Fried, Johannes, Karl der Große. Gewalt und Glaube. Eine Biographie. Beck, München 2013. 736 S., Abb.

Er habe es sich vorgenommen, „Leben und Wandel und besonders die Taten meines Herren und Gönners“ in gebotener Kürze darzustellen. Mit diesen Worten beginnt der Prologus von Einhards suetonischem „Karlsleben“. Zum Karlsjahr 2014 hat nun Johannes Fried eine große, über siebenhundert Seiten starke Biographie des karolingischen Herrschers vorgelegt, die er ganz bewusst auch als „Fiktion“ und als subjektives „Bild“ (beide S. 9) sieht, damit in Zusammenhang setzt mit seinen bisherigen geschichtstheoretischen Überlegungen, den „Schleier der Erinnerung“ zu durchstoßen. Im Wechselspiel zwischen Herrschaftsdurchsetzung und religiösem Impetus – im Untertitel auf die prägnante Doppelformel „Gewalt und Glaube“ gebracht – situiert Fried Karl den Großen in gekonntem Schreibstil zwischen chronologischer und systematischer Vorgehensweise und bei breiter Quellengrundlage in eine „Lebenswelt“ um 800, diskutiert die großen Streitfragen des Faches wie den Sachsenkrieg, die Entmachtung Tassilos III., die Kaiserkrönung oder das geistesgeschichtliche Feld der so genannten karolingischen Renaissance. Fried profiliert hierbei den Karolinger auch durch die „Blicke der anderen“, nicht zuletzt aus der Sicht von Byzanz. Frieds Werk besticht als große Synthese. Manches ist, wie auch der Autor selbst vermerkt, diskussionsfähig, etwa die Darstellung des Lehnswesens der Karolingerzeit. Im Falle Augsburgs ist kaum von einer Bajuwarisierung zu sprechen (S. 249). Auch gemahnt Modoins Beiname nicht an Vergil sondern an Ovid (S. 500). Doch hat Fried ein Werk von hoher stilistischer und fachlicher Geschlossenheit verfasst, auch darin dem Karlsbiographen folgend, der selbst als Maxime aus den „Tusculanen“ Ciceros zitiert: „Es heißt, seine Arbeitszeit zu verschwenden, wenn man seine Gedanken niederschreibt ohne die Fähigkeit, sie auch zu ordnen, zu erklären oder den Lesern durch einen angenehmen Stil Freude zu bereiten.“

 

Seehausen am Staffelsee                                           Christof Paulus