Imperien
und Reiche in der Weltgeschichte – Epochenübergreifende und globalhistorische
Vergleiche, hg. v. Gehler, Michael/Rollinger, Robert unter Mitarbeit v.
Fick, Sabine/Pittl, Simone. Teil 1 Imperien des Altertums, Mittelalterliche und
frühneuzeitliche Imperien, Teil 2 Neuzeitliche Imperien, zeitgeschichtliche
Imperien, Imperien in Theorie, Geist, Wissenschaft, Recht und Architektur,
Wahrnehmung und Vermittlung von Imperien. Harrassowitz, Wiesbaden 2014. IX,
1-815, IX, 817-1762 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Zum Wesen des Menschen gehört neben der Individualität wohl auch die Aggressivität im Vergleich oder im Wettbewerb mit dem Mitmenschen. Deswegen will er jedenfalls im Grundsatz meist größer, stärker und klüger sein als andere und setzt hierfür Gewalt wie Geisteskraft in seiner Zielsetzung ein, was im Altertum etwa zur Bildung eines imperium Romanum geführt hat oder in der Neuzeit zur Schaffung eines British Empire. Im Zuge der Globalisierung und Universalisierung des Wissens ist aus dieser geschichtlichen Beobachtung das gewichtige Projekt der Zusammenfassung (aller) Imperien und Reiche in der gesamten (bekannten) Geschichte der irdischen Welt in einem überschaubaren Einzelwerk entstanden.
Ein derart im Rahmen des Möglichen zeitlich und räumlich weit ausgreifendes Vorhaben ist selbverständlich auch dem größten, stärksten und klügsten Einzelnen allein nicht mehr möglich, weshalb das Institut für alte Geschichte und Altorientalistik der Universität Innsbruck und das Institut für Geschichte der Universität Hildesheim durch Michael Gehler und Robert Rollinger sich im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten des Weltkulturerbes 1000 Jahre Sankt Michaelis in Hildesheim vom 25. April 2010 bis 1. Mai 2010 zu einer einwöchigen Großkonferenz zusammengefunden haben, um über einen entsprechenden Plan zu beraten. Das beeindruckende Ergebnis ihrer neuartigen und eine bisherige Lücke schließenden Überlegungen stellen die beiden gewichtigen Bände nunmehr der Allgemeinheit zur Verfügung. Gegliedert sind die zahlreichen Einzelstudien teils zeitlich in die anerkannten Epochen des Altertums, des Mittelalters, der Neuzeit und der Zeitgeschichte und im Übrigen in die zusätzlichen sachlichen Ausgriffe in Theorie, Geist, Wissenschaft, Recht (Herbert Reginbogin/Lefke-Zypern The Paradigmatic Implications of International Law and the End of Empire) und Architektur einerseits und die Wahrnehmung und Vermittlung von Imperien andererseits.
Dabei beginnt nach einer grundlegenden Einführung der Herausgeber über Imperien und Reiche in der Weltgeschichte den Abschnitt über die Imperien des Altertums Hans Neumann mit den historischen Voraussetzungen und sozioökonomischen Grundlagen altorientalischer „Imperien“ des 3. und frühen 2. Jahrtausends vor Christus, an die Babylonien, Neo-Assyrer, Neo-Babylonier, das teispidisch-achaimenidische Imperium, Hethiter, Ägypten, Kusch, Urartu, das attische Seereich, Makedonien, die Diadochenstaaten, Rom, Parther, Sasaniden, Ostrom, der Maurya-Staat und chinesische Imperien angeschlossen werden. Für Mittelalter und Neuzeit werden Umayyad State, die Reiche der Fatimiden, Ayyubiden und Mamluken, der Almoraviden und Almohaden, Imperien in Indien, (weil size does not matter) das mongolische Imperium, das byzantinische Reich, das ottomanische Reich, Merowinger und Karolinger, die europäische Staatenwelt im hohen und späten Mittelalter, der heilige Stuhl und die Päpste, das schwedische Reich und der aztekische Dreibund behandelt, für die Neuzeit werden das spanische Weltreich, das Universalreich Karls V., das Imperium Philipps II. von Spanien, das napoleonische Empire, das französische Weltreich, das portugiesische Imperium, das belgische Kolonialreich, das niederländische Kolonialreich, die Habsburgermonarchie, das habsburgische Reich, das russländische Imperium und das britische Empire dargestellt, für die Zeitgeschichte das sind das Dritte Reich, Mussolinis Imperium, die Sowjetunion, die USA, die Europäische Union, Japan und China einbezogen.
Das am Ende der großen Leistung beigefügte Autorenverzeichnis weist schätzungsweise etwa 60 sachkundige Bearbeiter eines örtlich engeren Rahmens für die einzelnen Beiträge aus. Ein unter Register firmierender Personenindex reicht von Abbas I. bis zu Zurara, verschiedene Illustrationen tragen zur Veranschaulichung bei. Insgesamt erfasst das große Werk wohl alles und jeden, der in der bekannten, Afrika als die Wiege der Menschheit im Wesentlichen seit dem Altertum im Hintergrund lassenden Weltgeschichte einen besonderen Namen hat.
Innsbruck Gerhard Köbler