Recht im Wandel - Wandel des Rechts - Festschrift für Jürgen Weitzel zum 70. Geburtstag, hg. v. Czeguhn, Ignacio. Böhlau, Köln 2014. 769 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Dimension Zeit bringt es auch für das menschliche Leben mit sich, dass es sich im individuellen Zuschnitt trotz vieler Konstanten ständig ändert. Jürgen Weitzel wurde in Plauen im Vogtland am 21. März 1944 geboren, studierte von 1963 an Rechtswissenschaft an den Universitäten Frankfurt am Main und Heidelberg, wurde 1974 in Frankfurt am Main auf Grund einer Dissertation mit dem Titel Der Kampf um die Appellation ans Reichsgericht promoviert, erlangte 1976 eine Assistenzprofessur an der Freien Universität Berlin, an der er 1983 über Dinggenossenschaft und Recht habilitiert wurde, und wurde anschließend nach Würzburg berufen. In Anerkennung seiner grundlegenden Leistungen auf vielen Gebieten der Rechtsgeschichte überreichen ihm Schüler, Freunde und Kollegen die vorliegende, gewichtige, mit den vier Ehrenämtern beim Herzogtum Franken aus einer Handschrift der Universitätsbibliothek Würzburg geschmückte Festschrift.

 

Sie enthält insgesamt 34 vielfältige Studien. Sie beginnen mit Jan Dirk Harkes Untersuchung des streitentscheidenden Parteieids im römischen und westgotischen Recht. Beschlossen werden sie von einigen vorläufigen Beobachtungen zur Bedeutung der Digitalisierung für das Recht aus Anlass der Verabschiedung des E-Government-Gesetzes 2013 unter den Stichworten Oralität, Literalität – Digitalität aus der Feder Eric Hilgendorfs, womit die gesamte deutsche Rechtsgeschichte von den römisch-frühmittelalterlichen Anfängen bis zur Gegenwart zu einem beeindruckenden Festtagsstrauß zusammengebunden wird.

 

In ihm betrachtet etwa Eva Schumann fragend Kriegerinnen in den Leges, Gerhard Dilcher Dinggenossenschaft und Recht im langobardischen Italien, Dirk Heirbaut mit Rik Opsommer die Spezifizität des Lehnrechts des Sachsenspiegels, Heinz Holzhauer in einem Requiem auf ein Rechtsinstitut die entbehrlich gewordene Legitimation nichtehelicher Kinder oder Karin Nehlsen-von Stryk die vertragliche Verfügbarkeit von Ehre, Freiheit  und Leben im Mittelalter. Ulrike Müßig untersucht Verfügungen von Todes wegen in mittelalterlichen Rechts- und Schöffenbüchern, Dietmar Willoweit Fischerei und Waldnutzung als Rechte des kleinen Mannes im Entstehungsprozess der alteuropäischen Rechtsordnung, Bernhard Diestelkamp das gelehrte Recht im Umkreis des Magdeburger Oberhofs und Wolfgang Sellert den recursus ad comitia im Rechtsstreit zwischen der Reichsritterschaft am Niederrhein und dem Kurfürsten von der Pfalz um die Herrschaft  und Burg Ebernburg vor dem kaiserlichen Reichshofrat.

 

Weitere Studien beleuchten Appellation, Gerichtsverfassung, Hofjuden, Frauen im Konkurs, Geldpolitik, den Hexenhammer, die Hanse, Finnland mit deutschem Einfluss, den verfassungsrechtlichen Widerstreit des Königs mit dem Parlement im Frankreich des 17./18. Jahrhunderts in der Spannung zwischen Souveränität und Superiorität, den Codex Maximilianeus Bavaricus, Heldengesänge, Rezeptionsvorgänge in Spanien, die Gabe, Grundrechte in Bosnien-Herzegowina oder die Rechtsquellenlehre des Nationalsozialismus. Hubert Rottleuthner fragt allgemein nach dem Rechtsfortschritt, Claus Ahrens bilanziert ökonomische Ansätze, Oliver Remien erörtert eine Frage des europäischen Schadensersatzrechts und Olfa Sosnitza Neues und Altes in der Methodenlehre, Am Ende stehen die geschichtliche Entwicklung des § 316a StGB und der lebenslangen Freiheitsstrafe.

 

Abgerundet wird die überzeugende Festschrift durch ein alphabetisches Autorenverzeichnis. Insgesamt zeigen die Beiträger an vielen Beispielen, wie Recht sich auf Grund politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen über Gesetzgebung wie Rechtsprechung wandeln kann. Sie greifen damit umfassende Sichtweisen auf, in deren Verfolgung Jürgen Weitzel seine bleibenden Erfolge für die rechtsgeschichtliche Forschung und Lehre gewonnen hat, die ihm auf Dauer einen festen Rang in den von ihm vertretenen Fächern sichern werden.

 

Innsbruck                                                                                          Gerhard Köbler