Rathäuser als multifunktionale Räume der
Repräsentation, der Parteiungen und des Geheimnisses, hg. v. Pils, Susanne
Claudine/Scheutz, Martin/Sonnlechner, Christoph u. a. (= Forschungen und
Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 55). StudienVerlag, Innsbruck 2012. 445 S.,
Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Rat als eine Gruppe von Vorschlägen für ein
Verhalten abgebender Menschen erscheint nach antikem Vorbild in Italien noch im
11. Jahrhundert und im deutschen Sprachraum seit dem Ausgang des 12.
Jahrhunderts. Da er sich in den Städten aus einer größeren Zahl von Einzelnen
zusammensetzt, die grundsätzlich nur über jeweils eigenes Vermögen verfügen,
entsteht rasch ein verständliches Bedürfnis nach einer gemeinsamen, vor den
Wechselfällen der Witterung geschützten Beratungsstätte. Dementsprechend werden
seit dem 13. Jahrhundert besondere Rathäuser geschaffen, denen sich der
vorliegende Sammelband vertieft annimmt.
Sein Ziel ist nach dem kurzen Vorwort der vier
Herausgeber ein Überblick über die Genese der Rathäuser in Mitteleuropa (von
der Schweiz bis nach Rumänien und von Tschechien bis nach Oberitalien), wobei
das 1883 eröffnete Wiener Rathaus als Sitz der Magistratsverwaltung, Ort der
Bildung und Ort der politischen Arbeit sowie prächtige Kulisse für verschiedene
Kulturveranstaltungen gewissermaßen als Muster vorangestellt und eingesetzt
wird. Zu Grunde liegt dem Werk eine vom Verein für Geschichte der Stadt Wien im
Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs vom 12. bis zum 14. Oktober
2011 veranstaltete internationale Tagung mit einer abschließenden Besteigung
des Rathausturms. Ihre 15 Referate werden nunmehr der Öffentlichkeit in drei
Gruppen zur Verfügung gestellt.
Nach einleitenden Studien über die Multifunktionalität
der Rathäuser in langer Perspektive und über Architektur und Öffentlichkeit im
Rathausneubau werden für Mittelalter und Neuzeit fünf regionageschichtliche
Querschnitte geboten, die das westliche Österreich, die Eidgenossenschaft,
Ungarn, Tschechien und hessische Kleinstädte betreffen. Als Bühne der
Repräsentation kommunaler Wertigkeiten werden anschließend das neue Wiener
Rathaus mit dem Stephansdom, der Wiener Rathauskeller, das Wiener Rathaus als
Museums- und Ausstellungsort, das alte Rathaus in Linz und die
Rathausarchitekturen im 19. und 20. Jahrhundert näher betrachtet, ehe
Standesdünkel, Anspruch und Dienstleistung in Bezug auf Rathäuser als „den“ Ort
der Stadt zu seiner Synthese verbunden werden. Ein Orts- und
Personenverzeichnis schließt die vielfältigen Einzeleinsichten benutzerfreundlich
aus.
Innsbruck Gerhard
Köbler