Pragmatische Quellen der kirchlichen Rechtsgeschichte, hg.
v. Neuheuser, Hanns Peter (= Rechtsgeschichtliche Schriften 28). Böhlau,
Köln 2012. 396 S., 13 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
In seinem kurzen Vorwort weist der Herausgeber besonders darauf
hin, dass als kirchenrechtsgeschichtliche Quellen häufig nur die Traktate der
berühmten mittelalterlichen Kanonisten und gegebenenfalls noch einzelne Werke
barocker Autoren verstanden werden. Dadurch sieht er den Blick auf diejenigen
Quellengattungen verstellt, die den pragmatischen Kontext des Kirchenrechts betreffen.
Ihm ist daher daran gelegen, Urkunden und Akten vorzulegen, welche die
Anwendung kirchenrechtlicher Normen im Alltag anzeigen können.
Er selbst ist in Kunstgeschichte und Theologie ausgebildet
und als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem LVR – Archivberatungs- und
Fortbildungszentrum in Pulheim-Brauweiler tätig. Hervorgetreten ist er durch
eine Reihe von Veröffentlichungen, darunter eine Sammlung von Aufsätzen Dieter
Strauchs bei Gelegenheit des 65. Geburtstags. Das vorliegende Sammelwerk stellt
nach einer Einleitung über Kanonistik, Pragmatik, Archivistik, Historik – Vom kanonistischen
Alltagsdokument zur kirchenrechtsgeschichtlichen Quelle insgesamt 13 Studien
der Allgemeinheit als Einheit zur Verfügung.
Dabei befassen sich etwa Hans-Jürgen Becker und Kerstin
Hitzbleck mit Stellenwert und Bedeutung kirchenrechtsgeschichtlicher Quellen
für die rechtswissenschaftliche und die geschichtswissenschaftliche Forschung,
während Stephan Haering die Kanonistik als Quellenarbeit untersucht. Danach werden
ein Kempener Sendweistum von 1392, eine Stiftung zweier Officia am Josephsaltar
der Pfarrkirche zu Kempen. Suppliken im Propsteiarchiv Kempen, die
Studienstiftung Hutteriana, Bruderschaften im spätmittelalterlichen Kempen,
Dokumente und Rituale bei Übertragungen des Küsteramts in Kempen und Oedt sowie
ein neuzeitlicher Urkundenbestand im Propsteiarchiv Kempen behandelt. Den
Beschluss des mit einem Verzeichnis der Mitwirkenden und der Abkürzungen
versehenen Bandes bilden wieder allgemeinere Überlegungen zu libri ordinarii
als rechtsrelevante Quellen, zu dem kirchlichen Archivwesen im geltenden Recht
und zu Stellenwert und Bedeutung kirchenrechtsgeschichtlicher Quellen für die
staatskirchenrechtliche Rechtsprechung, so dass insgesamt ein buntes Mosaik
über pragmatische Quellen der kirchlichen Rechtsgeschichte entsteht.
Innsbruck Gerhard Köbler