Veronesi, Marco, Oberdeutsche Kaufleute in Genua, 1350-1490 – Institutionen, Strategien, Kollektive (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 199). Kohlhammer, Stuttgart 2014. XLII, 347 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Vermutlich kam der Kaufmann wie vieles andere aus dem Süden in den Norden, jedenfalls sind unter den Wanderkaufleuten des fränkischen Reiches vor allem Juden, Syrer und Griechen. Im Laufe des Hochmittelalters gelang aber auch den nördlich der Alpen entstandenen Städten eine zunehmende Einebnung dieses wirtschaftlichen Vorsprungs des Südens. Dementsprechend eröffneten deutsche Kaufleute umfangreiche Handelsbeziehungen zu Italien, deren wissenschaftliche Bearbeitung noch in erheblichem Umfang offensteht.

 

Umso erfreulicher ist es, dass der zeitweise als wissenschaftlicher Mitarbeiter seiner Betreuerin tätige Verfasser mit seiner von Ellen Widder betreuten, im Wintersemester 2007/2008 von der ehemaligen Fakultät für Philosophie und Geschichte der Universität Tübingen angenommenen, inzwischen überarbeiteten und um die zwischenzeitlich erschienene wichtigste einschlägige Literatur ergänzten Dissertation eine noch bestehende Lücke schließen kann. Mit Hilfe von Stipendien konnte er die Genueser Notariatsimbreviaturen beinahe zwei Jahre lang gründlich nutzen. Auf dieser Grundlage gelangen ihm zahlreiche neue Einsichten.

 

Gegliedert ist die sorgfältige weiterführende, um Abbildungen, Bestandsübersicht und Register bereicherte Untersuchung nach einer Einleitung über Oberdeutschland, Genua, Venedig, oberdeutsche Kaufleute in Genua, Methoden und Quellen in zwei Abschnitte mit mehr als einem Dutzend Teilen. Dabei behandelt der Verfasser nach einem Überblick über Höhen und Tiefen des oberdeutschen Genua-Handels zwischen 1198 und etwa 1390 die Institutionen (natio Alemannorum, den Erwerb der Privilegien im Zusammenspiel von Unternehmen, Städten und Königen, als Orte des Handels fondachi und mediani sowie Konsulat, Rechtsprechung und Konsulwahlen) und die Unternehmen, bei denen in einem mühevollen Neubeginn nach Verlagerung der Handelswege die Gesellschaft des Jos Humpis von 1394 bis 1443 an der Spitze steht, aber auch etwa die Kaufleute Breunlin, Zeringer oder Rotmund erhebliche Bedeutung erlangten. Sie schlossen als kreativer, innovatorischer Teil der oberdeutschen Unternehmer den Süden für oberdeutsche Leinwand und andere nördliche Erzeugnisse auf und brachten Güter aus dem Süden wie etwa Genueser Goldfäden, Zucker und luxuriöse Textilien in den heimischen Norden.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler