Kaufmann, Dörte, Anton
Friedrich Justus Thibaut (1772-1840). Ein Heidelberger Professor zwischen
Wissenschaft und Politik (= Veröffentlichungen der Kommission für
geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B, Forschungen Band
198). Kohlhammer, Stuttgart 2014. XXXV, 302 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Anton Friedrich Justus Thibaut ist vor allem durch sein 1803 in erster Auflage und 1846 in neunter Auflage vorgelegtes mehrbändiges System des Pandektenrechts, seine 1814 in erster Auflage und 1840 in dritter Auflage veröffentlichte Schrift über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland und durch seine 1824 anonym (und 1893 in siebter Auflage) publizierte Untersuchung über die Reinheit der Tonkunst hervorgetreten. Durch diese Leistungen hat er sich in der Rechtswissenschaft und auch darüber hinaus so bekannt gemacht, dass er eine umfassende Biographie verdient hätte. Das vorliegende Werk will und kann diese Aufgabe noch nicht bewerkstelligen, leistet aber einen wichtigen Beitrag hierfür.
Es ist die von Volker Sellin angeregte und mit großer Geduld und Anteilnahme begleitete, im Wintersemester 2009/2010 an der Universität Heidelberg angenommene Dissertation der Verfasserin. Gegliedert ist die Untersuchung nach einer Einleitung über Thema und Methode, Quellenlage und Forschungsstand, Ausführungen zur Biographie und über die Stadt Heidelberg im Großherzogtum Baden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in drei Teile. Sie betreffen Thibauts Wirken in der Universitätspolitik (vor allem Verbesserung der studentischen Sitten, Tätigkeiten als Redakteur und Rezensent der heidelbergischen Jahrbücher der Litaratur und das Verhältnis zu den Burschenschaften), die politische Neuordnung Deutschlands unter besonderer Berücksichtigung einer kirchlichen Erneuerung und der Forderung nach landständischer Wiedergeburt und den badischen Landtag der Jahre 1819 und 1820.
Dabei kann die Verfasserin eindrucksvoll bestätigen, dass Thibaut nicht nur in Forschung und Lehre tätig war, sondern sich auch politisch einsetzte. Insgesamt ordnet sie ihn ansprechend dem Frühliberalismus zu, in dessen Rahmen Thibaut aber revolutionäre Akte erkennbar ablehnt. Politisches Engagement verband er zwar gleichsam als selbverständlich mit seinem Professorenamt, doch war seinen unterschiedlichen Aktivitäten auf verschiedenen Feldern mangels Entschiedenheit kein überragender Erfolg beschieden, weshalb eine umfassende Biographie auf der Grundlage der vorliegenden Arbeit auch die rechtswissenschaftlichen Leistungen im engeren Sinn umfassend berücksichtigen sollte.
Innsbruck Gerhard Köbler