Keppeler, Lutz Martin, Oswald Spengler und die Jurisprudenz. Die Spenglerrezeption in der Rechtswissenschaft zwischen 1918 und 1945. Mohr (Siebeck), Tübingen 2013. XVI, 328 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Oswald Spengler wurde in Blankenburg am Harz am 29. Mai 1880 als zweites Kind eines Postbeamten geboren, von wo aus die Familie 1891 nach Halle an der Saale zog. Geprägt von nervlichen Krisen und Anfällen entwickelte er auffällige geschichtliche Phantasien, wurde aber nach dem Abitur und nach dem Studium von Mathematik, Naturwissenschaften und Philosophie in Halle, München und Berlin gleichwohl im zweiten Anlauf in Halle unter Alois Riehl 1904 mit einer Dissertation unter dem Titel Der metaphysische Grundgedanke der heraklitischen Philosophie promoviert. Nach wenig erfolgreichen Tätigkeiten als Lehrer erlangte er die Lehrbefugnis für Mathematik und wurde1908 Professor in Hamburg, gab aber diese Tätigkeit nach der Beerbung seiner Mutter auf und arbeitete ab 1911 als freier, von Ernst Haeckel, Hans Vaihinger und Friedrich Nietzsche geprägter Schriftsteller in ziemlicher Vereinzelung vor allem an seinem durch den sogenannten Panthersprung nach Agadir beeinflussten Werk der Untergang des Abendlandes im Sinne von Umrissen einer Morphologie der Weltgeschichte.
1918 und 1922 erschien in zwei Bänden sein Hauptwerk, dessen erster Band ihn 1919 auf eine Woge des Erfolgs hob. Dessen Auswirkungen auf die Jurisprudenz untersucht der bereits als studentische Hilfskraft und danach auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Hans Peter Haferkamp in Köln tätige Verfasser in seiner von Haferkamp betreuten, im Sommersemester 2012 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät angenommenen, auch einige ungedruckte Quellen berücksichtigenden, durch Register aufgeschlossenen Dissertation. Gegliedert ist die interessante Studie nach einer Einleitung über Forschungsstand und Quellen in fünf Sachkapitel über Spenglers juristische Aussagen auf dem Hintergrund seines Gesamtwerks und seines Lebens, die juristische Verwendung des Begriffs Dynamik, die Reaktion der Rechtsgeschichtsschreibung, Spengler in der Staatsrechtslehre und das kurze Fehlen einer Rezeption von Spenglers Kulturvergleich.
Im Ergebnis stellt der Verfasser ansprechend fest, dass Spengler, der Rufe nach Göttingen und Leipzig ablehnte, am 25. Juli 1933 in Bayreuth eine Unterredung mit Adolf Hitler hatte und sich in seinem am 18. August 1933 erschienenen Werk Jahre der Entscheidung öffentlich von Adolf Hitler und dem Nationalsozialismus distanzierte, nicht insgesamt von der deutschen Jurisprudenz rezipiert wurde. Nur in den Bereichen dynamische Rechtslehre, Rechtsgeschichtsschreibung (Hans Fehr) und Staatsrechtswissenschaft fand er mit sozialem Rechtsdenken einigermaßen isoliert Anerkennung. Als verbindendes Element sieht der Verfasser dabei, dass es überall, wo Spengler positiv aufgenommen wurde, in irgendeiner Weise um das wirkliche Leben als Maßstab, Erkenntnisquelle und Ziel aller juristischen Tätigkeit ging.
Innsbruck Gerhard Köbler