Eckart,
Wolfgang U., Medizin und Krieg – Deutschland 1914-1924.
Schöningh, Paderborn 2014. 564 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Medizin und Krieg sind vermutlich erstmals in Beziehung zueinander getreten, als die Medizin in ihrer ersten Form in Erscheinung trat, da der mit der natürlichen Aggressivität des Menschen verbundene Krieg außer der Tötung des Gegners auch seine bloße Verwundung mit sich bringen kann, deren Heilung die Medizin erleichtert. Gleichwohl wurde ihr Verhältnis zueinander erstmals grundlegend und mit weitreichender Wirkung im Gefolge der Niederlage Österreichs gegen die Nationalstaatsbewegung in Italien und Frankreich bei Solferino südlich des Gardasees am 24. Juni 1859 diskutiert. Seitdem hat die Medizin auch in dem auf Tötung und Verwundung ausgerichteten Krieg einen festen, rechtlich gesicherten, wenn auch tatsächlich schwierigen Platz.
Mit einem wichtigen Ausschnitt der anschließenden Entwicklung befasst sich der in Schwelm 1952 geborene, nach dem Studium von Medizin, Geschichte und Philosophie in Münster 1977 als Arzt approbierte, 1978 mit einer Dissertation über den Arzt Daniel Sennert in Wittenberg (1572-1637) promovierte, 1986 mit einer Schrift über deutsche Ärzte in Japan und China habilitierte Verfasser, der 1988 nach Hannover und 1992 nach Heidelberg berufen wurde. Seine Geschichte der Medizin aus dem Jahre 1990 liegt inzwischen in siebenter Auflage vor. Daneben hat er sich besonders mit der Medizin im zweiten Weltkrieg, einer illustrierten Geschichte der Medizin von der französischen Revolution bis zur Gegenwart sowie der Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin befasst, so dass das vorliegende gewichtige Werk eine bisher noch offene Vertiefung in der Medizingeschichte ermöglicht.
Gegliedert ist der den Vorfahren Max und Maria gewidmete Band nach Vorwort und Einleitung in fünf überwiegend chronologisch geordnete Kapitel. Sie betreffen den Kriegsbeginn, den Krieg (Fronterleben, Verwundung und Tod in persönlichen Mitteilungen der Soldaten, Ärzte, Schwestern, Sanitäter, Lazarette, Psychiatrie, Hirnforschung nach Kopfschüssen, Hygiene, Läuse, Fleckfieber, Antisemitismus, spanische Influenza 1918/1919) einschließlich der Heimatfronten (Sexualität, Geschlechtskrankheiten, Frauen und Kinder, Hungererfahrungen, Kriegskrüppel) und ferner Schauplätze (Balkan, Palästina, China, Pazifik, Afrika, Kriegsgefangenschaft) und die Zeit nach dem Krieg. 41 Abbildungen veranschaulichen die vielfältigen weiterführenden Erkenntnisse, zahlreiche Anmerkungen auf den Seiten 450ff. weisen die Quellen in Verbindung mit dem Literaturverzeichnis nach und ein Personenregister von Abderhalden bis Zupitza schließt das für das Verhältnis von Medizin und erstem Weltkrieg grundlegende Werk des vorzüglichen Sachkenners benutzerfreundlich auf.
Innsbruck Gerhard Köbler