Krumeich, Gerd, Juli 1914. Eine Bilanz. Schöningh, Paderborn 2013. 362 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Auf dem Weg zum Erfolg auf dem umworbenen Buchmarkt kommt es neben vielem Anderen auch auf den richtigen Zeitpunkt des Einsatzes an, der für die hundertjährige Erinnerung an den Juli 1914 mit dem Jahr 2013 verheißungsvoll gewählt ist. Dementsprechend hat Gerd Krumeichs Bilanz des Juli 1914 und damit auch der durch die Infrastrukturerfolge des Menschen möglichen ersten weltweiten kriegerischen Auseinandersetzung in der Geschichte überhaupt erwartungsgemäß unmittelbar nach ihrem Erscheinen das Interesse eines sachkundigen Rezensenten erweckt. Da der Verlag ihm leider kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen konnte, muss der Herausgeber mit wenigen Zeilen an seine Stelle treten.

 

Der in Düsseldorf 1945 geborene, von 1963 bis 1970 in Geschichte und Romanistik an den Universitäten Düsseldorf, Göttingen, Innsbruck, Paris und Köln ausgebildete Verfasser wurde 1975 mit einer Dissertation über Aufrüstung und Innenpolitik in Frankreich vor dem ersten Weltkrieg promoviert. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent bei Wolfgang J. Mommsen in Düsseldorf und einem Stipendium des Deutschen Historischen Instituts in Paris wurde er 1989 auf Grund einer Untersuchung über Jeanne d’Arc habilitiert. 1990 wurde er nach Freiburg im Breisgau berufen, 1997 als Nachfolger seines Lehrers für neuere Geschichte nach Düsseldorf, wo er 2010 in den Ruhestand trat.

 

Im Mittelpunkt seines wissenschaftlichen Interesses standen von Anfang an Militärgeschichte und Mentalitätsgeschichte, wobei ihn besonders die Vorstellung seines verehrten Lehrers und Freundes prägte, dass diejenigen, die im Juli 1914 handelten, bei allen düsteren Ahnungen doch keine Vorstellung davon hatten, wie sich der Krieg in kurzer Zeit entwickeln sollte, er aber selbst die Menschen von 1914 aus ihrer Zeit heraus verstehen und nicht nachträglich mit dem heutigen Wissen um die Dimensionen des totalen Krieges befrachten will. In diesem Rahmen beschreibt er nach einer kurzen Einleitung die Zeit vor dem großen Krieg seit der Annexion Bosniens, die Spanne vom Attentat (Königsmord) von Sarajewo am 28. Juni 1914 um 11 Uhr 30 bis zum Ultimatum Österreichs an Serbien (23. Juli 18 Uhr), die Verschärfung des Konflikts durch das Deutsche Reich, das Ultimatum und seine Folgen in Deutschland, Russland und Frankreich, England und Serbien sowie die schließlichen Entscheidungen zum großen Krieg. 50 auf den Seiten 206ff. wiedergegebene Schlüsseldokumente vor allem aus einer zweibändigen Dokumentation Imanuel Geiss‘ über Julikrise und Kriegsausbruch 1914 (1963f.) sollen und können dem Leser das Verständnis der These erleichtern, das Deutsche Reich trage die Hauptschuld am Ausbruch des von vielen Seiten bewusst gesuchten, mangelhaft vorbereiteten und ausgeführten ersten Weltkriegs.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler