Herzöge von Lothringen gegeben. 1333 wurde geteilt (Zweibrücken-Zweibrücken
[mit Grafschaft Z. und Amt Bergzabern] und Zweibrücken-Bitsch). Die Güter
Zweibrücken-Zweibrückens fielen 1385 vom letzten Grafen durch Verkauf zur
Hälfte und 1394 ganz an die Pfalz (Kurpfalz), Allode an das bis 1570 bestehende
Zweibrücken-Bitsch. 1410 wurde in der Pfalz durch Erbteilung das Fürstentum
Pfalz-Simmern geschaffen, das 1416 das 1393 verpfändete Z. auslöste. 1477 wurde
Z. Residenz der Pfalzgrafen von Pfalz-Zweibrücken. 1523/1533 drang die
Reformation ein. Von 1676/1677 bis 1697 war Z.von Frankreich besetzt. 1681/1697
fiel Pfalz-Zweibrücken an die seit 1654 in Schweden regierende
Zweibrücken-Kleeburger Linie der Pfalz. Von 1714 bis 1718 unterstand es seitens
Schwedens dem vertriebenen König von Polen Stanislaus Leszczynski. 1734 fiel es
an Pfalz-Birkenfeld, das 1799 Bayern erbte. 1793/1801 kam das zum
oberrheinischen Reichskreis zählende Pfalz-Zweibrücken mit 36 Quadratmeilen
Gebiet und 60000 Einwohnern an Frankreich, 1816 an Bayern, 1919 und 1945/1946
teilweise (ohne Stadt Zweibrücken) zum Saargebiet und im Übrigen 1946 zu
Rheinland-Pfalz. S. a. Pfalz-Zweibrücken, Saargebiet.
L.: Wolff 247ff.; Wallner 695 OberrheinRK 3; Großer Historischer Weltatlas II
66 (1378) D4, III 22 (1648) C4; Die Territorien des Reichs 6, 170; Molitor, L.,
Geschichte einer deutschen Fürstenstadt, 1885; Zweibrücken. 600 Jahre Stadt
1352-1952, 1952; Das barocke Zweibrücken und seine Meister, hg. v. Dahl,
J./Lohmeyer, K., 2. A. 1957; Pöhlmann, C., Regesten der Grafen von Zweibrücken,
bearb. v. Doll, A., 1962; Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes Bd. 2 1977;
Rose, M., Das Gerichtswesen, 1994; Herrmann, H., Zweibrücken, LexMA 9 1998,
717; Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Paravicini, W.,
2003, 1, 2, 658; Escher, M. u. a., Die urbanen Zentren, 2005, 1, 484, 2, 702.
Zwiefalten (Abtei, Reichsabtei). 1089 wurde die
zunächst für Altenburg am Neckar geplante Benediktinerabtei Z. bei Reutlingen
unter Hirsauer Einfluss von den papsttreuen Grafen Kuno (Cuno) und Luitold
(Liutold) von Achalm gegründet. Die Vogtei kam
von den Stiftern über mehrere Inhaber (1093 Welfen, Staufer, Grafen von
Hohenberg, Herren von Emerkingen und von Stein) 1303 an Österreich (Habsburg),
1365 als Lehen sowie 1491 endgültig an Württemberg. Durch zahlreiche Gaben
gewann Z. viele Güter (in 29 Orten, Urbar 1425, 800-1180 Hufen) einschließlich
der Herrschaft über 26 (bzw. 35) Dörfer (weitere Rechte in 93 Orten). 1751
erlangte die Abtei nach erfolgreicher Abwehr (1491, 1535, 1570) der
Eingliederungsversuche Württembergs und Zahlung von 210000 Gulden sowie
Abtretung dreier Dörfer an Württemberg die Reichsunmittelbarkeit. Sie war
Mitglied im schwäbischen Prälatenkollegium und beim schwäbischen Reichskreis.
Bis zur Säkularisation gehörten ihr die Dörfer Aichelau, Aichstetten, Attenhöfen
(Attenhofen), Baach, Bechingen, Daugendorf, Dürrenwaldstetten, Emeringen,
Gauingen, Geisingen, Gossenzugen, Hochberg, Huldstetten, Ittenhausen, Kirchen
(Kirchheim), Lauterach, Mörsingen, Neuburg, Oberstetten, Oberwilzingen,
Offingen, Pfronstetten, Reichenstein, Sonderbuch, Tigerfeld, Upflamör,
Wilsingen, Zell, die Schlösser Mochental (Mochenthal) und Ehrenfels sowie viele
einzelne Höfe, Häuser und Gefälle in fremden Gebieten und das
Benediktinerinnenkloster Mariaberg bei Gammertingen. 1803 fiel sie mit 3,3
Quadratmeilen bzw. 38 Quadratkilometern und 8000 bzw. 4800 Einwohnern an
Württemberg und wurde aufgehoben. Über Württemberg gelangten die Güter
1951/1952 an Baden-Württemberg.
L.: Wolff 191; Zeumer 552 II a 36, 15; Großer Historischer Weltatlas II 66
(1378) E4, III 22 (1648) D4, III 38 (1789) C3; Erzberger, M., Die
Säkularisation in Württemberg von 1802-1810, 1902; Hölzle, E., Der deutsche
Südwesten am Ende des alten Reiches, 1938; Zürcher, R./Hell, H., Zwiefalten,
1967; Germania Benedictina V: Baden-Württemberg, 1975; Setzler, W., Kloster
Zwiefalten. Eine schwäbische Benediktinerabtei zwischen Reichsfreiheit und
Landsässigkeit, 1979; Quarthal, F., Kloster Zwiefalten zwischen Dreißigjährigem
Krieg und Säkularisation, Monastisches Leben und Selbstverständnis im 6. und 7.
Saeculum der Abtei, 900 Jahre Benediktinerabtei Zwiefalten, hg. v. Pretsch, H.,
1990; Eberl, I., Zwiefalten, LexMA 9 1998, 733; Weingarten, H., Herrschaft und
Landnutzung, 2006.
Goslar* (RS, RVogtei) Braunschweig-Lüneburg, Hannover, Niedersächsischer Reichskreis, Preußen, Staufer, Westphalen