Dornik, Wolfram, Des Kaisers Falke. Wirken und Nach-Wirken von Franz Conrad von Hötzendorf, mit einer Nachbetrachtung von Moritz, Verena/Leidinger, Hannes (= Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung 25 = Schriften aus dem Museum im Tabor Feldbach 12). StudienVerlag, Innbruck 2013. 279 S., 37 Abb., 4 Kart. Besprochen von Christoph Schmetterer.

 

Franz Conrad von Hötzendorf hatte in Österreich-Ungarn schon vor dem Ersten Weltkrieg eine wichtige Position und war dann in den ersten Jahren dieses Krieges wohl der mächtigste Mann in der Monarchie überhaupt. Daher ist es durchaus angebracht, sich kurz vor der hundertjährigen Wiederkehr des Kriegsausbruchs eingehend mit der Biographie dieses Mannes zu beschäftigen. Freilich ist Dorniks Buch nicht die erste Biographie von Conrad. Die Erinnerungen von Conrads zweiter Frau Gina und die Biographien von August Urbanski und Oskar Regele sind jedoch wegen ihres hagiographischen Charakters mit Vorsicht zu lesen. Vor genau zehn Jahren erschien aber mit Lawrence Sondhaus‘ Buch „Franz Conrad von Hötzendorf – Architekt der Apokalypse“ die erste moderne wissenschaftliche Biographie des Generalstabchefs. Sondhaus‘ Buch ist eine solide Arbeit, auch wenn er seine Grundthese meiner Meinung nach gelegentlich überstrapaziert. Diese Grundthese besagt, dass Conrad ein ausgewiesener Taktik-Experte war, aber kein Stratege. Daher sei er für das Amt des Generalstabschefs eigentlich ungeeignet gewesen. Auch die Misserfolge Conrads im Ersten Weltkrieg führt Sondhaus vor allem darauf zurück – und das greift meiner Meinung nach etwas zu kurz.

 

Dornik bietet im Gegensatz dazu keine einzelne, zentrale These, durch die er Conrads Tätigkeit erklären möchte. Diese Herangehensweise halte ich prinzipiell für sinnvoll, aber die Umsetzung in Dorniks Buch ist enttäuschend. Sein eigener Text ist wenig mehr als eine Darstellung jener äußeren Abläufe, an denen Conrad beteiligt war, und noch dazu ist diese Darstellung durchaus oberflächlich mit zahlreichen Ungenauigkeiten und manchen echten Fehlern (In der Unterschrift zum Foto auf Seite 62 schreibt der Autor etwa, Conrad sei in der Galauniform des Generalstabs zu sehen. Die bezeichnete Figur trägt aber eindeutig nicht die flaschengrüne Uniform der Generalstäbler – eine Kleinigkeit, aber einem Militärhistoriker dürfte das nicht passieren.). Vor allem aber fehlt eine Analyse und Einordnung von Conrads Wirken. Gerade bei Conrad ist die Diskrepanz zwischen seiner Reputation als Genie und der weitgehenden Erfolglosigkeit seiner tatsächlichen Aktionen im Krieg höchst augenfällig. Dornik aber thematisiert schon diese Diskrepanz an sich nicht so deutlich, wie ich es für sinnvoll, ja für nötig hielte. Wie die Diskrepanz zu erklären ist, analysiert er erst recht nicht. Dabei mag es ja durchaus so sein, dass hier keine einfache Antwort (wie etwa die These von Sondhaus) gibt, aber auch dann müsste Dornik eben erklären, warum es diese einfache Antwort nicht gibt, und sich dem Phänomen zumindest nähern. So bleibt man als Leser aber etwas ratlos zurück. Eine umfassende Beurteilung Conrads fehlt und wegen der Oberflächlichkeit der Darstellung ist es auch nicht leicht möglich, dass man als Leser diese Beurteilung selbst vornimmt.

Dieser Mangel wird zumindest teilweise durch die „Nachbetrachtung“ von Leidinger und Moritz ausgeglichen. Trotzdem frage ich mich, warum dafür diese seltsame Form der Kommentierung durch zwei weitere Autoren gewählt wurde oder gar nötig war.

 

Wien                                                               Christoph Schmetterer