Deutschland und das Protektorat Böhmen und Mähren. Aus den deutschen diplomatischen Akten von 1939 bis 1945, hg. v. Gerald Mund (= Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 127). V&R Academic, Göttingen 2014. VIII, 689 S.
Der Quellenband gibt erstmals auf breiter Grundlage die wichtigsten Berichte der reichsdeutschen Dienststelle „Vertreter des Auswärtigen Amtes beim Reichsprotektor“ (VAA) sowie sonstige Dokumente des Auswärtigen Amtes aus der Zeit vom 16. 3. 1939 bis zum 18. 7. 1944 wieder. Bislang liegt nur eine mehrbändige Quellenedition der Berichte der deutschen Gesandtschaft aus Prag vor, zu denen der Abschlussband für die Zeit von 1935-1938 noch nicht erschienen ist. In den bisherigen Quellensammlungen, die auch auf die Protektoratszeit eingehen, wurden die vorhandenen „diplomatischen Dokumente des Auswärtigen Amtes“ nur unzureichend berücksichtigt (S. 13f.). Auch die vorliegende Quellenedition, welche diese Lücke schließen will, kann angesichts großer Fehlbestände (vgl. S. 14) kein vollständiges Bild der Interaktion zwischen dem Auswärtigen Amt und dem VVA in Prag vermitteln. In der Einleitung (S. 1-17) befasst sich Mund zunächst mit der Okkupation der Tschechoslowakei, in welche der Geschäftsträger der Deutschen Gesandtschaft in Prag, Andor Hencke, nicht involviert war. S. 5ff. skizziert Mund die Verwaltungsstruktur des Protektorats, dem der Reichsprotektor (zunächst v. Neurath bis 1942) vorstand. Als „externer Berater“ unterstanden dem Reichsprotektor „für militärische und außenpolitische Fragen der Wehrmachtsbevollmächtigte und der Vertreter des Auswärtigen Amtes“ (S. 5). S. 7-13 beschäftigt sich Mund mit der Biografie der VVA und deren Tätigkeit. Nach Darstellung der Editionsgrundsätze bringt die Edition ein umfangreiches Dokumentenverzeichnis (S. 19-58), das den Inhalt der 446 Dokumente kurz zusammenfasst. Ein ausführliches Register verzeichnet die in den Quellen genannten Personen und meist auch deren biografischen Hintergrund (S. 645-684). Die Quellen erschließen vor allem die mit der Annexion der Tschechoslowakei verbundenen Probleme des Völkerrechts, das Verhältnis des Protektorats zum (Groß-)deutschen Reich, die Rechtsstellung der ausländischen Juden, die Judenverfolgung, die mit der Aufhebung der Zollgrenze verbundenen Probleme, die Ausbürgerung tschechoslowakischer Diplomaten sowie die Erörterung von Eigentumsfragen. Leider enthält das Werk kein Sachverzeichnis, das nicht ersetzt wird durch das chronologisch angelegte Dokumentenverzeichnis. Insgesamt ist die Edition auch für den Rechtshistoriker von Interesse, der sich mit der Völkerrechtsgeschichte der NS-Zeit sowie mit der Rechtsgeschichte des Protektorats (hierzu Karel Schelle/Jaromír Tauchen, Recht und Verwaltung im Protektorat Böhmen und Mähren, München 2009) befasst.
Kiel |
Werner Schubert |