Historische Rechtssprache des Deutschen, hg. v. Deutsch, Andreas. Winter, Heidelberg 2013. 497 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wie alles im menschlichen Leben, so haben auch die Sprache im Allgemeinen und die Sprache des Rechtes im Besonderen ihre jeweilige Geschichte, zu deren Erfassung neben zahlreichen Einzelstudien auch zusammenfassende Wörterbücher teils bereits geschaffen wurden und teils in der Gegenwart noch weiter bearbeitet werden. Für die deutsche Rechtssprache wurde 1896/1897 von der damaligen königlichen preußischen Akademie ein Projekt eines Deutschen Rechtswörterbuchs begründet, dessen wissenschaftliche Betreuung eine von Karl von Amira, Heinrich Brunner, Ferdinand Frensdorff, Otto von Gierke, Richard Schröder, Ernst Dümmler und Karl Weinhold gebildete Kommission übernahm und dessen organisatorische Leitung Richard Schröder übergeben wurde. 1917 wurde die Leitung Eberhard Freiherr von Künßberg († 1941) übertragen, nach der Übernahme der Trägerschaft des Vorhabens durch die Heidelberger Akademie (1959) 1971 Günther Dickel und 1973 (bzw. 1985 nach dem Tode Dickels) Heino Speer, der bis zu seinem Ruhestand im Jahre 2007 die Bände 7 bis 11 des 1932 im ersten Band abgeschlossenen, inzwischen 12 Bände mit 90000 Wortartikel umfassenden und insgesamt auf 16 Bände mit 120000 Wortartikeln und einen Abschluss im Jahre 2035 veranschlagten Unternehmensverantwortete.

 

Zu seinem 70. Geburtstag legt sein Nachfolger einen von Kollegen und Freunden gewidmeten Sammelband über (die) historische Rechtssprache des Deutschen mit einem Geleitwort Paul Kirchhofs (Recht lebt in Sprache) vor, der die Referate einer internationalen Fachtagung der Forschungsstelle „Deutsches Rechtswörterbuch“ der Heidelberger Akademie der Wissenschaften des Jahres 2012 präsentiert. Er enthält insgesamt 16 Abhandlungen. Gegliedert sind sie in Abschnitte über Rechtssprache im Überblick, Prägung und Regelung von Rechtssprache, Einzelstudien über Wort im Wandel, Bild, Sprache, Bildersprache und Einwirkungen und Auswirkungen.

 

Dabei führt der Herausgeber umfassend in die historische Rechtssprache des Deutschen bis zur Europäischen Union ein (A. Definitionen der historischen Rechtsprache, B. Bedeutungswandel und Regionalismen), während Ekkehard Felder das Entstehen von Bedeutung im Recht verfolgt und Oskar Reichmann zur Bedeutungserläuterung im Rechtswörterbuch vertiefend sachkundige Stellung bezieht. Die weiteren Studien befassen sich mit volkssprachiger Praktikerliteratur, Geschäftsstil bei Sonnenfels und Adelung, Rechtsvereinheitlichung von Maria Theresia bis Franz Joseph I., Vergleich, Sache, Affatomie, Kindsannahme und adoptio, Kalumnieneid, Wort und Bild, dem König mit der Zange, der Metapher, Gefühlswörtern, naturwissenschaftlichen Begriffen in juristischen Texten des 19. Jahrhunderts und dem Rechtswortschatz in der Literatur am Beispiel Annette von Droste-Hülshoffs. Ein Stichwortverzeichnis von Abkürzungen bis Zwangsvollstreckung schließt den vielfältigen Band auf, angesichts dessen der interessierte Leser auf der Grundlage der bisherigen großen wissenschaftlich-technischen Leistung dem Herausgeber nur einen gleichartigen, zum tatsächlichen Abschluss des Jahrhundertwerks im Jahre 2035 führenden Erfolg wünschen kann.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler