Kommunikationsnetze des Ritteradels im Reich um 1500, hg.
v. Schneider, Joachim, red. v. Reichert, Sabine (= Geschichtliche
Landeskunde 69). Steiner, Stuttgart 2012. VI, 232 S. Besprochen von Gerhard
Köbler.
Unter den unmittelbaren Angehörigen des Heiligen
römischen Reiches bilden die Reichsritter die zahlenmäßig bei weitem größte
Gruppe. Sie erscheinen seit dem frühen 15. Jahrhundert, organisieren sich seit etwa 1540 in drei 1577 vereinigten
Kreisen (Franken, Schwaben und Rhein) mit 14 Kantonen und müssen am Beginn des
19. Jahrhunderts als Folge napoleonischen Druckes auf das Reich ihre Mediatisierung in benachbarten
Territorien hinnehmen. Davon werden etwa 1730 Rittergüter mit rund 450000
Einwohnern betroffen, wobei die zahlreichen geschichtlichen Einzelheiten
zuverlässige Gesamtaussagen sehr erschweren.
Dessenungeachtet strebt der vorliegende Band als
Gemeinschaftswerk von Forscherinnen und Forschern, die sich von
unterschiedlichen Seiten her näher mit der Geschichte des niedrigen oder kleineren
Adels im Heiligen römischen Reich in
Spätmittelalter und früher Neuzeit befasst haben, allgemeinere Einsichten an.
Alle seine zehn Beiträge gehen auf eine in Mainz im Februar 2010 gehaltene
Tagung zurück. Sie entspringen einzelnen Fallstudien und führen zu vielfältigen
Beobachtungen zur Funktion sozialer Kommunikation für die Gruppenbildung des
spätmittelalterlichen Ritteradels.
Dabei behandelt nach einer Einführung des Herausgebers
Christian Hesse Rat und Landtag in den Fürstentümern des Reiches, Paul-Joachim
Heinig die verdichtende Kommunikation mit Kaiser Friedrich III., Regina Schäfer
die Gruppierungen im Ritteradel, Heidrun Ochs das Verhältnis zu den Städten,
Kurt Andermann die Zirkulation von Adelsgütern, Christine Reinle Scheltworte,
Schandbilder und Absagen vor, während und über Fehden, Hillay Zmora Fehde und
adlige Identität in Franken, Sven Rabeler die Regelung des innerfamiliären
Konfliktaustrags im fränkischen Niederadel,, Christian Wieland das gemeinsame
Streiten süddeutscher Ritter vor Gericht und Claudia Garnier Formen und Foren
symbolischer Kommunikation. Insgesamt haben die aufschlussreichen
Untersuchungen die Erkenntnis erleichtert, dass es ohne fortschreitende
Verfeinerung der Prosopographie nur schwer gelingen kann, die Kommunikationsgeschichte
und die Aufdeckung ritteradliger Netzwerke zu fördern, wenngleich die
erschließbaren Inhalte das eigentliche Ziel moderner sozialgeschichtlicher
Forschung bleiben sollten. Ein weit mehr als 200 Einzelne verbindendes
Personenregister von Freiherr Johann von Abensberg bis Martin Zoller schließt
das mit einer Statutenurkunde der mittelrheinischen Steinbock-Gesellschaft von
1436 veranschaulichte Werk benutzerfreundlich auf.
Innsbruck Gerhard Köbler